Selbsttherapie

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sugar47
Beiträge: 5
Registriert: 10. Dez 2005, 18:22

Selbsttherapie

Beitrag von sugar47 »

Hallo,

ich habe nunmehr eine ambulante Psychotherapie (wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie) als auch eine teilstationäre tagesklinische Behandlung hinter mir (Diagnose: Persönlichkeitsstörung + Dysthymie aufgrund frühkindlicher Entwicklungsstörungen).
Im Ergebnis muß ich leider sagen, daß es mir noch nie so schlecht ging wie nach all den Therapien. Immer wieder scheine ich nur gespiegelt zu bekommen, daß ich nur genügend wollen müsse, dann könne ich meine Probleme selbst lösen. Da ich sie aber offensichtlich nicht gelöst habe, wollte ich nur nicht genug (und wäre mithin implizit therapieresistent).
Wer kennt diesen 'Kurzschluß' oder hat ähnliche Erfahrungen gemacht ?
Da ich mittlerweile sozial total isoliert und nach fast sieben Jahren Arbeitslosigkeit auch finanziell (fast) am Ende bin wäre ich für jeden Rat dankbar wie ich mich selbst aus diesem alles verschlingenden Schwarzen Loch wieder 'heraustherapieren' kann.

mfg
MIB
mopo
Beiträge: 28
Registriert: 10. Dez 2005, 22:13

Re: Selbsttherapie

Beitrag von mopo »

Nabend,
kenne das glaub ich irgendwo her. Habe zehn Jahre Therapie hinter mir, Essstörung am Existenzminimum und infolge dessen auch Depressionen. Habe sämtliche Therapeuten, Kliniken und Krankenhäuser durch... Hoffnungsloser Fall??? Das durfte nicht sein... und ich habe nun einen Therapeuten gefunden, der mir zugesteht, dass es mir schlecht geht, der mir erklärt warum ich so bin, wie ich bin. Gib Dir nicht die schuld an Deiner Situation... Vieles hat dazu beigetragen, dass Du in diesem Dilemma steckst und eine Lösung dafür zu finden, da lassen sie Dich alle alleine. Die moderne Therapie will nur Erfolge und Du must nur funktionieren, aber so einfach funktioniert das nicht, aber das kapieren die Götter in Weiß wohl nicht...
oktober

Re: Selbsttherapie

Beitrag von oktober »

Hallo MIB,

mir hat das niemand so explizit gesagt - aber ich hatte selbst das Gefühl. Und bin auch mit Therapie fürchterlich abgestürzt, mir ging es nach zwei Klinikaufenthalten und ambulanter Betreuung extrem beschissen. Hab dann gedacht, dass es einfach NULLL Unterschied macht, ob ich mir Hilfe suche oder nicht. Dass es im Gegenteil mit Hilfe oft noch schlimmer ist - da nix etwas nützt. Was mir die Therapeuten erzählt haben, wusste ich selbst. Oder mir ging es so schlecht, dass ich für nix empfänglich war und mich auch nicht mitteilen konnte/wollte.

Ich staune auch immer wieder, wieviel Unterstützung viele hier durch Medis und ihre Theras haben...
Ich merke, dass mein Beitrag wohl wenig hilfreich ist - aber ich wollte dir sagen, dass du mit diesem Problem nicht alleine dastehst. Meine letzte Therapeutin hat übrigens auch gemeint, es hätte ganz viel mit "Nicht-Wollen" meinerseits zu tun - und ich frage mich nun ständig, wie es mir gelingen kann, etwas mehr zu wollen...

Ich glaube tatsächlich, dass das mein Hauptproblem ist, und dass ich mit einem generell "Ja" zum Leben vieles selbst in den Griff kriegen könnte.

Liebe Grüße an dich,

Petra

P.S.: Mir selbst geht´s gerade relativ gut - so dass ich versuche, ne Art Verhaltenstherapie selbst durchzuführen... Seit einer Woche gelingen Mini-Schritte, die ich möglichst konsequent durchhalte. Ohne großartig darüber nachzudenken...
elvis
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Registriert: 20. Nov 2005, 18:03

Re: Selbsttherapie

Beitrag von elvis »

Ich kann mich nur anschließen..
Habe mehrere ambulante und eine stationäre Therapie hinter mir ohne dass irgendetwas besser wurde. Aber ich bin mir heute sicher: die Klinik gehört geschlossen!!! (wegen menschenverachtender Methoden) und zwei der drei Theras waren einfach überfordert.
Der letzte hat mich rausgeschmissen, weil es mir WEGEN der Thera immer schlechter ging und er keinen anderen Weg mehr gesehen hat.
Ich hatte "einfach" nicht den Mut mich einzulassen...
Sorry, wohl auch nicht sehr hilfreich.

Ich denke es gehören mindestens zwei Faktoren zu einer erfolgreichen Therapie: ein SEHR guter Thera und der eigene Mut... und irgendwie scheint das selten gleichzeitig der Fall zu sein.
ABER ES IST MÖGLICH.
Gib nicht auf. Du wirst auch noch einen Weg finden!
Gruß Elvis
feuerfisch
Beiträge: 1118
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Re: Selbsttherapie

Beitrag von feuerfisch »

Hai....

dazu fällt mir etwas ein das mein Therapeut kürzlich erst zu mir gesagt hat, als ich ihn fragte ob eine Fortsetzung der Therapie in seinen Augen für mich überhaupt einen Sinn hätte. Er meinte das es eigentlich nur zwei Arten gäbe in denen eine Thera keinen Sinn mehr mache:

1. der Patient meine der Therapeut tauge nix, verstehe den Patienten nicht - und das sei schon schlimm genug, jedoch könnte der Patient dann wechseln

2. aber am Schlimmsten sei es wenn der Patient sich für nicht Therapiefähig halte. Dann habe der Therapeut versagt - und der Patient müsse es ausbaden

Ich denke das das wichtig ist, zumindest für mich, doch vielleicht hilft es euch auch ein wenig weiter

Warme Grüße

feuerfisch
Es gibt 1000 Gründe alles beim Alten zu lassen und nur einen einzigen etwas zu ändern - DU HÄLTST ES EINFACH NICHT MEHR AUS!
BeAk

Re: Selbsttherapie

Beitrag von BeAk »

Hai Feuerfisch,

interessante Thesen die Da dein Therapeut hat. Danke das Du sie hier reingestellt hast, sie haben mich weiter gebracht.

Schönen Gruß an Deinen Therapeuten, er muß Gold wert sein.
elvis
Beiträge: 188
Registriert: 20. Nov 2005, 18:03

Re: Selbsttherapie

Beitrag von elvis »

Danke Feuerfisch!
Musste den Satz gerade drei mal lesen...
zweifler
Beiträge: 629
Registriert: 14. Jun 2005, 16:07

Re: Selbsttherapie

Beitrag von zweifler »

hallo!


Mein Therapeut hat mir meine Begründung der Umstände welche bei mir zu jahrelangem mobbing führten nicht geglaubt.Er hat diese Botschaft nicht direkt gesagt sondern durch andere Äußerungen zweifelsfrei bei mir erzeugt.Damit stellte er sich auf die gleiche ignorante Ebene wie mein Sachgebietsleiter.Ich bin zwar depressiv aber meinen klaren Blick für die Umstände die dazu führten ,habe ich nicht verloren.Ich bin auch kein "Schwarz-Weiß Seher" sondern gut in der Lage zu differenzieren.
Obwohl meine Stunden noch weitergingen hatte sich mein Thera im wahrsten Sinne(Sorry) "alles verschissen"!
Es mangelte dann auch noch am Feedback und ich hatte auch das Gefühl möglichst lange bei ihm sein zu sollen.Abbruch meinerseits!!
Ich hätte mit ihm nicht mehr entspannt reden können.Ich war wütend auf ihn.

mfg herbert
nowayout
Beiträge: 157
Registriert: 16. Sep 2004, 18:35

Re: Selbsttherapie

Beitrag von nowayout »

hallo,
mir gehts momentan auch sehr schlecht. mache seit august meine 3. therapie. die neue therapeutin ist spitze!
ich glaube, das wichtigste ist, dass man sich in einer therapie verstanden fühlt, erklärungen bekommt, warum "das" so ist, dass man vertrauen aufbauen kann, ...

ich hab mich jahrelang selbst therapiert - mit alkohol!

seit ein paar tagen trinke ich mal wieder nichts mehr (fragt sich nur, wie lange noch?) und trotzdem, oder gerade deshalb, gehts mir extrem schlecht. alle möglichen gefühle kommen hoch, ich grüble ständig, gedanken kreisen, hab riesengrosse angst, sehe keine zukunft, trauere der verlorenen/verschenkten zeit nach, hab grosse schuldgefühle und ein schlechtes gewissen, verkrieche mich zuhause, usw usf.
das alles bin ich ja eigentlich schon gewohnt, aber momentan ist es einfach zu extrem.

und dennoch: ohne diese therapeutin ..., ich freue mich schon auf morgen, wenn ich wieder mit ihr reden kann, meinen ganzen müll abladen kann.

nowayout

ps:
diagnose: dysthymie, SP, (PTBS)
1.5 jahre "dabei", die ersten 8 monate medis+thera, dann alles abgebrochen, seit august 2x pro woche thera
Clown
Beiträge: 4337
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Re: Selbsttherapie

Beitrag von Clown »



So ähnlich wie Sun sehe ich es auch.

Ich schrieb schon mal hier, dass ich Heilung als seelische Entwicklung erlebe und dass diese eben nicht linear verläuft.

Meine erste therapeutische Begleitung war 'nur' eine Gesprächstherapie bei der Familienberatungsstelle meines Wohnortes.
Nach ca. 5 Jahren 'Seelenarbeit' dort (war damals noch kostenlos, könnt ihr euch das vorstellen?!) konnte ich den Missbrauch durch meinen Vater wieder erinnern und ich stieg aus meiner Ehe aus.

Dann folgten aber trotzdem schwere Zeiten für mich, gleichzeitig passierte aber viel Entwicklung bei mir: Ich entdeckte das Theaterspielen und das Trommeln als wichtige Hobbies. Beides führt meine 'Erziehung' weiter , sprich, trägt weiterhin zur Heilung, Entwicklung bei, vor allem auch deshalb, weil unsere Theatergruppe von einer richtiggehend weisen Frau geleitet wird und ich in der Gruppe alle 'gruppendynamischen' Lernprozesse erleben kann.

(Tipp für BremerInnen: Zur Zeit läuft von unserer Regisseurin 'Märchen aus 1001 Nacht' im Bremer Waldau Theater, unbedingt sehenswert )

Weil ich trotz aller Fortschritte spürte, dass ich mich immer noch am Leben gehindert fühlte, begann ich 6 Jahre nach Beendigung der ersten Therapie eine bioenergetische Analyse, die ich jetzt, nach ca. 10 Jahren gerade allmählich beende.

Also, ich wünsche euch, MIB, Monika, Petra, Elvis, Bea, Herbert, Nowayout,....
dass ihr dranbleiben könnt an eurer Suche nach Heilung - und dass ihr Glück dabei habt, denn das braucht es schon, um den richtigen Theras, aber auch anderen Menschen, die einen weiterbringen können, zu begegnen.

Ich bin jedenfalls sehr dankbar für meinen Weg, mir scheint, die Welt hat mir zu meinem seelischen Elend schon auch die passenden HelferInnen geschickt!

Liebe Grüße,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
herbstsonne
Beiträge: 152
Registriert: 15. Jan 2005, 23:50

Re: Selbsttherapie

Beitrag von herbstsonne »

hallo allerseits,

auch ich habe schon gedacht, dass ich therepieresisdent sei und habe mir die schuld daran gegeben, obwohl mir von therapeutenseite aus schon klar gemacht wurde, dass mein weg der heilung ein sehr langer werden wird.

im letzten klinikauffenthalt (tagesklinik) ist mir durch den damaligen bezugstherapeuten klar geworden, warum ich früher mit therapeuten so viele schwierigkeiten hatte, die therapie immer wieder abbrach, weil sie angeblich nichts bringen würden. nach klinikauffenthalten hatte ich immer das gefühl, dass ich als sehr "unfertiger" mensch raus gehe. das hat mir sehr viel angst gemacht, es wieder nicht zu packen. habe ich dann ja auch nicht.
ich bin sehr mißtrauischer, vorsichtiger mensch und brauche sehr lange, dem therapeuten zu vertrauen - obwohl alle therapeuten sich redlich bemüht haben. unser gesundheitssystem nimmt aber darauf keine rücksicht. ich würde es nicht den therapeuten anlasten. nach drei monaten stationärem auffenthalt muss man halt wieder fit sein, aber dem ist häufig nicht so. immer wenn ich vertrauen gefaßt habe und jetzt an mir arbeiten könnte, dann musste ich gehen. das es einem damit nicht gut geht, ist doch klar und vor allem ist es auch rausgeschmissenes geld, weil es therapie um therapie nach sich zieht. ich kenne mehrere menschen, denen es so geht. du stehst mit diesem problem nicht alleine da.
ich kann mittlerweile gut verstehen, warum z. b. borderlinepatienten in hamburg ein jahr stationären auffenthalt bekommen.

was es allerdings bei dir ist, musst du selber rausfinden. vielleicht solltest du es zum thema deiner therapie machen.

lieben gruß antje


Liebe Grüße Antje
sugar47
Beiträge: 5
Registriert: 10. Dez 2005, 18:22

Re: Selbsttherapie

Beitrag von sugar47 »

Hallo,

erstmal vielen Dank an alle für die zahlreichen Antworten, besonders aber an feuerfisch's Therapeuten sowie an Sun, die 'unser aller Problem' m.E. sehr gut beschrieben hat.
Betonen möchte ich daß ich mich keineswegs therapieunwillig bzw. -unfähig fühle, im Gegenteil, ich sehne mich nach Aussprache da ich emotional am verhungern bin.
Anfangs dachte ich alles wäre recht einfach: ich habe ein Ziel, also gehe ich zur Bushaltestelle, warte auf den richtigen Bus, steige ein und der Bus bringt mich dann schon quasi automatisch an mein Ziel. Mittlerweile stellt sich für mich alles wesentlich komplexer dar: es mag zwar Busse (sprich: Therapien) geben, manche halten auch, aber nicht unbedingt da wo ich stehe, in manche kann ich einfach nicht einsteigen und keiner zeigt vorher an wohin die Reise gehen mag.
Dennoch werde ich mich wieder irgendwo hinstellen...

Liebe Grüße an alle
MIB
BeAk

Re: Selbsttherapie

Beitrag von BeAk »

Mib,

deiner Beschreibung der Situation stimme ich zu.
Es ist nicht ganz einfach, das für einen Richtige zu suchen und zu finden. Und hat man dann endlich die richtige Busslinie erwischt mit den passende Ziel, nimmt einen wohlmöglich der Bussfahrer nicht mit oder guckt so grimmig beim einsteigen das man gleich den Buss wieder verläßt.
Trulla
Beiträge: 80
Registriert: 31. Okt 2005, 12:39

Re: Selbsttherapie

Beitrag von Trulla »

Hallo, alle zusammen,
ich habe noch eine Verständnisfrage: Was ist eine wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie?
Ich kannte bisher nur tiefenpsychologische Gesprächstherapie.
Danke für die Aufklärung
Trulla
sugar47
Beiträge: 5
Registriert: 10. Dez 2005, 18:22

Re: Selbsttherapie

Beitrag von sugar47 »

Hallo Trulla,

wie ich später beim Stöbern im Internet herausgefunden habe ist mein EX-Therapeut Mitglied in der Gesellschaft für wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie, die auf den personenzentrierten Ansatz nach C. R. Rogers setzt. Platt gesagt steht dabei der 'Mensch' und nicht das 'Problem' (wie bei der klassischen VT) im Mittelpunkt der Behandlung.

Gruß
MIB
Bellasus
Beiträge: 1628
Registriert: 10. Jun 2004, 21:41

Re: Selbsttherapie

Beitrag von Bellasus »

Hallo,

in fast jedem eurer Posting finde ich etwas, das mich anspricht. Ganz besonders dir, Sun, ein großes Danke für deinen Hoffnung und Zuversicht ausstrahlenden Bericht. Wenn ich nicht noch 20 Stunden bekomme (dann 100), endet meine Therapie im Frühjahr, und diese Vorstellung löst bei mir Panik aus. Was du erlebst, wie das Bearbeitete und Gelernte innerlich weiterarbeitet und dir auch lange nach Theraapieende noch hilft gibt mir sehr viel Trost.

@MIB: So wie dir ging es mir glücklicherweise nur ein paar Wochen lang in der Klinik. Es passte einfach gar nicht mit meinem Bezugs-Thera, ich gab mir die Schuld, konnte mich so gar nicht einlassen, aber als Neuling war mir das nicht klar, und er war echt hart. Als ich dann eine Urlaubsvertretung für ihn bekam, fiel meine Mauer in kürzester Zeit in sich zusammen und alles kam ins Rollen.
Es ist verdammt schwer, aber genauso wichtig, jemanden zu finden, der auf deiner Wellenlänge liegt, der/die dich in deinem Innersten anspricht, dann bist du ganz bestimmt gar nicht mehr therapieresistent.

Aber auch wenn sozusagen der richtige Bus im richtigen Moment an der richtigen Stelle hält, ist nix mit einfach einsteigen und ans Ziel gondeln lassen Vielleicht paßt der Vergleich mit einem alten Segelboot, wo bei Flaute gerudert werden mußte: Das ist dein Job, das Schiff bewegen, und das Notaggregat, wenn dir die Luft ausgeht, ist dein Thera, der dir über die Krise hinweghilft und dich dann aber auch wieder ackern läßt. Die Richtung und das Tempo bestimmst du, und wenn du plötzlich im Kreis fährst, ist der Thera wieder da und lenkt mit.

So ist es bei meiner Therapeutin, es strengt mich wahnsinnig an, aber es bewegt sich sehr viel, wo ich alleine keine Chance hätte.

Hast du denn vor, nochmal einen Versuch zu starten? Auf jeden Fall alles Gute dafür!

Viele Grüße
Annette




www.depressionsliga.de

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