Artikel in "Die Zeit"

Mittwochsdepri
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Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Mittwochsdepri »

Liebe Bea,

gut, dass du dir neue Termine besorgt und auch bekommen hast.Ist ja echt manchmal ätzend, immer wieder neue Anläufe nehmen zu müssen... Und dann auch noch Termine zu bekommen...

Ich habe eine (vielleicht naive) Frage: warum hast du Verhaltenstherapeuten ausgesucht, wenn du vermutetst, dass deine Depressionen mit deinem Trauma zuammenhängen. Läge da nicht eine tiefenpsychologische Behandlung näher?

Liebe morgendliche Grüße
von der Mittwochsdepri

P.S. "Schnattchen" ist mein Familien-Kosename aus der Kindheit - mein Mäulchen stand wohl damals nicht still. Witzig finde ich, dass in der Soap "Verliebt in Berlin" die Hauptfigur auch von ihren Eltern Schnattchen genannt wird. Kindheitserinnerungen...
achill

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von achill »

Hallo,
Ich bin neu hier im Forum.
Mit großem Interesse habe ich diesen ganzen tread gelesen.
Für mich stelle sich schon seit längerem gewisse Fragen, die auch mit dem Tread zu tun haben.
Zuerst einmal sehe ich, daß Deutschland eine weite Versorgung für Menschen mit psychischen Erkrankungen hat.
Wenn einen dann wie mich vor 2 Jahren das Schicksal eines Zusammenbruchs mit Depressionen trifft, denkt man, daß man doch ganz gute Chancen hat wieder ganz gesund zu werden und wieder auch ohne Medikamente und Dauertherapie im LEben zu stehen.
Jetzt nach 2 Jahren nehme ich immer noch Medikamente und fühle mich immer wieder noch so schlecht wie am Anfang.
Wenn ich das Menschen hier in Deutschland erzähle ist oft die unmittelbare Reaktion: der Therapeut ist nicht gut, der Psychiater ist nicht gut etc.
Es ist immer jemand Schud daran, daß es dann doch nicht wie erwartet gelaufen ist.
Ich sehe das nicht so, denn ich habe wirklich differenziert gewählt.
In Studien von renomierten Ärztezeitschriften(Z:B: Brittish medical Journal) habe ich mal gelesen, dass kurzfristig bessere Ergebnisse mit Medikamenten und VT oder Cognitiver Verhaltens therapie erreicht werden. Langzeitig die Ergebnisse aber besser wären mit Langzeittherapien z.B. Tiefenpsychologisch fundierter Therapie oder Psychoanalyse.
Die Studien setzen dabei allerdings vorraus, daß das Ergebnis des einzelnen Patienten sehr von dem guten Therapeuten-Patient Verhältnis abhängt.
Ich hatte mich für Medikamente und die tiefenpsychologisch fundierte Therapie entschieden, denn ich wollte wirklich wieder Gesund werden, wieder leben können, nicht mein ganzes Leben Medikamente nehmen müssen um überleben zu können, nicht ständig so verwundbar zu sein und bei jedem größeren stress in ein psychisches Loch zu fallen.
Nun empfinde ich aber nur minimale Fortschritte.
In den letzten 6 Monaten stellt sich für mich immer die Frage, ist überhaupt eine langfristige Heilung in den nächsten Jahren möglich, oder zumindest eine teilweise Heilung, daß mein Leben wieder lebenswert wird.
Die Resourcen Beruf, Freundeskreis, habe ich schon voll ausgeschöpft und kann von dort nicht viel mehr bekommen.
Eher umgekehrt, ich verliere in den Bereichen oft eher noch Lebensfreude und Energie und bin oft froh, wenn ich zu Hause bin. Ich konnte in diesen Bereichen keine Verbesserung der LEbenssituation erziehlen, obwohl ich darauf hin gearbeitet habe und erwarte auch keine Verbesserung.
Nun sehe ich auf der einen Seite, daß mir geholfen wird, wenn ich um Hilfe bitte und gleichzeitig kann ich keine Heilung oder einen Heilungsprozess an mir erkennen.
Ist mir dann überhaupt noch zu helfen?
Ist Deutschland mit seinen vielen Hilfsangeboten einfach nur human aber ohne, daß es eine günstige Prognose für uns gibt, zumindest wenn die Ursachen der Depression im Leben an zu vielen Faktoren liegen und dazu noch viele Ereignisse und Ursachen schon sehr lange zurück liegen???
triste
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Registriert: 22. Jun 2003, 16:38

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von triste »

Hallo Achill,

ich lese gerade dein posting und möchte sofort etwas dazu schreiben, denn auch mich bewegen die von dir gestellten Fragen schon seit geraumer Zeit. Ich muß aber leider gleich weg und möchte mir dazu etwas Zeit nehmen und weil du neu hier bist wollte ich nur Bescheid sagen, dass ich mich später dazu melde.
Liebe Grüße
von Virginia
barney

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von barney »

Hallo Achill,

Deine Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Die Antwort ist davon abhängig, wem Du die Frage stellst. Fragst Du einen Therapeuten, wirst Du die Standardantwort bekommen, daß Depressionen heute gut zu behandeln sind.

Aus Sicht vieler Betroffener stellt sich das allerdings anders dar. Die Kliniken sind voll mit Patienten, die dort trotz aller möglichen Therapien immer wieder landen. Wie ist das zu erklären, wenn Depressionen doch angeblich so gut behandelbar sind?

Bei mir selbst ist es so, dass ich trotz verschiedener Psychotherapien, stationärer Klinikaufenthalte und Pharmakotherapie immer wieder in tiefe Löcher falle. Das hat mittlerweile dazu geführt, dass ich meinen Beruf nicht mehr ausüben kann.

Soviel aus meiner eigenen leidvollen Erfahrung zu den Erfolgsaussichten einer antidepressiven Therapie.

Gruß
Bernd
Guitaranderl

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Guitaranderl »

>Die Studien setzen dabei allerdings vorraus, daß das Ergebnis des einzelnen Patienten sehr von dem guten Therapeuten-Patient Verhältnis abhängt.

Hallo Achill und Ihr Anderen,

ich weiß heute für mich, dass es ein ganz großes Glück ist, die "richtigen" (also passenden) Therapeuten zu finden und zu bekommen. Das ist auch aufgrund des Umstandes so schwierig, dass wir möglicherweise zu unterschiedlichen Zeiten (also unterschiedlichen, individuellen Entwicklungenstadien) auch unterschiedliche Therapeuten brauchen.
Achill, ohne die o.g. Voraussetzung ist für mich Therapie gar nicht vorstellbar.

Beste Grüße
Andreas

Bernd: Schade, dass es so weit kommen musste
und ich hoffe, du kannst Dich ohne Groll einigermaßen damit arrangieren. Darf ich fragen, welchen Job Du gemacht hast und ob Du derzeit gar nicht mehr arbeiten kannst.
barney

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von barney »

Hallo Andreas,

selbstverständlich darfst Du fragen. Ich bin Mediziner, Fachgebiet Herz/Kreislauf-Erkrankungen.

Während meines Studiums hat mir mal ein Prof gesagt: "Die Lehrmeinung von heute ist der Irrtum von morgen". Daran muß ich häufig denken, wenn ich die heute vertretenen Ansichten der Fachleute zum Thema Depression höre/lese.

Gruß
Bernd
Caroline1
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Registriert: 19. Mär 2003, 16:48

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Caroline1 »

Hallo in die Runde, hallo Achim

Für mich kommt es wesentlich darauf an, was ich unter dem Begriff "Heilung" verstehe. ICH meine damit nämlich NICHT, dass das bedeutet, dass ich NIE MEHR einen depressiven Schub erleiden werde. Ich werde für den Rest meines Lebens in dieser Welt mit einer erhöhten Vulnerabilität "gesegnet" sein, aber diese Anfälligkeit akzeptiere ich in der Zwischenzeit, ich beginne sogar, sie regelrecht zu schätzen. Denn sie sorgt dafür, dass ich insgesamt viel achtsamer mit mir umgehe, sie warnt mich, indem sie mir Deprisymptome schickt, wenn ich mich überfordere, mit was auch immer. Natürlich kann das ursächlich viel mit meiner Umwelt und meinem Umfeld zu tun haben, aber WIE ich damit umgehe, das bleibt letzten Endes nur MEINE EIGENE Sache.

Das heisst also, dass ich versuche, mir all die Hilfsmittel zu gönnen, die ich brauche, um in dieser Welt ein lebenswertes Leben führen zu können. Und dass das möglich ist, steht für mich ganz ausser Frage. Seit 8 Jahren ( diagnostiziert ) schlage ich mich mit Depressionen herum, ich hing schon ganz tief drin im Schlamassel, bekam aber auch immer wieder Oberwasser. Und hauptsächlich, weil ich mich um mich gekümmert habe, geschaut habe, was wo im Argen liegt, und versucht habe, daran etwas zu ändern. Das klingt jetzt einfacher, als es ist, und es gab viele Momente, in denen meine Verzweiflung kein Ende nehmen wollte und ich kaum Land sah.

Aber jetzt bin ich an einem Punkt in meinem Leben angekommen, wo ich mich insgesamt "gesund" fühle. Ich messe diesem Begriff wie gesagt nicht die abolute Bedeutung zu, wie vielleicht manch anderer das tun mag. Mein Leben ist für mich wieder absolut lebenswert und ich bin dankbar, es wieder genießen zu dürfen ( mit Aufs und Abs natürlich, aber wessen Leben beinhaltet das schon nicht? ). Therapien mache ich seit einiger Zeit keine mehr, ich glaube, ich brauche das zu diesem Zeitpunkt nicht mehr, wohlwissend, dass sich das irgendwann wieder einmal ändern kann. Ich nehme noch ein AD, aber in einer relativ geringen Dosierung im Vergleich zu meinen schlimmsten Phasen. Mein Ziel wird sein, das auch irgendwann einmal nicht mehr zu benötigen, und ich will mich sogar demnächst wieder an eine weitere Reduzierung davon heranmachen. Werde ich aber, aus welchen Gründen auch immer, an diesem Ziel scheitern, so wird das auch keine Katastrophe für mich bedeuten. Dann habe ich eben eine Restsymptomatik an Depressionen, denen ich ohne AD nicht optimal ( "gesund"? ) genug für mich begegnen kann.

Noch einmal, was bedeutet "gesund" und "krank"? Um ein anderes Beispiel zu gebrauchen ( sehr vereinfacht natürlich ): bin ich kurz- oder weitsichtig, so sehe ich halt nicht gut ohne Brille. Bin ich deshalb an den Augen "krank"? Benutze ich meine Brille, bin ich dann wieder "gesund"? Oder bin ich es erst dann, wenn ich wieder ohne Brille gut sehen kann ( was ja in den meisten Fällen ziemlich ausgeschlossen sein dürfte )?

Ich habe auf jeden Fall wieder Freude und vor allem auch Sinn in meinem Leben gefunden, welche mir Depressionen einmal geraubt hatten. Das ist eigentlich die Botschaft, die ich weitergeben möchte.

Herzliche Grüße von

Caroline
heike56
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von heike56 »

Hallo,

da ich durch Selbsthilfegruppen, Kompetenznetz und weitere Erfahrungsberichte schon sehr viel gehört habe, mal meine Sichtweise dazu.

Es gibt einen ganzen Teil an Menschen, die eine Episode durchmachen und dann, so lange ich es verfolgen konnte, keine weiteren Episoden hatten.

Dann gibt es einen Teil der durch Therapie und Medikamente stabil wird, aber Rückfälle bekommt.

Und dann gibt es einen Teil der sehr viel unternommen hat, jahrelange Therapien, erst ohne dann mit Medikamenten und denen die Medikamente erst ein brauchbares Leben gebracht haben.

Ich habe kenne leider kaum Menschen, die nach Therapie und Medikamenteneinnahme, ganz gesund worden sind. Mag auch mit an dem Umfeld liegen, wo ich mich bewege.

Als begleitende Maßnahme können Therapien sinnvoll sein, aber auch nicht in jedem Fall und in jeder Form.
Es besteht nach meiner Meinung auch die Gefahr, dass durch das ständige Bearbeiten von Problemen( wo waren Defizite in der Beziehung zu meinen Eltern, wo bin ich zu kurz gekommen.....), sich eine negative Sichtweise der eigenen Person herausbildet, die vorher nicht da war.
Bei all dem gut gemeinten Aufarbeiten und Bewußtwerden, wird dann die Stärkung der Persönlichkeit und der Blick auf all die positiven Anteile, die bis dahin den Menschen haben 20, 30, 40 Jahre meistern lassen, viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
Wobei die positiven Seiten zu sehen, mir als Depri sowieso schon schwerer fällt.

Denn man hat, wie Bea auch schrieb, trotz diverser Probleme oder Traumata das Leben gemeistert.

Vielleicht könnt ihr mit den Gedanken etwas anfangen.

Liebe Grüße in die Runde

Heike 47


Liebe Caroline,

danke, ein ermutigender Beitrag. Für sich selber so zu sorgen, dass man das beste daraus macht, ist ein super Ansatz.

Herzliche Grüße von

Heike 47
die zur Zeit, ein wenig ihre Wintertiefbrille trägt
Guitaranderl

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Guitaranderl »

Hallo Bernd,
komisch, das ahnte ich. Diese Tatsache wertet Deinen Beitrag für mich noch auf. Es ist manchmal sehr hilfreich, auch die Stimme der (vermeintlichen) "Nestbeschmutzer" zu hören; vor allem ist es eher selten...

Hola Caroline
ich erlebe das genauso wie Du und kann heute sagen, dass ich meine Neigung zu Depressivität, nennen wir es mal Melancholie, brauche. Zum Einen als Indikator für meinen Energielevel (Haushalten war noch nie meine Stärke; dazu gefällt mir "Vollgas" viel zu gut.. ) zum Anderen aber auch für meine Liebesfähigkeit. Ich glaube, ich liebe "besser", tiefer, nachhaltiger, wenn ich eher melancholisch bin. (schon klar, dass ich das jetzt nicht körperlich meine!?)
Mein Herz ist einfach offener.

Diese Wirkung hat wohl einfach damit zu tun, dass mir die Melancholie meine eigene Empfindsam- und Sinnlichkeit sehr bewusst macht. Wenn es mir "zu gut" geht, bin ich eher einseitig "männlich" veranlagt... dann vermisse ich mein intensiveres Gefühlserleben.

Ich komme ohne (chemische) Medikamente klar; mal abgesehen von Johanniskraut (1200mg/Tag) , was ich noch ein bißchen nehmen möchte. Aber ich stehe auch nicht auf die bekannten Nebenwirkungen der üblichen Antidepressiva; dazu war mir persönlich die Hauptwirkung dann doch zu gering.

Herzliche Grüße aus Hamburg an Euch
Andreas
herbstsonne
Beiträge: 152
Registriert: 15. Jan 2005, 23:50

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von herbstsonne »

liebe heike

dein posting hat mich in der tat ein wenig nachdenklich gestimmt. ich gehöre auch zu der menschengruppe, die trotz medikamente und jahrelanger therapie immer wieder depressive phasen hat. ich kann für mich sagen, dass ich erst durch die therapien gelernt habe, wer ich bin, wie ich bin und was ich kann. das wußte ich früher nie. damit hat sich auch mein selbstbild und damit selbstwertgefühl zum positiven verändert. nur in ganz schlechten phasen oder in bestimmten stresssituationen verfalle ich wieder in mein altes selbstbild. meine größte hoffnung ist, dass sich durch einen weiteren krankenhausauffenthalt die depression ganz verschwindet. aber das ist wohl ein trugschluß. denn es gibt auch eine stimme in mir, die denkt, dass ich damit umgehen lernen sollte. und so will ich mir verhaltensstrategien erarbeiten, damit ich bei bestimmten anzeichen besser gegensteuern kann. es gibt fachmenschen, die es mir zutrauen. ich bin da immer noch ein bischen am zweifeln. nun ja, wir werden es also später sehen.

allerdings kenne ich auch nur leute, wo es nicht klappt, nur eine episode zu haben. wo sind die denn nur?

liebe nachdenkliche grüße
antje


Liebe Grüße Antje
Guitaranderl

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Guitaranderl »

> wo sind die denn nur?

Gute Frage, Antje!
vielleicht aus den Augen, aus dem Sinn?
Depressionen sind doch wirklich nur dann interessant, solange man sie hat, oder!?
Welcher normalsterbliche, lebenslustige Mensch sollte sich mit Schwermut befassen wollen?
Also, ich mein, es gibt "sie"; aber sie "sind" woanders.... vielleicht da draußen im Leben!
Liebe Grüße
Andreas
barney

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von barney »

Hallo Andreas,

wieso hast Du das geahnt? Was hat mich denn "verraten"?

Zum Thema Netzbeschmutzer möchte ich sagen, dass es manchem Angehörigen der "weißen Zunft" so erscheinen mag. Ich bin jedoch der Ansicht, dass wir auch die Grenzen unseres Handelns und unserer Kenntnisse anerkennen sollten. In meinen Augen ist es unethisch, falsche Erwartungen zu wecken. Das vergrößert letztendlich nur das Leid der Betroffenen; und das kann nicht unsere Aufgabe sein.

Gruß
Bernd
Guitaranderl

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Guitaranderl »

Bernd,
kann ich Dir nicht sagen; es war einfach eine Ahnung. Vielleicht, weil es für mich sehr echt klang.

Du hast verstanden, wie ich das Wort "Nestbeschmutzer" meinte. Danke.
Ich finde es einfach sehr angenehm, wenn z.B. ein Oberarzt einer psychiatr. Klinik sagt, dass er imgrunde keinen Schimmer hat, wie und wann Antidepressiva anschlagen. Es wird häufig nach dem Trial & Error-Prinzip gehandelt, was ja auch nicht schlimm ist, WENN man dazu steht!
Diese Meinung vertrete ich auch nicht erst seit dem Genuss von "Mount Misery".

Vielleicht findet man ja eines Tages auch im Gehirn eine Art "helicobacter pylori".. wer weiß das schon (Lehrmeinung von heute =Irrtum von morgen)

Herzliche Grüße aus Hamburg
Andreas
BeAk

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von BeAk »

Liebes Schnattchen,

ich würde ja gerne eine tiefenspychologische Therapie machen, nur leider ist der einzige Tiefenspychologe weit und breit hier der Meinung, das seine Therapieform bei vererbten Depris nichts bringt, s.o..

Das eine Verhaltenstherapie für mich das richtige ist, davon bin ich ganz und garnicht überzeugt, ich brauche niehmanden der mir sagt wie ich den Tag zu gestalten habe, wann ich aufstehen soll, das ich meinem Hobby nachgehen soll usw. Das war nie, auch nicht in der tiefsten Depression, ein Problem für mich. Auch als mein Mann in tiefsten Depressionen steckte, habe ich mich gut von ihm abgrenzen können, bin meinen Interessen gefolgt.
Meine Probleme liegen deutlich tiefer, aber wie das einem Therapeuten vermitteln? Der letzte hatte alle Fakten in der Hand und konnte trotzdem nichts damit anfangen. Oder wollte er nicht?

Gesund werden, nun ja, da ein Teil der Krankheit mir vererbt wurde und ich auch schon immer etwas melankolisch war, werde ich es wohl auch bleiben, dagegen habe ich nichts einzuwenden. Das Leben ist trotzdem schön.

Ich habe nur was gegen schwere Episoden mit Blockaden im denken, handen, totales Gefühlscaos, Abstumfung der Sinne oder Überempfindlichkeit, Todesgedanken, kraftlos, usw und das ganze täglich über Wochen/Monate.
nachteule
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Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von nachteule »

Hallo Bea,

Du hast hier mehrfach geschrieben, das Du durch die schwere Depression Deines Mannes auch erkrankt bist, bzw. es zu der schweren Episode kam.
Wenn man davon ausgeht finde ich den Ansatz der Verhaltentherapie eigentlich logisch.
Auch wenn Du denkst, Du habest Dich genügend abgegrenzt etc. ... Irgendwas ist trotzdem mit Dir passiert, so das es zum Ausbruch der Depression kam.

Jetzt herauszufinden, welche Mechanismen da bei Dir abgelaufen sind und diese ggf. zu ändern, damit in anderen, Dir vielleicht gar nicht bewußten, aber doch ähnlichen Situationen eine neue Episode vermieden wird geht ja in Richtung VT.

Ich denke schon, das das für Dich hilfreich sein könnte.

Liebe Grüße
Tina
BeAk

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von BeAk »

Liebe Tina,

das ist richtig, nur sind die Ursachen bei den Traumata zu suchen, das krankhafte Verhalten meines Mannes hat Verhaltensmuster aus der Vergangenheit bei mir aktivert.

Es geht hier nicht um Kleinigkeiten, ich bin traumatisiert.
heike56
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Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von heike56 »

Liebe Bea,

meine jetzt 14 Jahre dauernde Phase der Depression wurde durch das Zusammentreffen mehrer belastender Lebensumstände wieder aktiviert.
Ich habe kürzlich mit meiner Therapeutin über Traumabehandlung gesprochen. Ihre Meinung war, man sollte die Traumata nicht wieder aufleben lassen, sondern dem Klienten Mittel und Wege zeigen, wie er sich selber schützen und stabilisieren kann. Vereinfacht ausgedrückt.

Auch wenn man durch Psychoanalyse versteht, warum man so geworden ist, ist es leider keine Garantie nicht wieder Depressionen zu bekommen.

Ein Ausspruch von meinem Psychiater, der sehr versiert mit Depressionen ist und jahrelang Anhänger von nur Psychotherapie war, ist: Was nach erfolgreicher Behandlung mit Antidepressiva an Symptomen übrigbleibt, kann man versuchen in einer Therapie zu bearbeiten.

Wir beide kommen ja aus derselben Gegend. Wenn dich der Name meiner Therapeutin interessiert, sag mir Bescheid. Sie ist direkt in M.
Sie sagte, sie arbeitet viel mit Traumapatienten, die auch Depressionen haben.

Lieben Gruß

Heike 47
nachteule
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Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von nachteule »

Hallo Bea,

ich habe nie angenommen, das es sich bei Dir um Kleinigkeiten handelt, und auch das Du traumatisiert bist hatte ich gelesen.
Bitte entschuldige, wenn das anders rüber kam.

Du schreibst:
>>...das krankhafte Verhalten meines Mannes hat Verhaltensmuster aus der Vergangenheit bei mir aktivert.<<

Genau darauf wollte ich hinaus. Ich frage mich, ob es wirklich Sinn macht, das Vergangene aufzurollen, oder ob es nicht vernünftiger wäre, den von Dir beschriebenem Verhaltensmustern auf die Spur zu kommen und sich Mechanismen/Verhaltensweisen für ähnliche Situationen zu erarbeiten.

Da Du zudem schreibst, Du habest auch Dein damaliges Trauma gut verarbeitet und wolltest Dich hauptsächlich vor erneuten schweren Episoden Deiner Depression schützen finde ich immer noch eine VT für den sinnvollsten Weg.

Ist nur meine Meinung...

Liebe Grüße
Tina
BeAk

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von BeAk »

Liebe Heike,

Danke für Dein Angebot, nur liegt M. ca. eine Stunde Fahrtzeit von Ah. entfernt. Ich bin ja bereit einiges an Fahrtzeit zu investieren, aber M. ist für mich die allerletzte Möglichkeit auf Grund der Entferung. Die beiden Verhaltenstherapeuten sind für mich in 20 Minuten zu erreichen. Wenn es nichts mit ihnen wird, werde ich über M. nachdenken.
BeAk

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von BeAk »

Liebe Tina,

das ich die Traumata gut verarbeitet habe, war eine Schußfolgerung des Therapeuten und stimmt nur zum Teil. Die Traumata haben heute noch Auswirkungen auf mein Empfinden und Verhalten.

Nach dem was Du schreibst könnte die Verhaltenstherapie doch einen Nutzen für mich haben, hoffendlich sieht das einer der beiden Verhaltenstheraputen auch so.

Danke Tina
heike56
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von heike56 »

Liebe Bea,

das ist wirklich ziemlich weit,...dann wünsche ich dir dort viel Erfolg!

Noch ´nen Gruß

Heike 47
triste
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Registriert: 22. Jun 2003, 16:38

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von triste »

Hallo Achill,

Du schreibst, Dein Zusammenbruch liegt nun 2 Jahre zurück. Das scheint erstmal eine lange Zeit (für den D.-Laien), in der man normalerweise meint, sich ja eigentlich längst wieder erholt haben zu müssen. Aus eigener Erfahrung weiß ich aber inzwischen, dass das leider länger dauern kann....Ärzte haben mir in meiner Ungeduld immer wieder gesagt, dass man keine Heilung in kurzer Zeit erwarten kann, wenn das Krankwerden bereits viele Jahre, womöglich Jahrzehnte gedauert hat!
Bestimmt gibt es viele Krankheitsverläufe von Depressionen, die auch unterschiedliche Behandlungen erfordern.
Ich für mich habe über einen langen Zeitraum und gegen erhebliche Widerstände meines Kopfes lernen müssen, dass mein Innerstes nicht länger bereit ist zu schweigen und dass es überhaupt existiert.
Nur mit Hilfe zweier Therapien wird mir immer klarer, was ich mein Leben lang nicht hören wollte, nicht spüren. Und das Freilegen, das Bewußtwerden meiner innerpsychischen Vorgänge hat mich verstehen lassen, wieso ich krank geworden bin.
Ich weiß nun, warum ich so unglücklich bin, warum ich so große Schmerzen hatte und habe. Dass ich einige der Ursachen davon (noch) nicht ändern konnte, hält die Depression am Leben... sie hat mich noch nicht verlassen. Mittels AD halte ich sie in Schach und ich glaube daran, dass ich eines Tages keine Depression mehr brauche.
Für mich ist der Weg zur Heilung das Erkennen des Selbst, das Abändern der krankmachenden Faktoren und das Arbeiten an sich selbst.
Für andere mag eine Pharmakotherapie ausreichen, ich weiß es nicht.
Ich glaube ebenso wie Caroline, dass uns die "Vulnerabilität" für die Depression erhalten bleibt und letztlich ist sie ein Warnsystem, wenn auch ein reichlich brutales. Insofern ist es sicher richtig, dass wir z.Bsp. lernen müssen, die Vorzeichen der Überforderung zu erkennen und danach zu handeln.

Ich verstehe sehr gut Deine Resignation. Wie oft in den letzten 4 Jahren habe ich mich gefragt, ob das jemals aufhört, ob ich jemals wieder belastbar sein werde.
Es wird besser, aber in winzigkleinen Schritten.
Ich hab´auch heute noch Phasen, in denen ich zweifle, ob meine ganze Eigenarbeit überhaupt etwas bringt oder ob ich mich nicht einfach dem Schicksal dieser Krankheit ergeben sollte. Aber tief in meinem Innersten weiß ich, dass ich nur über die Konfrontation mir mir und meinen Gefühlen wieder gesund werden kann.
Ich habe zum Glück 2 ganz besondere Menschen, die mich immer wieder darauf hinweisen.

Das sich Abfinden mit dem, was uns unglücklich macht, nährt die Depression.
Daran glaube ich.

Du schreibst einmal, Du erkennst nur minimale Fortschritte bei Dir, dann schreibst Du am Schluß, es gäbe gar keinen Heilungsprozess.
Glaubst Du das wirklich?
Ich kann Dir nur raten: Hab´Geduld. Geh´liebevoll mit Dir um. Arbeite weiter in der Therapie.

Ich hoffe, ich hab´Dich nicht erschlagen mit so viel eigenen Erkenntnissen und hoffe, Du kannst irgendetwas davon für Dich verwerten.
Liebe Grüße
Virginia
Clown
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Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Clown »

Hallo Achill,
(welche ein Name! Der hat doch immense Heldentaten vollbracht, oder?!)

>>>Nun empfinde ich aber nur minimale Fortschritte.<<<

Ich verstehe Heilung eher als seelische Entwicklung. Und die verläuft mit Sicherheit nicht linear.

Es kann gut sein, dass du sehr lange Zeit nur kleine Fortschritte erlebst und dass es dann aber auch zu einer Art Quantensprung kommen kann.

Ich mache seit 10 Jahren eine bioenergetische Analye, das ist zwar eine tiefenpsych. Analyse aber man geht stark über den Körper als Zugang zu den alten Sachen und auch zum Einüben der gesunden Haltungen.
Seit einiger Zeit bin ich am Ausschleichen der Therapie, d.h. die Termine sind jetzt nur noch 14-tägig, vorher waren sie wöchentlich.

Medikamentös lasse ich mich nur homöopathisch behandeln.

Ich wünsche dir Geduld und Mut bei deiner Suche nach Heilung und Entwicklung.

Viele Grüße,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
achill

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von achill »

Vielen Dank für Eure vielen Beiträge.
So etwas Hoffnung habt Ihr mir alle zum Glück machen können.

Was mich zu der großen Ungeduld vorrantreibt, daß ich möglichst eine vollständige Heilung will sind folgende Gründe.

Trotz Medikamente, die auch immer wieder gewechselt werden müssen, da sich mein Zustand ändert, leide ich sehr unter der Depression.
Ich leide so sehr, daß ich gut nachvollziehen kann, daß es Menschen gibt, die es schließlich eines Tages nicht mehr aushalten und versuchen das Leben zu verlassen.
Gleichzeitig bringt jeder größere Streß eine erneute Verschlechterung.
Leider lebe ich in einer sehr stressigen Situation, arbeite in einem Beruf mit Verantwortung, de aber gleichzeitig wieder auch mehr negative Energien und Streß nach sich zieht als positiven.
Wenn ich eine Verschlechterung erfahre, mache ich manchmal sogar Fehler, die ich nicht machen würde, wenn es mir gut ginge.
Danach geht es mir dann noch schlechter.
Irgendwann verliere ich dann die Stelle in der PRobezeit und muß dann wieder von vorne anfangen, und das schon in dem Rhythmus seit fünf Jahren.
Die 8 Berufsjahre davor waren besser, jedoch hat sich die Arbeitssituation überall auf der Welt sehr massiv verschlechtert, und meine Versuche in einfachere weniger stressige Bereiche, waren in den letzten 5 Jahren ohne Erfolg.
So werde ich jeden Tag an dem ich mich nicht gut fühle an meine Verletzlichkeit und an das Rsiko, eventuell mal gar nicht mehr arbeiten zu können und von Sozialhilfe leben zu müssen täglich errinnert.
Mein Umfeld ist nicht sehr unterstützend.
Die denken ALLE, "jetzt jammert die schon wieder".
So hangele ich mich seit meinem Zusammenbruch vor 2 Jahren durch.
Ein Grund weshalb ich noch lebe ist, daß ich Menschen die sich in scheinbar aussichtslosen Situationen befunden haben (z.B. politische Gefangene) Jahrzehnte durchgehalten haben und dann am Ende doch noch einiges erreichen konnten.
So sage ich mir, so schlimm und schmerzlich mein Leben seit 2 Jahren ist, muß ich würdigen, daß ich auch irgend wann mal die Chance haben werde wieder in ein besseres erfolgreicheres und erfüllteres LEben aufzusteigen.
Guitaranderl

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Guitaranderl »

>Leider lebe ich in einer sehr stressigen Situation,

Liebe Achill (so, wie ich gelesen habe, bist Du ja einE HeldIN von Troja..)

Dir ist aber schon klar, dass Stress ein Gift ist, mit dem DU die Depression quasi ernährst!?
Deinen -schnellen- Gesundungswunsch kann hier wohl jeder verstehen. Das bedingt aber vielleicht ja auch, sich im Leben grundsätzlich neu zu arrangieren zu müssen und wirklich zu akzeptieren, "wieviel" derzeit wirklich geht. Du kannst keine Kredite vergeben, wenn Du selbst kein Kapital flüssig machen kannst; auch mit Pillen nicht....

Herzliche Grüße aus Theben...äh, Hamburg
Andreas
Antworten