Zweifel an Vertrauen in Therapeuten

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Sophia
Beiträge: 49
Registriert: 22. Mär 2005, 17:56

Zweifel an Vertrauen in Therapeuten

Beitrag von Sophia »

Hallo!

Irgendwie bin ich momentan ziemlich verunsichert…
Ich mache seit Okt. letzten Jahres eine analytische Therapie wegen Depression und Essstörung. Bisher hatte (und habe eigentlich immer noch) ich immer ein gutes Verhältnis zu meinem Therapeuten, ich habe Vertrauen zu ihm und das Gefühl, von ihm verstanden zu werden; fühle mich also gut bei ihm aufgehoben.
Trotzdem fiel es mir meistens recht schwer, über meine Gefühle zu reden und nur langsam fällt es mir leichter, mich ihm zu öffnen.

Vorletzte Stunde lief wirklich sehr gut; in dieser Stunde konnte ich frei und spontan reden und wir sind auf etwas wirklich Interessantes gestoßen, es war fast ein Aha-Erlebnis.
Nur die letzte Stunde ging dann total daneben. Ohne dass ich es erklären konnte, wollte ich am liebsten gleich wieder gehen, mein Kopf war leer und ich hatte überhaupt nicht das Bedürfnis, zu reden. Irgendwas in mir hat mich total blockiert.
Aber obwohl ich so unproduktiv war und deshalb total wütend auf mich selbst war, war er verständnisvoll und freundlich. Und irgendwie hat mich sein Verhalten noch viel wütender gemacht (habe es in der Sitzung aber leider nicht mehr angesprochen). Bitte versteht mich nicht falsch, natürlich bin ich sehr froh, einen so verständnisvollen Therapeuten zu haben, aber nach der Sitzung habe ich mich gefragt: wie „ehrlich“ ist er eigentlich zu mir, wie „authentisch“ ist sein Verständnis, ist er denn in Wirklichkeit nicht furchtbar genervt von mir bzw. von meiner Unproduktivität in der letzten Stunde und sagt es nur nicht, weil das für die Therapie kontraproduktiv wäre? Und irgendwie haben diese Gedanken mein ganzes Vertrauen zu meinen Therapeuten in Frage gestellt. Ich frage mich, in wie weit sein Verhalten (sein Verständnis und Mitgefühl; also genau das, was mich das Vertrauen zu ihm hat aufbauen lassen) nur eine therapeutische Arbeitstechnik ist. Spielt er mir das alles nicht nur vor?!

Es ist in keiner Weise so, als wollte ich, dass er mir irgendwelche Gefühle entgegenbringt, die über eine normale, professionelle Therapeut-Patient-Beziehung hinausgehen. Ich will nur, dass er aufrichtig ist und mir nichts vorspielt.

Diese Gedanken verfolgen mich jetzt schon die ganze Zeit seit letztem Dienstag und rückblickend glaube ich auch, dass es diese Zweifel waren, die mich in der letzten Stunde so blockiert haben. Ich weiß auch, dass ich mit ihm darüber selbst reden muss, was ich übermorgen auch tun werde (wenn mich der Mut nicht verlässt… - nein, das muss sein!).

Ich wüsste trotzdem gerne, ob ihr solche Zweifel kennt. Mich verunsichert das sehr, da ich bisher überhaupt keine Zweifel ihm bezüglich hatte; ich hatte ihn fast schon etwas idealisiert und er war für mich wie ein Fels in der Brandung (auch wenn sich das dumm anhört…), aber er hat mir Halt gegeben und jetzt stelle ich das alles in Frage…

Sorry, dass es so lang geworden ist…

Viele Grüße,
Sophia
nina*tina

xxx

Beitrag von nina*tina »

samira23
Beiträge: 17
Registriert: 21. Jan 2005, 21:21

Re: Zweifel an Vertrauen in Therapeuten

Beitrag von samira23 »

Hallo,
ich kenne diese Zweifel auch gut. Mir ist aufgefallen, dass ich nach Stunden, in denen ich relativ gut reden kann, meist Stunden folgen, in denen ich dann nichts erzählen kann. Vielleicht ist das ja ein einfach ein Schutz. Warum soll Dein Therapeut nicht verständisvoll reagieren? Du ärgerst Dich doch genug über unproduktive Stunden. Außerdem sind es Deine Stunden und wenn Du nicht redest, tust Du Dir keinen Gefallen und nicht ihm. Mir ging es in der letzten Stunde ähnlich. Ich fühle auch, dass ich ein anderes Verhalten erwarten würde. Warum lässt er es zu, dass ich mich über mich ärgere? gleichzeitg denke ich, dass die Intiative von mir kommen muss. Denn wenn ich halt nicht kann in einer Stunde, dann soll es vielleicht so sein und hat seinen Grund?
Grüße S.
chrisp
Beiträge: 139
Registriert: 22. Dez 2005, 22:04

Re: Zweifel an Vertrauen in Therapeuten

Beitrag von chrisp »

Hallo Samira,

auch ich kenne das: erst eine "Sternstunde", danach eine, die "nichts bringt" (obwohl die meistens doch etwas bringt, man merkt das nur nicht sofort).
So eine Leerlaufsitzung hat glaube ich eine ganz wichtige Funktion in dem Ganzen.
Ich habe mir immer vorgestellt, dass das eine "Erholungsstunde" für beide und die Beziehung ist. Dann kanns danach auch wieder weiter gehen

Grüße und viel Erfolg
Chrisp
feuerfisch
Beiträge: 1118
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Re: Zweifel an Vertrauen in Therapeuten

Beitrag von feuerfisch »

Hai Sophia

mir schoss da gerade etwas durch den Kopf:

wie kannst du dir nur so viel abverlangen?

Ich kenne das auch, ich kann auch kaum oder nicht reden.
Du hast Vertrauen geschöpft, hast reden können! Ist doch nur normal das du da auch einen kleinen `Rückfall´ hast. Man kann nun mal nicht Dinge die man ein Leben lang auf die eine Art gelebt hat auf einmal umwerfen und nun ganz anders sein.

Ich finde es ok wenn du mal vertraust - und dann wieder einmal nicht. Wichtig ist doch die Haupttendenz! Und da geht es doch, glaube ich herauslesen zu können, aufwärts.

Gratuliere!


feuerfisch
Es gibt 1000 Gründe alles beim Alten zu lassen und nur einen einzigen etwas zu ändern - DU HÄLTST ES EINFACH NICHT MEHR AUS!
Sophia
Beiträge: 49
Registriert: 22. Mär 2005, 17:56

Re: Zweifel an Vertrauen in Therapeuten

Beitrag von Sophia »

Hallo ihr alle!

Vielen Dank für eure lieben Antworten!

Ich kann jetzt gerade gar nicht soviel dazu schreiben, aber eure Antworten haben mich auf jeden Fall beruhigt und mir geholfen, das Ganze nicht so eindimensional zu sehen.

Na, mal schauen, was sich morgen bei der Therapie so ergibt…

Liebe Grüße,
Sophia
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