Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

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kjbonn
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Registriert: 19. Jan 2006, 19:16

Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von kjbonn »

Es ist lange her, dass es so schlimm war, dass ich mich nicht mehr kannte, mir nicht mehr vertraute und Alles verloren war.

Jetzt ist eine neue Struktur gewachsen, die langsam immer stärker wird, aber denoch:

Ich habe Angst, mich zu überfordern, mir zu Viel zuzumuten, Anzeichen für ein neues Aufkeimen der Depression zu übersehen, das Medikament wegzulassen und vor Allem: Meinem Ehrgeiz nachzugeben, beruflich durchzustarten, Alles, was ich beruflich durch die Krankheit verloren habe, nachzuholen, etc.

Ich trau mich noch nicht, bin gleichzeitig unterfordert mit dem was ich tue, hänge aber an der Sicherheit, die mir meine jetzige Stelle bietet und bin geknickt, wenn ich zufällig erfahren, was andere mit meinem Background verdienen.

Meine Frau sagt dann immer: Die waren auch nicht im Krankenhaus und wenn du nicht dort gewesen wärst, wärst du nicht der, der du jetzt bist und ich würde dich vielleicht nicht so lieben.

Das klingt erstmal tröstend, aber hängen bleibt: die anderen waren/sind eben nicht krank.

Also: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank? Bin ich wie ein blinder, für den es bestimmte dinge nicht mehr gibt? Kein gutes gehalt aus angst vor zu viel stress? Kein erfülltes Arbeitsleben aus Angst vor zu viel stress?

Im Moment dreht sich alles um diese Fragen, aber díe bilden natürlich nur einen Aspekt des großen Themas: Depression annehmen. Fällt euch das auch schwer?
early
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Registriert: 25. Nov 2005, 13:25

Re: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von early »

Hallo Klaus.

Ich kann dein Denken genau nachfühlen. Mir geht es ähnlich. Ich frag mich auch, was wäre ich eigentlich, wenn ich niemals eine Depression gehabt hätte. Was hätte ich beruflich erreicht etc....
Vielleicht ist es so, daß wir auf eine bestimmte Art behindert sind, die uns nun mal daran hindert, "normal" zu sein.
Aber was heißt schon normal. Jeder, wiklich jeder schleppt doch was mit sich rum und ich denke uns könnte es auch schlimmer treffen.
Ich versuche meine Krankheit zu akzeptieren, meine Ansprüche nicht zu hoch zu schrauben und mit dem was ich bin und habe zufrieden zu sein. Meistens wenigstens...
Vielleicht wären wir ohne Depression solche oberflächlichen Idioten, die es auf dieser Welt wirklich genug gibt.
Freu dich auch, daß du ein verständnisvolles Umfeld hast.

Liebe Grüße

early
Rike
Beiträge: 94
Registriert: 5. Dez 2005, 08:30

Re: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von Rike »

Hallo Klaus,
ich kann Dir das auch gut nachfühlen und ich gebe early recht. Die Depression macht uns zu anderen Menschen als wir vorher waren. Es gibt vieles, was ich bedauere, u.a. auch dass dadurch meine berufliche Situation eine ganz andere ist als früher. Sicher, auch ich fühle mich irgendwie behindert, ich habe Angst, meinen Job irgendwann nicht mehr zu schaffen und dadurch ins Abseits zu geraten. Manchmal hadere ich auch sehr damit und denke das, was sicher alle irgendwann denken: Warum ich? Aber ich bin nicht sicher, ob ich wirklich mit meinem früheren Leben tauschen würde, wenn ich es könnte. Ich habe vieles über mich und andere gelernt, was ich nicht missen möchte und auch Menschen kennen gelernt, die ich vielleicht niemals kennen gelernt hätte. Und Menschen, die plötzlich mit einer anderen Krankheit konfrontiert werden, denken sicher auch: Warum ich? Ich bin dabei, mich damit abzufinden, dass ich die Depressionen wahrscheinlich mein Leben lang nicht mehr loswerde und hoffe immer nur, dass ich es schaffe, den Kopf über Wasser zu halten.
Es ist verdammt schwer, sich damit abzufinden, dass das eigene Leben bestimmten Beschränkungen unterliegt, aber das muss jeder, der mit einer Erkankung leben muss. Ich finde die Reaktion und das Verständnis Deiner Frau toll, nicht jeder Partner schafft es zu einer solchen Einstellung. Ich hoffe, dass Dir das Sicherheit und Kraft gibt. Und letztendlich: Beruf und Karriere sind toll, aber sie sind nicht alles wert, schon gar nicht, dass man dafür die Gesundheit aufs Spiel setzt! Alles Gute und liebe Grüße!
deary
Beiträge: 424
Registriert: 17. Jun 2005, 13:05

Re: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von deary »

Hallo Klaus!

Gute Frage!

So "abgeklärt" wie meine Vorschreiber early und Ulrike bin ich noch nicht.Dass man es halt akzeptieren muß, ok, leben damit auch, aber für immer? Ich hoffe nicht.

Ich bewundere aber ihre Abgeklärtheit.


Die Gedanken, die man /Frau als depressiv Erkrankter hat und die sich ums Themenfeld Beruf ranken, sind hier sicher vielen nicht fremd.

Wer Depressionen hat, ist halt nicht voll belastbar.

Die Frage : Bin ich behindert? Würde ich für mich selbst mit einem klaren JA beantworten.

Es gibt seelische Behinderungen, auch wenn diese gesellschaftlich nicht akzeptiert sind, weil man sie vielleicht nicht sieht usw. usw.

Man muß aber dabei anmerken: Nur dann das klare JA, wenn man die Normen unserer Gesellschaft als Grundlage nimmt.

(die ich für fragwürdig halte, ich denke ein Wertewandel täte Not)

Aber: Mit einer Depression kann man den Normen der Gesellschaft beruflich /sozial/wie auch immer nicht standhalten und ist damit behindert.

Kann man sich, wenn man Spaß dran hat, auch in einem entsprechenden Ausweis bestätigen lassen, der einem dass dann auch noch in genauen Prozentangaben mathematisch lupenrein ( ) zum immer-dabei-haben in Portemonnaie oder Brieftasche bescheinigt....

(Nur für Freunde der guten alten deutschen Ordentlichkeit, damit auch alles seine Richtigkeit hat, damit der ganze Bürokratie -Apparat auch so richtig schön in Schwung bleibt, damit viele Beamte Arbeit haben usw usw. also kurz:)

Man kann´s auch lassen.

Ich kämpfe seit Kindheit an mit Depressionen seit 10 Jahren verstärkt, habe Verhaltenstherapie gemacht und vieles andere versucht.

Aber lebenslang krank, das kann sein ( für mich gesprochen) , muß aber nicht.

Bei mir sind noch nicht alle Therapien, die ich für erfolgversprechend halte, angewendet worden.
Vieles liegt im argen in unserem Gesundheitssystem.
Deswegen steht bei mir jetzt nach nur 40 h VT auch eine Zwangstherapiepause an,
da ich aber eine Reha beantragt habe, werde ich ja dort Therapie machen, falls das bewilligt wird.

Ich habe auch bis jetzt noch keinen Arzt gefunden, bei dem sich (auf Dauer) Fachkenntnis, gegenseitige Sympathie, und Einsatzbereitschaft/ oder nennen wir es eine Prise Idealismus so ergänzt haben, dass ich mich vertrauensvoll aufgehoben gefühlt habe.

Einen Arzt zu wechseln, ist aber bei mir aus verschiedenen Gründen im Moment nicht möglich.

Es würde aber zu weit führen, das jetzt auszuführen.
Aus allen diesen Gründen halte ich mich für chronisch krank, hoffe aber nicht, dass mich diese Depression lebenslang in ihren Klauen läßt.

Die Hoffnung stirbt zuletzt- oder wie ich immer sage:
Die Hoffnung stirbt nie...

Liebe Grüsse
deary
BeAk

Re: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von BeAk »

Lieber Klaus,

Ich sehe mich nicht als behindert, noch denke ich das mein Mann behindert ist. Ein jeder Mensch hat seine indiviuelle Leistungsgrenze/Belastungsgrenze, die er respektieren muß, tut er es nicht überfordert er sich und wird auf über kurz oder lang krank. Viele Depressive haben diese Belastungsgrenze jahrelang überschritten ohne es zu merken und müssen erst durch die Krankheit lernen sie zu respektieren. Nichtdepressive tun das automatisch oder bekommen igendwann einen Herzinkakt.
Also Klaus, fühlst Du Dich unterfordert, steigere die Anforderungen ganz langsam unter Berücksichtigung deiner Leistungsgrenze.

Was Die Äußerungen deiner Frau angeht, finde ich Du solltest sie so verstehen wie Deine Frau sie gesagt hat. Ich denke nicht, das sie sehr verständnisvoll oder rücksichtsvoll geantwortet hat, sondern das es ihr voller Ernst ist. Sie liebt Dich weil Du der Mensch bist, der Du durch die Depression geworden bist, vielleicht nicht mehr so oberflächlich, einfühlsamer, verantwortungsvoller, gefühlvoller, rücksichtsvoller, stärker, reifer, gelassener. Ich weiß es nicht , frage Deine Frau, was sich positiv an Dir und eurer Beziehung verändert hat.
Mit anderen Worten, hättest Du diese Krankheit nicht durchlebt, würde sie dich weniger, vielleicht nicht mehr lieben.

So ist es jedenfalls meinem Mann und mir ergangen.
Leni2
Beiträge: 471
Registriert: 10. Aug 2005, 18:00

Re: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von Leni2 »

Lieber Klaus,

ich kann dich gut verstehen, ich stehe im Moment an einem ähnlichen Punkt.

Es war für mich ein Schock, vor allem, weil sich auf einmal alles wie ein Puzzle zusammengefügt hat, was bisher in meinem Leben so schwierig war. Und weil mir alle Dinge, die ich verpasst habe, alle Möglichkeiten, die ich nicht nutzen konnte, auf einmal so bewußt wurden. Das macht mich alles total traurig und ich denke, das ist auch normal und gut so, alles andere wäre komisch.

Psychische Krankheiten gehören meiner Meinung nach zu den schwersten überhaupt, weil sie so langwierig sind und das ganze Leben komplett beeinträchtigen. Wenn man Krebs hat, versteht das jeder und man bekommt den Raum zur Bewältigung, bei unserer Krankheit herrscht oft Unverständnis. Ich denke aber, man sollte sich auf jeden Fall Zeit und Raum zur Bewältigung nehmen. Depressionen sind etwas Schlimmes und man verliert vieles dadurch. Je nachdem, wie schwer und chronisch die Erkrankung ist, kann man sie durchaus mit einer Behinderung vergleichen. Ich sehe mich so, ich bin "psychisch behindert", ich werde viele Dinge wohl nie so angstfrei und intensiv erleben können wie andere.
Und trotzdem fühlt sich wohl auch ein Blinder nicht dauernd schlecht. Er lernt, damit zu leben. Und er erobert sich vermutlich mit der Zeit immer mehr Freiheiten. Und das ist auch unsere Chance, denke ich.

Selbst wenn wir ungünstigere Bedingungen haben, können wir trotzdem Fortschritte machen. Wahrscheinlich "leisten" wir in der Hinsicht wesentlich mehr als die meisten Gesunden in ihrem Leben. (Ich bin mir sogar ziemlich sicher).

Also, versuche, bis an dein Limit zu gehen, aber eben auch nicht weiter. Aber Grenzen kann man eben oft auch nur erkennen, wenn man einen Schritt zu weit gegangen ist, das ist kein Versagen. Kämpfe !

Ich wünsche dir alles Gute!

Lena
Alles, was man über das Leben lernen kann, ist in drei Worte zu fassen: Es geht weiter!

zweifler
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Re: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von zweifler »

hallo Klaus!


Nach meiner Erkrankung an Depression und diversen anderen psychosomatischen handycaps hervorgerufen durch jahrelanges mobbing bin ich vorrübergehend aus dem Erwerbsleben ausgeschieden.In meinem letzten Job empfand ich meine Tätigkeit als Seelenqual und Notnagel zugleich.
Im Moment habe ich mir meine Welt in der ich so einigermaßen zurecht komme selbst erschaffen und strukturiert.Aber:Was ist wenn meine Rente ausläuft?Ich weiß nicht wie ich unter Fremdbestimmung und Leistungsdruck zurecht kommen soll.Wer nicht mit der Herde mitkommt wird in unserer Gesellschaft aussortiert.Was hilft mir da mein Schwerbehindertenstatus?
Meine Einschätzung ist ,dass ich besondere Bedingungen brauche um nicht wieder in dieses schwarze Loch zu fallen.Ich habe aber sehr lange benötigt um mich damit zu arrangieren.
Wenn ich so in unser Forum schaue,dann stelle ich immer wieder fest,dass intelligente offensichtlich für Depressionen anfälliger sind.Die Unterforderung als Gnadenbrot, hilfreich oder nicht?
Manchen von uns bleibt gar keine andere Wahl außer in Rente zu gehen falls es die BfA/LvA erlaubt.
Ich weiß nicht welche Gründe für deine Depri maßgeblich sind deswegen kann ich auch über de Rest deines Lebens nicht spekulieren.Aber manchmal gibt es Lichtblicke zur Hoffnung!
Wünsch dir alles Gute!

mfg herbert
Ele
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Re: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von Ele »

Hallo Klaus,

> Also: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank? Bin ich wie ein blinder, für den es bestimmte dinge nicht mehr gibt?

Als langjährig Depressive und auf Tabletten angewiesen, fühle ich mich ganz klar behindert, nämlich daran be- oder gehindert, das zu tun, was ich möchte: Auf Gott zu vertrauen und einfach meinen Weg zu gehen.

Kein gutes gehalt aus angst vor zu viel stress? Kein erfülltes Arbeitsleben aus Angst vor zu viel stress?

>Letztendlich ist die Frage, was ist mir wichtig in meinem Leben. Fühle ich mich wohl, wenn ich mehr Geld verdiene, oder kann ich auch glücklich werden mit dem, was ich jetzt habe. Will ich beruflich einen höheren Status erlangen, oder lieber mehr Zeit mit meiner Familie verbringen. Sind das aber nicht auch Fragen, die sich auch "Normale" stellen? Ich denke, das hat mit Depression gar nicht so viel zu tun. Vielleicht zwingt uns die Depression nur mehr über uns nachzudenken.

> Im Moment dreht sich alles um diese Fragen, aber díe bilden natürlich nur einen Aspekt des großen Themas: Depression annehmen. Fällt euch das auch schwer?

Obwohl ich schon seit Jahren depressiv bin, kann ich immer noch nicht damit umgehen. Ich messe mich daran, was andere Gleichaltrige mit derselben Schulbildung erreicht haben und sehe mich umgeben von Juristen, Ärzten, Wissenschaftlern und schäme mich einerseits, dass ich all das nicht erreicht habe.

Andererseits bin ich auch schon mein ganzes Leben über Steine gestolpert, manche haben mir Andere in den Weg gelegt, manche ich mir selber, aber so ist mein Leben, beschwerlich und hart. Aber es sind die Kleinigkeiten, die mein Leben reich machen, die Momente in denen ich Glück empfinde und meine Sensibilität. Ich bin mir ganz sicher, dass ich am Ende meines Weges am Ziel bin und alles gut wird. Im Laufe der Jahre bin ich bescheiden geworden, vieles ist mir nicht wichtig.

Gestern z.B. bin ich auf das James Blunt Konzert gegangen,(die Karte habe ich im November zum Geburtstag geschenkt bekommen und hatte seither Panik, allein bei dem Gedanken dort eingekeilt zwischen 5000 anderen Menschen stehen zu müssen ).

Ich habe eine generalisierte Angststörung, die mir das Leben oft zur Hölle macht. Im Bus dorthin hatte ich so einen heftigen Panikanfall, dass ich dachte es gäbe jetzt nur 2 Möglichkeiten, nämlich in Ohnmacht zu fallen, oder den Busfahrer zu nötigen , die Tür aufzumachen und mich rauszulassen. Ich habe keines von beiden getan. Ich bin dann tatsächlich 5(!) Stunden in der Menge ganz vorne gestanden und bin so stolz. Das sind die Dinge, die mir Kraft geben.

Für "Gesunde" mag das normal sein, aber für mich ist das wie eine Besteigung des Mount Everest.

Ich glaube, man muss Anderen nicht beweisen, was für ein toller Hecht man ist, sondern in sich drin muss man Zufriedenheit erlangen und Glück macht sich sowieso nicht fest an einer gut bezahlten Tätigkeit, sondern entspringt Dir selbst.

Und das überhaupt Wichtigste im Leben ist m. E., dass man jemanden hat, der einen liebt, der einen so nimmt wie man nun mal ist, mit allen Ecken und Kanten und Schwächen.

Übrigens: Was Deine Frau zu Dir gesagt hat ist eine wunderschöne Liebeserklärung. Ich freu mich sehr für Dich, dass Du jemanden an Deiner Seite hast, der Dich auf Deinem Weg begleitet.

Jetzt habe ich ganz viel über mich geredet, letztendlich wollte ich nur sagen: Es gibt keine Sicherheit, wenn man Entscheidungen trifft, weder für Gesunde noch für Kranke oder Behinderte oder wie auch immer und wenn man sich für etwas entscheidet, heißt das auch nicht, dass man dann immer dabei bleiben muss. Wenn man sich dann traut zu sagen, ich habe eine falsche Entscheidung getroffen, ist das sehr mutig aber auch sicherlich kein Einzelfall . Denk an die Clowns und ihre Lust am Scheitern.

Ich wünsche Dir alles Liebe
Ele
>> Du mußt Chaos in dir tragen um einen tanzenden Stern zu gebären...>>

Friedrich Nietzsche

EP
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Registriert: 21. Jan 2006, 02:38

Re: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von EP »

Hallo an euch alle,

habe eure Beiträge gelesen und vieles empfinde ich genauso wie ihr.

Ich bin durch die Depressionen Jobtechnisch auch immer weiter abgestiegen. Habe allerdings jetzt eine Aufgabe an die ich völlig Angstfrei herangehen kann. Keiner beneidet mich mehr um meine Stellung.
Die Anderen finden mich für Mobbing völlig uninteressant.

Ich erfahre auch eine gewisse Anerkennung. Leider kann ich mir diese Anerkennung selber nicht so recht zugestehen.

Mir geht es wie dir Klaus Jürgen. Ich denke so viel daran was ich gelernt habe und was ich mit dieser Ausbildung alles machen könnte. Könnte, aber ich kann nicht.

Als ich es versuchte bin ich an Mobbing, Depression und Überforderung gescheitert. Ich kann es trotzdem so schlecht für mich akzeptieren.

Ich denke so oft ich müßte mich nur mehr anstrengen. Ich gäbe mir einfach nicht genug Mühe. Dann versuche ich mich zu beruhigen und sage mir :"Du hast halt eine Depression und bist Krank." Dann bekomme ich Angst, dass ich mich nur in meine Krankheit zurückziehe und nicht genug an mir arbeite.

Ein verückter Teufelskreis, der mich manchmal an den Rand des Wahnsinns treibt.

Soll ich nun akzeptieren, dass ich chronisch krank bzw. behindert bin oder gibt es noch einen Weg der mich aus diesem immerwährenden Gefühlschaos herausführen kann.

Ich will die Hoffnung nicht aufgeben.

Seid Alle ganz lieb gegrüßt

Eisprinzessin
Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.
zweifler
Beiträge: 629
Registriert: 14. Jun 2005, 16:07

Re: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von zweifler »

Hallo Ele!


An solchen Sekunden,Minuten und Stunden wie du in deinem Konzert habe ich mich über viele Jahre gesehen wieder hochrappeln können.
Deine Psyche/Seele kann auf Grund einer für gesunde läppischen Leistung sich wirklich daran hochziehen.Ich habe selber viele Jahre mit Panikattacken zu kämpfen und weiß deine tolle Leistung einzuschätzen.Nur Mut also ,es muß ja nicht das letzte mal gwesen sein!

Nur über diese positiven Erfahrungen verlernt man diese Angst vor der Angst.

mfg herbert
Rike
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Registriert: 5. Dez 2005, 08:30

Re: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von Rike »

Hallo Ihr Alle! Ich finde es immer wieder tröstlich, von Euch das zu hören, was auch mich immer wieder stark bewegt! Das Gefühl, kein "Alien" zu sein, das völlig allein mit solchen Gefühlen und Ängsten dasteht, gibt mir doch immer wieder neue Zuversicht. Wenn man sich genauer umsieht, erkennt man viele andere Menschen, die für bestimmte Dinge sensibel sind, im Gegensatz zu anderen, die es vielleicht leichter im Leben haben, weil sie sich mit solchen Problemen nicht herumschlagen müssen. Aber diese Sensibilität hat mich viele sehr wertvolle Menschen erkennen lassen. Die Depression hat mein Leben schon irgendwie bereichert, wenn ich auch auf vieles verzichten muss, was für andere selbstverständlich ist. Auch wenn ich darüber oft traurig bin. Aber ich bin auch stolz darauf, dass ich es TROTZDEM immer noch irgendwie schaffe, weiterzuleben.
Aber ich glaub nicht, dass nur intelligente Menschen Depresssionen haben, ich habe in meiner Beratungstätigkeit einige Menschen mit Depressionen kennen gelernt, die schaffen es eben nur nicht, ihre Gedanken auszudrücken. Die würden sich niemals in solch einem Forum äußern, die schlucken häufig einfach nur ihre Medikamente oder auch nicht. Auch zu einer Psychotherapie gehört ja ein Mindestmaß an "Intelligenz".
Es wäre schön, wenn sich Klaus noch mal äußern könnte, ob ihm unsere Beiträge irgendwie nützen können, sich mit seiner Depression zu versöhnen.
Lisa23

Re: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von Lisa23 »

Von mir ein Hallo an Alle. Ich habe auch lange gedacht, dass es doch wieder anders, besser werden müsste. Momentan fühle ich mich nur noch müde.

Im Dezember war ich in einer psychosomatischen Klinik. Knappe 5 Wochen, bis 3. Januar. Im Nachhinein viel zu kurz.

Am 1. März beginnt für mich eine berufliche Reha. Ich habe wahnsinnige Angst davor. Nach 36 Jahren Berufsleben fühle ich mich nur noch zum wegschmeissen.

Ich weiß nicht wieviele Stationen ich noch durchlaufen muss. Früher habe ich vieles einfach noch wegstecken können, aber seit etwa 10 Jahren geht das nicht mehr und es wird immer schwieriger. Wahrscheinlich habe ich zu lange durchgehalten, war zu lange tapfer, habe mich zu lange überfordert. In fachärztlicher Behandlung bin ich erst seit 99, viel zu spät.

Ich habe keine großen Erwartungen mehr an einen Beruf. Ich habe vielmehr das Berufsleben ziemlich über. Ich habe Angst davor, Angst vor Druck und Stress. Am liebsten würde ich mich zu Hause vergraben.

Jetzt muss ich am 1. März wieder antreten. Wie ich das schaffen soll, ist mir ein Rätsel. Aber ich lasse mal alles auf mich zukommen. Irgendeinen Weg wird es geben.

Tut mir leid, wenn ich nur gejammert habe. Mir wäre auch lieber, wenn ich mich auf diese Massnahme freuen könnte. Ich fühle mich aber irgendwie am Ende und kann nicht mehr. Kann nicht mehr so funktionieren, wie die Gesellschaft das erwartet.

Letztes Jahr habe ich mich auch immer wieder mit anderen, gleichaltrigen Menschen verglichen. Sie bewundert, weil sie so lange durchhalten. Es ihnen so gut in ihren Jobs geht. Sie soviel erreicht haben. Mich sah ich nur als gescheitert. Es war richtig schlimm.

Mittlerweile kann ich akzeptieren, dass meine Kraft nur bis hierhin gereicht hat und kann mit dem Erreichten zufrieden sein. Ich bin zufrieden damit, dass ich trotz meiner Krankheit lange Jahre erfolgreich im Beruf war. Sicher, der Erfolg hätte noch größer sein können. Aber wozu? Heute sehe ich mich am Ende meines Berufslebens und definiere mich nicht mehr allein über die Arbeit. Das ist mit großen Abstrichen verbunden aber was wäre die Alternative?

Schlaflose Nächte, viele Tabletten, mobbende Kollegen und Vorgesetzte, berufliche Überforderung, privat ein Wrack, am Boden kriechend. Das hatte ich doch schon alles.

Die Krankheit erstmal als Krankheit begreifen. Ausloten, was noch geht und möglich ist. Sich für einen Weg entscheiden und versuchen diesen auch zu gehen. Einfach STOPP sagen, wenn die Überforderung zu groß wird. Es auch zulassen. Mit den Konsequenzen leben. Aber nie aufhören, für ein menschenwürdiges Dasein, für die eigene Würde zu kämpfen.

Damit ist ja auch eine große Angst verbunden, als Kranker in eine Ecke abgestellt zu werden, nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teil haben. Meine Angst vor dem Leben draußen ist mittlerweiler größer. Lieber gehöre ich einfach nicht mehr dazu.

Es gibt auch ein Leben nach dem Beruf und für alle die noch jünger sind, der Beruf ist nicht alles.

Liebe Grüße, Lisa
Ingrid2
Beiträge: 117
Registriert: 13. Jan 2006, 19:46

Re: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von Ingrid2 »

Hallo an alle "Mitdepressiven";)

Ich bin noch recht neu hier,lese aber seit einigen Wochen eifrig mit.

Auch ich habe mich seit einigen Jahren beruflich immer weiter zurückgezogen. Erst vor drei Monaten hat man bei mir eine Depression diagnostiziert und mein Therapeut meinte, dass dieser Rückzug auf meine Depression zurückzuführen sei.

Ich hatte vorher überhaupt nicht an eine Depression gedacht, sondern mein Grübeln, meine Schlaflosigkeit, meine Konzentrationsprobleme, meine Antriebsschwäche, meine Ängste.... auf organische Ursachen, meinen Charakter und auf Faulheit zurückgeführt.

Zur ursprünglichen Frage dieses Threads kann ich noch nichts sagen.

Aber dadurch, dass mit dem beruflichen Rückzug natürlich auch finanzielle Einschränkungen verbunden sind, habe ich für mich halt andere Werte entwickelt und auch für gut befunden: Was bringt es den anderen, wenn sie beruflich erfolgreich sind und viel verdienen? Sie glauben immer mehr erreichen zu müssen, können sich ein größeres Auto, ein schöneres Haus leisten. Letztlich macht sie das auch nicht zufrieden.

Ich bin fest davon überzeugt, dass uns materiell immer größerer Wohlstand nicht weiter bringt.

Deshalb konnte und kann ich es aktzeptieren, dass ich beruflich nicht erfolgreich bin oder sein will.

Liebe Grüße

Ingrid
zweifler
Beiträge: 629
Registriert: 14. Jun 2005, 16:07

Re: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von zweifler »

Hallo Ingrid und alle!

Ich meine,lieber ein einfaches aber selbstbestimmtes Leben als eine gutbezahlte Diktatur mit mobbing inklusive.

mfg herbert
oktober

Re: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von oktober »

Hallo Klaus,

ich hab lange überlegt, ob ich dir auch antworten soll.
Nun tue ich es und hoffe, dass du vielleicht noch mitliest.

Mir geht es oft sehr ähnlich, abgesehen davon, dass ich keinen Partner habe, der mir so liebe Dinge sagt. Aber ich kann mir vorstellen, dass das auch nur begrenzt trösten kann.

Ich war mit 14 das erste Mal bei einer Psychologin. Diese machte mit mir auch einen IQ-Test und stellte fest, dass ich hochbegabt bin. Daraufhin gab sie mir immer wieder zu verstehen, ich könne alles erreichen, was ich nur wolle.
Ich habe sie (und vor allem mich!) für diese Kommentare gehasst - denn ich konnte es eben überhaupt nicht (abgesehen davon, dass ich es oft nicht wollte)!
Ich habe trotz anhaltender und zum Teil schlimmster Depressionen erst wieder mit 31 Jahren Hilfe gesucht (nicht zuletzt "dank" dieser Frau), und bin auch jetzt immer wieder der Meinung, ich müsse es doch selbst schaffen (mache auch gerade keine Therapie mehr).
Mir fällt es auch immer noch schwer, die Depression (oder meinen "Zustand") als Krankheit aufzufassen (mein 1.Posting hier ging in etwa in dieselbe Richtung) - das wird wohl auch so bleiben. Denn im Grunde beruht dieser Zustand ja auf einer gesunden Reaktion, ist nachvollziehbar - zumindest für mich und bei mir. Und ich glaube, dass die Grenzen zwischen "normal" und "krank" ohnehin fließend und nicht so leicht auszumachen sind (oft erscheint es mir normaler, depressiv zu sein).

Ich glaube, ein tolles Gehalt wäre für mich immer nebensächlich... (aber wäre schon nett, ein bisschen mehr Geld zu haben ).
Doch gerade in verhältnismäßig guten Zeiten (auch ich entwickle zur Zeit ne bescheidene Struktur und komme ganz gut klar) vergleiche ich umso mehr und sehe, was alles noch "fehlt" bzw. was ich hätte erreichen können (müssen?).
Und ich sehe auch, dass - obwohl es mir gerade gut geht - mein Alltag sich noch himmelweit von dem anderer Menschen unterscheidet und wahrscheinlich auch nicht dem entspricht, was ich "leisten" könnte.

Also, ja: Ich fühle mich auch irgendwie behindert. Und hadere oft damit - vor allem jetzt, da ich mit 36 (...) kurz vorm Examen stehe (und nicht weiß, ob ich´s schaffen werde, geschweige denn, im Job bestehen könnte).

Mein Tipp für dich wäre zu überlegen, inwieweit du vielleicht mal einen individuellen Maßstab beim Vergleichen heranziehen solltest anstatt dich mit dem zu messen, was andere schaffen und erreicht haben.
Vergleiche dich mit dir selbst und rücke DEINE Fortschritte (Achtung: auch nicht das, was du vielleicht hättest/könntest/solltest) in den Mittelpunkt deiner Betrachtung.

Was ist denn per se so schlecht daran, einen Job zu machen, der dir erst einmal ein gutes Auskommen sichert? Wenn dein Privatleben, dein Befinden okay ist und du darüber hinaus auch noch ne gute Beziehung hast?
Denn ein Top-Job, der deinen Fähigkeiten entspricht, heißt nicht automatisch, dass es dir noch besser gehen wird...

Du wirst merken, wann du die Kraft dazu hast, dich auch in dieser Richtung weiter zu entwickeln. Vielleicht ist es auch schon jetzt soweit - doch wenn der Anlass nur der Vergleich mit anderen ist, wird es evtl. nicht reichen.

Auch andere Menschen müssen mit den unterschiedlichsten Bedingungen klar kommen, die sie u.U. auch derbe einschränken.
Vielleicht fällt es "uns" so schwer, weil diese Einschränkungen so wenig greifbar sind.

Sorry, wenn mein Posting vielleicht unverhältnismäßig lang war (und das, obwohl du ja selbst gar nicht mehr präsent bist).
Es betrifft mich halt auch immer wieder - und gerade ganz besonders.

Liebe Grüße,

Petra
kjbonn
Beiträge: 3
Registriert: 19. Jan 2006, 19:16

Re: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von kjbonn »

Hallo Petra, hallo an Alle Anderen, die mir geantwortet haben,


Ja, das stimmt, eigene Maßstäbe müsste man haben. Ich sehe ja Fortschritte, das stimmt schon.

Es tut nur weh zu sehen, wie Andere direkt nach dem Studium auf eine Superstelle rutschen und ich...

Naja, hilft nix, dann muss die Villa am Stadtwald und der dicke Benz noch auf mich warten
kjbonn
Beiträge: 3
Registriert: 19. Jan 2006, 19:16

Re: Bin ich behindert? Oder lebenslang krank?

Beitrag von kjbonn »

<Obwohl ich schon seit Jahren depressiv bin, kann ich immer noch nicht damit umgehen. Ich messe mich daran, was andere Gleichaltrige mit derselben Schulbildung erreicht haben und sehe mich umgeben von Juristen, Ärzten, Wissenschaftlern und schäme mich einerseits, dass ich all das nicht erreicht habe.>

Hallo Ele, genau das ist das Gefühl, das ich meine. Ist das nicht gemein und tut weh?

Ich komme in solchen Stunden nicht aus dem Hadern heraus und zerfließe vor Selbstmitleid. Immerhin: es sind jetzt Stunden. Vor einiger Zeit waren es noch Tage, die ich in solchen Zuständen verbracht habe.

Ich habe einfach auch das Gefühl als "Ernährer" meiner familie funktionieren zu müssen. Obwohl es der natürlich auch besser geht, wenn ich gesund bin, statt reich und krank.

Naja, darüber schreiben hilft schon. Viele Grüße, KJ
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