Muttertag

sabiosa

Re: Muttertag

Beitrag von sabiosa »

P.S. Mir fiel eben noch eine Gelegenheit ein, warum ich so schlecht vergessen/verzeihen kann: Ich denke auch an meine Mutter, wenn es mir schlecht geht. Ich habe z.B. "Emetophobie", das ist eine (krankhafte) Angst vor'm Übergeben (dass ich mich übergeben muss, aber auch, dass sich jemand in meiner Umgebung übergeben muss); deshalb ist mir recht häufig übel, habe "Angst" vor'm Essen usw.. Das hat sie mir "beigebracht", vermittelt, anerzogen, weil sie es hat.. Aber anstatt mal einzusehen, dass das kein Leben ist mit diesen Einschränkungen (kaum Weggehen, kein Verreisen, ...), dass wenigstens ihre Tochter ein besseres haben sollte, war ihr Kommentar "Tja, wir sind eben so... Ich hab kein Krebs...*" NEIN!!! Ich bin überzeugt, wenn ich woanders aufgewachsen wäre, wäre ich nicht so! Das ist nicht der "empfindliche Magen"!

* Soll heißen, ich kann nicht klagen, könnte schlimmer sein. Und es wurde schlimmer, Krebs hatte sie vorletztes Jahr dann auch noch...


Ich stelle immer wieder mit Entsetzen fest, wie ähnlich ich meiner Mutter bin; und das wird immer schlimmer.. Will ich aber nicht!! Kann ich mich deshalb nicht leiden, weil ich meine Mutter nicht leiden kann...?


Manchmal habe ich das Bedürfnis meine Eltern "an die Wand zu tackern" (Bildlich gesehen, nicht, dass ich hier gleich gesperrt werde.. ;-s), bis sie endlich mal von ihrem hohen Ross runter kommen. Hat doch was, diese Vorstellung, oder? ;-s


Ok ok, ich sollte mir nen Therapeuten suchen...


LG

Steffi
feuerfisch
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Re: Muttertag

Beitrag von feuerfisch »

UFFFFF

Bin gerade von der Arbeit nach Hause gekommen - und hab gesehen das der Thread regelrecht "explodiert" ist.

Vielen lieben Dank für eure Beiträge!
Wie man sieht betrifft (trifft?) es doch einige hier.

Und von wegen `Thread an sich reissen´.....
Geht gar nicht, liebe Virginia
Du kannst mir nur entreissen was ich festhalte!
Ich finde es immer spannend zu lesen wie ein Thema sich weiterentwickelt, wie Querverweise kommen, das Zentrum herausgeschält und in die Mitte gerückt wird - dabei können andere nur mithelfen!

So, und nun erst mal eine Tasse Cappu, eine Ziggi - und dann werde ich mich mal an die Antworten setzen.....könnte ne Weile dauern bei der Menge

*wink* in die Runde

feuerfisch

.
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feuerfisch
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Re: Muttertag

Beitrag von feuerfisch »

Hai Allerseits

Ist ein wenig viel hier, darum hoffe ich dass ihr mir nicht böse seid wenn ich nicht alle persönlich anspreche!

@ Tini

3 von 4 ihrer Kinder haben sich zurück gezogen – doch das sind Haarspaltereien.
Ich denke mal das mein jüngster Bruder nur schlicht und einfach keinerlei Erinnerungen an die Kindheit hat. Abgesehen davon sind sie wesentlich älter als ich, hatten untereinander halt und – vor allem anderem – sie wurden nicht wie ich als Hassobjekt geboren.
Meine persönliche Schmerzgrenze ist anscheinend weit überschritten worden, so richtig bewußt ist mir das noch lange nicht. In einem Punkt muss ich dir leider widersprechen: meine Mutter handelte BEWUSST so wie sie handelte.
Es ist für mich ok das mein Bruder mit ihr Kontakt hält und sich um sie kümmert. Das ist seine Entscheidung. Doch er will mich dazu zwingen das auch zu tun und ich kann ihm nicht begreiflich machen das mir das schadet.
Ich hatte schon öfters über mehrere Jahre keinen Kontakt zu ihr, das beruhte immer auf meiner ehrlichen Meinung, aber trotzdem kamen Schuldgefühle hoch

@ Fridolina

Siehe was ich zu Tini geschrieben habe
+ die Sachen Richtung Hass ect. Finde ich ebenso verkehrt, das unterlasse ich deswegen und weil es bei meiner mutter auch gar keinen Sinn hätte.
Allerdings ist mein Thera wohl der Meinung das es mir gut tun würde, wenn ich zumindest vorübergehend so etwas in diese Richtung empfinden würde, damit es vielleicht dadurch für mich möglich werden könnte `legitime´ Gefühle für mich selbst zu entwickeln.

@ Andreas

Hihi `Familienknäul´, was für ein netter Ausdruck dafür
Joah, diese große Blockade nehm ich auch wahr, aber ich kann sie leider nur als etwas antrainiertes definieren, vorläufig komm ich nicht um die Wand rum, aber dafür lerne ich zur Zeit immer mehr woraus die Wand besteht – und wie vielschichtig sie ist. Gerade in diesem Thread habe ich für mich die Erkenntnis getroffen, das mein emotionales Verhältnis zu meinen Brüdern mich auch ganz schön dirigiert... (*schnauff, nimmt das nie ein Ende?)
Mein Thera macht übrigens keine Familienstellung, aber dafür Psychodrama, ist ähnlich.
Ach, noch zuu deinem Nachsatz: Meine Mutter ist mir nie nahe

Nochmal @ Virginia

>>>Es ist die Diskrepanz zwischen Ratio und Emotion, was ich im Kopf verstanden habe, kommt einfach im Bauch nicht an <<<
DAS kenne ich verdammt gut, geht mir genauso. Ist wie eine Riesenblockade, eine meterdicke Stahlbetonwand, die es nicht zuläßt dass das Gefühl auf den Verstand hört.
Hmm, da frag ich mich doch gerade ob das überhaupt möglich ist?

@ sonneundregen

hey, wie gesagt: ich freue mich wenn hier auch noch anderes mit einfließt (ausgenommen Zank & Zoff)
Also schreib ruhig weiter, der eine oder andere kann sicherlich etwas deinen Worten entnehmen.

@ Steffi

Stimmt, eben das nervt mich auch: „Es geht ja so weiter“
Es geht so lange weiter wie ich es zulasse. Kontaktabbruch hat mir schon immer gut getan, vor allem da zwischen uns nichts geklärt werden kann.
Und ja, `Mutter´ ist bei mir ein großes Thema. In verschiedenen Facetten, darum nun auch hier die Frage, warum ich mich wie eine Tochter benehmen muss, obwohl sie nie Mutter für mich war.
Und warum mein Bruder sich das Recht herausnimmt eben das von mir zu fordern. (Aber diese Frage hat sich eigentlich erst durch den Thread herauskristallisiert)

Und nocheinmal @ Andreas

Ein wenig grinsen muss ich ja schon.......
Wie war das? Du sprichst von öffnen, durch Spalt lugen?
Wo steckst DU denn? Im Verstecken bist du auch recht gut

@ Sabiosa

lol – wenn du mit dem Tacker fertig bist ......leihst du ihn mir mal?


So, lang ists geworden, aber ich freue mich über eure Resonanz und die Diskussionen, die sich hoffentlich noch weiter hier entspinnen.....

wink in die Runde

feuerfisch

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Liber
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Re: Muttertag

Beitrag von Liber »

Liebe Feuerfisch und hallo an alle,

ich habe diesen Thread erst heute abend entdeckt - dabei habe ich mich doch gestern auch den ganzen Tag mit diesem "Muttertag" herumgeschlagen!

Dieser Anlass der "verordneten Dankbarkeit" lässt jedes Jahr wieder das ganze Gefühlsknäuel in mir hochkommen.

Wofür sollte ich dankbar sein, frage ich mich dann: für den psychischen Missbrauch, für die subtile unterschwellige und dauernde Abwertung, dafür, dass ich mit dem Gefühl aufwachsen musste, nicht "richtig", nicht "ok" zu sein? Dafür, dass ich nur durch extreme Anpassung "überleben" konnte, eine Anpassung, die mich mich selbst verlieren ließ, für die Lasten aus Schuld und Scham, die ich so viele Jahre lang mit mir herumschleppe?

Ja, ich weiß, meine Mutter trägt dieselben Lasten mit sich herum. Ich weiß, sie hat das Weibliche in mir abgewertet und den Sohn auf den Thron gesetzt, weil auch ihre Mutter nur die Söhne anerkannt hat und sie sich selbst ihr Leben lang abgewertet hat. Ich weiß, sie kann sich nicht anders wehren als mit den Waffen der Manipulation, indem sie schlechtes Gewissen vermittelt, indem sie "leidet" und Märtyrerin ist.

Das alles ist IHRES.

Trotzdem hat das mein Leben beeinflusst und ich leide bis heute darunter.

Ich durfte damals nicht das zornige Mädchen sein, nicht das Mädchen, das sich mit den Geschwistern rauft, das schreit, sich etwas zutraut und aufbegehrt. Ich wurde das brave, angepasste, ängstliche, oft kranke Mädchen.

Später schien mir nur die Flucht in die Sucht einen Ausweg aus diesem Gefängnis zu bieten - und damit landete ich im nächsten, noch schlimmeren. Und Scham und Schuld drohten mich zu ersticken.

Und heute ....

Manchmal gibt es diese "Zipfel", die mich erkennen lassen, dass dieses Gefängnis aus all den alten Fesseln, aus all den alten unerfüllbaren Wünschen und Erwartungen nur existiert, weil ich es zulasse. Weil ich mich immer wieder darin verstricke. Weil ICH das Gefängnis nicht verlasse, obwohl die Tür von innen aufgeht.

Und kurz darauf - ehe ich mich versehe, bin ich wieder drin im Gefängnis und die Tür scheint abgeriegelt zu sein. Es ist ein Hin und Her.

Und dieser Muttertag lässt das alles hochkommen.


Gestern also rief ich meine Mutter an - aber ich verwendete keine Muttertags-Floskeln äußerte keine geheuchelte Dankbarkeit, aber auch keine offenen und versteckten Anschuldigungen. Nur ein paar Informationen über die Enkel (was ja mich als Mutter zeigt), das war's. Meine Mutter war sichtlich nicht "zufrieden" damit - aber damit kann ich leben.


Neulich kaufte ich mir das Buch "Die Mutter in mir" von Marianne Krüll - ich bin mit dem Mutter-Thema noch lange nicht fertig! - und es ist genau unser Thema!


Für heute aber erst mal Gute Nacht!

Und lieben Gruß

Brittka
Guitaranderl

Re: Muttertag

Beitrag von Guitaranderl »

>Wie war das? Du sprichst von öffnen, durch Spalt lugen?
>Wo steckst DU denn? Im Verstecken bist du auch recht gut..

Mag ja sein, Feuerfisch, aber hier geht es um Dein Thema "Muttertag" und Deine Beziehung zu Deiner Familie und nicht darum, wer sich am besten verstecken kann. Wir haben alle unsere Schutzmechanismen und Krücken, um durchs Leben zu kommen. Insofern kann ich Deinen Einwand und das zuweisende "Du" nur so verstehen, als wenn es Dir nicht recht ist, dass gerade ICH mich hier dazu äußere.
Wenn das so ist, kann ich das verstehen.

Eine gute Nacht Dir und Euch allen
Andreas
feuerfisch
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Re: Muttertag

Beitrag von feuerfisch »

Hai Andreas

Quark, natürlich kannst/darfst/solltest du hier weiter schreiben, ich finde deine Einwürfe auch hilfreich.

Was ich dir nur mit einem Augenzwinkern sagen wollte: vergiß dich selbst dabei nicht!

Und das ist beileibe nicht böse oder abwertend gemeint, sondern zeigt eher meine Wertschätzung.

Auch dir eine gute Nacht

feuerfisch
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triste
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Re: Muttertag

Beitrag von triste »

Ein Bonsoir in die Runde!

Komme eben nach Hause und finds toll, dass der Thread weitergegangen ist!
Ja, Feuerfisch - dass ich mich entschuldige, zu viel Raum einzunehmen in einem "fremden" thread ist auch so eine antrainierte Eigenschaft, erstmal die Befindlichkeiten der anderen auszuloten anstatt sich einfach zu nehmen, was man möchte... hat aber auch Vorteile. Ich finds ganz gut, rücksichtsvoll zu sein und wach für die Bedürfnisse der anderen. Der Nachteil ist, dass man sich manchmal "falsch" fühlt, wo man vielleicht auch oft einfach "sein" sollte, wie man ist.

@ Sonneundregen:
ich bin ganz gerne mal ein Miststück . Weil: das Miststück-Sein bedeutet auch, die innere Sau rauszulassen und das ist authentisch. Das ständige Sich-Kontrollieren, ob man denn auch richtig handelt und "gut" ist und es allen recht macht ist oft ein Negieren des eigenen Ichs. Insofern: Mitglied im Miststück-Club zu sein ist ein Schritt in die richtige Richtung, yes!

@ Andreas:
ja ja...stöhn. Richtig erkannt, Herr Guitaranderl. Es ist soviel einfacher, Gründe zu finden, warum man nicht den Finger auf die Wunde legen kann und ich erkenne hier nicht zum ersten Mal, dass ich auf bestimmte Punkte nicht schauen WILL. Reagiere dann auch gerne mal genervt und stopfe dem Kind auch sehr gerne mal das Maul, indem ich es übersehe, es lächerlich mache oder nicht ernst nehme. In einem alten thread zum Thema Inneres Kind hat mal jemand Kluges geschrieben, dass man durch diese Haltung nur das wiederholt, was die Eltern früher mit einem gemacht haben: das kleine Kind und dessen Gefühle nicht ernst nehmen! Oh oh...da wiederholt sich etwas ganz Fatales...und, Du hast vermutlich Recht mit Deiner These. Dennoch: es ist so schwer, den Verstand aus - und die Gefühle anzuknipsen!

@ Steffi:
Das ist die Aufgabe, die wir heute haben: Sich selbst - auch ganz tief im Innersten - darüber bewußt zu werden, dass man Wert besitzt, vieles sehr gut kann und das entwertende Bild, dass die Eltern von einem hatten, als etwas zu entlarven, das NUR SIE so gesehen haben! Es liegt an uns, dieses falsche Bild zu korrigieren und uns ein neues Bild zu machen von uns selbst: ein positives, kraftvolles! Mir hat die Psychoanalyse dabei geholfen...ich werde wohl immer eine Selbstzweiflerin bleiben, aber ich habe gelernt, dass ich jemand bin... jemand Gutes und dass ich viel zu bieten habe und es gelingt mir immer öfter, meinem inneren Zensor Redeverbot zu erteilen!
Der Giger-Bütler ist ein klasse Buch...mir ist einiges dadurch klar geworden!
Du schreibst:
"Ich stelle immer wieder mit Entsetzen fest, wie ähnlich ich meiner Mutter bin; und das wird immer schlimmer.. Will ich aber nicht!! Kann ich mich deshalb nicht leiden, weil ich meine Mutter nicht leiden kann...? "
Ja...aber es ist an Dir, die Unterschiede zwischen Dir und Deiner Mutter herauszuarbeiten. Und es gibt sie, ganz sicher, denn trotz "Erbsünden" bist Du doch ein Individuum, einzigartig und fähig, Deine guten Seiten zu fördern und die weniger guten immerhin anzunehmen!

@ Feuerfisch:
"Es geht ja so weiter". Auch hier ein Ja! Aber wir können und müssen dem auch Einhalt gebieten. Heisst: Aussprechen, wenn man etwas nicht möchte, klar sagen: Stopp - so nicht! Wenn wir schon unsere Eltern nicht mehr verändern können, so können wir doch unsere Grenzen verändern und neu stecken. Bin auch gerade erst dabei, das zu tun und traue es mich manchmal auch noch nicht, aber ich merke, dass es mir besser geht im Umgang mit ihnen, wenn ich auch mal sage, was ich nicht gut finde. Das muss ja nicht immer emotional und laut sein.

@ Reinhardt:
warum hast du denn gelöscht? Würde mich ja schon interessieren....
Ich habe noch mal nachgedacht über das Verzeihen, das Du ansprachst. In der Theorie weiß ich, dass zuerst die Wut und die Enttäuschung und das alles hochkommen muss und dann das Verzeihen kommen kann. Ich stecke noch im ersten Schritt fest, will heissen: ich kann meine Wut nicht wirklich spüren und schon gar nicht ausdrücken.
Aber ich habe ein bisschen verziehen, mich - durch die Therapie - auch ein bísschen losgelöst von ihnen. Damit zusammen kam die Erkenntnis, dass ich für mich selbst verantwortlich bin und es durchaus in meiner Macht steht, etwas für mich zu verändern. Ich befinde mich mitten in diesem Prozess und daher gibt es auch noch Rückfälle ins kindliche Verhalten und das ist wohl auch gut so (ja, Andreas, Du hast Recht!).
Jedenfalls habe ich schon ein klein wenig gespürt, dass das Verzeihen Erleichterung bringt, es weicht die Mauern auf und macht kleine Öffnungen, durch die man sich - im Prinzip - die Hände reichen kann

Viele Aspekte hier in diesem thread, die wohl jeder von uns auch schon einmal so gedacht hat. So auf einem Haufen ergeben sie ein Strickmuster, einen Plan, um sich zu überprüfen, wie weit man eigentlich schon gekommen ist, wo man noch mehr bohren sollte und was man noch tun kann.

Danke an alle und eine gute Nacht
wünscht Virginia
triste
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Re: Muttertag

Beitrag von triste »

Hallo Brittka,
eben erst habe ich Deinen Beitrag gesehen und Du sprichst so vieles aus, was ich gerade eben beim Schreiben meines postings dachte!

"Manchmal gibt es diese "Zipfel", die mich erkennen lassen, dass dieses Gefängnis aus all den alten Fesseln, aus all den alten unerfüllbaren Wünschen und Erwartungen nur existiert, weil ich es zulasse. Weil ich mich immer wieder darin verstricke. Weil ICH das Gefängnis nicht verlasse, obwohl die Tür von innen aufgeht.
Und kurz darauf - ehe ich mich versehe, bin ich wieder drin im Gefängnis und die Tür scheint abgeriegelt zu sein. Es ist ein Hin und Her."

Ich finde, das bringt es total auf den Punkt.
Die Message ist, dass wir selber die Türe öffnen können, aber manchmal überzeugt davon sind, sie sei abgeschlossen!

Ein schöner Gedanke!

Liebe Grüße
von Virginia
Guitaranderl

Re: Muttertag

Beitrag von Guitaranderl »

Danke, Fischin, ich hatte wirklich das Gefühl, dass Du mich hier nicht haben willst und habe deswegen - aus einem spontanen Impuls heraus- auch meine vorangegangenen Posts gelöscht. Das war vielleicht blöd, oder auch "der trotzige Kleine" in mir, dem ich zuviel Raum gegeben habe. War nicht bös gemeint.

>Dennoch: es ist so schwer, den Verstand aus - und die Gefühle anzuknipsen! .

Nein, Frau Triste, es ist nicht "schwer"; es ist unmöglich! Das kann auch nicht der Weg sein. Es ist keine aktive Handlung; das geschieht, WENN der Raum da ist.. und wenn wir es erlauben.... oder so..

So, jetzt aber ab in die Kiste
Andreas
Clown
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Re: Muttertag

Beitrag von Clown »

«Weil ICH das Gefängnis nicht verlasse, obwohl die Tür von innen aufgeht.»

Es gab Versuche mit Hunden, die man sozusagen depressiv gemacht hat:
(Quelle: Die Glückformel von Peter Stein)

Zwei Gruppen, beide bekamen Stromschläge vom Boden ihres Käfigs. Die erste Gruppe hatte die Möglichkeit, durch Berühren eines Hebels in der Wand die Schläge abzustellen, lernte dies auch recht schnell.

Die zweite Gruppe hatte diese Möglichkeit nicht.

Nächster Durchgang:
Beide Gruppen wurden in andere Käfige gesperrt, wieder mit einem Stromschläge austeilenden Boden, keine Hebel zum Strom abstellen, nur waren diesmal die Wände der Käfige niedrig und überspringbar.

Die ERSTE Gruppe Hunde entdeckte dies und sprang darüber, in die Freiheit.

Die zweite Gruppe blieb im Käfig, blieb bei den Stromschlägen, sie kamen nicht auf die Idee, über die Wand zu springen...

Und nun?

Lieben Gruß,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
Liber
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Re: Muttertag

Beitrag von Liber »

Liebe Clown,

tja, wenn wir Hunde wären ....

Aber dieser Versuch schließt die Möglichkeit aus, sich weiterzuentwickeln, Neues zu lernen, nicht?

Ohne diese grundsätzliche Möglichkeit in jedem von uns wäre freilich jegliche Therapie sinnlos.




Lieber Andreas, wollte nur kurz bestätigen, was Feuerfisch gesagt hat: mir ist auch aufgefallen, dass du im Helfen der anderen nicht dich selbst vergessen solltest - und das kommt aus meiner freundschaftlichen Wertschätzung für dich .

Liebe Grüße

Brittka
rm
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Re: Muttertag

Beitrag von rm »

Vielleicht meinte Clown, daß es immer zwei Möglichkeiten gibt...

Vielleicht ist es den Hunden auch noch nicht 'heiß' genug unter ihrem Hintern geworden ...

Vielleicht litten die Hunde (2. Gruppe) auch nur, um uns Menschen zu zeigen, daß es eigentlich erstmal für manche Lebewesen dazugehört, zu leiden, zu ertragen, um dann erlöst zu werden/oder sich selber zu befreien? Vermutung über Vermutung..

..womit ich schon wieder beim Denken und Vermuten wäre... tut mir aber auch manchmal ganz gut.. aber leider schon wieder 'off topic'
Guitaranderl

Re: Muttertag

Beitrag von Guitaranderl »

>Und ja, `Mutter´ ist bei mir ein großes Thema. In verschiedenen Facetten, darum nun auch hier die Frage, warum ich mich wie eine Tochter benehmen muss, obwohl sie nie Mutter für mich war.

Hallo Feuerfisch,
aus Sehnsucht, dass es doch noch "gut" wird? Was mich mal interessieren würde: Hat sich Deine Tochter eigentlich am Sonntag bei Dir gemeldet/nicht gemeldet und hast Du das bewertet oder hat es Dich berührt?

>Weil ich mich immer wieder darin verstricke. Weil ICH das Gefängnis nicht verlasse, obwohl die Tür von innen aufgeht.

Hallo Brittka-Dear,
Alice Miller schrieb einmal: "Gegen schlechte Gewohnheiten kann der Wille selten etwas ausrichten." Zudem hier ja erst einmal die schlechte Gewohnheit ansich "entlarvt" werden muss. Es braucht Zeit und es braucht oft viele -erfolglose- Versuche. Und dann kommt Feuerfisch´s Nachsatz ins Spiel: Du hältst es einfach nicht mehr aus... ! Und DANN handelst Du!

Die Beziehung zu unseren Eltern, unseren ersten Bezugspersonen, ist von so vielen Eindrücken, Gefühlen, Moralansprüchen und Idealen besetzt, dass ich es für das Normalste der Welt halte, dass wir gerade da den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Und, als wenn das nicht ausreichen sollte, kommt auch noch das innerliche Erbe hinzu. Das, was wir an unseren Eltern ablehnen, entspricht nicht selten den Geheimnissen in uns, die wir gern unentdeckt lassen wollen.
Virginia ging schon in die Richtung:
>Was mich argwöhnisch überprüfen lässt, welche schlechte Eigenschaften meiner Mutter sich auch inzwischen bei mir eingenistet haben?

Werner Schneyer sagte einmal: Irgendwann hören wir auf, unseren Eltern zu ähneln und beginnen ihnen zu gleichen...
Booooooooooooooooooooooo, welch gruselige Vorstellung..

Nehmen wir unser genetisches Erbe als zwei Backsteine an. Auf einem steht "Vater"; auf dem anderen "Mutter". Auf diesen Steinen ist unsere ganze Person aufgebaut. Es liegt auf der Hand, dass etwas mit dem Oberbau passiert, wenn ich den Unterbau "einreiße" oder auch nur nachhaltig verändere. Ich glaube, es ist auch die Angst vor dieser Instabilität, die nachhaltige Veränderungen so schwer machen.

Als mein Vater starb, starb in erster Linie die Illusion, doch noch irgendwann gesehen zu werden. Das war sehr traurig und heilend zugleich. Zu meiner Mutter habe ich mich nachhaltig abgegrenzt, was ein ausgesprochen schwieriger Prozess war, aber inzwischen gehen wir wie "gute Bekannte" (Freunde sind wir nicht) miteinander um. Das ist o.k.. Sie hat keine Macht mehr über mich.

Danke der Nachfrage, es geht mir gut und ich grüße recht herzlich
Andreas
Liber
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Re: Muttertag

Beitrag von Liber »

Hallo Andreas,

ja klar, nachhaltige Veränderungen sind - gerade was die Eltern betrifft - sehr schwer.

Wir sehen es ja hier in diesem Thread auch. Erkenntnisse, die wir in Therapien gewonnen und vielleicht sogar in aktuellen Beziehungen umgesetzt haben, werden bei den Eltern plötzlich wieder außer Kraft gesetzt.

Dort zappeln wir wieder und immer noch im Netz der alten Abhängigkeiten, werden immer wieder von den kindlichen Sehnsüchten und all der Wut darüber, dass sie sich nicht erfüllt haben und nicht erfüllen werden, heimgesucht.

Ja, ich glaube auch, es ist die Illusion, die sterben muss. Die Illusion, jemals von den Eltern gesehen zu werden, so wie ich es gebraucht hätte.

Und so wichtig die Wut und die Trauer darüber auch sind - wir dürfen dabei nicht stehen bleiben. Denn solange wir dort stehenbleiben, sind wir noch immer im Gefängnis.

WIE genau das geht, das Gefängnis dauerhaft zu verlassen, das weiß ich leider auch noch nicht.


>Nehmen wir unser genetisches Erbe als zwei Backsteine an. Auf einem steht "Vater"; auf dem anderen "Mutter".<

Freilich bekommen wir das genetische Erbe unserer Eltern mit - und doch entsteht daraus ja nicht nur ein Konglomerat aus beidem, sondern etwas ganz Neues! Und das ist es, worauf es ankommt. Das gilt es zu finden.


Dafür muss manches Alte ein- und abgerissen werden, und das fällt sehr schwer, weil es ja auch Halt gegeben hat.


Soviel jetzt mal ...

Lieben Gruß

Brittka
Clown
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Re: Muttertag

Beitrag von Clown »

«Freilich bekommen wir das genetische Erbe unserer Eltern mit - und doch entsteht daraus ja nicht nur ein Konglomerat aus beidem, sondern etwas ganz Neues!»

Eben.

"Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile (Aristoteles)"

"Netzgesetz Nr. 3: Emergenz. Das ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Dieses "Mehr", die neue Qualität, entsteht durch die jeweilige Art der Vernetzung. Sie erzeugt höhere Komplexität aus vielen einfachen Komponenten. So wächst das Einzelne über sich selbst hinaus. Mehr ist anders.
von Michael Gleich im Buch Web of Life (2002) im Text Die zehn Gesetze der Netze auf Seite 80"


Clown
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Eckhart Tolle
Guitaranderl

Re: Muttertag

Beitrag von Guitaranderl »

Liebe Feuerfisch,
folgende Überlegungen kreisen in mir:

Aus vielen Deiner Threads und auch wieder Deinem Eingangsposting weiß ich, dass Deine Mutter sicher nicht "böse", aber ganz offenkundig schon lang krank ist; sehr krank. Wenn jemand wirklich in diesem Sinne krank ist, kann er/sie für sein/ihr Handeln nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Er/Sie wird immer unschuldig bleiben.
Diese Tatsache nimmt aber dem Opfer auch jegliche Chance, dem Täter befreiend all das an den Kopf zu hauen, was längst gehauen werden sollte. Die - berechtigte- Wut des Opfers muss gedeckelt bleiben und kann sich - gegenüber der Täterin - nie entladen.

Ist es diese Wut, dass Du genau weißt, dass Du sie nie wirklich zur Rechenschaft ziehen können wirst, und die Angst davor, dass Du die Wut womöglich immer "behalten" musst?

>(Ich konnt fast nicht an mir halten und hätte ihr am Liebsten ganz viele Sachen AUS MEINER EIGENEN KINDHEIT an den Kopf geworfen)

Danke, mir geht es sehr gut und ich nehme an Deiner Verzweiflung Anteil.
Herzliche Grüße aus Hamburg
Andreas
Majuha10
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Re: Muttertag

Beitrag von Majuha10 »

Hi @ all,

ich umschleiche diesen Thread, weil er mich in gewisser Art und Weise wütend macht und da ich die Diplomatie sowie die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen habe rege ich mich nun ganz einfach mal auf.

Ein großer Teil der Postings setzen sich mit dem Verhalten, den Erwartungen, den Ansprüchen, der Lieblosigkeit der eigenen Mutter auseinander. Ich nehme wahr, dass sich die Schreiberinnen dann klein, wertlos, hilflos ungerecht behandelt von ihr fühlen. Wir wissen alle ganz genau, dass sie sich ja nicht ändert und eigentlich Hopfen und Malz verloren ist. Es mag sein, dass wir nur eine Illusion sterben lassen müssen und dann haben wir das Gefängnis verlassen. Haben wir das wirklich?

Mir schimmert da, ich nehme mich davon nicht aus, immer etwas zuviel Selbstgerechtigkeit durch. Wir haben Therapie gemacht, wir haben an uns gearbeitet, wir reflektieren unser Verhalten, aber stellen wir mit zu nehmenden Alter nicht auch fest wir werden ihr immer ähnlicher?

Ein Teil von uns ist selber Mutter und haben wir unsere Kinder mal gefragt wie sie uns sehen und empfinden? Was für Lasten haben wir auf ihre Schultern gepackt? Was für ein Gefängnis haben wir ihnen bereitet? Haben sie Möglichkeiten gefunden das Gefängnis zu verlassen?

Ich vermute mal, ehrliche, also erwachsene Antworten ihrerseits würden uns auch ein wenig erschrecken und ins grübeln bringen.


LG Maruschka
sonneundregen

Re: Muttertag

Beitrag von sonneundregen »

feuerfisch
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Re: Muttertag

Beitrag von feuerfisch »

Hai Andreas

Nein, meine Tochter hat sich bei mir nicht gemeldet. Das macht mich zwar ein wenig traurig, aber ich kann es gut verstehen - und insgeheim bin ich eigentlich sogar ein wenig froh darüber, denn sie kennt meine Einstellung zu solchen "Pflichttagen". Da ists mir lieber wenn sie sich überraschend zwischendurch meldet.

Diese Wut, die du auch ansprichst, und die in mir sicherlich vorhanden ist richte ich leider gegen mich.


Hai Maruschka, du Liebe

Selbstgerechtigkeit - nein, so empfinde ich gewiß nicht. So wie du sicher schon aus Gesprächen mit mir weißt habe ich Gewissensbisse meiner Tochter gegenüber. Ich habe mich schon sehr ausgiebig mit diesem Thema befaßt.

Doch was ich mich bei deinem Beitrag hauptsächlich frage: möchtest du dass wir still halten?
Das was geschehen ist einfach unter den Teppich kehren, weil, wir sind doch alle so - und können alle nichts dafür?
Sicher, meine Mutter ist krank, schwer krank und hat auch dadurch Fehler gemacht, aber muss ich ihr deswegen alles verzeihen? Das wäre dann doch wohl die göttlich Absolution (um es mal ganz krass auszudrücken).
Dazu fühle ich mich nun aber wirklich nicht in der Lage.

Für mich ist wichtig das ich Zugang zu meinen eigenen Gefühlen gewinne. Und, was ich inzwischen begriffen habe, das wird erst einmal über starke Gefühle geschehen. Sei dir sicher, das ich nichts davon meiner Mutter direkt vorwerfen werde, denn ein wenig Anstand besitze ich ja auch....aber bitte, spreche mir nicht das Recht ab auf die Dinge die meine Mutter mir angetan hat sauer zu sein. Zumindest mein Verstand sagt mir da doch eindeutig das ich das darf.

Alles Liebe

Petra
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BeAk

Re: Muttertag

Beitrag von BeAk »

Liebe Petra,

warscheinlich muß man erst mal richtig sauergewesen sein, auch Wut gefühlt haben, bevor man es akzeptieren kann, das es so gewesen ist. Und somit wieder Zugang zu seinen Gefühlen hat.

Ich habe Deinen Thread die ganze Zeit verfolgt, nur viele mir nie die richtigen Worte ein, Dich zu unterstützen.

Alles Gute Dir
Seelenvogel
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Re: Muttertag

Beitrag von Seelenvogel »

Seelenvogel
Majuha10
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Re: Muttertag

Beitrag von Majuha10 »

Liebe Petra ,

möchtest du dass wir still halten? Nein !

Das was geschehen ist einfach unter den Teppich kehren, Nein !

muss ich ihr deswegen alles verzeihen? Nein !

Du darfst soviel Wut bekommen wie du möchtest.
Du darfst so sauer sein wie du möchtest.
Du darfst alle Gefühle dieser Welt haben, wenn du möchtest.
Nun kommt mal mein aber, du solltest all diese negativen Gefühle, die soviel Energie fressen, nicht immer gegen dich selbst richten.

Nimm dein Leben an, stärke deine positiven Eigenschaften.
Erfreue dich an deinen reichlich vorhandenen kreativen Begabungen und setze sie wohlwollend für dich im Hier und Heute sowie Zukunft gerichtet ein.

Wir sollten deine weiteren ABER, meine Ansprache im DU, besser in einem Gespräch, wie bisher erörtern.

Ganz viele liebe Grüße
Marina

P.S. Ich hatte meinen gestrigen Beitrag eigentlich etwas allgemeiner verstanden und wollte damit Brittkas Aussage es tut nicht gut in rückwärts gewandter Trauer und Wut zu verharren verstärken.
triste
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Re: Muttertag

Beitrag von triste »

Hallo Maruschka,

ich möchte - ich MUSS - Deinem Posting unbedingt widersprechen. Warum? Weil Du mit Deiner Meinung genau in die Kerbe haust, die es so schwierig macht, wirklich für sich anzuerkennen, dass das Kind ungerecht behandelt wurde und die die gleichen Schuldgefühle macht, wie Feuerfischs Bruder, wenn er meint, sie solle doch verzeihender und liebevoller zur Mutter sein.

Bei mir war es so, dass ich die meiste Zeit meines Lebens fühlte, dass ICH falsch bin, dass ICH Schuld habe. Mir wurde seitens der Eltern immer vermittelt, ein "Biest" zu sein. Das perfide war: sie sagten das durchaus gutmütigt und lächelnd....die Information war jedoch: Virginia ist ein Biest. Das hat sich mir wie ein Brandzeichen eingeprägt.
Erst durch die Depression (bei mir ganz klar gegen mich selbt gerichtete Aggression!) und die Therapien und Klinikaufenthalte sowie das Forum wurde mir sehr langsam klar, dass ich etwas Entscheidendes für eine gesunde Entwicklung NICHT bekommen hatte... das, was jedes Kind braucht, um Resilienz zu entwickeln: Vertrauen, Liebe, Angenommensein. Es geht ja nicht darum, die Mutter heute zu beschuldigen oder gar verantwortlich für meine Fehler zu machen. Nein, es geht darum, etwas IN MIR zu verändern, nämlich mein früheres, falsches Selbstbild mit all´den Verhaltensfehlern, die es nach sich zieht, wenn man ein schwaches Selbstwertgefühl hat. Es geht darum, zu erkennen, was in einem selbst schief läuft, sich erklären zu können, warum das so ist, sich dann selbst seine Fehler verzeihen zu können und dann evtl. das Verhalten zu verändern, das Selbstgefühl verbessern, sich selbst annehmen zu können, sogar vielleicht ein wenig gut zu finden....
Dieser Prozess kann aber unmöglich gelingen, wenn man die Erkenntnis, dass man nicht selbst Schuld ist an einer "Fehlerhaftigkeit", nicht zuvor gewonnen wurde! Und dazu gehört nun mal auch, dass man die Fehler der Eltern sieht und vielleicht auch eine zeitlang wütend ist, dass es so gelaufen ist.

Versteht man das alles nicht, bearbeitet man es nicht emotional, macht man nicht eine seelische Metamorphose durch (am besten in Begleitung eines Therapeuten), dann wird man sein Leben lang die Fehler bei sich suchen. Und zwar ganz unbewußt, weil das alles so programmiert ist und wie ein Automatismus von selbst abläuft.

"Nicht in die Vergangenheit schauen" ist deshalb für viele psychisch Kranke das falscheste, was man tun kann. Erst durch ein genaues Hinschauen und ein Durchleiden alten Schmerzes ist die Basis geschaffen für neues Wachsen.
So denke ich. Deshalb möchte ich mit diesem Posting nochmals daran appellieren, die Fehler der Eltern zu sehen, zu fühlen und zu betrauern. Das heisst ja nicht, dass man die Eltern deswegen aggressiv angehen muss, es ist mehr ein indirekter Vorgang, der in einem selbst stattfindet!

Mir selbst sind Leute auch ein Greuel, die ständig die Schuld bei anderen suchen und ich sehe ja, dass meine Mutter auch nicht ohne Grund emotional verkrüppelt ist.

Ich glaube, es muss beides in einem sein: Verständnis für die Mutter ebenso wie Verständnis für sich selbst.

Beste Grüße an alle!
Virginia
Guitaranderl

Re: Muttertag

Beitrag von Guitaranderl »

>Nun kommt mal mein aber, du solltest all diese negativen Gefühle, die soviel Energie fressen, nicht immer gegen dich selbst richten.

Vollkommen d´accord, liebe Marina. Das bedingt aber, dass in einem erlebten Prozess - da stimme ich Virginia unbedingt zu - eine Zuordnung dieser unterdrückten Gefühle stattfand. Erst dann ist doch innere Freiheit möglich.

Dass das hier nicht so funktioniert, hat sicher gute Gründe.

In dem alten Fred erzählte ich Petra einmal von der Ausbildung eines Therapeuten, der Tonfiguren seiner Eltern formen sollte, um sie dann - als Akt der Loslösung - "lustvoll" zu erschlagen. Sie meinte damals, sie könne das nicht.....
Hm, was macht ein Mensch, der große Probleme hat, dieses gute! Aggressionspotenzial zu entwickeln, und sich statt dessen "lieber" selbst kasteit...
Warum??

Virginia, mich würde mal interessieren, ob Du Deine offenkundige Fähigekeit zur Aggressivität entwickelt hast - z.B. aus einer heilenden Empörung heraus - oder ob das schon immer angelegt war?


>Verständnis für die Mutter ebenso wie Verständnis für sich selbst.
Verständnis für die Geschichte der Eltern kommt wohl automatisch, wenn wir selbst nicht mehr unter all dem Verständnis für die Geschichte unserer Eltern leiden...wenn der Schmerz geklärt ist.
Liber
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Re: Muttertag

Beitrag von Liber »

Hallo Virginia,

natürlich müssen die Gefühle von Wut und Aggression der Mutter bzw. den Eltern gegenüber erst mal wahrgenommen, zugelassen, angenommen und verarbeitet werden!

Dies ist unabdingbar dafür, das eigene ICH spüren zu lernen, sich abzugrenzen von all den Einflüssen des elterlichen Verhaltens.

Ich habe ja auch immer geglaubt, mit MIR stimme etwas nicht, und ICH sei Schuld an so gut wie allem.

Um mich davon abgrenzen zu können, braucht es das Erkennen dessen, was mir angetan worden ist, und die Wut darüber und die Wut auf die verursachenden Menschen ganz dringend und unbedingt!

In meiner PA hat es lange gebraucht, bis ich diese Wut endlich mal spüren konnte. Als ich einmal auf meine Therapeutin sehr wütend war - im Grunde war es die Wut auf meine Mutter! - und es auch zeigen konnte, war das eine Art Durchbruch.

Wir haben es beide auch überlebt .


Was ich in meinem vorigen Posting meinte, war: ich möchte nicht dort stehen bleiben. Ich möchte irgendwann imstande sein, ohne Wut an meine Mutter zu denken und mich auch ohne Wut irgendwann von ihr verabschieden zu können.

Nicht, weil ich ihr aus Nächstenliebe "vergeben" würde (das wäre nur aufgesetzt und sowieso nicht echt!), sondern weil ICH diese Fesseln nicht mehr haben möchte. Weil ich meinen Eltern gegenüber irgendwann innerlich frei sein möchte.

Und dann hätte auch dieser Muttertag nicht mehr die Macht, mich entweder wütend oder depressiv zu machen!


Viele Grüße
Brittka
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