Artikel in "Die Zeit"

Guitaranderl

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Guitaranderl »

>Es gibt immer zwei Seiten...und man sollte beide betrachten, bevor man sich ein Bild macht und aufregt.

Hallo Virginia,
für diesen Hinweis danke ich Dir sehr herzlich.
Allein mein Lebenslauf trägt möglicherweise dazu bei, dass ich das durchaus tue. Vielleicht nicht in Deiner Akribie, aber das sehe ich nicht unbedingt als Nachteil an.
Ich glaube, dass wir unterm Strich einen ganz ähnlichen Standpunkt vertreten.
Und falls wir uns da missverstehen: Ich bin dankbar für jede Therapiestunde; dankbar meiner Versicherung; dankbar engagierten Ärzten und Therapeuten.

Herzliche Grüße aus Hamburg
Andreas
triste
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Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von triste »

Hallo Andreas,
ich wußte, dass mir dieser Satz von Dir so ausgelegt werden würde ;o)

Ich glaube trotz Deiner Ironie, Du verstehst schon, was ich meinte.

Meine Kritik an einigen postings zum Zeit-Artikel hier bezog sich auf die Ungenauigkeit, mit der gerne mal Stammtisch-Parolen-mässig über etwas hergezogen wird. Hier war es nun Prof. Hegerl, der zufälligerweise dem KND vorsteht und dessen Buch ich zufällig gelesen habe und da fand ich es eben ungerecht, in einem Forum des KND, das uns allen hier einen sehr wichtigen Austausch ermöglicht, unreflektierte Kritik zu üben. (unreflektiert deshalb, weil einfach der Blickwinkel des Zeit-Artikels übernommen wurde, geschrieben von einer Journalistin, die nunmal offensichtlich eher mit der der Schulmedizin entgegengesetzten Seite sympathisiert).

Ob das was mit Akribie zu tun hat, weiß ich nicht.
Meine Motivation war eben, dass ich mich oft ärgere, mit welchen Ansprüchen einige hier ggüber den Moderatoren auftreten, ihnen teilweise sogar ziemlich unhöflich oder feindlich begegnen. Und die Versorgungsansprüche, die viele hier ggüber dem Gesundheitssystem haben, oder besser die Selbstverständlichkeit, mit der sie sie einfordern, finde ich halt nicht ok.

Wenn man mal die etwas negative Konnotation von Akribie wegstreicht und sie einfach als Sorgfalt versteht, dann ziehe ich mir den Schuh gerne an.

Auch gute Grüße nach Hamburg,
Virginia
zweifler
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Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von zweifler »

hallo Virginia!

Ich habé nicht unser Gesundheitssystem kritisiert. Ohne diese "Kuh" sähe es düster aus,wirklich.Aber es gibt genügend unredliche Melker von allen Seiten,so dass man um diese wirklich Angst haben muß.Weis der Teufel warum der Griff in die Pillenkiste immer so schnell geht.
Ich persönlich habe eine Therapie vorzeitig beendet weil sie mir nichts brachte.Mein Thera wolte aber die Stunden pro woche verdoppeln und die Anzahl verlängern.Deshalb betrachte ich auch Deinen Hinweis auf mögliche 300 Stunden Therapie mit Sorgenfalten im Gesicht.Die Kassen bezahlen bestimmt viele Stunden welche im Grunde nichts bringen.

gruß herbert
Nico Niedermeier
Moderator
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Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Nico Niedermeier »

Ich will mich ja gerne raushalten:-)...aber ich kann nicht so ganz...fürchte ich.
Ich finde den Artikel sehr tendenziell und ausgesprochen einseitig und das ist schade. Die Psychoanalyse hat sicher sehr vielen Menschen geholfen und tut das immer noch...aber sie hat auch sehr sehr vielen Menschen nicht oder nur ungenügend geholfen und tut das immer noch....und in Studien zur Wirksamkeit bei Depressionen schneidet sie einfach deutlich schlechter ab als VT und/oder Medikamente..und die Psychoanalyse hätte eigentlich 50 Jahre mehr Zeit gehabt (als z.B. die VT) um Ihre Überlegenheit als Therapieverfahren ausreichend zu belegen...
ich finde den Artikel als einen ziemlich schlechten Rückschritt...das haben wir alles schon besser, seriöser und integrativer gelesen
Dr. Niedermeier
Guitaranderl

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Guitaranderl »

Liebe Virginia,

ja, auch ich BIN manchmal ungenau; stimmt. Aber das billige ich mir zu. Das Prädikat der "Stammtisch-Parole" brauche ich mir nicht anzuziehen; damit meinst Du sicher nicht mich. Was ich oben gesagt habe, entspricht meiner Meinung und Erfahrung. Ich kann vertrauen, bleibe aber dabei immer auch kritisch und hinterfrage. Wer nun wie und wodurch in diesem Artikel motiviert ist, kann ich schlicht nicht so gut erkennen wie Du offenbar; verzeih mir diese Unschärfe.
Nun ja, und was pauschale Diskreditierungen in Richtung des KND angeht; das ist auch ganz sicher nicht meine Sache.
Aber was bitte bedeutet "Konnotation"?

herzliche Grüße an Euch alle
Andreas
yellow_orange
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Registriert: 30. Sep 2004, 20:14

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von yellow_orange »

"Ich war trotz all dieser Geschehnisse viele Jahre stark, habe mich oft überfordert und wollte keinen hinter die Fassade blicken lassen. Ich habe ja selbst den Blick dahinter vermieden, was sicher ein Fehler war.

Heute bin ich schwach, ganz schnell überfordert und nur noch zu ganz wenig freiwillig bereit. Ich fühle mich momentan in einer Starre, aus der mich weder ein Arzt noch ein Medi herausbringen könnte. Vielleicht weil ich zulange funktioniert habe."

@lisa

diese o.g. zeilen haben mich berührt, das kommt mir recht bekannt vor... manchmal gibt es die momente, in denen ich einfach nicht mehr will. ich habe das gefühl, was soll es, wenn's noch ewig so weitergeht. ich weiß, ich kann funktionieren, ich weiß sogar ziemlich gut, wie das geht. aber das andere in mir kommt zu kurz. und der schmerz und die sinnlosigkeit werden umso größer, je mehr ich meine, weiterlaufen zu müssen, das ganze leben auf die reihe bringen zu müssen und bloß niemanden merken zu lassen, wie es mir eigentlich geht. je mehr ich mir selbst raum und zeit gebe, zu entscheiden, was will ich selber eigentlich, unabhängig von den - zumeist vorwegenommenen - erwartungen der anderen, desto eher kann es mir besser gehen.
allerdings habe ich, wenn ich dem nachgehe, ein anderes raum/zeit-verhalten oder verhältnis, als es mein job und der alltag beizeiten erfordern... schade auch!

@ ZEIT-Artikel

der artikel in der 'Zeit' ist eigenartig geschrieben. für mich passt da "bemüht"... ich erwarte mehr von der 'Zeit' aber auch der artikel über borderline in der jetzigen ausgabe ist m.e. eigenartig. immer schon gut und informativ und das alles, aber irgendwas wird gemixt und fehlt und... man sollte sich vielleicht nicht allzu sehr dran aufreiben. "wahrheit" ist nicht eindimensional
triste
Beiträge: 1061
Registriert: 22. Jun 2003, 16:38

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von triste »

Hallo,

=wertende Nebenbedeutung.

ich habe ansonsten glaub´alles gesagt.
Grüße
von Virginia
BeAk

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von BeAk »

Nun will ich auch mal meine Senf dazu geben.
Ich hatte heute meine erste und warscheinlich letzte Psychotherapiesitung, der Therapeut und Psychiater arbeitet tiefenpsychologisch/analytisch. Herrausgekommen ist jedenfalls, das meine Depression erblich bedingt ist und nur mit Medikamenten beeinflussbar, ich also auch in Zukunft Medis nehmen muß um sie unter Kontrolle zu halten und unter Belastungen keine neue Episode zu entwickeln. Durch eine tiefenpsychologische Therapie und Aufarbeitung meiner Kindheitstraumata lassen sich weitere Episoden nicht verhindern oder beeinflussen. Damit ist für mich der Grund eine Therapie zu machen entfallen.
Ich sehe mein bisheriges Leben als sehr erfüllt und lebenswert an und das trotz meiner Traumata, sehe also auch keinen Grund etwas zu ändern.
tomroerich
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Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von tomroerich »

Hallo Bea,

das würde ich so niemals akzeptieren! Diese Voraussage, worauf gründet die sich denn? Wer kann behaupten, dass die Genetik etwas ist, was vom seelischen Geschehen unabhängig verläuft, dass sie schicksalshaft ist? Sei da bitte vorsichtig. Nicht alles, was einleuchtend wirkt, ist auch wahr.

Gruß von

Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
BeAk

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von BeAk »

Hallo Thomas,

ähnliches hat bereits unser Familienpsychiater gesagt, in Bezug auf Medis.

Meine Depression ist eine Reaktion auf die sehr starken Belastungen im Jahr vorher, diese haben das genetische Program Depression aktiviert, welches sich verselbständigte als die Belastungen nach ließen, so die Erklärung des Therapeuten. Es ist tatächlich so, das ich unter den Traumata nicht mehr leide, ein normales Sexualleben habe, auch mit den weiteren Traumata kann ich gut leben, sie belasten mich nicht mehr. Ich denke schon, das an der Aussage des Therapeuten wares drann ist. Er hat mir die Therapie angeboten, damit ich verstehen warum ich bin wie ich bin, aber dafür brauche ich keine Therapie, das weiß ich auch so. Und finde mich ganz in Ordnung so, habe keinen Änderungsbedarf.

Er rieht mir, eventuell eine VT zu machen um mich besser von meinem depressiven Partner abzugrenzen. Seit mein Mann seine Krankheit akzeptiert und auch die Verantwortung dafür trägt, habe wir keine Probleme mehr. Somit besteht auch kein Grund für eine VT.

So und jetzt gehts ins Bett, morgen wirds ein anstrengender Jagdtag.
BeAk

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von BeAk »

Hallo ihr Therapieerfahrenen, auch an die Moderatoren,

ich bitte Euch um Rat. Ich habe jetzt einige Tage über das ganze noch mal nachgedacht.

Unser Familienpsychiater hat mir bei der Diagnosestellung eine Therapie empfolen, um die tieferliegenden Gründe für die Depression zu bearbeiten. Ebenfalls hat er mir noch vor einem Monat empfolen über meine Tramata zu sprechen.

Und der Therapeut sagt, Einflußnahme durch Therapie ist nicht möglich. Was soll ich jetzt glauben?

Könnt Ihr mir mal ganz genau beschreiben, wann eine analytische Therapie hilfreich ist und wann eine VT.
Hat Therapie überhaupt Sinn bei vererbten Depressionen?
Guitaranderl

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Guitaranderl »

>Meine Depression ist eine Reaktion auf die sehr starken Belastungen im Jahr vorher, diese haben das genetische Program Depression aktiviert,

Liebe Bea,
"Diagnosen" haben manchmal die fatale Wirkung eines negativen Glaubenssatzes. In dem von Dir geschilderte Fall denke ich, war es nicht sonderlich klug, so eine gewisse Schicksalhaftigkeit in Deinen Zustand zu bringen. Die Gedanken, die Du Dir hier machst, zeigen ja auch, dass Du das nicht so einfach annehmen möchtest. Das finde ich gut und richtig.
Der Satz, den ich oben kopiert habe, sagt m.E. NICHT, das Du Depressionen "geerbt" hast, sondern, dass Du ein Muster/Programm in Dir hast, auf bestimmte Dinge/Einflüsse/Zustände mit einer Depression ZU REAGIEREN. Ich glaube nicht, dass Du dem immer ausgeliefert sein musst und ich bin sehr sicher, dass es Wege gibt, der inneren Sinnhaftigkeit, also Daseinsberechtigung dieses Programms, (was ja imgrunde eine Art Schutz darstellen kann) auf die Spur zu kommen und es dann durch eine andere "Software" zu ersetzen.

Wir neigen vielleicht dazu, etwas als unabänderlich zu akzeptieren, was mit dem Prädikat "genetisch" gestempelt wird.
Es gibt dazu ein recht interessantes Buch ("Unser Verhalten steuert unsere Gene" .. o.ä., was mir mein Irrenarzt schon mal empfahl. Ich sehe ihn nachher und schicke Dir später den richtigen Titel und den Autor nach)

Also dranbleiben!
Herzliche Grüße aus Hamburg
Andreas
Guitaranderl

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Guitaranderl »

Hier, schau mal, Bea:

"Wenn eineiige Zwillinge, die genau dieselben Gene haben, sich a1s unterschiedlich herausstellen, so heißt das, daß Gene keine starren Instruktionen sind. Die Gene sind eher die Musikinstrumente, auf denen wir spielen, als eine Partitur. Die Gene bestimmen nicht genau, welche Musik oder wie gut sie gespielt wird, sondern sie legen die Spannbreite dessen fest, was möglich ist."

Hier ist der ganze Aufsatz:

http://www.genethik.de/psychogen.htm
Guitaranderl

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Guitaranderl »

Und noch´n Gedicht:
Hier der Link zu dem Buch "Das Gedächtnis des Körpers" von Joachim Bauer, wo es auch um Dein Thema geht, Bea.

http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3 ... 91-3162121
BeAk

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von BeAk »

Danke Andreas,

Du hast mir sehr geholfen.

Ich werde das von Dir empfolene Buch lesen.

Nun noch eine Frage, würdest Du einem Therapeuten, der die Frage noch der Sinnhaftigkeit einer Therapie bei ihm nicht beantworten kann, vertrauen?
Guitaranderl

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Guitaranderl »

Das freut mich, Bea.
Uuuh, das ist eine schwere Frage. Sagen wir mal so: Ich finde Therapeuten, die sich selbst -und Ihre Methoden- infrage stellen können, grundsätzlich "besser" oder "menschlicher" als solche, die grundsätzlich Heilung versprechen, auch wenn sie vielleicht gar nicht daran glauben.
Ja, ich glaube, das ist der entscheidende Punkt: Der Therapeut muss alles tun, um jegliche Ressourcen im Klienten zu aktivieren oder zu reaktivieren. Dazu gehört auch ein gewisser Glaube an die Möglichkeiten, die in uns stecken. Selbst dann, wenn sie z.B. nicht unbedingt der Schule des Behandlers entsprechen.(dieser Thread zeigt ja auch in besagtem Artikel, wie sehr die einschlägigen Glaubensrichtungen der Psychotherapie die "Wahrheit" für sich beanspruchen.) Ich finde gut und richtig, wenn der VTLer den Erfolg des Analytikers achten kann und auch umgekehrt. Gleiches gilt für die anderen etablierten Methoden.

Letztendlich wiassen wir ja, Glaube versetzt Berge. Wenn also der Therapeut auch nur andeutungsweise NICHT an Dich glaubt, ist nach meiner Einschätzung keine Basis für ein erfolgreiches therapeutisches Bündnis gegeben.
Gutes Gelingen!
Beste Grüße aus der kalten Hamburger Nacht
Andreas

NS. Meinem Doc nach muss das Buch richtig gut sein. Ich hatte ihm auch mal das Leid der Genetik geklagt, von wegen dies vererbt und das vererbt und soewieso unabänderbar. Das stimmt wohl so nicht. Und deswegen diese Empfehlung an mich, aber ich kämpfe immer noch mit Winnetou I herum...
BeAk

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von BeAk »

Haha, Du bist also gar kein Bücherwurm. Das ist ja witzig.

Andreas, das Problem ist, das ich diesem Mann nicht vertrauen kann. Und ich denke, nach Deiner Antwort, das mein Unterbewustsein mir das schon richtig signaliesiert hat. Denn auf seine Frage, ob ich bei ihm eine Therapie machen will, habe ich ganz klar NEIN gesagt.

Also muß ich mir jetzt einen neuen Therapeuten suchen und bis ich die Therapie dann beginnen kann werden sicher 6 Monate vergehen, leider.
Denn eine Therapie ohne Vertrauen hat macht keinen Sinn.
Guitaranderl

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Guitaranderl »

>Andreas, das Problem ist, das ich diesem Mann nicht vertrauen kann.

Dann hat es natürlich keinen Sinn, Bea, OBWOHL ich auch grundsätzlich mal hinterfragen würde, WODURCH dieses Misstrauen zustande kam/kommt. Manchmal ist es so, dass dahinter eine Abwehr steckt, die z.B. durch Angst mobilisiert wird. (Das kommt z.B. bei Therapeuten vor, die das Tempo des Klienten nicht respektieren wollen. Habe ich selbst erlebt und kenne ich von anderen.) Manchmal sind es auch schlicht Missverständnisse in der Kommunikation.

Diese Frage kann nur jeder für sich selbst beantworten; und zwar ganz ehrlich.. Etwas anderes wäre noch, dieses Misstrauen mit dem Therapeuten zu thematisieren, was natürlich auch wieder eine gewisse Tragfähigkeit in der Beziehung voraussetzt.

Letztlich sind Dein Bauch und Dein Verstand die einzigen Gradmesser für die "richtige" Entscheidung. Deswegen gibt es ja Probesitzungen.

Ganz viel Glück und Mut für Dich!
Grüße aus dem sonnigen Hamburg
Andreas
BeAk

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von BeAk »

Lieber Andreas,

als ich den Therapeuten das erste mal im Vorgespräch sah wirkte er unsicher, aber ich dachte mir mal abwarten was daraus wird. Und in der ersten Therapiestunde erklärte er mir das eine Therapie meiner Depression nicht möglich sei, daraufhin fragte ich 3 mal welche Grund es denn noch geben könnte eine Therapie zu machen, welche positiven Veränderungen diese bewirken könnte. Seine Antwort war, das wisse er nicht. Darauf sagte ich, das ich dann auch nicht wisse warum ich eine Therapie bei ihm machen sollte. Er sagte, ich könne erfahren warum ich bin wie ich bin, und fragte er ob ich bereit bin, eine Therapie bei ihm zu machen.
Ich hatte kein gutes Gefühl bei der Sache und sagte, NEIN. Erklärte ihm das mit mir und meinem Leben ganz zufrieden bin so wie es ist. Seine Antwort war, dann besteht, da ich meine Traumata bewältigt haben, auch kein Grund für eine Therapie.

Wie soll ich einem Therapeuten vertrauen, das er mir hilft, wenn er sagt, das er mir nicht helfen kann? Das ist der Grund für mein NEIN.
Mittwochsdepri
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Registriert: 4. Dez 2005, 06:46

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von Mittwochsdepri »

Hallo, liebe Bea - und ihr anderen. Bin neu hier - und gebe gleich mal meinen Senf dazu... (Zu meiner Person an anderer Stelle - mal sehen, wo's hinpasst).
War vor ca. 1/2 Jahr in ähnlicher Situation. Die Suche nach einem/einer geeigneten Therapeutin war nicht leicht. Ich hatte 4 Anläufe genommen, bis ich "die Richtige" hatte. Zumindest für jetzt. Wer weiß, was noch später kommt.
Die Frage, die du dir beantworten solltest: brauche ich Therapie/habe ich genug "Leidensdruck" -> nur daraus kann deine Motivation entstehen, ernsthaft mit einem Therapeuten zu arbeiten. Diese Frage hast du dir scheinbar noch nicht gänzlich beantwortet. (Siehe dein erster Tread zu diesem Thema.). Dann: was erwartest du von einem Therapeuten? Wenn du ein wenig googelst, wirst du auch Seiten im Internet finden, wo beschrieben wird, was eine gute Therapie ausmacht -> daraus resultiert, welche Fragen du am Anfang einem Therapeuten stellen solltest (auch was Behandlungsmethode, Aussicht, Dauer der Therapie etc. angeht). Dann: TRAU DEINEM GEFÜHL!!! Du hast ja sehr schnell bemerkt, dass du kein Vertrauen zu diesem Therapeuten hast. Dass du diesen ablehnst, heißt ja nicht zwangsläufig, dass du Therapie ablehnst und für hoffnungslos hältst. Deine feinen Antennen haben dich in diesem Fall gewarnt - vertrau dir selbst!

Ich war bei den oben erwähnten probator. Sitzungen u.a. bei einem Therapeuten, der mir in dieser (also der ersten Begegnung!) andeutete, ich solle mir doch überlegen, ob ich mich nicht von meinem Verlobten (der derzeit meine einzige große Stütze ist!) trennen. Ich fand das unglaublich/verantwortungslos und lebensgefährlich. Leider war ich zu der Zeit zu kraftlos, um ihm das Entsprechende zu entgegnen.
Eine befreundete Psychologin deutete mir gegenüber an, sich als Frau möglichst weibliche Ärzte/Therapeuten zu suchen. Ich habe das zunächst für mich in Frage gestellt, weil für mich das wichtigste Kriterium Professionalität ist. Aber beim näheren Betrachten, habe ich bei männl. Vertretern der Zunft manchmal ein vorschnelles Urteilen/zu schnelles Handeln erlebt (ich will hier nicht alle Einzelheiten aufzählen...) -> im Bedürfnis, eine schnelle Lösung parat zu haben? Das war mir gefühlsmäßig nicht sympatisch. Wir sollten akzeptieren, dass Mann und Frau unterschiedlich "ticken" - und dann einfach aussuchen, was einem selbst Bauch und Verstand zuflüstern. Vielleicht ist es auch einfacher, sich als Frau einer Frau mitzuteilen...?
Und so bin ich bei einer (guten)Therapeutin gelandet. Um Missverständnissen vorzubeugen: ich hab nix gegen Männer! Hatte jahrelang (ohne Probleme) einen guten Hausarzt - und auch mein Neurologe ist ein Mann. Ich meine nur, dass man gefühlsmäßigen Nuancen eine Chance bei seiner Entscheidungsfindung geben sollte.
Viele Grüße
die Mittwochsdepri

Sorry, dass das so lang geraten ist...
cool
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von cool »

Hallo Bea.

Also dieses Zitat von dir würde mich als Therapeuten auch irritieren :

" Erklärte ihm das mit mir und meinem Leben ganz zufrieden bin so wie es ist. "

O.K., ist aus dem Zusamenhang gerissen, darum mag ich das zitieren normalerweise nicht so gerne.

Aber um eine Therapie zu machen, muss ja dem Therapeuten und dem Patienten klar sein, welche Ziele erreicht werden sollen. Und nicht zuletzt muss der Therpeut bei der Krankenkasse auch begründen, was und warum etwas in der Therapie bearbeitet werden soll.

Wer lässt sich von Arzt oder Therapeut behandeln, wenn alles O.K. ist ???

Ich hoffe du nimmst mir nicht krumm, wenn ich dir sage, wie du auf mich wirkst, auch in deinen anderen postings.
Du kommst immer ziemlich stark rüber, alles im Griff, klare Linie, klare Abgrenzung gegenüber anderen.
Vielleicht versteckst du deine Schwächen ?
Trägst eine Maske ?

Deinen Behandlern und dir selbst gegenüber solltest du offen und ehrlich sein, und deine Schwächen / Probleme zugeben, falls da welche sind.

Vielleicht liege ich da aber auch falsch.
Ist nur mein Eindruck. Ich kenne ja nur die "Buchstaben" hier, und nicht die Realität.

Viele Grüße

Sunny
BeAk

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von BeAk »

Liebe Sunny,

Danke für Deine Antwort. Mein Ziel ist einer möglichen kommenden depressiven Episode so weit wie möglich den Boden zu entziehen. Aus diesem Grund bin ich bereit Medikamente einzunehmen, Therapie welcher Art auch immer zu machen, Verhaltensänderung und was auch immer sonst noch nötig ist, vorzunehmen.

Ich bin nicht bereit zu einer Therapie um der Therapie willen, zur Existenzsicherung des Therapeuten.

Der Therapeut sagte zu mir, das es genug Gründe gibt für eine Therapie, das sehe ich genauso. Ich habe einige Tramata die verarbeitet werden könnten und ich bin auch davon ausgegangen, das dies Traumata mit der Depression in Zusammenhang stehen. Der Therapeut ist über diese Traumata informiert, er hat sie abgefragt und auch welche Auswirkungen sie heute noch haben.

Der Schluß, das ich diese Traumata kompensiert habe, hat der Therapeut gezogen. Das stimmt nur zum Teil. Ich erstarre wenn mich Menschen (Ausnahme mein Mann, meine Kinder) über eine Begrüßung hinaus, berühren.
Des weiteren bin ich unsicher im Umgang mit Menschen. Auch dieses weis der Therapeut.

Es gibt also genug zu tun in einer tiefenpsychologischen Therapie und meine Bereitschaft mitzuarbeiten ist gegeben, denn ich will alles tun, um keine weiteren Episoden erleiden zu müssen.

Nur leider sieht der Therpeut keine Möglichkeit, auf meine künftigen Episoden Einfluß nehmen zu können. Und ich glaube nicht, das es Sinn macht ihn davon zu überzeugen, das er es doch könnte, wenn er nur wollte. ODER SIEHT DAS JEHMAND ANDERS, DANN LAST ES MICH WISSEN.

Liebe Sunny, dein Schluß ist richtig, ich bin stark, aber das schüzt mich nicht vor der Depression. Und auch Deinem zweiten Schuß stimme ich zu, ich habe Schwächen, diese als Folgen der Traumata. Und ja ich habe Schwächen, denn ich bin ein Mensch.

Und trotzdem ist mein Leben so wie ist, lebenwert und ich habe keinen Änderungsbedarf, mit Ausnahme der Depression.

Das ich eine Maske trage, glaube ich nicht, halte mich eigendlich für autentisch.
BeAk

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von BeAk »

Liebes Schnattchen,

Du hast einen witzigen Nig gewählt.

Danke für deinen langen Post, gut das Du so ausführlich geschrieben hast.

Bei mir ist es umgekehrt. Da ich ein sehr rationaler Mensch bin, komme ich oft mit der männlichen Denkweise besser klar, wie mit der sehr emotionalen Denkweise vieler Frauen. Das was Du mit deinen ersten Therpeuten erlebt hast, habe ich mit der Beraterin und der Psychiaterin von Gesundheitsamt erlebt, die wollten mir auch meinen Mann ausreden, nur weil unsere Beziehung nicht in deren Horrizont paste. Da sind meine Alarmglocken auch angesprungen.

Ich werde weiter meinem Gefühl trauen, denn es hat mich selten getäuscht. Also auf ein Neues, wer suchet der findet.
cool
Beiträge: 2797
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von cool »

Liebe Bea,

danke für deine ausführliche Antwort.
Jetzt habe ich verstanden.

Ich denke auch, es wäre am Besten einen anderen Therapeuten zu suchen.

Viel Glück dabei,

liebe Grüße Sunny
BeAk

Re: Artikel in "Die Zeit"

Beitrag von BeAk »

Habe jetzt 2 Vorgesprächstermine bei 2 Verhaltenstherapeuten, ob die bereit sind sich um meine Traumata zu kümmern, muß ich wohl abwarten. Ich hoffe, das mir einer der beiden zusagt, denn viel mehr Auswahl habe ich hier auf dem Land nicht.
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