Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
danke dir,liebe Aurelia
Griesbrei gibt es bei mir nicht,eher Vanillepudding!
Heute ist wieder Suppentag,ich fange an mit ganz viel Küchenaktion.
Die Sonne macht alles wieder glänzend draußen,gestern Abend hab ich den Sonnenuntergang gesucht,es gibt einige Stellen auf dem Hof,wo ich zwischen den Bäumen auch das letzte Licht noch sehen kann.
Wenn es so kalt ist,ist die Sonne blutrot.
Heute sehe ich meine wichtigste Stütze beim ambulanten Besuchsdienst vor längerer Pause noch einmal.
Wie wichtig das war,das kann ich nur immer wieder neu sagen. Stationäre Psychiatrie ist mir viel zu lange die einzige Option gewesen.
Dazwischen kam eine gute Erfahrung mit einer Tagesklinik.
Wie schwer der Kampf ist,wieder aufzustehen,eine Dusche zu schaffen,Kleidung zu ordnen,die Küche wieder ans laufen zu kriegen,das waren Meilensteine der letzten Wochen.
Jetzt habe ich genug Kraft,einen Tag mit Pausen auszuhalten.
Wer meine Laborwerte kennt,spricht von einer Vergiftung der Schilddrüse,wer sie nicht ansieht glaubt an eine psychische Krise.
Egal,sie Symptome waren sehr ähnlich.
Nur kommt immer wieder ein Satz eines Arztes in die Erinnerung: er würde mir eh nicht helfen können,als Abwehr,auch nur einen Satz über meine psychsiche Verfassung zu verlieren.
Kein Gespräch möglich.
Ganz anders sah das der Mitarbeiter der Klinik,er arbeitet seit Jahren im ambulanten System.
Ich besseren Zeiten muss ich mein Helfersystem sichern,dann können auch längere Pausen sein.
Meine Medikamente werden reduziert,auch ein wichtiger Schritt,gut zu wissen,was wann notwendig ist.
Aufräumen,innen und außen,das hilft wieder einen Fuß auf den Boden zu bekommen.
Vorsichtig meine Termine machen,immer mit dem nötigem Abstand.
Absagen halte ich schwer aus,weil es mich an meine Ohnmacht erinnert,also sorge ich vor.
Stell dich nicht so an----das war Jahrzehnte die Ansage,gib dir noch mehr Mühe-------andere schaffen das doch auch.
Wer kennt nicht die Ohnmacht,immer schon alles gegeben zu haben und trotzdem wie ein Versager behandelt zu werden,das bringt die letzten guten Lebenssätze auch noch zum Einsturz.
Nie werde ich vergessen,als mein erstes Kind geboren wurde,die Hebamme hatte allen mitgeteilt: das wird heute nichts.
Ich habe die ganze Wehenzeit allein im Kreissaal verbracht,dann kam eine Kollegin und fragte mich,ob ich Schmerzen habe.
Meinen Mann hatten sie weggeschickt,also glaubte ich,da muss erst noch was ganz anderen kommen.
Was dann kam war plötzliche Eile,weil man nicht bemerkt hatte,dass die Geburt unmittelbar bevorstand.
Allein gelassen,nicht gesehen,nicht unterstützt,nein----nichts.
Später wurde mir noch ein Abendesssen aufgezwungen,ich solle das jetzt essen,sonst gibts nicht.
Ohnmacht,wie gut kenne ich das.
Nicht,dass ich nicht in der Lage wäre,für mich zu sorgen.
Ich halte nur unendlich viel aus,bevor ich aufgebe,eine Pause einlege,einlegen muss.
Deshalb würe ich so gern ein Mutmacher werden,aber die Ausbildung zum Genesungsbegleiter war mir mit drei Jahren zu lang.
Das Forum war der erste Ort,wo ich meinen Schmerz einordnen konnte,meinen Mut,meine Stärke wiederfinden konnte,in den Geschichten der anderen fand mein Schmerz einen Platz.
Das wünsche ich jedem hier,dass man sich wiederfindet und den Impuls bekommt,der gerade an diesem Tag notwendig ist.
Gestern hab ich mit meiner Tochter den großen Einkauf geschafft,jetzt fange ich mit dem großen Kochen und Backen an.
Tulpen hab ich gefunden,ein Hoffnungszeichen.
Wenn ich jetzt noch meinen Aufräumplan umsetzte,dann bin ich mit mir zufrieden.Mehr braucht es nicht,ich gebe mir selbst das Lob,wer auch sonst?!
anna54
wohin geht die reise
Beiträge: 349
Registriert: 16. Sep 2016, 11:44

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von wohin geht die reise »

Liebe Anna,
wenn du so erzählst, dann fallen auch mir wieder Szenen und Geschichten aus meiner Kindheit und Jugend und auch später ein.
Deine Wintergeschichte mit dem Auto erinnerte mich daran, dass ich mit meinem Bruder in einen verschneiten Graben gelandet bin und wir stundenlang nicht rauskamen. Ich sehe noch heute das "Grün" von seinem Käfer aus dem Schnee blitzen.
Im Winter hatte ich auch mehrere Unfälle. Der erste war mit einem Bulli, wir fuhren mit 9 jungen Leuten von einer Priesterweihe nach Hause. Es wurde total glatt und plötzlich rutschten wir weg, auf die andere Fahrbahn, der Bulli überschlug sich und wir landeten vor einen Baum. Wie durch ein Wunder sind wir nur mit kleinen Blessuren davon gekommen. Aber es war schon echt merkwürdig, als ich so den Baum in Zeitlupe auf mich zu kommen sah.
Etwas später machte ich den Führerschein, es war immer noch Winter und es lag auch viel Schnee, immer wenn wir ein wenig von der Fahrbahn gerieten, war ich einer Panikattacke sehr nahe.
Ja, und kurze Zeit später, ich hatte eine Woche mein "neues" Auto, da knallten mir 2 Autos hinten drauf. Das Auto war Schrott und ich hab dann auch einiges abbekommen.
Wiedergefunden habe ich mich auch in deinen Aussagen: Stell dich nicht so an, streng dich an - und was ich immer und immer wieder von meiner Oma gehört habe: du sollst mal sehen, wie weit du noch kommst. Du schaffst nichts.
Das hat mich, bis heute, auch praktisch "genötigt" immer alles zu geben, ohne auf mich zu achten. Heute lerne ich es ganz langsam, hab aber immer noch das Gefühl, ich brauch eine Erlaubnis dafür.
Und dann das Stichwort "Ohnmacht" Das sind sehr oft Situationen, die ich für mich nicht einordnen kann, ganz oft beim Arzt oder bei meinem letzten Psychiatrieaufenthalt, ich hatte das Gefühl, ich bin dem, was da geschieht hilflos ausgeliefert.
Liebe Anna,
weißt du, was ich so toll bei dir finde?!
Du findest immer wieder etwas Hoffnungsvolles, Lebensbejahendes. Dafür danke ich dir!!
Lore
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
danke liebe Lore!
Winterzeit und glatte Straßen,bis gestern haben wir den Schnee noch genossen.
Ein Pony konnte den Schlitten ziehen,später hat sogar Pepe das mit meiner Tochter auch probiert.
Heute sind alle zur Arbeit,auch weite Autofahrten.
Hier regnet es jetzt auf den gefrorenen Boden.
Ich kann zuhause bleiben,Pepe und ich halten Hauswache und später machen wir das Essen für die anderen.
Nicht fahren zu müssen,keine Termine schaffen zu müssen,das ist gut für mich.
Mein Nervenkostüm ist dünn,ich kann wenig aushalten.
Wenn mir etwas nicht gelingt,komme ich sofort in Panik.
Trotzdem bleibe ich dabei,die Belastungsgrenze wieder hochzufahren,jeden Tag,Stück für Stück.
Auch langsam kann man ein Ziel erreichen.
Die Abendstunden lasse ich mit Kaminfeuer und guten Fernsehbeiträgen ruhig angehen.
Früher war ich oft erschlagen von Nachrichtensendungen und kam nicht mehr zur Ruhe,da nutze ich jetzt andere Zeiten,Information ist mir wichtig,aber alles zu seiner Zeit.
Liebe Menschen schicken nette Beiträge aufs Handy,das finde ich wohltuend,oft habe ich keine Kraft für ein Gespräch,aber ein Gruß geht.
Mehr Küchenzeiten sind möglich,das ist wohltuend,im Winter koche ich gern,finde wieder alte Rezepte gut.
Immer noch wichtig,die Auszeiten schnell möglich machen,das Holz steht schon am Kamin,Getränke vorbereiten,die Zeitung liegt bereit. Das fehlt sonst manchmal ein Handgriff,wer kennt das nicht.
Aufgeben müssen,das ist mein Niedergang,da passe ich gut auf.
Schlafen macht mein Gehirn wieder ruhiger,besser als jedes Medikament.
Es ist ein Ausprobieren und langes Wiedererlernen,jeden Tag,auch jede Nacht.
Wenn nur einer einen Handgriff für mich macht,empfinde ich Erleichterung,noch ein Warnsignal für den hauchdünnen Boden.
Dem gerecht zu werden,dafür fordere ich für mich selbst Verständnis ein,ich will verstehen und auch anerkennen,welche große Leistung ich schon wieder schaffe.
Das kann keiner messen,das kennen nur Wegbegleiter,die psychische Krankheiten gut kennen.
Von denen ist mir eine Rückmeldung wichtig,andere Bemerkungen versuche ich abgleiten zu lassen.
Jede Woche plane ich meine Aktivzeiten,wenn andere absagen ist noch große Erleichterung spürbar,das nehme ich dankbar an.
Öfter kann ich lachen,über meine eigene Dusseligkeit,nette Bilder,nette Worte,gute Witze.
Der Schnee geht,das Schwarze zeigt sich wieder,aber er war da,der sonnige Wintermoment!
anna54
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
das war eine Nacht!
Schneemassen lösten sich auf dem Dach mit so viel Krach,dass es sich höchst gefährlich anhörte.
Da mein Bett direkt unter dem Dach steht,bin ich mindestens zehnmal aufgeschreckt.
Irgendwann hab ich eine Taschenlampe geholt und vorsichtig durch ein Dachfenster rausgeschaut.
Da war nicht mehr viel Schnee,aber der Krach hielt an.
Das nachts die Ängste ziemlich bunt durcheinander rennen können,das war dann das Ergebnis.
Alle schlimmen Winter und Sturmereignisse fielen mir leider wieder ein.
Pepe und die anderen haben gut geschlafen,ich war wohl die Nachtwache?!
Heute hab ich meine Zeit gut eingeteilt,mehr Ruhe und nur die notwendigsten Arbeiten.
Einen Termin für morgen hab ich verschoben,ausschlafen ist eine Notwendigkeit.
Früher hab ich mit noch mehr Medikamenten jeden Morgen eine riesige Anstrengung gestemmt um früh genug und möglichst fit bei der Arbeit zu erscheinen.
Keiner ahnte,wie schwer mir das gefallen ist.
Wie lange hab ich mich mit Krankschreibungen zu retten versucht.
Das konnte nicht gut gehen.
Irgendwann machte die Krankenkasse so viel Druck,ich mußte zu Terminen erscheinen,wurde direkt gefragt:wann sind Sie wieder arbeitsfähig?
Meine Ärztin hat dann für mich entschieden,dass wir die Zeit der Krankschreibung verlängern und sie hat sich vorbehalten,alle Gespräche mit der Krankenkasse selbst zu führen.
Da war zum ersten Mal Verständnis für eine höchst brisante Situation.
Später hab ich viele solche Erlebnisse von Mitpatienten erfahren.
Heute gibt es bessere Hilfen,wird zumindest gesagt,hab da einen Vortrag vom Intregationsfachdienst in Erinnerung und eine Fortbildung vom Bündnis Depression.
Den Druck rausnehmen,immer!
Kein Depressiver drückt sich vor der Arbeit,Arbeit ist einer der wichtigsten Stabilisatoren,das gibt keiner freiwillig auf.
Wie groß der Druck war,da waren noch 10Jahre schlimme Träume,immer ging es um Versagen,um den Verlust des Arbeitsplatzes.
Heute wünsche ich jedem,dass eine beständige Sicherheit gegeben ist,dass man nicht nur auf Grund einer Diagnose in der Arbeitswelt "abgeschrieben" wird.
Das war einer der wichtigsten Gründe,mich aktiv in der Trialoggruppe einzubringen.
Keiner kann besser berichten,als aus eigener Betroffenheit.
Zwei Genesungshelfer begleiten die Gruppe,von ihnen habe ich viel lernen können.
Hoffentlich wird die Gruppe weitergehen können,wenn endlich ein besserer Raum gefunden ist.
In der Sektorkonferenz des Kreises kommen alle Anbieter "im Helfersystem" zusammen,das war ein Meilenstein,als ich dort als Betroffene aufgenommen wurde.
Abgelästert wird leider auch,das hat auch mit der Fülle der"negativen" Erfahrungen zu tun.
Da kann ich gegenhalten,muss mich noch mit den Wortmeldungen dosieren.
Elend zu beschreiben,das Elend,wenn nur noch das Bett bleibt.
Da war heute eine schlechte Erinnerung wieder ganz riesig,eine schlaflose Nacht,voller Angst,die ich nicht begrenzen konnte.
Das Trotzdem zählt,trotzdem hab ich mich aufgerafft,mir aber auch Luft verschafft,für heute und auch für morgen.
Sich Gutes tun,es sich wert zu sein,gut mit seinen Kräften zu haushalten,und auch einen Tag einfach laufen lassen.
Pepe macht mit,er schläft sich aus.
anna54
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
ich erhole mich deutlich,hab noch mal ein Medikament verändern können.
Die Nachtruhe bestimmt meine Tage,da war und ist immer so.
Mein Gehirn braucht so viele Auszeiten,da ist eine ärztliche Medikamentenreduzierung noch immer nicht ausgeglichen,ich gebe mir die Zeit.
Diese Dünnhäutigkeit aushalten,den Zeitpunkt erkennen,wenn mit die Dinge entgleiten,das zeigt sich ganz einfach,da fallen mir Dinge aus den Händen,meine Handschrift wird völlig anders.
Zeitenwende
immer kommt sie,jetzt ist das Wetter ein gutes Beispiel.
Die Vögel sind wieder lauter,die Sonne bringt überall bessere Laune.
Ich sehe mir nur einmal am Tag Nachrichten an,dann suche ich vorher meine Seelennahrung für den Abend.
Die Konzentration verändert sich,abends ist sie flüchtig,verflüchtigt.
Morgens ist ein Tief immer spürbar,da hilft mir einfache die Zeitung,ich liebe Zeitunglesen,starte erst dann mit der Arbeit.
Meine Termine habe ich gut im Auge,jeder Tag,wo ich nicht den Hof verlassen muss gibt Kraft.
Energiefresser müssen warten.
Zeitenwende in der Stimmung, zulassen,dass es so lange schwer war,nicht auf Besserung warten,sie kommt lieber heimlich,auf leisen Sohlen.
Nichts muss,alles kann.
Eine erste Gruppe startet wieder,unter besonderen Bedingungen,ich hab mich angemeldet.
Trotdem werde ich erst an dem Tag entscheiden,ob ich hingehe,kein Druck,keine Erwartungshaltung.
Was war schlimmer,zur Arbeit zu gehen,oder aufzugeben----
die Zeit dazwischen,wenn es im Unklarem war,wenn man sich nur noch gequält hat und keiner sollte das sehen.
Das wünsche ich jedem,gerade denen,die noch am Anfang stehen,dass sie mehr Sicherheit haben,dass es Schutz gibt.
Darum sind mir ambulante Maßnahmen wichtiger,da geht es auch darum,zu sichern.
Den Kontakt zum Arbeitsplatz,Klarheit in der Diagnose und den Therapiemöglichkeiten und dann sich so viel Auszeit zuzustehen,das braucht ein Fundament.
Das Fundament sind die Fülle meiner Lebensleistungen,sie müssen gesichert und bewahrt werden.
Mir wurde ins Gesicht gesagt,ich hätte während der Krankheit nur noch 50% geschafft.
Vorher hab ich 150% gegeben,also war ich noch bei 100%.
All dieser Druck macht die Depression schlimmer,befeuert die Gedanken,die eh überhand nehmen und alles Denken bestimmen.
Da wäre genau der Punkt,wo mir ein Psychiatrieerfahrener mit seiner Lebenserfahrung Rückhalt geben würde,mir beistehen könnte.
Zeitenwende,wenn am Arbeitsplatz ein Vorgesetzter selbst psychisch erkrankt,da gelten dann plötzlich andere Regeln,auch andere Möglichkeiten.
Ich mache es,wenn ich kann.
Diesen Satz hat mir ein Kirchenmensch einmal vermittelt, ich fand das damals schwierig,wie ein-sich drücken-je nach Tagesform.
Heute sehe ich das anders,das war ein langer Weg,das nicht negativ zu bewerten.
Überhaupt zu bewerten,nicht zu bewerten,das mußte ich lernen.
Die anderen lassen,nur bei mir zu bleiben,aber wer war ich,wo war ich,wann hatte ich mich verloren?
Sich verloren fühlen,das kommt vor dem großem Einbruch,es ist ein Warnsignal.
Ich fuhr schon 18Jahre diesen einen Weg zur Arbeit,ein schöner Weg,am Kirchplatz war mein mein Auto immer an der gleichen Stelle,ein kurzer Fußweg zur Praxis.
Irgendwann schwamm mir dieses Bild weg,für Sekunden war alles wie im Nebel,Verlustängste,Verdrängung war die Reaktion.
In der Praxis rannten mich die Kinder um,alle drängten,warteten auf mich---das hat ewig noch getragen.
Keine Motivation kann größer sein,als das offene Lächeln von kleinen Kindern.
Große Dankbarkeit für so viel Vertrauen.
Niemals hab ich gedacht,dass ein Team,dass ich mal mühevoll aufgebaut hatte,mir die Tür vor der Nase zuschlagen würde.
Jahre später treffe ich eine ehemalige Auszubildene,unerwartet,sie steht plötzlich vor mir und bricht in Tränen aus----sie war erschlagen von dem Wiedersehen.
Es gut sein lassen,das hat gebraucht,die Träume haben mich noch viele Jahre verfolgt.
Sichern,was zu retten ist,jeder Kontakt,jede Beziehung---
Sich in Sicherheit bringen,war die Maßnahme der Krankschreibung.
Leider half kein Klinikaufenthalt,nur die Tagesklinik brachte mir Ruhe und Perspektive.
Immer wußte ich,dass ich wieder aufstehen kann,nur nicht sofort,nur nicht unter Druck,nur nicht weil es "verordnet" wurde.
Positive Verstärkung war wundersam wirkungsvoll,wenn es ehrlich war.
Hingeworfene Worte,waren verletzend,immer.
Keine Worte zu haben,die das Elend beschreibbar machten,war schlimm.
Gradmesser für den Schmerz,das gab es nicht.
Ich sehe deinen Schmerz,das sagen Worte hier,jeden Tag.
Das ist eine so heilsame Hilfe,danke dafür,immer wieder.
anna54
Marlene57
Beiträge: 504
Registriert: 20. Mär 2018, 16:39

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von Marlene57 »

Hallo liebe Anna,
ich freue mich für dich, dass es dir wieder besser geht. Du kannst so gut schreiben. Ich bin ja noch nicht so lange im Forum wie du. Aber was ich bis jetzt mitbekommen habe, muss ich sagen: Meine Hochachtung wie du dich immer wieder zurück ins Leben gekämpft hast.
Du könntest wirklich ein Buch schreiben, und das meine ich ernst. Weil du auch so interessant und spannend schreiben kannst. Das Buch wäre sicher für so manche/n ein guter Helfer in der Depression.
Darf ich fragen, welche Art Praxis das war, wo du gearbeitet hast. (Kinderarzt oder Förderung für Kinder?)
Liebe Grüße
Marlene
wohin geht die reise
Beiträge: 349
Registriert: 16. Sep 2016, 11:44

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von wohin geht die reise »

Liebe Anna,
"ich erhole mich deutlich" - wie schön, das zu hören. Es freut mich für dich und auch, dass du Nachtruhe hast und somit auch neue Kraft tanken kannst.
Was mir schon ein paar mal aufgefallen ist und mich sehr beeindruckt: du schreibst davon, dass du dir keinen Druck machst, das drückt für mich eine sehr verantwortungsvolle Haltung in der Depression aus. Sicherlich war der Weg bis dahin sehr steinig und ist es wahrscheinlich auch heute noch, z.B. aushalten zu müssen, dass Vieles langwierig ist.
Habe ich das richtig verstanden, dass du noch manchmal deiner alten Arbeitsstelle vermisst?
Und auch über das Ende enttäuscht bist?
Ich war während meines 9-monatigen Klinikaufenthaltes sehr enttäuscht, meine Arbeitskollegen vor Ort haben es nicht einmal geschafft, mich zu besuchen. Ja, was bin ich dann für die anderen?
Ich habe danach die Stelle gewechselt und fühl mich hier wohler, aber ich nehme mich immer mit, egal an welchem Ort ich arbeite.
Du hast geschrieben, du hast 150 % gegeben und ja, das mache ich auch, obwohl ich weiß, dass das nicht gesund ist. Ich habe in dieser Woche noch mal meinen Kalender überprüft, da ist bis Mitte Juni kein freies Wochenende mehr drin. Meine Angst wird schon größer, das nicht zu schaffen.
Ich mache z.Zt. Exerzitien im Alltag, da geht es bei der Tagesrückschau auch darum, den Tag ohne Bewertung, liebevoll anzuschauen, eine schöne Übung.
Gute Nacht
Lore
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von anna54 »

Liebe Marlene
danke für deine Worte,ich schreibe gern,aber inzwschischen nur noch im Forum.
Besonders,wenn eine Krise zu Ende geht,schreibe ich gern über das Trotzdem,den Moment,wo ich wieder Boden unter den Füßen habe.
Die Worte fließen,wenn nicht,schreibe ich nicht.
Zu berichten,was wieder getragen hat,welcher Impuls wieder Hoffnung brachte,das finde ich sehr wichtig.
Herzliche Grüße
anna54
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von anna54 »

Liebe Lore
das finde ich aber schwer für dich,wenn so lange kein freies Wochenende mehr möglich ist.
Ich habe eine Arbeitsstelle verloren,es war eine Kinderarztpraxis mit dem Verbund von Entwicklungstherapeuten.Wir standen am Anfang eines sehr wichtiges Aufbaues eines gutes Helfersystems für Mütter,für Kinder,Schulen und Kindergärten.
Früherkennung und Förderung,ich habe dann einen eigenständigen Arbeitskreis gegründet und viele Veranstaltungen gemacht.
Das alles brach weg,als ich den zweiten Klinikaufenthalt hatte,mir wurde gesagt,das Team will mich nicht mehr,daher die Kündigung nach fast 20Jahren.
Wir waren mehr als ein Team,wir waren schon außergewöhnlich und haben sehr lange sehr viel erreicht,schnell Hilfe und Therapie für Kinder,die an wichtigen Stellen im Leben standen.
Wenn der Anfang nicht gelingt,nicht gelingen kann,da war besonders mein Schwerpunkt.
Kinder,die sich verweigern,haben mir trotzdem ihr Vertrauen geschenkt,das war mein Talent.
Dann so lange beschützen und begleiten,bis es eine gute Entwicklung gibt.
Ich habe 10Jahre noch schlimmste Träume gehabt,immer war ich der Verlierer,immer noch kämpfen.
Als das endlich aufhörte,war ich sehr erleichtert.
Heute bin ich auf Abstand,meinen alten Chef habe ich noch einige Male gesprochen,aber klären konnten wir das Brechen seines Versprechens nicht.
Das Versprechen war,niemals meinen Platz zu verlieren,nur weil ich jetzt krank war.
Aber es war auch jemand im Team,die alle Regel gebrochen hat.
In Frauenteams mit einem Chef gibt es Grenzüberschreitungen,die alles sprengen können.
Ich hatte das entdeckt und war wohl die Gefahr,da ich eingen Kontakt zur Ehefrau und den Kindern hatte.
Dieser elende Bruch hat alles zerstört,erst Jahre später brach das Team auseinander.
In habe oft die Rolle des Wächters,nicht nur dort.
Das suche ich mir nicht,ich habe nur einfach feste Grundsätze und stehe auch dazu.
Daran kann man auch scheitern,ich habe das bei meinen Geschwistern erlebt.
Gerade stehe ich ein für einen Restwald,die Stadt will alles abholzen und 10Millionen verbauen.
Ich rege mich nicht über alles auf,aber wenn Natur der Gier geopfert wird,da werde ich laut.
Leider fehlt mir die Zeit und die Kraft das so zu machen,wie mir das früher möglich war.
Ich bin schon mit ganzen Schulklassen in den Ratssaal gepilgert und ganz schnell wurde der Schulanbau hochgezogen,vorher sollten sie in Bussen in fremde Schulen geschickt werden,Grundschulkinder in der ersten Klasse.

Hier steh ich,ich kann nicht anders.
Kein einfacher Standpunkt aber wirkungsvoll,wenn ich den Mut aufbringe mich gegen eine riesige Maschinen zu stellen,die mir die letzte uralte Wallhecke auch noch abholzen,vorher hat die Stadt dort eine Baumaßnahme gmacht und in 6Metern Tiefe die Wurzel zerstört.
Jahr für Jahr starben die Bäume,wurden bei Nacht und Nebel gefällt,wer schaut da noch hin?
Das geht nicht,sagten alle
und dann kam eine,die wußte das nicht
und hat einfach gemacht.
Alles zu seiner Zeit,aber auch mit List,ab 1.März darf nicht mehr gefällt werden,also halte ich sie auf.
Dieser Hof war einmal mitten im Wald,ein Orkan hat 130riesige Bäume zu Boden gerissen,den Rest will ich nicht mehr hergeben.
anna54
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
ich drücke mich,muss Hausarbeit schaffen.
Aber mein Tag ist anders,weil ich Glück hatte und mein Leserbrief neben einem kritischem Beitrag über Baumfällungen zum Zweck von Investoren erschien.
Das hat mir Schwung gegeben.
Mehrere Hunde kamen zu Besuch,Pepe hat Glück.
Die Vögel werden lauter,die Gänse ziehen über den Hof,Fasane laufen über die Felder.
Die Rehe habe ich nicht gesehen,den ganzen Winter nicht.
Mein Aussichtspunkt am Mühlenbach ist nicht erreichbar,das Wasser hat mich abgeschnitten.Es gibt eine Furt durch das Wasser,die muss ich wiederfinden.
Reiter sind guter Laune,draußen darf wieder Einzeluntericht gemacht werden.
Eine Stunde mehr Licht gibt Schwung.
Ich habe Frühlingblüher gekauft,die vorherigen haben unter den Schneemassen auch überlebt.
Jetzt zeigt sich,wer noch blühen will,Geduld ist angesagt.
Die Natur lehrt so viel,auch das Abwarten können und müssen.
Frühling ist wunderbar,es ist das immer gleiche Wunder von Anfang und Trotzdem.
Immer schon hab ich in dieser Zeit die kleinsten Blüten gesucht,am Wegesrand,in den Wiesen,am Waldesrand,einige Sträucher schieben schon Blätter.
Der Ruf der Vögel ist mein Motivator.
Es dauert noch,aber die erste Schwalbe im Stall ist ein Wunder.
Der Wechsel der Jahreszeiten ist gerade bei psychischen Erkrankungen Anreiz oder neue Verzweiflung.
Ich kenne einen Satz aus alten Zeiten: wenn die Blätter kommen oder gehen.
Raus aus den Winterzeiten,raus aus den dicken Klamotten,ich habe heute einfach ein Sommerkleid angezogen,egal was drunter,ein Moment von Leichtigkeit.
Frühling bedeutet auch Geduld,mit dem Erwachen der Natur,aber auch mit meiner Erwartungen.
Zwischendurch dürfen die Tulpen auch anderswo gewachsen sein,einfach Hoffnungsträger in die Wohnung lassen.
Wenn ich warten würde,wie ich früher erst mal alle Fenster geputzt habe,den Garten aufgeräumt,die Wintersachen weggepackt----das schaffe ich nicht,die Übergänge sind jetzt fließend---heute etwas,morgen vielleicht mehr?!
Die Natur schenkt uns alles,was wir zum Leben brauchen,Demut und Freude sind gleichzeitig.
Der Winter war dunkel und schwer,jeder Vogel erzählt mir jetzt etwas von Hoffnung und Lebensfreude.
anna54
wohin geht die reise
Beiträge: 349
Registriert: 16. Sep 2016, 11:44

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von wohin geht die reise »

Liebe Anna,
ich weiß nicht, ob ich dir schon geschrieben habe, wie anschaulich und für mich erbaulich du schreibst.
Es tut mir gut, wie anschaulich du alles, was dich bewegt aufschreiben kannst. Ich bin da eher sachlich.
"Die Natur schenkt uns alles, was wir zum Leben brauchen, Demut und Freude sind gleichzeitig. Gestern habe ich im Rahmen meiner Exerzitien im Alltag einen Spaziergang gemacht, und Ähnliches erlebt. Schon und noch nicht, da will der Frühling aufbrechen, aber es ist noch nicht die rechte Zeit. Wir müssen uns noch etwas gedulden. Mit den Klamotten ging es mir ähnlich wie dir, ich habe die Winterschuhe ,und den Wintermantel wegelassen- und es tat gut.
Ansonsten fühl ich mich eher wie Winter: kraftlos und noch schwach. Vielleicht kommt meine Kraft bald wieder.
Lore
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
danke,liebe Lore für deine Worte.
Kurz bevor der Frühling kommt,macht es er spannend,er will entdeckt werden.
Gerade komme ich vom Reitplatz,weil ein Pferd durchging.
Als ich mich umdrehe wirft die Sonne einen Fächer von Strahlen durch eine Wolkenlücke.
Es war genau dieser Moment.
Schau ich jetzt den Himmel an,dann ist er verhangen.
Was will ich sehen,wo lenke mich meinen Blick hin?
Habe mir wieder meinen Lieblingsplatz unterm Dach hergerichtet,da steht und wartet mein Schreibtisch,jetzt aber ist erst der Sessel dran,direkt unter dem großen Dachfenster.
Ich schau in die Weite und warte auf das Grün!
anna54
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
gestern war ein erstes Treffen mit einer Selbsthilfegruppe und deren Leitung unter Corornabedingungen.
Trotzdem war es gut,wir hatten einen großen Raum,jeder hatte einen Platz und Abstand war kein Problem.
Wir fanden gute Lösungen,gute Anregungen,viel Empathie.
Die Gruppe ist schon viele Jahre aktiv,ich war lange nicht dort.
Jetzt hab ich ein anderes Gefühl.
Am Wochenende war ich zweimal bei meiner Mutter,am Samstag konnte der Schnelltest gemacht werden,am Sonntag war der noch gültig und wir haben mit dem Auto eine kleine Reise gemacht.
Im Altenheim war eine andere Stimmung,Erleichterung spürbar,alle sind geimpft,Besucher können immer einen Schnelltest bekommen,die Angst wird weniger,die Verantwortung wird tragbarer.
Es sind die vielen Kleinigkeiten,die meiner Mutter wichtig sind,der Friedhof,ihre kaputte Brille,passende Kleidung für das Frühjahr,sie hat viele Wünsche.
Aber was ist leichter,als einer 94-jährigen Mutter zu helfen,wenn man den Luxus hat,ein gutes Pflegeheim zu haben?
Meinen Vater zuhause zu pflegen,das war hart.
Meilensteine,wenn ich an den letzen März denke,alle Türen zu,Angst und schlimme Nachrichten tagtäglich.
Jetzt kann ich mit damit umgehen,ich schütze mich selbst,unser Hof gibt mir Schutz und Abstand.
Mein Hund hat sich wunderbar an das Hausleben mit mir gewöhnt,er hat lange Ruhephasen und weiß genau,wer ihn wann versorgt,mit ihm toben will.
Mit zwei Generationen zu wohnen ist gerade jetzt ein Gewinn,ich hüte das Haus,die anderen haben ihren Beruf,ich sorge immer für das leibliche Wohl,meine Küche ist nie kalt.
Morgen ist ein wichtiger Kliniktermin,ich will zum ersten mal den weiten Weg allein fahren.
Sich etwas zu trauen ist wichtig,aber noch wichtiger ist der richtige Zeitpunkt.
Scheitern kann man auch auffangen,wenn man klug plant,sich absichert.
Wachsen kann ich nur,wenn ich wage,keiner kann mir eine Garantie geben.
Der richtige Zeitpunkt ist immer eine Herausforderung,was sich irgendwann wieder leicht und völlig normal anfühlt,kann Wochen zuvor Panik bereiten.
Zuversicht fühlen zu können,Rückenwind zu haben,das ist der Impuls----los,jetzt ist die Zeit gekommen Ängste loszulassen,das Trotzdem zu wagen.
Bei mir ist Planung wichtig,nach so einem Tag ist immer Ausruhzeit angesagt.
Mir wird alles zuviel,Ohnmacht und Fremdbestimmung,das kenne ich auch,aber schon lange bin ich der Hüter meiner Zeit,meiner Energie,meiner Blickrichtung.
Und ganz wichtig,es gibt Zeiten,das funktioniert das einfach nicht,da muss ich aushalten und abwarten können.
Die Waage halten,Belastung und Belastbarkeit sind gleichwertig,ohne zu werten.
Es ist,wie es ist.
Keiner kann das stören,und wenn es totzdem zulasse,dann verliere ich meinen bitter erkämpften Standpunkt,lasse mich wieder benutzen,ausgrenzen und bleibe hilflos zurück.
So abhängig zu sein,vom Verständnis anderer hat mich so vorsichtig werden lassen.
Ich plane in guten Zeiten die nächste Krise,immer.
Sie kommt auch immer,das Leben mit Depression ist so.
Aber wie der Frühling sich den Weg bahnt,durch jeden Zweifel,so bahnt sich die Hoffnung auch immer den Weg durch die Krise.
Fühlen kann ich sie nicht,aber ich bin mir ihrer sicher. Irgendwann stehe ich an dem Punkt,wo ich endlich erkenne,welchen tiefes Tal hinter mir liegt.
Beides anzuerkennen,ja es war bretthart und tiefschwarz,aber das Licht ist immer da,nur sehe ich es nicht.
Am Ende muss ich mir zugestehen,dass ich ein verletztes Wesen bin,ich will nicht mehr auf die vielen Wunden sehen,sehen müssen,ich weiß um meine Fähigkeiten mit schwersten Krisen zu leben,zu überleben.
anna54
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Anna,
du schreibst sehr schön.
Das Haus hüten und immer die Küche warm haben, das kannte man früher von den Omas, das waren die Aufgaben der älteren Frauen. Meist liefen dann ja noch Enkel herum, oder auch Katz, Hund oder Vogel.
Ich erlebte das mit dem Haus hüten zweimal im Leben.
Das erste mal war bei einem Auslandsaufenthalt als Studentin. Da wohnte ich in einem großen Wohnheim, und da gab es auf jeder Etage eine Etagenverantwortliche. Diese hatte Schlüssel, Post, guten Rat, Lächeln, manchmal Trost - war so etwas wie Mamaersatz für viele.
Das nächste mal war es in meiner ersten eigenen Wohnung. Diese war noch eine ganz alte, wo es gemeinsamen Flur und gemeinsame Toilette gab. In einer Wohnung wohnte eine ältere Frau mit einem erwachsenen Kind. Die Frau hatte immer die Küchentür auf, und man lief automatisch daran vorbei, weil das ganz vorne die erste Tür im Flur war. Sie freute sich immer auf einen Schwatz und hatte so manch guten Rat. Das Laufen fiel schon recht schwer, aber sie hatte immer Ansprache, und ich als Single auch. In einer Sache hätte ich wohl besser auf sie gehört, das hätte mir einiges erspart.
Dann erinner ich mich noch an meine Lehrzeit. Da lernte und wohnte ich im Betriebsgelände der Berufsschule. Am Eingang gab es eine Pforte, da arbeitete eine ältere Frau. Diese war auch immer für einen Schwatz zu haben, das mochten ganz viele.
Diese Frauen mit ihrer Mütterlichkeit haben mir etwas zurück gegeben, was ich durch den viel zu frühen Tod meiner Oma verloren habe, wegen ihrer mütterlichen Art.
Nun bin ich selber fast schon alt geworden.
Gruß Gertrud
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von anna54 »

Liebe Gertrud
danke für deine Antwort,ja,ich bin gern auch so eine alte Frau,die sich kümmert,deren Aufgabe anderen hilft,auch wenn es von außen betrachtet nicht viel ist.
Es hat seinen Wert,und immer den Wert,den man sich selbst gibt.
Im Beruf hatte ich auch immer diese Rolle,anderen ist das aufgefallen,mir selbst nicht.
Die gute Seele ist so ein Begriff,aber ich kenne anderswo auch gute Seelen,gerade beim Optiker habe ich so eine getroffen.
Es geht nicht nur um die Brille,nein,wir haben über den Tod ihrer Mutter,ihre Trauer und das große schwarze Loch gesprochen,in das sie nun blickt.
Meine Mutter wollte immer nur von ihr bedient werden,sie war froh,so viel Verständnis zu bekommen.
Verstehen kann man nur,wenn man erlebt,oder auch miterlebt hat.
Uns war egal,dass der Chef des Hauses immer wieder uns beäugte,wir haben uns unser Gespräch nicht stehlen lassen.
Herzliche Grüße
anna54
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von Gertrud Star »

Hallo Anna,
etwas von der guten Seele habe ich auch in mir, nur etwas weniger ausgeprägt.
Ich war als Kind immer die, die sich auch mit um die anderen kümmerte: jüngere Geschwister, anderen bei den Hausaufgaben helfen hauptsächlich. Das war auch bei der Berufsausbildung und nochmal beim Studium nebenbei so.
Leider war es bei mir daheim so, dass meine Oma zu früh für uns alle fehlte, als gute Seele. Mama hatte immer zuviel zu tun, keine Zeit für nix außer Arbeit, da auch unser Vater sehr oft abwesend war wegen Studium 2mal. Dementsprechend war auch ihr Tonfall recht oft.
Nun habe ich leider auch zuviel Zeit, und es ist auch Zeit für andere da.
Für mich selber nehme ich mir zuwenig davon, ganz wie Muttern.
Viele Leute, die sich viel um andere kümmern, nehmen sich auch ganz bewusst Zeit für sich selber und für sich alleine. Machst du ja auch. Ich habe mir jetzt wieder ein Hobby gesucht, lerne ein Instrument zu spielen. Ich war ganz skeptisch, ob das mit Mitte 50 noch funktioniert, aber es scheint zu funktionieren. Irgend was braucht der Mensch ja auch, wenn er noch älter ist und nicht viel mehr geht, dachte ich so, und ehe es zu spät ist, habe ich mal angefangen.
Das mit den netten Seelen, die auch einen Schwatz mögen, geht mir auch so. Oft fehlt ja auch einfach ein gutes Wort, eine kleine Portion Trost und ähnliches.
Gruß Gertrud
wohin geht die reise
Beiträge: 349
Registriert: 16. Sep 2016, 11:44

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von wohin geht die reise »

Liebe Anna,
"die gute Seele des Hauses" - ich kann mir so gut vorstellen, dass du das auf eurem Hof bist. Und in meiner Vorstellung sind diese guten Seelen auch immer etwas älter und weiser- Kinder würden vielleicht "Oma" sagen.
Du schreibst, dass das von außen nicht so bemerkt wird, da möchte ich widersprechen. Ich glaube, es bekommen viele mit, welcher Geist (welche gute Seele) in einem Haus wirkt. Darauf kommt es nicht auf die Taten an.
Meine Oma lebte auch bei uns zu Hause, sie war alles andere als die gute Seele, zu mir war sie wie ein Drachen. Sehr oft hat sie mich fertig gemacht und mich niedergemacht . Lange Zeit habe ich mich nicht wehren können, sie ist ja eine alte Frau und dagegen sagt man nichts. Aber es war schon sehr,sehr hart.
Liebe Anna,
"wachsen kann ich nur wenn ich wage", auch dieser Satz hat mich sehr angesprochen. Ich denke, dass du vollkommen recht damit hast. Ich muss wirklich etwas wagen, um evtl. auch etwas bei mir zu ändern.
Vielen Dank für diesen Tipp.
Lore
Leni2
Beiträge: 471
Registriert: 10. Aug 2005, 18:00

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von Leni2 »

Liebe Anna,

danke für deine Worte. Du wirkst so gelassen, ohne das Leid zu verharmlosen. Ich selbst fühle mich oft so, als wenn ein Kind in mir schreit, das ich nicht beruhigen kann. Es fällt mir sehr schwer, dem Gefühl nicht zu glauben und mich daran zu erinnern, dass es wieder vorbei gehen wird. Deswegen tut es mir gut, zu lesen, wenn du von Hoffnung schreibst.

Viele Grüße Lena
Alles, was man über das Leben lernen kann, ist in drei Worte zu fassen: Es geht weiter!

anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
herzlichen Dank für eure Gedanken,liebe Gertrud,liebe Lore,liebe leni
Es gibt sicher auch die "alten Damen",die sich fürchterlich aufführen,die Drachen sind.
Ich kenne sie auch,meine Mutter kann das zeitweise auch.
Das Älterwerden hat für mich große Vorteile,ich hab noch nie am Rennen um Schönheit und um das Rennen auf besondere Männer teilgenommen.
Ich war immer ich,nun bin ich eine ältere Frau,da ist es weise,nur noch Dinge anzufassen,die man wirklich will.
Spontan bin ich immer noch sehr aktiv,wenn es gilt seine Meinung zu sagen,aktiv Stellung zu beziehen.
Wenn ein Thema mich "anspringt",dann gehe ich es auch an,dann bin ich mutig und gerade als ältere Frau lasse ich mich nicht mehr verunsichern .
Liebe Leni,ich hab deine Beschreibung von dem schreiendem Kind in dir sehr stark mitempfunden.
Ich konnte Kinderschreien nicht aushalten,habe schon meine kleinen Geschwister dann immer beruhigt,auch nächtelang.
Mein erstes Kind war ein Schreibaby,mein zweistes hat mich wieder "getröstet".
Später waren 20Jahre Kinderheilkunde,das Ehrenamt auch Orte,wo ich mich selbst betröstet habe.
In einer Fortbildung an der Uni sind mir mitten im Vortrag die helftigsten Tränen gekommen,als ein Video von einem schreiendem Baby gezeigt wurde.
Aber ich habe viele Möglichkeiten nutzen können um andere zu trösten und damit auch immer mich selbst.
Jahrelang hab ich jeden Sommer Blumen gepflückt und sie dann immer zu verschenken.
Für mich selbst bleibt die Freude an der Freude der anderen.
Das kann ich nicht mehr umdrehen,das sitzt wohl sehr tief.
Daher bin ich gern die gute Seele,das ist manchmal auch die Rolle,die ich gut kann,die mir einfach gelingt.
Vermisse aber die andere Seite,ich liebe die Dikussion,das Ringen um Meinungen und den besten Weg,da bin ich zuletzt gescheitert,verraten worden.
Selbstschutz,einfach war und ist es mit Kindern,sie sind meine Passion.
Wenn sie mich fordern,um so besser.
Ich liebe ihre Offenheit und ihren Mut,da schaue ich mir so viel ab.
Noch bin ich keine wirkliche Oma,aber ich war es schon lange für die anderen,weil es so viel einfacher ist,mit grauen Haaren und dem Kleid,das weit und bequem sein darf.
Gestern war der Sonnenuntergang ein Wunderschauspiel,wie ich es selten hier gesehen habe,die großen Bäume,die sonst schon im Dunkel liegen wurden wie magisch rot und golden in den Kronen,die Sonne war ein riesiger Ball der auf den anderen Seite verschwand zwischen den Baumstämmen.
Ich bin im letzten Moment erst aufmerksam geworden und quer durchs Haus gerannt um jeden Moment noch zu bekommen.
Das ist genau der Punkt,wo ich Hoffnung ohne Ende in mein Herz lassen kann.
Sonnenstrahlen kann man konservieren und an grauen Tagen auspacken.
Eine besonder Kerzen kann mich erinnern,wenn mir das Bild entwischt.
Wie oft ist mir eine Tür zugeschlagen worden,mit voller Härte und ich stand hilflos in der Dunkelheit und die Kälte zog mir in jede Pore.
Heute weiß ich um das Fenster,da sich immer wieder öffnet.
Ich weiß um die Wunder der Natur,ich weiß um die Grenzen der Menschen,von ihrer Boßheit,von Verrat und Schmerz.
Trotzdem sind sie mir immer noch nah,weil in den Fehlern,in ihrer Geschichte das Scheitern auch angelegt ist.
Es gibt Tage,da hasse ich fast,wenn ich dann aufrechnen will,was mir alles wiederfahren ist,das führt mich direkt in die nächste Krise.
Es gibt aber viel mehr Tage,da bin ich einfach ehrlich und weiß um meine eignen Fehler.
Groß sind die wenigen Momente,wo man sich begegnen kann ich einem Moment des Verstehens.
Die harte Schale bricht,wenn es Erschütterungen gab,die sind mir viele Beerdigungen in Erinnerung,da trifft man sich wieder und kann sich plötzlich die Hand reichen----und dann nicht mehr.
Mehr ist nicht drin,bei den anderen.
Ich bleibe trostlos zurück,wenn ich nicht gelernt hätte mich selbst so anzunehmen,dann wäre ich nicht mehr.
So ist mir der Abstand,den Corona einfordert absolut nicht fremd.
In den guten alten Zeiten hätte mich niemand so erkannt,ich war immer die Lustige,die Freundliche,die gelacht hat---um nicht weinen zu müssen.
Weinen geht immer noch nicht,aber ich kann akzeptieren,dass ich diesen Trost einfach verloren habe,vielleicht nie hatte.
Aber aufgeben war noch nie eine Option,trotzdem gab es schwarze Momente,die ich durchstanden habe,auch mit fachlicher Hilfe.
Der unendliche Lebenswille liegt verborgen in der Geschichte des kleinen Kindes,dass man in der früheren 50-igerJahre einfach im Krankenhaus einfach schreien ließ,ohne Kontakt zu den Eltern,wochenlang,monatelang.
Daher kenne ich keinen Trost für mich,nur für die anderen und das ganz besonders.
Das macht es tröstlich.
Heute weiß ich,warum ich bei dem Wort Trost,das unvermittelt mitten in einem Gespräch fiel völlig zusammengebrochen bin.
Im Heute leben,im Wissen um das Vergangene,tröstlich----es sich hinter sich lassen zu können,wissend es könnte mich wieder umwerfen,aber dazwischen lebe ich,und das ganz besonders gern.
anna54
wohin geht die reise
Beiträge: 349
Registriert: 16. Sep 2016, 11:44

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von wohin geht die reise »

Oh Anna,
wie schön," dazwischen lebe ich , und das besonders gern"
- Es ist so ein enormer Wille bei dir, den du ja schon als Kind gehabt haben musst, abgeschoben in einem Krankenhaus, eigentlich hilflos und schreiend und doch- dein enormer Lebenswille hat dich da heraus geholt.
Mir scheint aber, korrigier mich, wenn ich falsch liege, dass danach auch nicht wirklich viel gut lief, wenn du deinen Trost und vielleicht auch anderes nur darin gefunden hast, indem du andere tröstest, Freude, indem du anderen Freude bereitest.
Das klingt nicht wirklich leicht und befreit, dennoch genießt du meine große Bewunderung: In meinen Augen meisterst du dein Leben beispielhaft. Du nimmst so viel wahr, wenn es Unstimmigkeiten und Ungerechtigkeiten gibt, Farben und Gerüche, Sonnenuntergänge.
Bei einem allerdings muss ich dir widersprechen:
du nimmst Stellung, und ich glaube, kann es mir gar nicht anders vorstellen, du wirst gehört!
Ich sende dir einen lieben Gruß
Lore, die alles andere als einen großen Lebenswillen hat
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von anna54 »

Liebe Lore
ich wußte früher nicht,dass es Trost überhaupt gibt.
Aushalten,Durchhalten war angesagt,ich war eines von 10Kindern.
Aber ich habe diese Kindheit auch zum Teil hinter mich gelassen,die Zeit der Pflege des Vaters zuhause hat noch mal sehr viel wieder ans Tageslicht gebracht.
Das war eine gute,aber auch schwere Zeit.
Jetzt muss ich mich schützen,weil meine Mutter so viel Energie frisst,aber ich kann auch gnädig mir einer 94-Jährigen sein.
Der Rahmen ist das Altenheim und ich kann meine Besuche planen.
Meine kranke Schwester ist meine Brücke zur Familie,ich kümmere mich gern um sie.
Gestern hatte sie den Kucken gebacken und abends haben wir zusammen gekocht.
Inzwischen kann sie von der Zeit vor der ersten Psychose sprechen,alte Erinnerungen kommen zurück.
Ich habe Jahrzehnte um sie gekämpft,und das will was heißen bei mir.
Zwischenzeitlich war ich so mutlos,dass ich fast aufgeben mußte.
Aber mir haben auch andere Mitbetroffene geholfen,ich hab mir ganz viel Information geholt,gute Fachbücher gelesen und verstehen können.
Wer meine Schwester aus alten Klinikzeiten kennt,der glaubt nicht,wie sie heute selbstverständlich ihr Leben leben kann.
Ich war oft die Vermittlerin aus der "fast" gesunden zu ihrer anderen Welt.
Unser Verbundenheit ist stark genug,dass aus dem Vergangenem die Stärke für die Zukunft bekommen,einfach so.
Meine eigene Klinikerfahrung ist da auch ein Baustein,ich verstehe auch ohne Worte.
Ich kenne den Schmerz.
Mein erstes Kind hatte als Baby einen Krampanfall mit so tiefer Bewußtlosigkeit,dass ich glaubte,er ist mir in den Armen weggestorben,das war der Grundstein für meine tiefe Verbundenheit mit Müttern,Kindern und Ärzten.
Aber es gab auch immer gute Zeiten,ich war so gern Mutter,dass es neben Problemen auch tiefe Freude gab.Dafür bin ich heute noch dankbar und es ist der Grundstock ,heute mit meiner Tochter einen Zwei-Generationenhaushalt zu wagen.
Die Depression ist oft wie ein Schleier,der sich wie unbemerkt auf alles legen kann.
Ich sorge für genug Wind,damit er sich nicht ausbreiten kann.
Nur darf nicht alles gleichzeitig kommen,dann bin ich auch platt.
Herzliche Grüße
anna54
Gertrud Star
Beiträge: 3441
Registriert: 30. Jun 2014, 19:09

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von Gertrud Star »

Nochmal etwas zu den Generationen, den Gütigen und den Drachen.
Wenn ich mit meiner Nichte über meine Mutter, also ihre Oma sprachen, dachten wir beide zuerst, wir reden von völlig verschiedenen Personen. Da verstand ich erstmal, was meine Mutter alles geleistet hat, wie viel, wie überfordert sie oft vom Alltag gewesen sein musste. Wir beide haben unsere allgemeine Lebenssituation als Kinder verglichen. Ihre Oma war zu meiner Kindheit oft eher ein Drachen, wegen Überforderung im Sinne von Überlastung. Das alles fiel ja weg, als wir Kinder erwachsen wurden und sie nur noch Oma für ein Kind war und sonst fast nix mehr (nicht mehr vollzeit arbeiten, Kinder, Haushalt, Tiere nebenbei fast komplett ohne Unterstützung). Zudem hatte meine Nichte zwar keine Geschwister, aber eine große zweite Familie bei Oma und Opa (Tanten und deren Familien nicht weit weg). Das hatten wir alles nicht.
Da merkt man auch die eigene Prägung nochmal sehr stark.
Auch wegen der jungen Dame hab ich Klavier spielen angefangen zu lernen, weil sie es macht. Naja, wegen mir, auch wegen ihr.
Sie möchte studieren und wird wenig finanzielle Unterstützung erhalten. Manchmal denke ich daran, wenn sie studiert, könnten wir beide vielleicht eine Tanten-Nichten-WG gründen. Die ist echt ne klasse junge Frau.
Stimmt, ich suche innerlich (so alt wie ich bin) manchmal noch nach der guten alten Märchenoma, auch weil ich ab 5 Jahre keine Oma mehr hatte und ne überlastete Mutter. Da gehe ich zu sehr von mir selber aus. Dass es auch alte Besen gibt, blende ich oft aus.
Gruß zum Frauentag allen Frauen hier.
Gertrud
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
der Wind wird hier ziemlich stürmisch,der Himmel gefährlich dunkel.
Ich sitze mitten im Wald und kenne leider die Gefahr.
Heute hab ich ewig gebraucht um auf die Beine zu kommen,hab doch eine Antibiose begonnen wegen der starken Blasenentzündung,nun habe ich die Nebenwirkungen auch.
Aber es gibt kleine Pausen,wenn ich mich doch aufraffen kann,immer die gleiche große Anstrengung,zwischen aufgeben und wagen liegt ein schmaler Grad.
Dieser Grad ist immer wieder ein Wagnis,ich habe nur wenig Kraft,aber immer räume ich auf,versuche die Notwendigkeiten zu schaffen.
Kleinigkeiten,aber mit großer Wirkung.
Kompromisse sind wichtig,das große Ganze ist nicht zu schaffen,beim Kochen rette ich die Vorbereitungen rechtzeitig,beim Haushalt setzte ich auf Mithilfe,beim Einkaufen erwarte ich Hilfe.
Immer diese totale Erschöpfung,aber ich weiß auch um mein Potential,ich mache es gut,ich kann mich loben,nur einen Moment,egal.
Manchmal kommt mir alles klein und elendig mühsam vor,dann ist mir die Hoheit über meine Gedanken abhanden gekommen.
Wenn ich einen großen Hund im Haus halten will,muss ich ertragen,dass er auch Arbeit macht.
Immer alles selbst zu kochen,macht die Küche täglich zu einem Arbeitsfeld.
Aber ich will es so.
Muss Anträge stellen,damit ich irgendwann geimpft werde.
Die gleiche Behörde macht hier Luftaufnahmen und will uns Flächen aus der Förderung nehmen,weil auf den Luftaufnahmen zu sehen ist,wo die Pferde die Wiese kahl gefressen haben.
Das sei keine Grasfläche mehr----ich könnte platzen,das wird neu eingesät,jedes Jahr und im Sommer ist alles grün.
Ich vertraue auf meine Menschenverstand,das hat mich noch nie betrogen.
Sich nicht aus der Fassung bringen zu lassen,das ist tägliche Arbeit.
Manche Dinge kann ich nicht mehr,also lasse ich es.
Vertagen auf morgen,weil morgen auch noch ein Tag ist,und er könnte besser sein als heute!
anna54
anna54
Beiträge: 3713
Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von anna54 »

Hallo ihr Lieben
Vertagen auf heute war sehr sinnvoll!
Pepe hat mich beweckt und mir noch ein Stündchen gelassen,er bleibt dann vor meinem Bett liegen.
Duschen ging wieder,welch ein Gewinn.
Dann hab ich Hilfe beim Einkaufen gehabt,und meine Tochter hat mit runden Ecken einmal gesaugt.
Das große Chaos ist damit behoben.
An dem Tag,wo ich spüre,ich hab genug Kraft um aus dem Bett zu kommen,ist immer ein guter Tag.Wie lange hatte ich nur Zeiten,in denen ich das gehasst habe,im Bett zu versauern.
Es ist einfach kein gutes Gefühl mehr,sich auszuruhen,da hat die Depression zu sehr alles Nagative aufgezeigt.
Noch immer kann ich nicht gut umsetzen,was ich eigentlich weiß und jedem anderen auch rate.
Ich selbst bleibe oft in Anfängen stecken,sieht man aber auf das Ganze,habe ich unendlich viel geschafft.
Gut mit mir umgehen,das will ich,da lerne ich jeden Tag,immer wieder neu.
Unsere tolle Bücherei öffnet wieder,das wird mein erster Ausflug,den plane ich gut.
Eben stand bei KiK ein Schlange draußen,wie gut,dass ich viel zu viel Kleidung habe,das war letztes Jahr schon eine gute Lernerfahrung.
Der Mangel an Möglichkeiten steigert den Wert des Vorhandenen!
Das läßt sich gut auch auf die Möglichkeiten übertragen,wenn die Depression mich ausbremst,dann kann ich das noch mögliche wertschätzen,ich schaue nicht mehr so sehr auf den Verlust.
Die großen Verluste liegen hinter mir,da kann ich nur jedem raten mehr auf das Schützen von Arbeitsplatz,Beziehung und anderen wichtigen Lebensbausteinen zu bestehen.
Ambulante Hilfen sind da heute gut aufgestellt,da spüre ich den Unterschied zu der Situation zu Beginn meiner Depression deutlich.
Hätte ich diese Menschen schon gekannt,dann wäre mir sehr viel erspart geblieben und die ewige Angst und der elende Druck wäre kleiner gewesen.
Es gab erst den Ausblick auf Hoffnung,als ich begriffen habe,ich muss es selbst anpacken,auf niemanden warten,eigentlich nichts erwarten.
Das hat zwar auch ewig gedauert,war aber mein wichtigster Schritt.
Letztlich habe ich mir nichts gefallen lassen,wenn auch Zeiten der Klinik schwere Bevormundungen waren.
Dieses trotzige Ich,das hat immer überlebt,ohne damals zu wissen,ob es mich nicht noch tiefer fallen läßt.
Non-Complice als Chance----das war mein erstes wahrhaftiges Buch,das ich über Psychiatrie gelesen habe,das war ein Meilenstein,auch unendliche Erleichterung,mich nicht getäuscht zu haben,mit meinem Trotz und Trotzdem.
anna54
wohin geht die reise
Beiträge: 349
Registriert: 16. Sep 2016, 11:44

Re: Licht trotz Dunkelheit,Hoffnung Teil 10

Beitrag von wohin geht die reise »

Liebe Anna,
heute war es bei uns sehr stürmisch. Der Wind peitschte über den Balkon und hat die Stühle verrückt und gegen die Scheiben prasselte der Regen. Vorhin sah der Himmel gespenstisch aus, ganz merkwürdige Farben.
In der Klamottenfrage geht es mir leider nicht so gut wie dir. Ich warte darauf, dass ich normal einkaufen kann, denn mir ist alles zu weit geworden. Immerhin habe ich schon etwas aussortiert, obwohl ich nicht weiß, ob ich wieder zunehmen werde.
Meine Klinikerfahrungen decken sich auch mit deinen. Ich habe sie, vor allem den letzten Aufenthalt, als schwere Bevormundung wahrgenommen und auch als persönliche Missachtung (Nichtbeachtung) meiner Person.
Heute war ich wieder bei meiner Hausärztin. Ich komme einfach nicht wieder auf die Beine, eher im Gegenteil. Wenn ich bei einer Ärztin bin und nicht weiß, was mit mir los ist, verunsichert mich das total. Ich fühle mich ausgeliefert und ohnmächtig, das stürzt mich dann auch ins Chaos.
So, an diesem Wochenende muss ich nur morgen Nachmittag arbeiten, Sonntag ist frei. Ich hoffe, ich kann es genießen und es geht mir nicht so viel im Kopf rum.
LG
Lore
Antworten