Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?

Clown
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?

Beitrag von Clown »

Liebe Jojo,

ich spüre dein Herz in deinem Beitrag von gerade - und dadurch auch meines.

Danke!

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
Guinevere
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?

Beitrag von Guinevere »

Hey Jojo, gern gschegn

>Steuerprüfungen können mir gar nichts. Gehöre ich doch von den Abgabenleistern zu den Ehrlichsten der Welt!

hmmm, dann solltest Du Dich mal fragen, ob Du das auch willst .

Na ja, das in ´99, weiß nicht, ob Du Dich erinnerst, da hatte ein Ex-Angestellter ("Gegangen-Gewordener") der Brau-Union sämtliche Umsätze dieser auf Diskette ...da sind einige in Konkurs gegangen
Hm, es reicht ein Steuerberater, der immer schön auf den Vorteil des FA´s schaut

Bei mir hats mit dem gesund werden - wieder genauso funktionieren zu wollen wie "vorher" - immer an der "warum"-Frage gelegen . Eigentlich ist einem wirklich nimma zu helfen *zwinker*, wenn man in Österreich dafür - 7x14 Stunden die Woche schön brav zur Arbeit gehn - wieder gesund werden will.

Nein, nix Unterstützung - bin zwar offiziell nicht selber selbstständig, aber als Angehöriger schaut man auch schön durch die Finger. Er braucht sich ohnehin nix erhoffen.

Also, tu Dir selbst nen Gefallen und frag Dich mal, warum Du wieder gesund werden willst und mach Dir nicht zu viel draus, wennst a bisserl kränkelst

Gscheit liabn Gruaß,
die Alte
Majuha10
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?

Beitrag von Majuha10 »

Lieber Reinhart,

ich habe heute in aller Frühe Stunden gebraucht um diesen Thread zu lesen und werde wohl noch eine halbe Ewigkeit benötigen, um meine Gedanken, die mir dazu gekommen sind zu Papier zu bringen.

Hier wird ganz empathisch und unaufgeregt ein für Viele schwieriges und auch missverständliches Thema diskutiert. Für mich ist es ein ganz zentrales Thema und ich habe ganz viel tröstliches hier gefunden.


Eine Bitte habe ich nun, Reinhart entschuldige Dich nicht ständig, dass Du diesen Thread eröffnet hast.


Ich habe zu danken, dass ich hier auf Fragen, die ich selber nicht zu stellen wagte wohl keine Lösung in Form einer Gebrauchsanweisung erhalte, aber ne Menge Antworten und neue Denkansätze.



Moin Virginia,

ein tolles Posting von Dir letzte Nacht Es wäre leichter zu lesen, wenn Du in Deinen Beiträgen, die ja oft sehr lang sind einige Absätze einfügen würdest.


So, für mich geht´s nun ab in die Sonne, denn hier strahlt sie unverstellt vom Himmel.


LG Maruschka
Clown
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?

Beitrag von Clown »

Lieber Reinhart,

ich schließe mich Maruschka an -

und würde dich gerne fragen, ob du nicht einen Fortsetzungsthread eröffnen möchtest,

in der Hoffnung,
es mögen noch weitere Facetten dieses Themas beleuchtet, weitere Tiefen - oder Untiefen - ausgelotet werden.

Mir ist anhand der Beiträge hier wieder einmal klar geworden, dass das, was ich so dringend dir schreiben wollte,
ich mir selbst dringend sagen möchte - ich lerne an und mit dir und den anderen.

Lieben Gruß,
Clown
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Eckhart Tolle
triste
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?

Beitrag von triste »

Guten Morgen @all,

@ Jojo:
Finde es gut, dass Du hier weiter liest, trotz Stress....
"Das ist wirklich eine samtweiche Darstellung der Problematik."
LACH! Ja - ich habe mir Mühe gegeben, es möglichst sensibel auszudrücken, weil ich gespürt habe, wie sehr einige hier die These vom Krankheitsgewinn als Angriff werten. Normalerweise haue ich oft emotional meine Ansichten `raus...hier war ich mal ganz "weich" .

Kleine Anmerkung am Rande: Wen die o.g. These so sehr stresst, dass er damit nicht umgehen kann, sollte mal nachspüren, WARUM er sie 1. als Kritik und Angriff wertet und 2. einsehen, dass diese Bewertung aber doch nur im eigenen Kopf existiert. Für mich gehören dieses extrem verletzte Anspringen auf die These sowie der eigene (übersteigerte) Leistungsanspruch zusammen! Das eine bedingt das andere... Wer sich selbst für sein "Nichtfunktionieren" hasst, der reagiert natürlich alles andere als gelassen auf einen "Vorwurf", der in diese Richtung zielt! Umso mehr wäre es wichtig, den eigenen Kampf gegen den durch die D. hervorgerufenen Stillstand aufzugeben, loszulassen und es einfach geschehen zu lassen... so lange, wie er nunmal dauert. Das Akzeptieren des Zustands ist auch - nach meiner Erkenntnis - ein wichtiger Zeitpunkt im Gesundungsgeschehen!

@ Dys
Danke! Ganz liebe Grüße an Dich und A.!

@Rajo
Ich glaube, auch für Dich könnten meine obigen Zeilen stimmen. Und ich glaube , dass man eher an einer Veränderung seiner eigenen Sichtweisen arbeiten sollte, als andere dazu aufzufordern, ihre nicht zu äussern.

@Maruschka:
wird gemacht

@Harry:
ja - in meinem letzten posting habe ich den Begriff Leistung verwendet, der sich aber natürlich auf alle möglichen Situationen anwenden lässt. Du sprichst Sinnsuche an, nur ein Beispiel für viele individuelle und krankmachende Auslöser und ich glaube, egal, welche Gründe der Einzelne hat: Er muss sie halt zunächst mal reflektieren, sich ihnen stellen und dann versuchen, etwas zu verändern. Das ist ein langer Prozess, weil dazu gehört, dass Gefühle hervorgeholt werden und Sichtweisen verändert und evtl. auch Lebenssituationen abgeändert werden. Dauert lange, lohnt sich aber. Aber ganz klar: jede Depression hat ihre individuellen Geister, da hast Du natürlich recht!


Liebe Grüße an alle,
Virginia
lt.cable
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?

Beitrag von lt.cable »

Hallo zusammen,

ich würde meine Depression nicht mit 'Krankheitsgewinn' in Verbindung bringen, aber doch mit der Realitätsflucht. Die Depression macht mir keinen Spaß, sie zieht mich runter, macht mich fertig. Aber sie ist Ausdruck und vielleicht auch Konsequenz der von mir gefühlten Lebensunfähigkeit meiner Person. Erstarrt bin ich mittlerweile schon in den besseren Phasen, die ich ohne jeglichen Stolz mein normales Leben zu nennen pflege. Auch dort bin ich im Kontakt zu anderen hochgradig gehemmt - zumindest wenn es ans Eingemachte geht, die Gefühle - und meine rabenschwarzen Zukunfts- und Existenzängste nehmen mir jeglichen Raum für Erfolg. Kritik, Negativrückmeldungen sind für mich scheinbar immer ein guter Trigger für die Depression, da für mich die Realität, die reale Welt damit endgültig unerträglich wird. Dann kommt der Zwangsausstieg in eine ehrlich gesagt noch weniger erfreuliche Zeit. Aber - so grotesk es scheint - eine Zeit, in der ich mich zumindest für einen kurzen Moment befreit fühle vom Leistungsdruck, vom Zwang immer und überall zu funktionieren, von den gefühlten Anforderungen die taffe, gefühlsverödete Maschine zu geben. Ich flüchte mit DVDs aller Art in andere Welten, kann entrückt vom knochenharten Terminplan des Alltags zu Spaziergängen aufbrechen und alle können mich mal so richtig am Allerwertesten lecken. Gerade der letztgenannte ist ein Punkt, den ich mir im Alltag eigentlich nie gönne. Ich mache und tue immer für jeden Hanswurst.
Aber dennoch ist die Depression keine nett eingerichtete Kiste für mich. Meine Musik und meine Filme machen - so toll sie sonst auch sind - nämlich keinen so rechten Spaß mehr und sind insgesamt eine eher flache Ablenkung. Auch bei den Spaziergängen reiße ich oftmals eher Kilometer ab, als dass ich links oder recht gucke. Ich möchte raus und wollte dies - wie wahscheinlich viele Betroffene - mit einem Paukenschlag. Ich wollte endlich auch ein richtiges Leben zugeteilt bekommen im Tausch für diese billige Fälschung, die man mir hier angedreht hatte. Doch ich musste lernen, dass es leider kein Umtauschrecht gibt und ich das Teil ziemlich alleine bestmöglich renovieren muss und zudem künftig auch immer wieder neue Baumängel zum Vorschein kommen können.
Ich finde allerdings, dass ich für diesen Pfuschbau meines Lebens nicht allein die Verantwortung trage. Die Gesellschaft - nehmen wir mal diesen pauschalen Begriff - trägt große Mitverantwortung, übernimmt aber nur wenig Verantwortung oder Mängelhaftung. Und eine ganz entscheidende Frage, die ich für mich in letzter Zeit im Grunde gar nicht mehr beantworten kann, ist tatsächlich: "Warum möchte ich eigentlich wieder raus aus dieser schrecklichen Kiste ?" Draußen wartet nur das alltägliche Grauen, das mir höchst zuwider ist und mich binnen kurzer Zeit wieder krank machen wird. Ich sehe an vielen Stellen klaren Verbesserungsbedarf, der mir die Freude an der Realität wieder zurück geben könnte, aber die Mägelliste scheint mir manchmal so lang, dass mir davon schwindelig wird. Und letztlich schaut in die Kiste ohnehin keiner herein, um mir als Mensch zu helfen oder zu sagen: "Schön, dass es dich (noch) gibt." Wenn sich dorthin überhaupt mal jemand verirrt, dann mit der Frage: "Wann funktionierst du denn endlich wieder ?"
Ein Nilpferd wollte zum Ballett
als schönster aller Schwäne.
Nur war es fürs Ballett zu fett.
So scheitern viele Pläne.
- Charles Lewinsky
Data

Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?

Beitrag von Data »

Hallo zusammen,

ultrageiler Thread! Ich fühle mich mehrfach treffend beschrieben, besonders von den Beiträgen von Jojo und Lt. Cable!

Viele Grüße und bis später oder so...

Data
rajo1
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?

Beitrag von rajo1 »

Hallo Miss Marple, Virginia,

ja, ich gehe in mich, ernsthaft, und akzeptiere eure Einwände.

Ich hatte nicht gemeint, dass eure Gedanken, Meinungen hier nicht angebracht sind und nicht geschrieben werden sollten.

rajo1
Guinevere
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?

Beitrag von Guinevere »

Hallo Virginia,

mir hatte "sanft" auch sehr gut gefallen *schmunzel* - ich glaub´ das kommt a bisserl besser, wenn man zu sich selbst schon hart genug ist .

Na ja, @ Jojo, lass Dich nicht aufwiegeln von mir . Bin im Moment mal wieder ein wenig enttäuscht von unserem System und wohl deshalb ein bisserl "zickig" .

Ich hätte eigentlich nach meiner Krankheit verschärft nen Berufswechsel angestrebt. Das letzte mal war ich im 88er Jahr zwischen den Sommer-/Wintersaisonen für 2 Monate arbeitslos gemeldet und hab (in dem Fall wir) die Arbeitslosenversicherung immer schön brav eingezahlt (Karenzgeld ohnehin scharf gekürzt und mit allen möglichen Probs verbunden). Ist ja fast schon witzig - aber mir steht aufgrund dessen, dass der Ehepartner Gastwirt ist keine Arbeitslose zu.
Sowas ärgert mich einfach, ist echt voi ungerecht! Na ja, dann muss ich es halt diesmal ohne finanzielle Unterstützung durchziehn. Freu mich schon auf meine Pension...

Jo, auf meinem Grabstein wird auch mal stehn: "Hier liegt manu, sie war ne wirklich brave Steuerzahlerin"

Lieben Gruß allen, nen nice saturday wünsch,
me
Clown
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?

Beitrag von Clown »

Hallo Cable,

«Die Gesellschaft - nehmen wir mal diesen pauschalen Begriff - trägt große Mitverantwortung, übernimmt aber nur wenig Verantwortung oder Mängelhaftung.»

Das sehe ich anders:

Die vielen Hilfsangebote für psychisch Kranke, angefangen vom sozialpsych. Dienst, über AK Leben und ähnlichen Institutionen, die vielen guten Kliniken und Psychiatr. Krankenhäusern, die Forschung in Neurologie, Psychologie ... und Ausbildung von entsprechenden Therapeuten .... (mit Sicherheit wissen manche Foris hier noch einige weitere Beispiele)

das alles liefert ja auch 'die Gesellschaft'.

Grüße,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
lt.cable
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?

Beitrag von lt.cable »

Hallo Clown,

die Gesellschaft behält aber gleichwohl viele krankmachende Rahmenbedingungen bei. Und wie schnell (bzw. langsam) selbst bei dringendem Bedarf manchmal Hilfsleistungen zur Verfügung gestellt werden, wissen viele Betroffene hier wohl auch. Wenn ich mir ein Bein gebrochen habe, kann ich nicht nur richtig geheilt werden, sondern mir wird mit Sicherheit auch deutlich schneller geholfen. Für mich sind z.B. Pillendealer mit 5 oder 10 Minuten Zeit ein Witz von einem Hilfsangebot.
Verantwortung zu übernehmen heißt für mich zudem auch, in Form menschenwürdiger Rahmenbedingungen Anreize zum Verlassen der Kiste zu bieten.
Ein Nilpferd wollte zum Ballett
als schönster aller Schwäne.
Nur war es fürs Ballett zu fett.
So scheitern viele Pläne.
- Charles Lewinsky
rm
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Re: Krankheitsgewinn Depression: Flucht aus der Realität?

Beitrag von rm »

Wenn Ihr Interesse habt, geht's hier weiter zu Teil II:

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1204985137

Hoffe, ich hab das jetzt alles richtig eingefügt, oder fehlt noch was?

Euer 'Computerspezialist' Reinhart
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