Verletzte Gefühle überwinden III

tomroerich
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Re: Verletzte Gefühle überwinden III

Beitrag von tomroerich »

Lieber Andreas,

Nun gut, was tut der Mensch denn, wenn er/sie dieses genannte Vertrauen nicht hat und nie erwerben konnte? Worauf "verlässt" er sich dann? Oder soll er/sie sich nicht "verlassen" (schön doppeldeutig, gell) sondern in der antwortlosen Leere verharren; einfach in der Hoffnung, was kommen könnte? Wo ist sein Hafen? Menschen sind wie Schiffe; jeder braucht einen Hafen.


Wenn es so wäre, dass wir Vertrauen, Liebesfähigkeit und was sonst noch zu einem Leben gehört, nur gezeigt bekommen können, und das in einer bestimmten Phase unseres Lebens, dann wäre die Lage in der Tat hoffnungslos. Wenn wir uns Menschen so vorstellen, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt richtig programmiert werden müssen und danach diese Option abgelaufen ist, dann gäbe es keinerlei Hoffnung.
Aber so ist es nicht. Die Fähigkeit zu Vertrauen und Liebe ist untrennbar mit jedem menschlichen Wesen verbunden. Wird sie gestört, entstehen Konflikte bis hin zu Krankheiten, Kriminalität und Hass und gerade das ist der Beweis dafür, dass diese Dinge in jedem weiterexistieren, dass sie ein lebenslanges Thema sind. Wer noch leidet, hasst und kriminell ist, der lebt und ist im Kontakt.


Also existiert alles in dir weiter in einem Bereich, den ich "Selbst" genannt habe. Man kann auch "Wesenkern" sagen oder andere Worte dafür finden. Aber es sind alles nur Worte, die einen Hinweis enthalten - mehr ist nicht möglich. Ich kann dir nicht konkret sagen, was dein Selbst ist oder wie du es findest, weil es nicht möglich ist. Wäre es möglich, wäre es nicht DEIN Selbst sondern etwas Fremdes, was man allgemein beschreiben und jedem vermitteln kann. Das wäre zwangsläufig etwas Nicht-Individuelles. Es wurden viele viele Systeme entwickelt, um Menschen ihrem Selbst näher zu bringen aber alle diese Systeme gehen verschiedene Wege und keines passt genau auf dich.

Ich machte verschiedene Vorschläge, sprach von Selbsterinnerung und wie man dazu kommt. Ich versteige mich sogar dazu zu behaupten, dass negative Gefühle unnütz und schädlich sind und dass man Wege finden sollte, um sie nicht zu haben. Aber das sind alles hinterfragbare Vorschläge und der Verstand will wissen, wieso und warum und ich schreib mir einen Wolf, um solche Argumente zu finden. Ich kann aus meiner Sicht sagen: probiers, dann weißt du es und tatsächlich ist das alles, was man dazu sagen kann.

Dem Verstand ist das immer zu wenig. Dabei versteht er überhaupt nichts von diesen Dingen und plustert sich nur auf, aber das kann man nicht ändern. Glaubst du, auch nur einer von denen, die hier lesen, haben seitdem angefangen zu meditieren oder haben mal versucht, den ganzen Tag ihrer selbst bewusst zu bleiben? Ich glaube das nicht. Und warum? Weil der Verstand es nicht einsieht. Niemand ist bereit, 30 Minuten am Tag einfach nur still zu sein und nach innen zu horchen, was da ist. Stundenlang Fernsehen aber ja. Das ist das einzig Konkrete, was man raten kann. Zu allem anderen brauchst du einen Lehrer, der nur für dich da ist. Wenn du mal den Zipfel hast, ist das ein Selbstläufer - dann suchst du wie ein Trüffelschwein. Meditation kann das bewirken und dann kommt die Entwicklung von selbst in Gang.

Muss jetzt Nudeln beißen gehen

Thomas
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Cecil
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Re: Verletzte Gefühle überwinden III

Beitrag von Cecil »

>Glaubst du, auch nur einer von denen, die hier lesen, haben seitdem angefangen zu meditieren oder haben mal versucht, den ganzen Tag ihrer selbst bewusst zu bleiben? Ich glaube das nicht. Und warum? Weil der Verstand es nicht einsieht. Niemand ist bereit, 30 Minuten am Tag einfach nur still zu sein und nach innen zu horchen, was da ist.<

Da täuscht Dich
Dein Verstand aber, Thomas

ICH bin z.B. so einer und sicher gibt es noch mehr davon ...


best wishes
Cecil
Guitaranderl

Re: Verletzte Gefühle überwinden III

Beitrag von Guitaranderl »

gelöscht - sollte gar nicht abgeschickt werden, da Blödsinn.
tomroerich
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Re: Verletzte Gefühle überwinden III

Beitrag von tomroerich »

Lieber Reinhart,

ich weiß da wirklich nicht mehr weiter. Auf WAS soll ich denn eingehen und auf WELCHE Situation? Anscheinend verstehe ich deine Sätze so schwer wie du meine. Was bei mir ankommt ist:

Du findest meine Beiträge zu verklausuliert, zu schwer, zu lang, zu schlecht zu lesen. Du bist im Moment nicht in der Lage, sie zu lesen, möchtest aber gerne an dem Thema bleiben. Nun weiß ich nicht, was tun. Ich sagte ja schon, dass ich mich so gut ausdrücke, wie es mir möglich ist. Das Thema ist von Natur aus nicht so, dass man Worte finden kann, die jeder versteht. Ich versuchte es daher mit Sch...haufen-Prosa und das meine ich völlig ernst jetzt. Ich könnte kürzere Postings schreiben, sage mir aber andererseits, wenn du es wirklich lesen möchtest, kannst du es dir doch aufteilen??

Verstehst du, diese Dinge fließen aus mir heraus, ich muss mich oft zwingen, Schluss zu machen und nicht noch mehr zu schreiben. Wenn du so willst, ist dies immer wieder eine Geburt, deren Fortgang ich nicht beliebig steuern kann. Keinesfalls ist es dazu gedacht, andere zu überfordern. Und da ich davon ausgehe, dass jeder so viel eigene Steuerungsfähigkeit hat, dass er nicht Dinge tut, die er ja nicht tun muss, weil sie ihm nicht gut tun, was könnte ich tun?
Ich habe das Gefühl, du unterstellst mir, ich wollte dich durch komplizierte Gedanken ausschließen? Empfindest du etwas in der Art? Tue ich natürlich nicht, wozu auch? Es gibt sicher ne Menge Menschen, die nichts anfangen können mit meinen Ergüssen. Das ist so bei diesem Thema. Andere wiederum können es. Das ist doch oK so?

Fragende Grüße

Thomas
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tomroerich
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Re: Verletzte Gefühle überwinden III

Beitrag von tomroerich »

Liebe Maruschka,

tatsächlich war ich da in so einer Stimmung, die ich mal als rüpelhaft bezeichen will. Es war eigentlich nicht Frust, sondern Lust zu einer groben Sprache. Aber gefühlt habe ich mich durchaus wohl dabei. Ausgelöst wurde das tatsächlich durch a) Trude, von der ich mich falsch verstanden fühlte, was aber nix macht und b) Reinharts hartnäckige Vorhaltungen. Ja ja, das Thema ist ein abolutes Herzblutthema bei mir und ich dachte, wenn ich es nicht hinschreiben kann, dann sch.... ich es halt hin. Schlimm, gell?

Grüße!
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Clown
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Re: Verletzte Gefühle überwinden III

Beitrag von Clown »

*freu*

So ist das, wenn man in seinem Selbst ist. Dann hat man(n) alle Freiheit, die man braucht.

Und ich mein Vergnügen.

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
rm
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Re: Verletzte Gefühle überwinden III

Beitrag von rm »

Guten, sonnigen, erholsamen Morgen Thomas ...

... Danke für Deine Antwort, werde sie erst mal auf mich wirken lassen.

Gruß, Reinhart

P.S.: Antwort kann etwas länger dauern, da... na Du weißt ja schon..
Clown
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Re: Verletzte Gefühle überwinden III

Beitrag von Clown »

Moin Reinhart,

keine Sorge, du brauchst nicht zu antworten zu dem, was ich jetzt schreibe.

Das mit dem Verstehen der Postings hier... da bist du ja nicht der einzige, der nichts oder kaum etwas damit anfangen kann.

Eigentlich glaube ich nicht, dass es einen zwingenden Zusammenhang gibt in der Art: 'Man ist nicht in seinem Selbst, also kann man die Postings auch nicht verstehen.'

Der chinesiche Bauer auf seinem Reisfeld, den Thomas mal erwähnte, kann sehr wohl in gutem Kontakt zu seinem Selbst sein, ohne dafür Worte zu finden oder unsere Beschreibungen zu verstehen.

Aber es hilft natürlich, denke ich, wenn man das Empfinden von seinem Selbst schon kennt, 'weiß' wie es sich anfühlt.

Ich nehme an mir sehr deutlich wahr, dass vor allem starke negative Gefühle (Schmerz) mir die Sinne vernebeln, auch den Sinn, mit dem ich sonst mein Selbst - irgendwie - wahrnehme.

Dafür habe ich inzwischen einige Strategien wie z.B. meditieren, bewusst ausatmen, meine momentanen Körperempfindungen wahrnehmen (frei von Wertung, rein auf physikalischer Ebene), auch homöop. Mittel einnehmen, von denen ich weiß, dass sie den Schmerz (ein Stück weit) auflösen und ich wieder handlungsfähiger werde. Auch das darüber reden, schreiben oder lesen (deshalb nochmal großen Dank an alle hier! ) hilft mir.

Und: Das berühmte 'durch den Schmerz durchgehen' - in der Therapie einige Male geschafft und nun auch zunehmend für mich allein - also Maria's Formel.

Dich scheint es ja ziemlich zu frustrieren, dass du Probleme mit dem Lesen der Postings hast. Das finde ich ein sehr gutes Zeichen, lässt es ja auch eine Sehnsucht von dir ahnen.

Die Art, wie du mit deinem Frust umgehst, kannst du ändern, und ich bin davon überzeugt, dass dich das weiterbringen würde.

Bisher hast du versucht, das 'Außen' zu ändern damit es dir damit besser geht. (Wunsch nach Absätzen, verständlicher erklären...)

Der neue Weg wäre, deinen Frust da sein zu lassen, genau nachzuspüren, wo im Körper hast du dazu welche Empfindungen, weiteratmen, weiter wahrnehmen,..... wenn ich so mit meinen negativen Gefühlen umgehe, lande ich früher oder später bei meinem Selbst!

Viele Grüße von Clown,

die die falsche Strategie, das Außen ändern zu wollen damit es ihr gutgeht, auch sehr gut kennt und in diese Falle schon auch noch hineinfällt - ist wohl eine lebenslange Aufgabe für mich, dafür wachsam zu sein. Und der das Schreiben dieses Postings gerade sehr gut tut.
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Eckhart Tolle
trude
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Re: Verletzte Gefühle überwinden III

Beitrag von trude »

Hallo Thomas,

ich habe deine Antwort Dienstag abend kurz gelesen, bis jetzt jedoch noch keine Zeit gehabt zu antworten, und bin heute sehr erfreut wie munter und rege hier weiter diskutiert wurde.

Meine ersten Gedanken waren natürlich
„ja aber...“,
ich bin halt Opportunistin,
ich stehe zu meinen schlechten Gefühlen, weil sie für mich einen wichtigen Gegensatz zur „positiven Denk-Mentalität, die für mich das aktive Verleugnen oder negieren negativer Gefühle“bedeuten,
etc.

Da jedoch auch ich manchmal zuhören kann , hab ich mir ein paar Gedanken gemacht und hoffe, diese auch so wiedergeben zu können, dass Sie verstanden werden, was nicht unbedingt mein Geschick ist.

Ich glaube gar nicht , dass unsere Ansätze so komplett unterschiedlich sind. Ich gebe dir recht, dass es nicht das Ziel sein kann schlechte Gefühle zu integrieren, sprich das Wort ist in diesem Zusammenhang von mir einfach falsch gewählt. Ich meinte eigentlich nur das Annehmen und Ansehen können in den Momenten, wenn die schlechten Gefühle auftauchen. Hier ist mir viel erst in den letzten Jahren gelungen. Früher war meine Lebensmaxime „Augen zu und durch“, weil dies der einzigste Weg schien mit meinen Ängsten und Depressionen umgehen zu können, ohne dass mich diese handlungsunfähig machen. Wenn ich traurig war haben sich die Leute zurückgezogen, also durfte ich nicht mehr traurig sein, dann wäre ich auf alle Zeit einsam, etc. Das kennen wahrscheinlich die meisten hier, die Überlebensstrategien sind aber vielleicht unterschiedlich.

Ich kann die Gefühle ja auch erst anschauen, wenn ich sie als Ausdruck meiner momentan Situation angemessen annehmen kann. Und bei diesem Schritt bin ich noch oft irritiert und versuche über unterschiedliche „Techniken“ an diese heranzukommen. Zudem sind da ja noch weitere Tücken drin, z.b. schäme ich mich, dass ich in bestimmten Situationen nicht wütend werden kann, bzw. diese Wut nicht nach außen tragen kann. Also habe ich da die Wut, die ich nicht beinflußen kann und die Scham, dass ich die Wut nicht beinflußen kann. Da kam ich von selbst nicht raus, bis ich über die Therapie lernte, dass ich mir aussuchen kann, ob ich wütend auf das Nicht-Wütend-Sein bin (was dann dazu führen kann, dass ich doch wütend werde), oder feststelle, es ist zuviel Energieaufwand notwendig jetzt wütend zu sein , diese Energie brauche ich zur Zeit woanders und dann kann ich auch versuchen diesen Wutanspruch-Gefühl zu lassen.

Ich bin meistens glücklich, wenn ich meine Wut mal dort lassen kann, wo Sie hingehört, das fällt mir dann auch meist nicht leicht. Hierbei kommt jedoch noch die andere Person dazu. Diese findet meine Wut vielleicht gar nicht toll und fängt sogar an „unter die Gürtellinie“ zurück zu schießen. Dann kann es passieren, dass die Reaktion mich so verunsichert, dass ich meine Wut wieder zurücknehme, womit die Scham wieder daher kommt und was von Feigheit brummelt, während die Wut sich unterirdisch wieder aufbaut. Und ich stehe da und kann wieder gar nix beinflußen.? Wie ist das jetzt mit der bewussten Wahl...

Jetzt also die Opportunistin oder Pessimistin wieder,
: “ es ist alles gar nicht so einfach...“,
was ich mittlerweile jedoch auch annehmen kann und es auch manchmal auch gerne bin.

Eine meiner besten Freundinnen ist absolute Optimistin und Anhängerin fernöstlicher Philosphien, die an mich jedoch nicht so herankommen. Wir haben oft sehr intensive Diskussionen, die uns beide immer wieder sehr bereichern, einfach weil der Ansatz oft sehr unterschiedlich ist, wir uns am Ende dann aber wieder nähern und das ist dann das Spannende andere Blickwinkel zu erkennen und die eigenen Philosophien darauf zu überprüfen.

Von daher sage ich auch auf der einen Seite trotzig
“ich will aber meine schlechten, negativen Gefühle behalten und sie ausleben“,
auf der anderen Seite liebe ich es in lachende Kindergesichter zu schauen.

Grüße und schade, dass sich sowas nicht LIVE diskutieren läßt

Trude
rm
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Re: Verletzte Gefühle überwinden III

Beitrag von rm »

Ja, Clown, das, was Du schreibst, kommt bei mir an. Danke dafür.

Ich bin froh, Euch allen hier im Forum und teilweise schon persönlich begegnetet zu sein...

... ohne die Gespräche hier wäre ich wahrscheinlich noch nicht so vehement auf dem Weg unter-wegs, den Weg zu finden.

Lieben, sonnigen Gruß aus dem 'bayrischen Nizza' !
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