Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Clown
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Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Clown »

Hm, hm, liebe Deary,

vielleicht ist mein Satz mit dem nur auf mich aufpassen doch nicht so falsch (traurig...na ja...) - was nämlich die Frage nach Egoistisch-Sein angeht.

Tatsächlich kann ich doch nur auf mich selbst aufpassen, finde ich. Mit allem anderen bin ich überfordert, auch wenn ich es bei manchen mir lieben Menschen gerne täte.
Ich kann z.B. überhaupt nicht verhindern, dass sich jemand durch Rauchen u.a. selbst schädigt. Wie auch?

Ja, ich kann auf Kinder aufpassen, wenn sie noch kleiner sind. Da kann ich tatsächlich das Kind festhalten und daran hindern, vor ein Auto zu rennen. Aber je erwachsener jemand ist, desto weniger kann ich 'eingreifen'.

Also, liebe Deary, richte mal deine netten Hasenohren in deine eigene Richtung....
Und du hast natürlich dein ganzes Leben Zeit, deine Frage für dich zu klären

Es grüßt herzlich
Clown
(als Mensch weiblich, als Clown geschlechtslos )
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
tomroerich
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Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von tomroerich »

Liebe Petra,

Lieber Thomas - was mich interessieren würde: Hilft dir deine Reflexion, deine Klarheit dabei, dass es dir besser geht?
Ich habe nämlich ganz oft das Gefühl, dass all die Erkenntnisse zwar manchmal erleichternd sind, sie mich aber im Prinzip eben nicht weiterbringen...
Dass ich zwar theoretisch weiß, warum dies und jenes so ist, wie es ist, und ich darum manchmal sogar versöhnlicher mit mir selbst umgehen kann (immerhin ), dass es mir aber nicht das passende Gefühl vermittelt. Und ich mich zwar weiterentwickle, aber eben doch nicht zu mir finde, weil das Fundament fehlt.
Auch habe ich für mich noch nicht entdecken können, dass meine "Krankheit" irgendeinen Gewinn mit sich brächte.
Auf eventuelle Reife im Kopf würde ich zugunsten eines reiferen Umgangs mit mir selbst gerne verzichten... Was meine eigenen Gefühle betrifft, bin ich extrem "unterentwickelt"..., und neige dazu, Gedanken und Gefühle zu verwechseln.
Kann man das verstehen?

Genau das Gefühl hatte ich auch jahrelang- meine ganze Analyse über (3,5 Jahre)dachte ich, was hilft es denn, das alles zu wissen? Kann mich das heil machen? Sind es denn nicht meine Gefühle, die krank sind und nicht die Gedanken? Ich schrieb ja schon an Deary, wie meiner Meinung nach Gedanken wirken und dass sie unerlässlich sind, um neue Überzeugungen heranzubilden. Sicher, es gibt andere Wege. Körpertherapie, Kunsttherapie etc., die versuchen, mehr direkt heilend aufs Gefühl zu wirken und ich glaube auch, dass sie gut und sinnvoll sein können und eine prima Ergänzung, vielleicht sogar einen Durchbruch bringen können. Aber es geht eben niemals ohne neue Überzeugungen ab, wenn ich mich selbst verstehen möchte.

Uns selber gegenüber sind wir in einer ziemlich merkwürdigen Lage. Wir wissen einfach nicht, wie wir funktionieren, wir kennen uns selbst nicht. Irgendwie ist das in etwas so, als säßen wir in einer sehr komplizierten Maschine (damit meine ich die Einheit von Körper und Seele), die uns, bevor wir krank wurden, recht zuverlässig durch die Welt getragen hat und für uns ganz selbstverständlich alle möglichen wunderbaren Dinge tat. Essen, schlafen, sehen, hören, fühlen, denken, lieben, hassen u.s.w. Hört das reibungslose Funktionieren der Maschine Mensch aber auf, dann erst beginnen wir, sie uns mal genauer anzuschauen und wollen möglichst schnell verstehen, wie sie funktioniert, damit es weiter geht. Klar, das ist sehr verständlich. Aber mit welchen Mitteln können wir die Maschine heilen, was stehen uns dafür überhaupt für Mittel zur Verfügung, sie zu verstehen? Wie kannst du z.B. herausfinden, was Gefühl ist und was Denken, wie bekommst du Klarheit und wieder eine gute Beziehung zu dieser "Menschine", so dass du dich wohl fühlst mit ihr?

Falls dir jemand erzählt, er wisse das und könne es dir erklären, schieß ihn auf den Mond, auch wenn es ein Therapeut ist Niemand kann das erklären und wissen und es kann auch nicht erklärt und gewusst werden. Es ist das Einzigartige am Menschen, dass nur er selbst sich finden kann und niemand sonst. Was die Menschine repariert ist alleine, dass man sich für sie interessiert, sich ihr zuwendet und ihr Aufmerksamkeit schenkt und alles andere, wie Therapie etc. sind die Mittel dazu. Sich selbst zu erkennen heißt doch vor allem, sich nach innen zu wenden. Man kann es denkend tun, fühlend, wahrnehmend, beobachtend. Jeder Gedanke, den du dir selbst schenkst, wird helfen. Auch jede Aufmerksamkeit die du auf dich richtest, sei es auf die Art, wie du gehst, was du sagst, wie du reagierst auf etwas, was man zu dir sagt. Es gibt unendlich viel, was man an sich beobachten kann und man sollte es tun, ohne dabei zu werten und sich dabei in Gedanken zu verlieren. Man sieht sich selbst und schaut sich dabei an. Und wenn du das tust und lange genug und mit Geduld tust, dann fängst du ganz von alleine an, die Menschine zu verstehen. [Da haben wir ihn wieder, den gesunden Egoismus!] Sie wird dir sagen, was niemand sonst dir sagen kann.
Kannst du verstehen, was ich meine? ich weiß, dass es irgendwie kryptisch klingt aber ich kann es nicht besser sagen. Wir werden vergeblich nach der Methode fahnden, die uns voran bringt. Jede Methode hat einen Sinn, wenn sie dich nur mit dir selbst in Kontakt bringt.

Stell dir vor, deine Aufmerksamkeit für dich selbst sei ein Licht, das nach innen scheint und das dort eine dunkle Höhle erhellt. Dort leben lauter Wesen, die sich nicht zurecht finden in der Dunkelheit und die sich nach Licht sehnen. Das Licht, das nur du dort anzünden kannst, würde alle diese Wesen für dich erkennbar machen und sie werden dir folgen, weil nur du das Licht hast. Vorher, in der Dunkelheit, haben die da alles Mögliche angestellt und rannten ziellos herum, brachten alles durcheinander. Aber jetzt haben sie ein Ziel.

Hilft dir deine Reflexion, deine Klarheit dabei, dass es dir besser geht?
Ich musste so weit ausholen, um dir diese Frage beantworten zu können. Meine Reflexion, meine Klarheit (danke ), die ich natürlich nur in Teilbereichen habe, waren nicht die Ursache dafür, dass es mir besser geht sondern sie sind das Ergebnis davon. Es ist das, was ich in mir selbst gefunden habe indem ich lernte (und das über Jahre hinweg), auch mich zu achten. Nicht (nur) in dem Sinne, gut zu mir zu sein sondern in dem Sinne, wie ich es oben beschrieben habe. Deshalb wäre es auch falsch, darin eine intellektuelle Leistung zu sehen oder etwas, was ich mir auf irgend eine Weise selbst erarbeitet habe. Es ist einfach das, was schon immer dort war und was ans Licht kam, weil es ans Licht wollte und musste. Ich weiß nicht, ob das verstanden werden kann?

Zitat Andreas: Nach meinem Standpunkt sind die wirklichen Veränderungen in uns ohnehin autogen. Sie kommen von allein, wenn WIR die Voraussetzungen dafür geschaffen haben. (z.B. durch Therapie und sicher auch durch verstandesmäßige Einsichten).
Ich denke, er meint das, was auch ich mit meinen langen Ausführungen meine.



Herzliche Grüße von

Thomas
Betroffene für Betroffene

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Guitaranderl

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Guitaranderl »

>Zieh doch nen Schal an auf dem Sockel und leg unten Matratzen hin! Siehste, es geht. Bist nur zu schamisch, um Lob anzunehmen, das ist es

Ich dank Dir, mein weiser Thomas. So können wir uns zusammentun, denn ich empfand es genauso, BEVOR ich Deinen jüngsten Aufsatz las.. hihihi

Liebe Dys,
ich würde so gern "Eu" zu Dir sagen, weißt Du. Danke für die Richtigstellung; ich habe von solchen Dingen echt keine Ahnung..schäm... ABER: Der Volksmund "missbraucht" das Zitat genauso verkehrt wie ich und darin liegt der Sinn, den ich ansprach.

>Und würde so gerne mitdiskutieren
Dieser Satz macht mich traurig und ich würde gern dazu beitragen, dass Du das auch kannst; und zwar so, dass es Dich befriedigt. Aber ich weiß nicht wie? Du?

Liebe Frau Clown ohne "iiieee",
ich liebe es, Blödsinn zu reden, aber alles zu seiner Zeit. Du hast mich in diversen Threads immer wieder mal kurz ermahnt.. und ich glaube, zurecht, denn ich hielt inne und hinterfragte Deine Botschaften, die ja gern zwischen den Zeilen kommen )
Für manche Menschen ist es echt unangenehm, wie sie gelobt werden oder gar noch Zuneigung erfahren.... kommt das so rüber?
Bitte weich wieder schlau aus... hihihi

Herzliche Grüße
Andreas
deary
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Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von deary »

Liebe Clown,

ich finde, in einer Beziehung -auch zwischen zwei Erwachsenen- passt man sehr wohl aufeinander auf.

Auch wenn man als Erwachsener für sich selbst verantwortlich ist, was man als Kind nicht ist.

Einen (süchtigen) Raucher von seiner Sucht abzubringen, mag nicht die an Dich (und mich) gestellte Aufgabe sein, aber Freundschaft und Liebe impliziert für mich auch unter "großen Leuten" SEHR viel an Liebe und Fürsorge füreinander.

Mag sein, dass wir uns da missverstehen, und es auch schon etwas her, dass ich "Ansichten eines Clowns" ( ) gelesen hab, aber ich empfinde das irgendwie anders....

So wie ich ein Kind festhalte, damit es nicht gegen ein Auto rennt, so halte ich doch auch zb. eine (erwachsene) Freundin fest, die gerade ihren Job verloren hat, damit sie nicht stürzt, ins Bodenlose.

Vielleicht war es aber auch nur ein sprachliches Missverständnis, wie so oft hier.
Und - bei aller Liebe- ich glaube und hoffe doch nicht, dass ich mit einer Antwort auf Deine Frage mein ganzes Leben brauche....

Wenngleich wir auch mit unserem Leben eine Antwort auf die Fragen geben, die sich hier im Forum stellen.

Aber das ist was anderes.

Liebe Grüße und gute Nacht
eine müde
deary
DYS-
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Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von DYS- »

@Thomas und Andreas.
Nein, es geht nicht darum, ob oder nicht ich mich in welchen Wortlauten, Sätzen mitteile. Ich wollte nur einfach daran erinnern, dass auch Menschen mit geringerem Intellekt an Depressionen leiden.
Es bezog sich auf folgenden Wortlaut von Andreas:

Wenn ich hier im Forum lese, dann bekomme ich oft den Eindruck einer Versammlung hochkomplexer Wesen... (ich meine das sehr respektvoll) Allein dieser Thread, den Deary ( ) angestoßen hat, birgt nach meinem Empfinden ungeheure Potenz. Diese Kraft resultiert zum einen aus einem großen kollektiven Erfahrungsschatz (erlebt Ihr das hier eigentlich auch so mit so einem starken Zugehörigkeitsgefühl?) und sie resultiert auch aus einer Menge Intelligenz. Das wird wohl kaum jemand ernsthaft bestreiten. t

Aber, Andreas, du schriebst ja auch, es sei DEIN Eindruck und DEIN Empfinden. Und damit relativiert sich das ganze auch wieder. Deine Eindrücke , Empfindungen teilen sicher mehr Leser. Auch mir geht es ja so, ich sehe fast alle Schreiber als geistig gewandter an.

Gruß aus dem Schneechaos
Dys
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
Guitaranderl

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Guitaranderl »

Ja Dys,
Du hast absolut recht. Meine geschilderten Eindrücke sind sicher unbewiesen und keinesfalls allgemeingültig.
Vielleicht kann ich es so besser ausdrücken: Je komplexer ein Mensch ist und je mehr er/sie "weiß", umso nachhaltiger werden häufig jegliche Seinszustände allen möglichen internen Prüfungen und vor allem Bewertungen unterzogen. Das macht die Sache nicht unbedingt einfacher. Manchmal ist es vielleicht schlicht "gesünder", einfach anzunehmen und zu akzeptieren. (So nach dem Motto "es ist, wie es ist")
Wahrscheinlich ist es für das Auftreten einer Depression nicht soo von Bedeutung, wie jemand ausgestattet ist; für die Heilung in manchen Fällen aber vielleicht schon.
Aber Dys, das sind alles nur Ansätze. Ich tappe da imgrunde auch im Dunkel.

Und jetzt mach ich das Licht aus!
Eine gute Nacht ins Schneegestöber
Andreas
Guitaranderl

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Guitaranderl »

Lieber Thomas und Ihr anderen Beteiligten,
ich möchte noch was zu Deinen Ausführungen gegenüber Petra sagen:

>Aber es geht eben niemals ohne neue Überzeugungen ab, wenn ich mich selbst verstehen möchte.
Ja, ganz sicher ist das so. Nur, wie etabliere ich neue Überzeugungen NACHHALTIG? Jede(r) von uns kennt diesen Wiedererkennungseffekt der Psycholiteratur, wenn wir uns darin so wiederfinden. Für gewöhnlich kommt nach so einem Kapitel eine ganze Latte von Imperativen des Autors. Machen Sie das! Machen Sie jenes usw. usw..
Ich glaube, jeder kennt auch die Erfahrung, solche Anleitung nur sehr kurzfristig verfolgen zu können. Deshalb meine ich, dass nachhaltige, neue Überzeugungen immer mit vorangegangenem Leidensdruck oder einem anderen starken Gefühlszustand einhergehen. Und DANN kommen auch die vorherigen z.B. literarischen Erkenntnisse zum Zuge.

>Meine Reflexion, meine Klarheit (danke ), die ich natürlich nur in Teilbereichen habe, waren nicht die Ursache dafür, dass es mir besser geht sondern sie sind das Ergebnis davon.

Nana, wie war das noch mit dem schon in Jugendzeit preisgekrönten Jungautor? Deine spezifischen Psycho-Kenntnisse sind sicher auf Deine Analyse und Selbsterfahrung zurückzuführen; Deine Klarheit und Flüssigkeit ist eine ältere Gabe. Nimm´s ruhig an, obwohl ich glaube, dass es nicht ganz leicht für Dich ist, hier in der Tat sehr oft erhöht zu werden.

>Stell dir vor, deine Aufmerksamkeit für dich selbst sei ein Licht, das nach innen scheint und das dort eine dunkle Höhle erhellt.
Ein schönes Bild, was auch wieder zum Ursprung zurückführt: Helles Licht= Selbstfürsorge= guter Egoismus

>Ich denke, er meint das, was auch ich mit meinen langen Ausführungen meine.
Ganz richtig! Nur eben kurz.. hihihi. Mitentscheidend für Deine heutige Klarheit und Einsicht, obwohl ich damit gar nicht beurteilen kann, wie es wirklich "geht", war Deine Entscheidung für die Therapie. Das ist das, was ich meine. Der Therapeut (der wo ja gelegentlich auch Mann im Mond isch ) heilt nicht; er/sie zeigt, wie wir selbst die Voraussetzungen für die Heilung schaffen... oder um mit Deinem Bild zu sprechen, wo wir das Feuerzeug finden, um die innere Kerze anzuzünden. Das Licht kommt dann ganz von allein.

Nur, Deary und all Ihr Lieben: Dafür müssen wir schlicht und einfach selbstfürsorglich und damit POSITIV EGOISTISCH sein und, vor allem, handeln .. sonst geht das nicht und das Licht wieder aus...

Zum Abschluss ein einfaches Liedchen, wo doch gerade Advent ist:
It´s MY Life
It´s now or never
I ain´t gonna live forever
thats why I wanna live when I´m alive..


Herzliche Grüße und einen guten Wochenstart
Andreas
tomroerich
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Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von tomroerich »

Lieber Andreas,

komisch, das Lied kam vor 5 Minuten im Radio. Wie hast du denn das jetzt wieder arrangiert? Mir graut vor deinen Connections!

Ja, ganz sicher ist das so. Nur, wie etabliere ich neue Überzeugungen NACHHALTIG?
Durch Anstrengung, durch Üben, durch inneren Kampf. Immer wieder negative Gedanken abweisen, negative Gefühle abweisen und gute innerlich willkommen heißen.
Ich las mal in einem Buch über das Gehirn:

Neue, unbekannte Dinge zu erfassen und einzuordnen sind für das Gehirn enorm aufwendig und kosten sehr viel Resource und Energie. Das merken wir, wenn wir lernen müssen. Damit die neuen Erkenntnisse schnell verfügbar sind und nicht jedes Mal wieder neu geprüft werden müssen, werden sie in eine Art "Festverdrahtung" verwandelt. Ein schlaues Prinzip, das aber auch dazu führt, dass wir dadurch mechanisiert werden und zum Teil immer die gleichen Dinge erleben. Um eine Festverdrahtung aufzulösen, sie also durch eine neue Erkenntnis zu ersetzen, muss das Gehirn gegen seinen Widerstand dazu gebracht werden, sie durch bewusste Wahrnehmung und Anstrengung, durch Üben also, als neue und bessere Erkenntnis zu akzeptieren. Nur dann wird es eine neue Festverdrahtung entwerfen und etablieren. Der viel leichtere und schnellere Weg ist ja nach wie vor für das Denkorgan, die schnelle und effektive Festverdrahtung zu benutzen. Leuchtet sehr ein, oder?

meine Festverdrahtung hat soeben gemeldet, dass Essenszeit ist

Bis bald,

Thomas
Betroffene für Betroffene

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Jezsimah

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Jezsimah »

Eigentlich würde ich gerne was sagen... aber wenn ich hier sooo perfekte Menschen lese... ja, da verkriech ich mich lieber wieder.
Mir macht dieser Perfektionismus Angst - dazu ist zu sagen, daß ich ne erkrankte "Fachfrau" bin und ich mich nicht mal mehr in der Lage fühle Worte zu formulieren... - wenn ich hier so manches lese...
Guitaranderl

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Guitaranderl »

Hi Jezsimah,

sag es, bitte!
Ich kann für mich sagen, dass ich alles andere als "perfekt" bin und auch nie war und vor allem nie sein möchte.
Was brauchst Du, um das anzunehmen? Mär Rächtscheipfähla oder inhaltlich weniger Klarheit? Davon ist bei uns alles reichlich vorhanden, finde ich. Es sind Versuche, Annahmen, Ideen, die aus individuellen Erfahrungsschätzen stammen. Wir sollten diesen Reichtum nicht entwerten.

Ich finde es schade, dass Du das offenbar etwas einseitig sehen möchtest, denn auch die Schwächen, wenn nicht sogar Dramen und Tragödien, die wir hier alle haben, kommen gerade in diesem Forum mehr als deutlich zum Ausdruck. Der eine oder andere, sicher schicke Beitrag sollte Dich darüber nicht hinwegtäuschen.
Es ist Deine Entscheidung, ob Du Dich mitteilst. Ich würde es gut finden.

herzliche Grüße aus Hamburg
Andreas

Thomas: Ich hab doch den Song geschrieben und ihn John Bon Jovi verkauft. Aber im Ernst, es gibt davon eine unplugged Version mit dem zweistimmigen Gesang von John und Richie Sambora, dem Guitarman. Zum Weinen schön. So einfach, so simpel und sooo wahr.
Es ist dieses eine Leben und wir sollten leben, solange wir lebendig sind...
Schnarchi
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Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Schnarchi »

Moin Jezsimah,

hey, ...kein Grund zur Panik

Wären die Leutz hier nur halb so perfekt wiese Dir erscheinen, dann würden sie ihr Leben leben und geniessen und nicht hier drüber schreiben.

Schauma, .....es ist kein besonderer Wert, ob jemand nun gut schreiben kann oder nicht.
Das sollte man nicht als Massstab nehmen, um sich selbst dran zu messen.
Mess' Dich lieber dran was in Dir ist, auch wenn's gerade net so flutscht.

Vielleicht nötigt Dir Dein Fachfrau sein diese Gefühle auf, weil's Dich gerade damit konfrontiert, was Du an Dir vermisst. Und das is' natürlich erstmal schmerzlich.

Gestern warste Fachfrau, heute halt ziemlich am Boden, aber vielleicht biste schon morgen mehr Fachfrau als Du jemals von Dir geglaubt hättest.

Nimm's einfach nicht so schwer, dass Dir gerade die Worte fehlen. Das kommt wieder, weil sie ja in Dir sind; ....keine Sorge Jezsimah. Wahrscheinlich will Dein Kopp zur Zeit einfach keine schweren Worte machen.
Vielleicht is' Dir eher nach Einfachheit und Überschaubarkeit. Nach Befriedigung Deiner Grundbedürfnisse.

Wie dem auch sein mag; ......werte Dich dadurch nicht ab. Sei einfach so wie Du gerade bist und fühl' Dich herzlich willkommen
ramona
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Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von ramona »

Hallo ForumianerInnen!

Dieser Thread ist wirklich gut. Mir persönlich helfen sehr die einleuchtenden Erklärungen von Thomas. Du hast wirklich eine Gabe, schwierige Dinge, leicht verständlich zu erklären. Es lohnt sich diese zu bewahren, es können so viele davon profitieren. Lass dich nicht verunsichern. Vielen Dank an der Stelle dafür. Ich würde mir wünschen, dich ab und an als kleinen Mann im Ohr zu haben, wenn ich nach meinem Gesundheitszustand und die damit verbunden Auswirkungen in Familie und Beruf gefragt werde.

Ob der Intellekt hilfreich ist oder eher schädlich? Na ja, ich glaube, er ist eher schädlich. Meine Erfahrung, nicht das ich mich als Intelligent darstellen möchte, aber ich bin der Meinung, wenn ich nicht so ein hohes Empfinden für negatives hätte, mir so viele Missstände nicht bewusst wären, so viele Defizite nicht klar, ich nicht so feine Antennen für zwischenmenschliches hätte, dann ging es mir mit Sicherheit besser. Mein Wissen um all das, macht mir mein Leben so schwer. Das erkennen meiner Unfähigkeit daran nichts ändern zu können, obwohl mir das Wissen zur Verfügung steht. In der Theorie, mit dem man müsste aber, man könnte doch usw. bin ich unschlagbar.

Wie Menschen in meinem Umfeld das sehen weiß ich nicht, ich finde für mich ist das Wort Egoismus ein Fremdwort. Ich lebe weder den gesunden noch den kranken Egoismus. Was zur Folge hat, dass jeder über meine Grenzen latscht, dass ich in keinster Weise weiß, wie ich für mich sorgen soll, und wenn ich dann doch mal Grenzüberschreitungen reklamiere, ich einfach nur die Dumme bin. Ich liege im Ton daneben, mit meiner Wortwahl und auch mit meinen Argumenten. Ich spüre meistens nur, dass mir wieder wehgetan wurde, kann aber nicht angemessen reagieren. Mein vorhandener Filter ist erste Sahne, er filtert rückstandslos alles Positive aus meinem Leben raus, nichts durchdringt diese Firewall. Das Negative kommt immer im Übermaß durch und hat irgendwie auch noch einen Verstärker.

Mir will einfach keine gute Einstellung mehr zum Leben gelingen. Hatte ich schon jemals eine? Hier ist viel geschrieben worden über Missbrauch in der Kindheit. Es gibt viele Arten von Missbrauch, auch wenn ich annehmen kann, dass meine Eltern nicht anders konnten, muss ich dennoch mit den Folgen heute kämpfen. Kämpfen ist in meinem Leben auch so ein Unwort, ich mag den Kampf nicht. Vielleicht deshalb, weil ich noch nie einen gewonnen habe und ich mich vor weiterem Versagen einfach schützen will. Ich fühle mich ebenfalls klein, unwissend und dumm, wenn ich hier diese fundierten Postings lese. Trotzdem versuche ich immer wieder von Zeit zu Zeit zu posten. Meistens ist die Resonanz nicht sonderlich groß. Der eine Teil in mir sagt ganz klar, kein Problem, gibt halt nicht viel dazu zu sagen bzw. es ist nicht für Interesse für andere, der andere Teil in mir macht mich jedoch mürbe, denn er ist mir immer am ins Ohr flüstern, wie schlecht mein Beitrag war, wie unqualifiziert und das es vollkommen klar ist, dass mir niemand groß Antwortet. (Soll nicht nach beleidigt klingen, sondern nur meinen inneren Kampf darstellen) Wenn ich Realitäten überprüfe, gewinnt IMMER das negative, auch wenn ich vom Verstand her klar sagen kann, dass ist falsch. Mein Gefühl und mein Verstand gehen auseinander wie eine Schere, sie wollen einfach nicht zusammen kommen und das schon über so viele Jahre.

Gerade bin ich an einem Punkt wo gar nichts mehr geht, weder Therapie, noch erlernte Strategien. Es ist noch nicht mal Stagnation, sondern Rückschritt und ich kann ihn nicht aufhalten. Ich kann keine Empfehlungen, keine Tipps annehmen, geschweige denn umsetzen. Kleine Lichtblicke sind da die Posts von Thomas, die Zusammenhänge gut verdaulich darstellen. Es zeigt mir ein wenig, dass ich doch nicht an allem alleine Schuld bin. Allein mir geht langsam die Hoffnung aus, dass es mal anders werden könnte. Das stetige üben (um dann doch zu scheitern), das ewige kämpfen (um dann doch wieder auf der Nase zu liegen) macht mich zusätzlich kaputt. Ich denke oft, klar gibt es Hilfe, aber nur für andere. Fühle mich zu sehr als faule Tomate und der Apfel ist in unerreichbarer Ferne, als dass es mir gut gehen könnte, selbst wenn ich versuche für mich zu sorgen.

Hat zwar nicht unbedingt mehr was mit dem Eingangsposting zu tun, aber am Rande ein wenig.

Liebe Grüße an alle Schreiber und Leser in diesem Thread. Es ist einer der Besten in der letzten Zeit (für mich).

Ramona
tomroerich
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Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von tomroerich »

Hallo Jezsimah,

das finde ich natürlich gar nicht gut!
Aber ich denke, du verwechselt dann eben ein gewisses Können in der Darstellung mit dem perfekten Menschen. Dass ich die Fähigkeit habe, Dinge bisweilen klar darzustellen, macht mich aber doch nicht zu einem perfekten Menschen? Ich hätte auch gar keine Vorstellung davon, was der für Eigenschaften hat. Ich will ja keinesfalls abschrecken, das kannst du dir vielleicht denken. Und ich bin mir auch darüber im Klaren, dass dieses ganze Reden darüber, wie es sein sollte, müsste und was vielleicht nicht, den einen oder anderen fühlen lässt "Und ich kanns nicht und darum bin ich eben Sch...." Bestimmt ist dann der Umstand, dass das auch noch Betroffene schreiben, noch viel schwieriger. Der Fachmann ist ja wenigstens per Definition jemand, der es besser weiß.
Ich weiß eben nur nicht, welche Konsequenz das haben sollte? Besser nicht schreiben oder mich bemühen, nicht so altklug zu klingen? Na, vielleicht tut es ja auch Zurückhaltung. Aber nun wäre ich natürlich auch froh, von dir zu hören, was du zu sagen hast.

Aufmunternde Grüße

Thomas
Betroffene für Betroffene

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tomroerich
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Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von tomroerich »

Liebe Deary,

dazu wollte ich noch etwas sagen und was Jezsimah schrieb, hat mich wieder daran erinnert.

Du überwindest Dich immer wieder selbst, um anderen zu helfen, auch wenn es Dich viele Worte "kostet" ( und auch eine beträchtliche Zeit deines Lebens...)....


Ich muss mich nicht dazu überwinden. Wenn ich z.B. hier schreibe, dann tue ich das keineswegs aus reiner Nächstenliebe. Threads wie dieser geben auch mir sehr viel, ich glaube, das wird ja durch mein Engagement auch klar. Es ist eben ganz mein Thema und darüber schreiben zu können ist wichtig für mich und verhilft mir zu mehr Klarheit, lässt mich weiter wachsen und klarer werden. Das geht nur selten und im Real Life fast nie.
Auch durch dieses Ehrenamt bekomme ich ganz viel. Nicht nur den Kontakt mit Gleichgesinnten, auch die Arbeit selbst gibt mir einiges, auch wenn sie mir was abverlangt. Wäre es nicht so, könnte ich sie auch nicht machen.

Einen lieben Gruß

Thomas
Betroffene für Betroffene

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Guitaranderl

Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von Guitaranderl »

Liebe Ramona,

auch wenn ich mich sicher zu 100% in Deiner Firewall verheddern werde: Ich fand es sehr klar und nachvollziehbar, was Du von Dir erzählt hast, auch wenn es mir leid tut, dass es Dir offenbar nicht sonderlich gut geht und Dir offenbar zur Zeit die Hoffnung etwas abgeht.

Es bleibt mir, Dir weiterhin Kraft und Mut zu wünschen.... und: Du bist ganz sicher nicht "Schuld". Wenn wir manchmal den Begriff der Schuld aus unseren Kämpfen herauslösen könnten, wäre manches leichter.
Aber gerade wir deutschen Menschen haben eine seltsame Anziehung zum Thema "schuld".

Alles Liebe und ne löchrige Firewall
wünscht Dir
Andreas aus Hamburg
deary
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Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von deary »

Hallo ihr Lieben!

hier geht es weiter:

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1133192726


Liebe Grüße
deary
DYS-
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Re: Egoismus, gibt´s den in "gesund" und in "krank", 2. Teil

Beitrag von DYS- »

ups, falscher Thread
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
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