Selbstdisziplin

Emriye2
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Selbstdisziplin

Beitrag von Emriye2 »

Hallo liebe ForumanerInnen,
dies ist grad mein zentrales Thema. Wie manche vielleicht wissen, hab ich vor wenigen Wochen "schlagartig" nach 2 jähriger Depripause einen erneuten Schub bekommen.

Da ich diesmal schnell reagierte und mir alles sehr bekannt vorkam, hab ich es auch durch die Medi-Erhöhung schnell wieder in Griff bekommen.

Merke aber, wenn ich mich nicht unheimlich selbst diszipliniere und nicht diese Medi-Erhöhung gemacht hätte, wäre ich wieder in einer fetten Depression.

Zum einen stresst mich diese Selbstdisziplin, zum anderen bin ich der Depri nicht völlig ausgeliefert....

Kennt ihr das auch, dass wenn ihr euch z.B dem Gefühl des völligen Erschöpftsein und einer unglaublichen Müdigkeit (bei mir besonders morgens/vormittags/ hingibt - dass ihr damit eigentlich eher das absolute Gegenteil erreicht, nämlich, dass man danach erschöpfter und müder als zuvor ist??

Ich finde dies sehr anstrengend und merke ich brauche grad eine unglaubliche Selbstdisziplin....dann gehts.

Gebe ich mich meiner Müdigkeit und Erschöpftheit hin, gehts mir fast den ganzen Tag schlecht und abends bis in die Nacht hinein bin ich topfit!!! Stehe ich auf, kämpfte den Morgen und Vormittag gegen mein eigentliches Bedürfnis und Gefühl, geht es mir aber wenigstens ab Nachmittags richtig gut und ich kann dann auch abends früher ins Bett.

Hört sich jetzt alles ziemlich banal an, aber für mich ist es echt grad ein Kampf der Selbstdisziplin und ich merke, würde ich die Medis absetzen wäre ich jetzt wohl wieder so richtig fett in der Depression....

Kennt ihr das auch???

Alles Liebe an Euch
emriye
Rainer62

Re: Selbstdisziplin

Beitrag von Rainer62 »

Hallo Emriye,

Auch mich hat es wieder erwischt, mir ging es das ganze Jahr so gut und jetzt ist alles weg.
Ich versuche auch gegen die Antriebslosigkeit und Müdigkeit anzukämpfen aber es ist sehr schwer.
Heute Morgen war ich in der Stadt, obwohl ich nichts brauchte, es tat schon gut sich zu bewegen und an der frischen Luft zu sein.
Ich hoffe mit kleinen Schritten geht es wieder aufwärts und daß uns das Leben irgendwann wieder leicht fällt.

Liebe Grüße

Rainer
dilara
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Re: Selbstdisziplin

Beitrag von dilara »

hallo emrye,
bei mir wird es trotz tabletten auch gerade wieder schlimmer. ich könnte nur noch schlafen, aber das liegt auch am baby, dass mich seit juni nicht durchschlafen lässt. ich glaube, bei mir hat es viel mit dem wetter zu tun. je ekliger es draussen wird und je eher dunkel es wird, um so mieser fühle ich mich.
aber es kommt ja auch mal wieder der frühling und auf den freue ich mich jetzt schon!

liebe grüsse
katrin
nachteule
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Re: Selbstdisziplin

Beitrag von nachteule »

Liebe Emriye,

>>Gebe ich mich meiner Müdigkeit und Erschöpftheit hin, gehts mir fast den ganzen Tag schlecht und abends bis in die Nacht hinein bin ich topfit!!! Stehe ich auf, kämpfte den Morgen und Vormittag gegen mein eigentliches Bedürfnis und Gefühl, geht es mir aber wenigstens ab Nachmittags richtig gut und ich kann dann auch abends früher ins Bett.<<

Genauso geht es mir auch. Meine dickste "Krise" hatte ich vor drei Jahren und z.Z. gehts halt mal besser und mal schlechter, aber nicht so schlecht wie damals.
Trotzdem finde ich auch, das es unglaublich anstrengend ist, sich an solchen Tagen, wie Du sie beschreibst aufzuraffen und diszipliniert zu bleiben, obwohl ich genau wie Du die Erfahrung gemacht habe, das es mir viel besser geht, wenn ich nicht im Bett bleibe. Ich schaffe das auch nicht immer.
Man sollte doch annehmen, das diese Erfahrung was einem gut tut und was nicht es einem einfacher macht, aber irgendwie ist dem nicht so.
Ob das so bleibt? Immer wieder diese Kämpfe mit sich selbst?
Ich weiß auch nicht.

Viele liebe Grüße
Tina
Emriye2
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Re: Selbstdisziplin

Beitrag von Emriye2 »

Liebe/r Rainer,Katrin und Tina,

danke für euer Feedback. Es ist so frustrierend, wenn man denkt, mich erwischts nie wieder und das aus einer sehr guten Zeit heraus. Das ist schon komisch und macht es für mich schlecht verstehbar.

Aber ich denke, ich muß mich darauf einstellen, dass es nicht das letzte Mal war und man muß damit leben...

Ich hoffe, dass die Abstände immer größer werden und ich nicht alle 2 Jahre kämpfen muß.

In der depressiven Zeit muß man wohl auch ein Stück weit "gegen" sein Gefühl arbeiten. Man muß sich disziplinieren und tierisch aufraffen und andererseits aber auch nicht übernehmen - das versuche ich gerade.

Ich wünsche euch alles Liebe und viel Kraft gegen eurer Gefühl zu gehen und andererseits auf eure Überforderungen zu hören....mir fällts nicht leicht

Liebe Grüße
emriye
nachteule
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Re: Selbstdisziplin

Beitrag von nachteule »

Liebe Emriye,

>>In der depressiven Zeit muß man wohl auch ein Stück weit "gegen" sein Gefühl arbeiten. Man muß sich disziplinieren und tierisch aufraffen und andererseits aber auch nicht übernehmen - das versuche ich gerade.<<

"Ein Stück weit gegen sein Gefühl arbeiten"...da sagst Du was Wahres, genauso empfinde ich es auch. Aber stimmt das so?
Liegt das Problem nicht eher darin, das man sein Gefühl nicht anerkennen will? Das man sich nicht eingestehen will "Ich brauche Rückzug, Ruhe etc.?"
Mir gehts auch so, das, wenn ich der Müdigkeit und Antriebslosigkeit nachgebe es mir noch viel schlechter geht. Aber ich habe auch bemerkt, das es häufig mein schlechtes Gewissen ist, das mir da im Wege steht. Ich kann mir in solchen Situationen immer noch nicht eingestehen, das ich solche Ruhephasen vielleicht ab und zu brauche. Ich kann immer noch nicht anerkennen, das ich ansonsten ja eine Menge leiste.
Ich definiere mich immer noch über Leistung und funktionieren. Mein Verstand weiß das, aber der Rest...

Trotzdem hoffe ich, dass diese Kämpfe gegen das eigene Gefühl irgendwann aufhören, dass ich irgendwann akzeptieren kann "Ja, ich kann jetzt nicht und deshalb DARF ich nichts tun".
Ich glaube damit wäre viel gewonnen.

Viele liebe Grüße
Tina
Emriye2
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Re: Selbstdisziplin

Beitrag von Emriye2 »

Liebe Tina,
ja, genau, das ist oft auch der springende Punkt, sich nicht einzugestehen und zu erlauben, dass man auch in solchen Phasen nicht voll funktionsfähig ist...

aber das sehe ich eigentlich auch viel lockerer als früher und ich kann nur für mich sprechen, wenn ich mich jetzt allen Gefühlen zwangslos hingeben würde, wäre das sehr depressionsfördernd. Mein momentanes Empfinden sagt, ey, ich bin müde und erschöpft, mach ich dann nicht die Dinge die ich mir vornehme und ziehe mich ins Bett zurück fühle ich mich danach mehr denn je erschöpft. Deshalb muß ich gegen meine Gefühle arbeiten und so gehts mir grad relativ ok...
dir liebe Grüße
emriye
freebird
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Re: Selbstdisziplin

Beitrag von freebird »

Hallo an alle,

ja, ja die liebe Selbstdiziplin....

Ich kenne das auch nur zu gut!

Bei mir ist es eher so, dass ich mich unheimlich zusammenreisse - zumsammenreissen muss - wenn ich auf der Arbeit bin. Ich kann mich da nicht gehen lassen und mich meiner Depression hingeben - auch wenn ich manchmal eher das möchte.

Am Ende eines solchen Arbeitstages bin ich dann auf der einen Seite unglaublich stolz auf mich, weil ich diesen Depritag gemeistert habe. Andererseits kann ich dann nachts nicht schlafen. Ich bin unglaublich aufgekratzt und die Gedanken drehen sich im Kreise. So verbringe ich dann leider oft eine schlaflose Nacht nach der anderen bis ich mich dann wirklich nur noch zur Arbeit schleppe und an meinem freien Tag dann endgültig in ein "komatösen" Schlaf verfalle.

Wo fängt die Selbstquälerei an und wo hört die Selbstdiziplin auf? :ough:

Tief im Inneren ist es mir auch wichtig, meiner Depression nicht immer wieder die Oberhand zu geben und den Sieg zu gönnen. Machmal gewinne ich und nicht selten stecke ich auch eine gehörtige Niederlage ein.

Und dann *ratlosmitdenachselnzuck*

Viele selbstdiziplinierte Grüße
Corinna
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Frage nicht danach, warum du lebst. Akzeptiere einfach, dass du existierst.
Trulla
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Re: Selbstdisziplin

Beitrag von Trulla »

Hallo zusammen,
mir fällt auch was dazu ein.
Neulich hatte ich das bei meinem Verhaltenstherapeuten gesagt, dass ich mich auch mal einfach zurückziehe zum Abschalten und Erholen.
Er war erstmal strikt dagegen, aber dann kam doch raus, dass es darauf ankäme, wie ich diesen Rückzug angehe, ob ich positive Gedanken dabei haben kann oder ob ich damit nur erreiche, erst recht in meine Depression zu versinken.
Aber ein Technik, seine Gedanken so zu steuern, konnte er auch nicht einfach so vorweisen. Vielleicht lern ich das noch.

Also, was sagt mir das? Es ist mal so oder so, und kommt drauf an. Das übliche.
Mich plagt jedes Mal das schlechte Gewissen, wenn ich mich aufs Sofa verkrümel.
Trulla
Sofie
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Re: Selbstdisziplin

Beitrag von Sofie »

Hallo miteinander,

heute gebe ich auch mal noch meinen Senf dazu. Ich hatte Monate lang starke Depressionen. Habe mich immer zusammen gerissen, bin jeden Tag zur Arbeit gegangen und allen Pflichten soweit ich konnte, nachgegangen. Bis ich eines Tages nicht mehr konnte: Zusammenbruch. Wurde dann 3 Wochen krank geschrieben und bin parallel dazu wieder zu meinem Therapeuten gegangen, wo ich schon einmal eine 2jährige Therapie gemacht habe. In diesen 3 Wochen Krankenschein habe ich jedenfalls meiner seelischen und körperlichen Erschöpfung nachgegeben und sehr viel geschlafen. Jede Nacht 12 Stunden und mehr und tagsüber war ich auch viel im Dämmerzustand. Habe mir gleichzeitig aber auch Dinge vorgenommen. Nur kleine Sachen. Und war dann stolz, wenn ich eines dieser Dinge erledigt habe. Ganz kleine Schritte waren das nur. Was meine Müdigkeit anging, so dachte ich schon, es würde gar nicht mehr besser. Habe mir aber einfach weiterhin erlaubt dieser Erschöpfung nachzugeben. Und was soll ich sagen, nach Monatelanger Depression geht es mir seit 5 Wochen nun wieder gut. Ich glaube heute, ich hatte so etwas wie ein „burn out“. Und das Zurückziehen und schlafen hat mir gut getan, mir wieder Kraft gegeben und meine Seele dankt es mir. Obgleich ich Anfangs auch befürchtete dadurch nur noch depressiver zu werden und die 1.Zeit war ich auch weiterhin sehr depressiv. Aber irgendwie scheine ich mich gesund geschlafen zu haben.
Wobei ich ganz ehrlich sagen muss, ich mir momentan gerade die Frage stelle: Wieso kommt eine Depression so schlagartig, wieso geht sie genauso schlagartig wieder weg? Ist irgendwie so, als hätte man keinen echten Einfluss darauf… Weiß auch nicht. Kann nur sagen, dass der viele Schlaf bei mir wohl geholfen hat, da ich seelisch und körperlich total erschöpft war. Ich würde sagen in Kombination mit der Hilfe, die ich mir geholt habe (Therapeut, Freunde, Eltern…) war es das Richtige Mittel für mich.

LG, Sofie
deary
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Registriert: 17. Jun 2005, 13:05

Re: Selbstdisziplin

Beitrag von deary »

Hallo liebe Selbstdisziplinierte!

Beim Lesen der Beiträge frage ich mich auch, was noch Selbstdisziplin ist und was nur noch Quälerei, ...
Also ich denke, in gewissen Dingen muß man der Krankheit auch einfach stattgeben.

Ich versuche auch, mich zu disziplinieren und manchmal gelingt es ganz gut, manchmal weniger.

Aber mir ist auch klar, dass ich durch die Depression , die bei mir rezidivierend ist, nicht 8 h arbeiten kann, wie andere.

Doch mit Disziplin kann ich es vielleicht schaffen, halbe Tage zu arbeiten und eine gute und sinnvolle Freizeitgestaltung hinzukriegen....

Aber auch dazu brauch ich therapeutische und soziotherapeutische Unterstützung, allein aus dem Stand ist selbst das für mich im Moment zu schwer.

Als diszipliniert empfinde ich mich dann, wenn ich die kleinen Dinge, die ein gewisses Risiko beinhalten, hinkriege, zb. wieder zum Sport gehen, Freunde treffen, Einladungen annehmen, aussprechen . Auch wenn´s mir nicht so gut geht.

Wie merkt ihr , wo ihr diszipliniert seid und wo ihr Euch quält ? Wie merkt ihr die Grenze?

Liebe Grüße
deary
Bellasus
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Re: Selbstdisziplin

Beitrag von Bellasus »

Hallo,

euer Thema interssiert mich auch sehr.

Hm, Deary, deine letzte Frage kann ich nicht wirklich beantworten. Am ehesten über ein Körpergefühl. Inzwischen kristallisiert sich heraus, dass Schwindel weniger Überforderung anzeigt als Angst vor etwas, was ich durchaus schaffen könnte. Anfangs habe ich dem Schwindel nachgegeben und bin aus der Situation rausgegangen soweit möglich. Inzwischen nehme ich es als Anzeichen, nicht gleich ganz wegzulaufen, sondern zu überlegen, wie ich die Situation entschärfen kann, z.B. im Supermarkt nicht in volle Gänge gehen, sondern dahin wo es etwa leerer ist. Dann muß ich nicht ganz flüchten. Oder wenn ich Angst vor etwas Geplantem habe, versuche ich es in kleinere Schritte zu zerlegen. Und Pausen zu machen, lieber viele kleine als wenige große.

Ansonsten ist es für mich auch eine Gratwanderung zwischen "Auf sich aufpassen, sich nicht überfordern, weitermachen wie früher bis weit über die Grenzen hinaus" und "sich zu dem überwinden, das zu tun, was zwar schwerfällt, aber dabei hilft, z.B. Tagesstruktur zu bekommen, Freude, körperliches Wohlbefinden auszulösen".

Letztes Jahr war ich auch zu nix in der Lage. Dieses Jahr bin ich froh, Arbeitstherapie machen zu können, was mir einen geregelten Tagesablauf mit 3 Std. "Arbeit" tägl. bringt. Die Verlockung ist jeden morgen groß, einfach nicht hinzugehen, aber ich merke schon an den Wochenenden, wie wichtig es für mich ist, um nicht in die tiefe Depri und Apathie zurückzufallen. Mit diesen 3 Stunden ist es momentan aber auch ausgereizt, jetzt mit "Disziplin" mehr zu wollen, wäre keine gute Idee. Nächste Jahr geht das hoffentlich in der berufl. Reha.

Also immer wieder ausloten, wo in jedem Moment gerade die Grenze zwischen förderlich und kontraproduktiv ist.

Viele Grüße
Annette




www.depressionsliga.de

- Betroffene für Betroffene -
Emriye2
Beiträge: 814
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Re: Selbstdisziplin

Beitrag von Emriye2 »

Hallo zusammen,
sorry, ich glaube ich kann grad nichts produktives mehr mit beitragen....mir geht es einfach nur total beschissen. Ob eiserne Disziplin oder Rückzug oder der Versuch des goldenen Mittelwegs - ich verliere grad und merke ich habs nicht in der Hand!!! Von Tag zu Tag wird mein Zustand schlechter und jetzt ist diese eklige Panik auch noch dazu gekommen, ich weiß nicht wie ich das noch aushalten soll.....
tut mir Leid, das jetzt geschrieben zu haben, ich bin grad in allen Bereichen so unzuverlässig, sorry
emriye
Guitaranderl

Re: Selbstdisziplin

Beitrag von Guitaranderl »

>Deshalb muß ich gegen meine Gefühle arbeiten und so gehts mir grad relativ ok...

Na Emriye,

uiii, Dein letztes Posting klingt verzweifelt. Ich würde Dir gern helfen, aber ich weiß noch nicht so genau wie... mal sehen:
In dem Beitrag kann ich 7 negative Kilos erkennen, die Du heute in die Waagschale wirfst. Jeder versteht das..... nur... hast Du eine Idee, was Du in die andere Waagschale legen könntest oder kann die erst einmal in Schräglage hängen bleiben und vielleicht von allein leichter werden?
Wenn Du mit Deinem obigen Satz meintest, Du musst gegen Deinen inneren Schweinehund oder Deine Trägheit kämpfen, was wohl jede(r) nachvollziehen kann, dann bliebe z.B. die Sichtweise, dass es sich nicht nur um Deine Gefühle handelte, sondern um den Ausdruck eines Teils, eines offenbar sehr destruktiven Teils von Dir. Könntest Du zur Zeit akzeptieren - und sei es nur aus der Erinnerung heraus - dass es da noch andere Teile in Dir gebt, deren Gefühlsäußerungen im Moment wieder verschüttet und deshalb stiller sind?
Was müsstest Du tun, um diese Teile in Dir etwas mehr zu aktivieren..... damit eben die Waagschale des Destruktiven ein wenig zurückgeht?

Ganz herzliche Grüße und ein Kilo Kraft von hier!
Andreas
Emriye2
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Registriert: 12. Sep 2005, 08:45

Re: Selbstdisziplin

Beitrag von Emriye2 »

Lieber Andreas,
danke dir für dein Zuhören. Was in diese andere Waagschale könnte ist mir grad so fern... außer natürlich mein Mann, meine Kinder und mein Hund. Aber da fängt das schlechte Gewissen auch schon wieder an. Und zum anderen fallen mir zu meiner Person nur Dinge ein, die die andere Seite noch mehr herunterziehen...
Ich vergesse grad alle Termine, wichtige Dinge, ich bin an 2 Schulen Elternvertreter aber das momentan auch nur auf dem Blatt. Denn ich lese Zettel durch, unterschreibe sie, hänge sie an unsere Pinnwand - dann ruft mich die Leherin an und will mit mir Dinge besprechen die ich unterschrieben habe und ich weiß von Tuten und Blasen keinen Schimmer was ich da unterschrieben hab und so geht es in einem fort. Das ist sehr peinlich und ich schäme mich dafür...

Jetzt hör ich lieber auf, denn es kommt sowieso nur Gejammere raus und das will ich euch lieber ersparen...

dir liebe Grüße und vielen Dank für deine Worte
emriye
Guitaranderl

Re: Selbstdisziplin

Beitrag von Guitaranderl »

OK, Du funktionierst gerade nicht. Verstehe. Sag mal, ist das auch die Sicht anderer Menschen, die Dich erleben? Ich kenne dieses verfluchte "sichselbstindenkellerreden" auch zur Genüge. Aber ich entdecke auch immer wieder, dass ich da teilweise einer Täuschung unterliege, denn andere Menschen erklären mir dann schon, dass ich nicht ganz so mies bin, wie es "etwas" in mir glauben lassen will. Ich habe ganz starke alte Kräfte in mir, die nur darauf warten, dass ich das alte Lied anstimme. Aber das ist eben nur ein Teil von mir. Auch bei mir ist das "Gewissen" etwas sehr stark ausgeprägt. Ich erlaube mir vieles einfach nicht. Das hat sicher Vor- und Nachteile.
Sag, darfst Du Deiner Familie (und dem Hund ) gegenüber ruhig "out of order" sein?
Tja, mit Sprecherin der anderen Eltern ist im Moment wohl nicht viel. Ob Deine Vertreter das mal regeln können? Klagst Du Dich - wie wir alle, die wir immer funktionieren wollen - auch dafür an?
nachteule
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Re: Selbstdisziplin

Beitrag von nachteule »

Hallo Emriye,
es tut mir sehr leid, das es Dir so schlecht geht.

Ich war gestern ja bei meiner Ärztin und ein Satz, den sie mir sagte hat mir sehr geholfen. Sie fragte: "Könnte es nicht sein, das Ihre Seele ganz einfach sagt 'Schluß, Auszeit, Du hast irgendwo im Eifer des Gefechts nicht gut genug auf mich aufgepasst'? Und kann es nicht sein, das die Seele einfach Pause braucht zum Aufatmen UND zum Überdenken, wo man was besser machen kann?"

Ich hatte auf einmal das Gefühl...klar, ich bin an einer Depression erkrankt und außer Medis muß ich auch meine Lebensweise ändern, was ich ja auch tue. Nur scheints irgendwo nicht so ganz funktioniert zu haben, aber ist das schlimm?
Ich meine, wir sind doch keine Roboter...defekte Teile austauschen, bischen Maschinenöl dran und gut ist`s. Es MUSS gar nicht sofort funktionieren. Es ist ein langer Lernprozess herauszufinden, wieviel wir uns wann zumuten können, ebenso, was uns gut tut und was nicht. Ist auch logisch, denn wie lange haben wir z.T. völlig falsche Verhaltensweisen an den Tag gelegt und unsere Seele wurde von uns oder auch manchmal von anderen über Gebühr strapaziert?
Und gerade wenn es einem gut geht deutet man vieles falsch und fällt in alte Verhaltensmuster zurück, schon allein, weil man sich so freut, das man so vieles wieder kann.

Liebe Emriye, sei nicht so streng mit Dir und schicke das schlechte Gewissen zum Teufel. Du hast eine Krankheit, die vermutlich lange brauchte um zum Vorschein zu kommen. Gib Dir und Deinem Seelchen die nötige Zeit, wieder gesund zu werden.

Viele liebe Grüße
Tina
Guitaranderl

Re: Selbstdisziplin

Beitrag von Guitaranderl »

>Und gerade wenn es einem gut geht deutet man vieles falsch und fällt in alte Verhaltensmuster zurück

Liebe Emriye,
das, was Tina hier schreibt, ist ganz wichtig. Alice Miller schreibt -glaube ich- im "Drama des begabten Kindes" (empfehlenswert!)von einer Frau, die ihre depressive Phase überwindet, um dann sofort in allerlei hektische Aktivitäten (zig Telefonate..ne Party machen etc.) zu verfallen, die wieder genau da hin führen, wo sie nicht hinwollte.
Und dann kommt wieder die Selbstbestrafung....
deary
Beiträge: 424
Registriert: 17. Jun 2005, 13:05

Re: Selbstdisziplin

Beitrag von deary »

Hallo ihr Lieben!

@Annette:
Danke für Deine ausführliche Antwort!
Ich kann ziemlich viel damit anfangen, da ich in einer (von außen) ähnlichen Situation wie Du bin.

Ich habe auch gerade einen Antrag auf medizinische Rehabilitation gestellt. (und ziemlich viel Kraft dabei verbraucht, weil es anfangs viel Hick-Hack zwischen Krankenkasse und Rentenversicherungsträger gab und ich auch meinem Arzt und meiner Psychologin ewig wegen eines Berichts hinterherrennen mußte! Heute habe ich Post bekommen, dass der Rentenversicherungsträger zuständig ist, endlich geht es weiter...)

Vorher habe ich Vollzeit als Verlagskauffrau gearbeitet und dann -ebenfalls Vollzeit- in einer Buchhandlung, anfangs im Verlag ging es ziemlich gut, aber später als viel Streß kam, bin ich mehr oder weniger zusammengebrochen. Es war kein Nervenzusammenbruch im klassischen Sinn, sondern einfach eine starke Depression.

Die schleppe ich schon seit Kindertagen mit mir rum. Habe aber immer versucht, trotzdem volle Leistung zu bringen, in der Schule habe ich so viel gelernt, dass ich mein Fachabi mit der Note 1,1 bestand.

Aber diese Leistung konnte ich oft nur in der Theorie erbringen, konnte mich stundenlang hinter Büchern "verschanzen", aber den Kämpfen im Alltag hatte ich oft wenig entgegenzusetzen, und war in dieser Hinsicht oft ein wenig "lebensfaul" wie es mein erster Freund damals bezeichnete.

Was Du schreibst, Annette trifft auf mich auch zu, selbst mit ganz viel Selbstdisziplin schaffe ich nicht mehr als ein Arbeitspensum von 2-3 h pro Tag.
Womit wir wieder beim Thema wären.
Ich merke auch, wie gut es mir tut, dass ich endlich mal nicht mehr leisten muß, als ich kann.
Habe auch Bammel davor, dass in der Reha die Ansprüche langsam wieder hochgeschraubt werden, aber finde das auch ganz wichtig.
Denn ich möchte auch unbedingt wissen, was ich noch leisten kann.

Lange Zeit (3 Jahre) habe ich eine Stelle für psychisch Kranke gehabt, so ähnlich wie Du jetzt deine Arbeitstherapie beschreibst.
Am Ende hatte ich dort leider keine Perspektive mehr , mich weiterzuentwickeln, und deshalb mache ich jetzt die Reha.

Aber anfangs hat mir das Ganze sehr geholfen, es waren dort sehr gute Geister am Werk, tolle Sozialarbeiter, die mit mir (und den anderen natürlich) intensive liebevolle Gespräche geführt haben, mit einem mehr als idealistischen Anspruch an sich und ihre Arbeit.
Leider wurde dann die Geschäftsführung gewechselt und es wurden andere Leute eingestellt. Da herrschte dann sofort ein anderer Geist.
Es waren nur noch Leute da, die ihre Arbeit als Job sahen, und teilweise auch gar kein Interesse an psychischen Erkrankungen hatten.
Die ahndeten dann jede 5 Minuten Verspätung, auch wenn man ihnen erklärte, dass es in einer Depression eine Leistung ist, wenn man es überhaupt zur Arbeit schafft.
An meinem letzten Chef von diesem Kaliber bin ich dann auch gescheitert.
Er war vorher Abteilungsleiter in einem großen Unternehmen gewesen und dachte nicht daran, uns anders zu behandeln, als jeden gesunden Mitarbeiter in seiner vorherigen Arbeitsstelle auch.
Er war ein A....

Wie Du siehst, bin ich schon oft in arbeitstechnischer Hinsicht an die Grenzen meiner Selbstdisziplin gestoßen.

Und ich brauche alle meine Selbstdisziplin, um das anzugehen, was ich mir vorgenommen habe.
Ich weiß nur wiegesagt oft nicht, wann ich unter meinen Möglichkeiten bleibe.
Eine Angst, wie du sie beschreibst, die man aber überwinden kann, wenn man nur die Aufgaben in handliche Portionen aufteilt, die habe ich oft.
Aber Schwindel oder andere körperliche Anzeichen nicht, nur Migräne, die zwingt mich dann schon zu Ruhepausen....

Wie kommt es denn, dass Deine Arbeitstherapie in die Reha übergeht , ist das ein Träger??? Klingt auf jeden Fall gut, als wäre es ein sinnvoller Übergang
Würde mich sehr interessieren, vielleicht magst Du mehr darüber schreiben...

@tina:
was Du schreibst, habe ich auch oft gedacht, denn wir haben uns tatsächlich jahrelang überfordert.!!!!
MIT der Krankheit habe ich wie oben beschrieben Schule , Ausbilung, Arbeit hingekriegt, und zwar oft mit einem höheren Anspruch an mich selbst als andere.
Dass wir jetzt eben auch eine entsprechend lange Zeit in diesem Erschöpfungszustand sind, erscheint mir auch logisch.

@emriye:
Es tut mir auch leid, dass es Dir nicht so gut geht.
Auf jeden Fall darfst Du hier auch mal Luft ablassen, ohne Dich zu entschuldigen.
Ich lese hier schon seit längerer Zeit mit, habe aber lange nichts mehr geschrieben.
Du bist mir immer aufgefallen, als jemand, der kämpft, auf eine ganz besondere Art, eine eigene. Ich kann das jetzt schlecht beschreiben.
Ich wußte aber gar nicht, dass du Kinder hast.
Wenn man diese Verantwortung auch noch hat (ich selber habe keine Kinder) , MIT der Krankheit sind die Akkus vielleicht auch schneller wieder aufgebraucht...
Wiegesagt, ich habe keine Kinder, finde es aber toll, dass du Dir diese Aufgabe zumutest, trotz Deiner zeitweiligen "Schwäche " , wenn ich das mal so sagen darf.
Ich glaube, Du hast allen Grund, stolz auf Dich zu sein!

Liebe Grüße und einen schönen Abend wünscht Euch
deary
Kroki
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Registriert: 15. Mär 2004, 17:50

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Beitrag von Kroki »

Emriye2
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Re: Selbstdisziplin

Beitrag von Emriye2 »

Hallo Ihr Lieben,
ich danke euch für eure Gedanken und Hilfen, tut mir leid, dass ich gestern nicht mehr antworten konnte, aber es ging mir so schlecht, das ich dazu garnicht mehr in der Lage war.

Mit Selbstdisziplin komme ich grad auch nicht weiter, ist schon frustrierend, mit Selbstdisziplin meine ich jetzt auch nicht die absolute Selbstquälerei, sondern eher nicht in so eine Letargie zu verfallen und nur noch ins Bett zu kriechen.

Aber wenn ich eben nicht dem Gefühl nachgebe, schlafen zu müssen, geht es mir am Ende so schlecht, dass ich garnicht mehr schlafen kann und nun ist eben diese schreckliche Panik dazugekommen, wo ich am liebsten vom nächsten Hochhaus springen würde. Das beunruhigt mich auch enorm, denn solche Gedanken hatte ich 2 Jahre nicht mehr.

Gestern nachmittag war ich noch bei meinem Psychiater, ich habe jetzt Amioxid für abends verschrieben bekommen. Habs aber noch nicht genommen, weil ich vor diesem Medikamtent auch wieder große Angst habe...
Kennt ihr das auch, dass ihr in der Depression so große Ängste vor allen Medikamenten habt??

Ich habe dann gestern Abend eine halbe Tavor genommen, damit meine Panik ein bißchen besser wird und das hat mir ganz gut geholfen.

Meine kleine Tochter hatte eine Schulübernachtung und meine große Tochter durfte dann bei mir schlafen, weil mein Mann Nachtdienst hat. So bin ich gleich um 20.30 ins Bett und hab mit ihr "Bravo" gelesen. Das war ganz gut zum Runterkommen... ich war abgelenkt und sie hat sich gefreut mit mir über ihre Lieblingsband "Tokio Hotel" zu lesen - so bin ich jetzt auf dem neuesten Stand, was meine Tochter grad für Schwärmereien hat...

Hab eigentlich viel geschlafen, fühle mich aber heute trotzdem wie durch den Fleischwolf gedreht. Kennt ihr das auch, das ihr in der Depression sooo mega viel träumt und überhaupt nicht erholt seid vom Schlaf??

Mein Arzt hat mir noch Blut abgenommen, weil ich mich wieder so arg krank fühle, aber wahrscheinlich ist eh wieder alles in Ordnung!! Schon komisch was da im Körper passiert...

euch nochmal Danke und viele Grüße
emriye
Emriye2
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Re: Selbstdisziplin

Beitrag von Emriye2 »

Lieber Andreas,

"Sag, darfst Du Deiner Familie (und dem Hund ) gegenüber ruhig "out of order" sein?
Tja, mit Sprecherin der anderen Eltern ist im Moment wohl nicht viel. Ob Deine Vertreter das mal regeln können? Klagst Du Dich - wie wir alle, die wir immer funktionieren wollen - auch dafür an?"

ja ich darf meiner Familie gegenüber "out of order" sein. Meinen Kindern hab ich auch schon erklärt, dass meine Krankheit, die ich vor 2 Jahren hatte wieder da ist und sie wissen auch was eine Depression ist.

Sie sind eigentlich sehr selbstständig und nicht so mega fordernd. Wetterbedingt spielen sie zwar sehr viel mit ihren Freunden hier bei uns, aber da sie mich als Animateurin nicht brauchen, stört mich das auch nicht. Sie backen grad viel Brötchen, ganz selbstständig, was ihnen auch sehr wichtig ist, verkaufen diese dann draußen im Hof und bringen sie mit in die Schule für ihre Mitschüler. Dann studieren sie total süß Akrobatiknummern ein, mit Moderation und allem Piepapo - wo ich dann auch nicht mehr machen muß, als mir die einstudierte Vorführung anzuschauen.

Ich finds toll was die so auf die Beine stellen und hoffe sie leiden nicht durch mich.

Ihre größte Sorge war ja gleich, als ich ihnen erklärt habe, dass meine Depression wieder gekommen ist, ich müßte wieder in die Klinik!!! Hhhmm, das will ich ihnen auf alle Fälle ersparen!!!

Mein Mann unterstützt mich auch sehr gut und vermittelt mir auf garkeine Fälle Unmut, wenn ich erst abends mein Zeug geregelt bekomme... er nimmt mir auch einiges ab.

Weißt das ist ja das Skurile und Schreckliche, ich habe eine so nette Familie und ich werd trotzdem depressiv!! Ist doch schrecklich!!! Andere haben ganz andere Probleme....shit!!

Mein Elternbeiratsamt hab ich gestern nun abgeben, weil ich einfach nicht in der Lage bin, dieses Amt auch zufriedenstellend auszuführen...

Ich danke dir für deine Gedanken
emriye
DYS-
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Kontaktdaten:

Re: Selbstdisziplin

Beitrag von DYS- »




Liebe Grüße
Dys
°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°^°

Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen,

sollten wir heilfroh darüber sein,

dass nicht alle auf unserer Seite stehen.
Emriye2
Beiträge: 814
Registriert: 12. Sep 2005, 08:45

Re: Selbstdisziplin

Beitrag von Emriye2 »

Liebe Dys,
Danke dir!! Danke dir auch für deine liebe Mail!!
Ich hoffe Anton gehts den Umständen entsprechend gut und hoffe er schont sich selbst, damit sein Beinchen schnell wieder ok wird...

Dir alles Liebe
emriye
Emriye2
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Re: Selbstdisziplin

Beitrag von Emriye2 »

Hallo zusammen,
jetzt muß ich euch nochmal in Anspruch nehmen, bin grad etwas verärgert über einen Anruf...

Bin etwas in Kontakt gekommen mit einer Frau deren 3 Jährige Zwillinge meine Töchter manchmal hüten. Sie wollte mich fragen ob ich heute Nachmittag ihre Kinder nehmen kann, ich erklärte ihr, dass es mir z. Zt. nicht so gut geht und mir das heute zuviel ist. Sie fragte mich dann so aus und ich sagte dann nur, das ich alles mögliche versuche damit es mir besser geht.

Sie meinte dann nur, naja, man muß es halt auch wollen... das ärgert mich jetzt ein wenig und es tut mir auch weh!!! Denn ich will diesen Zustand nicht!!!

Naja, ich mußte das jetzt jemanden erzählen...sorry
Liebe Grüße
emriye
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