einsam

powersofti2
Beiträge: 225
Registriert: 20. Mär 2003, 02:23
Kontaktdaten:

Re: einsam

Beitrag von powersofti2 »

Hallo Winnie

von mir auch eine Umarmung
era

Re: einsam

Beitrag von era »

Hallo an die Mit-Einsamen,

ich möchte an dieser Stelle mal eine Lanze für die Einsamkeit brechen. Nicht als Provokation oder als Abwertung der individuellen Nöte, sondern um meine positive Seite der Einsamkeit, den Nutzen daraus, zu beschreiben. Mir ist auch klar, daß z. B. jemand, der Familie/Kinder zu versorgen hat, mit Einsamkeit ganz anders umgehen muss als ich.

In der Zeit der grossen Umbrüche in meinem Leben bin ich damals mehr oder weniger freiwillig in meine, wie ich es nenne, „Grosse Einsamkeit“ gegangen. Mit eigentlich recht positiven Erfahrungen: ich habe gelernt, mich mit mir selbst zu beschäftigen, über mich selbst nachzudenken, mit mir selbst zu „kämpfen“ und mich nicht mehr mit wahllosen sozialen Kontakten von mir selbst abzulenken. Und ich habe versucht, mir aus der Distanz des Beobachters einen kühlen, analytischen Blick auf die Umwelt anzueignen.

Es gibt bei Nietzsche, im Zarathustra, dieses Dings mit den drei Metamorphosen des Geistes, sinngemäß etwa so: beladen wie ein Kamel soll der Geist in die Wüste gehen, dort kämpfen wie ein Löwe, um unschuldig wie ein Kind wieder herauszukommen.

Mit dem Herauskommen aus der Einsamkeit ist es so eine Sache: ich bin nicht unschuldig geworden, sondern habe mir einen üblen Zynismus eingefangen. Der Blick des Beobachters hat meine Depressionen, Zweifel und Ängste eher noch verstärkt, vor allem, nachdem ich gesehen habe, daß es „draussen“, in der Politik, im Berufsleben, im Beziehungsleben etc. mitunter erst mal richtig irre zugeht.

Also ich bin etwas unschlüssig, ob der Ausbruch aus der geistigen und sozialen Isolation mir etwas bringen würde. Bislang haben meine Versuche mir eher nur geschadet. Vielleicht kann hier ja jemand Erfahrungswerte, den eigenen Weg betreffend, beisteuern.

Liebe Grüsse von

Erasmus
winnie
Beiträge: 1683
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: einsam

Beitrag von winnie »

Hallo Era,

also wenn ich das richtig verstanden habe, empfindest Du die Einsamkeit eher als wohltuend-sicheren Ort fern des alltäglichen Wahnsinns, oder?
Und da kann ich Dir nicht mal widersprechen...

Das ist ja bei mir diese verteufelte Ambivalenz - einerseits genieße ich meine eigene Gesellschaft, kann mich sehr gut alleine beschäftigen, brauche durchaus keine Leute um mich herum, um zufrieden zu sein. Und, um es ehrlich zu gestehen, ich fühle mich alleine SICHERER. Wenn ich allein bin, muß ich mich nicht so verhalten, wie man es von mir erwartet. Muß ich keine Angst haben, kritisiert, abgelehnt, angegriffen zu werden, muß nicht vor anderen bestehen - denn wie Du habe ich auch zur Genüge erlebt, daß mir meine Ausflüge in die Welt hinaus saftige Enttäuschungen bereitet haben. Und wie Du es selbst sagst, ich kann öfters auch gar nicht anders als mich kopfschüttelnd von der Welt zurückzuziehen, und froh zu sein, nicht dazuzugehören.
Aber dann wieder kommen Momente, wo ich merke, daß so ein Verhalten, so eine Einstellung unnormal ist. Daß niemand auf Dauer alleine auskommt, daß man schlicht und einfach vereinsamt. Der Mensch lebt ja schließlich auch durch Impulse von außen, wir sind uns niemals allein genug, und es wäre überheblich, sich sowas einzureden.

Das war auch so etwas, was ich in der Klinik lernte - man bescheinigte mir "ängstlich-vermeidendes Beziehungsverhalten" bei sehr vielen Fähigkeiten, die mir ermöglichen, ein mehr oder weniger unabhängiges Leben zu führen. Das heißt, ich kann gut existieren, ohne dauernd jemanden um Hilfe bei diesem oder jenem bitten zu müssen. Was einerseits eine gute Überlebensbasis für mich sei - aber eine sehr traurige außerdem. Denn so zu leben kam ja nicht daher, weil ich so gern allein und ohne Hilfe lebe, sondern weil nie jemand für mich da war, weil es keine andere Möglichkeit für mich gab. Ich habe mich damit nur arrangiert, leide nicht mehr allzusehr darunter, verberge meine Traurigkeit hinter Zynismus und dem Stolz darauf, es allein zu schaffen.
Doch auf die Dauer geht man kaputt dabei. Und ab und zu keimt bei mir eben dieser Gedanke auf und läßt mich dann doch die Einsamkeit spüren.

Lieben Gruß an Dich, Era!

Winnie
dietmar45
Beiträge: 648
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: einsam

Beitrag von dietmar45 »

Hallo Winnie und Era,

danke für diese tollen Beiträge. Da kann ich euch in vielem zustimmen.
Auch ich hab mich fast vollständig von dieser "irren" Gesellschaft verabschiedet. Am Anfang eher unfreiwillig. Irgendwann hab ich gemerkt, wie frei es mich macht. Aber da beginnt der große (unlösbare) Konflikt. Wir können uns garnicht von dieser Gesellschaft "trennen", da wir ja von irgendwas leben müssen. Und die quälende Einsamkeit wird immer größer, weil wir ja nicht mehr "dazugehören".
Ich habe gerade den Schritt zurück versucht und bin dabei aus lauter Selbstzweifel wieder in das tiefste depressive Loch gefallen.
Und deshalb bin ich wieder hier gelandet.

Liebe Grüße an alle

Dietmar (der eine Spülmaschine besitzt, die für seinen 1 Personenhaushalt unverzichtbar ist)
era

Re: einsam

Beitrag von era »

Hallo, Winnie und Dietmar,

ja, das kommt mir alles sehr bekannt vor. Einen Rat für den Weg zurück kann ich Dir, Dietmar, leider nicht geben, ich weiss mir im Moment selbst keinen.

Ich schaffe es ja auch nur immer befristet, mich „mitmachen zu lassen“. Eine merkwürdige Formulierung, ich weiss. Aber da ich mich strikt weigere, mich an diesem ganzen irren, mitunter nur noch unwürdig anmutenden Unfug aktiv zu beteiligen, werde ich eben in eine passive Rolle gedrängt, in der ich sozusagen von Anderen „mitgemacht“ werde.

Ich hatte nun allerdings das zweifelhafte Glück, in den letzten Jahren zumindest beruflich an der Höchstform dieses Unfugs teilhaben zu dürfen. Anstatt mich nun in den nächsten zwanzig Jahren immer wieder auf's Neue in diesem Hamsterrad drehen zu müssen, und dabei irgendwann völlig vor die Hunde zu gehen, muß ich mir nun was einfallen lassen. Du hast recht, Dietmar, von irgendwas muss man ja leben. Betonung auf Leben! Und so, wie es zuletzt gelaufen ist, kann ich nicht mehr, will ich nicht mehr, mach ich nicht mehr. Fertig, Aus, Feierabend. Neuanfang! Und das sehe ich nun als recht positiv an, gezwungen zu sein, einen weiteren Umbruch in meinem Leben zu inszenieren und nach beruflichen Auswegen zu suchen. Wenn mir bloß welche einfielen.

Winnie, auch Du hast völlig recht: Es ist überheblich zu glauben, sich selbst genug zu sein. Tja, und in ganz vielen Punkten bin ich sicher auch so überheblich. Nicht eine meiner löblichsten Eigenschaften, ich weiss, aber im Moment möchte ich sie mir erhalten. Was macht es für einen Sinn, in konkreten Situationen um Impulse, Hilfe von außen zu bitten, um dann mit Inkompetenz, Unzuverlässigkeit, Unwillen, dreister Veralberei usw. konfrontiert zu werden? Das, was ich nicht kann und weiss, versuche ich mir beizubringen, auf daß ich mir selbst helfen kann. Und auf mich selbst kann ich mich immer noch am besten verlassen. Aber vielleicht ist das einfach ein Irrglaube und Symptom meiner Erkrankung?

So ganz schlimm ist es übrigens nicht bei mir. Ich habe einen Menschen, zu dem ich jederzeit gehen kann, und der mir zu helfen versucht. Nur sind wir da momentan, in dieser konkreten Situation, wieder auf die Mithilfe Dritter angewiesen. Ergebnis und Fortschritt siehe oben.

Euch beiden ganz liebe Grüsse von

Erasmus
dietmar45
Beiträge: 648
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: einsam

Beitrag von dietmar45 »

Hallo Erasmus,

eigentlich wollte ich noch was zum Thema Umbruch/Neuanfang schreiben, aber selbst daran hindern mich meine Zweifel im Moment. Ich stehe nämlich gerade vor einem "erzwungenen" Neuanfang. Aber ich kann mich nicht überwinden, etwas zu tun, indem ich keinen Sinn mehr sehe. Und jetzt schau ich mit offenen Augen auf die nahende Katastrophe und gehe dabei mit einem Lächeln im Gesicht durch die Straßen.

Liebe Grüße und alles Gute zum Geburtstag

Dietmar
kessy4949
Beiträge: 228
Registriert: 16. Apr 2003, 23:08

Re: einsam

Beitrag von kessy4949 »

Hy Cordi,
hat mal wieder etwas länger gedauert bei mir......
Welche Leute (die mir etwas bedeuten) meinst Du??? Ich hab wirklich Niemanden, der mir etwas bedeuten könnte !!! Nicht mal mehr meine Mutter und meine Oma auch nicht. Mein Herz ist langsam versteinert. Alles aus Eigenschutz, damit mir die beschissen, bekackte Familie nicht noch mehr Schaden zufügen kann. Meine Mutter meinte gestern zu mir, daß sie eine Überraschung für mich hat. Die einzigste Überraschung die sie mir machen könnte - wo mein Herz tatsächlich mal wieder hüpfen könnte - würde sein, daß sie mit ihrem früheren Freund wieder zusammen wäre und ich wieder eine Familie hätte.
Kannst Du Dir bzw. kann sich Jemand Anders hier vorstellen, daß die Orte, an denen ich mich die letzten Jahre am wohlsten gefühlt habe, Krankenhäuser und Kuren waren ??? Und ich freue mich jetzt schon wieder darauf, daß ich im Oktober ins Krankenhaus gehen kann und hoffentlich auch wieder ein Kur bekomme. Ansonsten weiß ich wirklich nicht mehr weiter. Die Depression macht mich jeden Tag mehr und mehr fertig und wenn sich bald nichts grundlegendes ändert, weiß ich nicht mehr weiter. Mein letzter Freund verließ mich vor 2 Jahren als ich mit offenem Kopf nach einer Kopfoperation - (Epilepsie) - im Krankenhaus lag, um in Urlaub zu fahren. Seitdem war Schluß. Ja, die Depression ist nicht die einzige Krankheit. Zwecks der Epilepsie (wer mehr über diese Krankheit wissen will, kann ruhig fragen; damit mit den Vorurteilen mal aufgerräumt wird) darf ich auch nicht Autofahren und der Arzt meinte gestern mal wieder zu mir, daß es besser wäre, wenn ich nachts auch nicht mehr unterwegs wäre, wenns mir am morgen danach dreckig geht. So stellt man sich das Leben vor !!! Und dann spricht man mit Leuten, die aus Unwissenheit meinen, daß man in einer Stadt mit 30.000 Einwohnern sowieso keine Diskothek braucht, die nächste ist ja schließlich nur eine dreiviertel Stunde entfernt ! Schön, wenn sich Leute nur um sich selbst kümmern. Ich wollte eigentlich auf Jugendliche anspielen, die noch nicht Autofahren dürfen, aber diese Aussage einer Person gestern Abend hat mich so geärgert, daß ich ihr sagte, daß es auch Leute gibt, die kein Auto fahren dürfen.
Am liebsten würde ich Sachen packen und raus aus diesem Land hier, sonst werd ich noch vollkommen wahnsinnig. Wenn ich Jemanden hätte, der mitgeht, würd ich's tun.
Jetzt hab ich ein Angebot zwecks 'nem Praktikum gekriegt und als ich als Erstes die Arbeitszeiten gesehen habe kam mir ein kleines Bild von einem Lastentier mit langen Ohren in den Sinn. Schlimm, wenn man vor neuen Herausforderungen steht und wieder keine Freundin hat, mit der man reden kann, die einem vielleicht mal sowas Ähnliches - wenn das nicht schon zuviel verlangt ist - wie Mut zuspricht. Sorry, aber irgendwann kann man's nur noch ironisch sehen, sonst erträgt man das Ganze überhaupt nicht mehr. Ne Bekannte von mir heult sich ständig über ihren Freund bei mir aus, aber wie's mir geht, fragt sie nicht. Ich hab wirklich Niemanden ! Meine Familie das bin Ich und meine Katzen und das war's ! Ich bräuchte dringend ne Therapie, aber ausnahmsweise vielleicht mal mit nem Therapeuten, der wirklich fähig ist. Ich komm mir inzwischen echt verarscht vor. Auch da denk ich mir mittlerweile, daß sie hintenrum über einen lästern, und deswegen fällt es mir unheimlich schwer überhaupt nochmal zu nem Psycho zu gehen, bzw. ihm zu vertrauen. Letztens war ich nochmal bei meinem alten Psycho - zwecks der Kurbeantragung - und hab ihm erzählt, was vor kurzem bei der Beerdigung meines Großvaters abgegangen ist, das einzige was er meinte. "Hm." Wie intressant !!!!! Manche Leute verdienen Ihr Geld im Schlaf !!!!!!!!!!!!!

Grüße an Dich
Antworten