Angst, Stress, Coming out... verschoben - Depression? Hilfe?

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hobbes
Beiträge: 6
Registriert: 17. Aug 2005, 01:39

Angst, Stress, Coming out... verschoben - Depression? Hilfe?

Beitrag von hobbes »

Hallo, ihr Lieben,

ich hatte schon mal hier geschrieben. Ich bin Gabriel, 23 aus Kiel, Student.
Mein erstes Posting hier beinhaltete (ganz kurz und knapp), dass ich ungeoutet schwul bin (bzw. glaube, es zu sein), damit nicht klar komme und vermute, dass meine permanente Unzufriedenheit, Antriebslosigkeit und Freudlosigkeit Zeichen für eine Depression oder zumindest depressive Verstimmung sein könnte.
Wen es interessiert, der kann ja mal unter meinem Namen im Forum nach Beiträgen suchen.

Der Grund warum ich jetzt wieder schreibe:
Es hat sich leider nichts geändert. Ich hatte die letzten Wochen/Monate ziemlich viel Stress (uni-technisch) und hatte daher einfach keine Zeit, mich mit mir selbst zu beschäftigen. Ich habe zwar eine Internet-Beratungs-Stelle für schwule Männer aufgesucht. Das hat mich auch durchaus erbaut und motiviert, mich zu outen und ein neues Leben zu beginnen.
Aber als die Beratung "abgeschlossen" war, mit dem Ergebnis, dass ich versprochen hatte, mein outing baldmöglichst anzugehen, überwiegten doch die Zweifel und die Angst.

Jetzt geht der Stress weiter und obwohl er sogar größer geworden ist, ist er nicht mehr groß genug, mich von meinen Problemen abzulenken. Ich bin sozusagen am Ende, so platt das klingt - ich kann nicht mehr. Ich habe zu tun und ich werde meine Aufgaben auch erledigen - mehr oder weniger zuverlässig. So wird es weitergehen, bis ich wirklich am Ende bin. Und dann?

Ich habe Angst. Ich habe Angst, mich zu outen und mindestens so viel Angst, zu jemandem zu gehen, der sich mit so etwas auskennt. Aber das schlimmste ist, dass ich durch die Verquickung von diesen (beiden) Problemen einfach keine Möglichkeit sehe, mich meinen Freunden anzuvertrauen, die ich ja durchaus habe.
Es ist ein Teufelskreis: Zum Arzt kann ich nicht gehen, weil ich mich nicht traue und einen Freund dazu um Hilfe bitten kann ich nicht, weil ich ihm die Gründe nicht sagen kann. Versteht ihr, was ich meine? Wenn ich nur einfach verschwinden könnte!

Was ich mir davon erwarte, hier zu schreiben? Ich weiß es selbst nicht genau. Ich habe mittlerweile gelernt, dass man seine Probleme nicht online lösen kann. In erster Linie ist es schon einmal befriedigend, sich überhaupt irgendjemandem mitzuteilen. Aber trotzdem ist es nur ein Hinauszögern. Ich bräuchte jemanden, mit dem ich "echt" reden kann und der mich wenn nötig an den Haaren zu jemandem schleift, der mir helfen kann. Ich kann nicht mehr warten, bis sich etwas ergibt aber ebenso wenig kann ich die Initiative ergreifen. ICH KANN ES EINFACH NICHT!

Ich habe über die Jahre ein solch großes schauspielerisches Talent entwickelt, dass es niemandem mehr auffallen würde, wenn ich subtil nach Hilfe schreie. Hat man so etwas schon mal erlebt? Ein Talent, das einem zum Verhängnis wird? Vielleicht wird mich ein Missgeschick ja irgendwann retten.

Wenn ich nicht meine Familie und meine Freunde (und meine Träume) hätte, die natürlich nichts wissen, vermutlich nicht einmal etwas ahnen, dann wäre vermutlich schon alles vorbei - so oder so.

Tja, so viel bis hierher.
Und wieder freue ich mich auf eine Antwort.
Und wieder werde ich eine bekommen.
Und wieder werde ich mich freuen.
Und wieder werde ich mich bedanken.
Und wieder werde ich mich dadurch weitere Wochen durch mein Leben hangeln.
Und wieder werde ich irgendwann am Ausgangspunkt zurückkommen - wie oft noch?

... and the nightmare rides on...

Viele Grüße an alle
.
.
.
BeAk

Re: Angst, Stress, Coming out... verschoben - Depression? Hilfe?

Beitrag von BeAk »

Lieber Gabriel,

was genau hält Dich davon ab einen Arzt aufzusuchen?
Acedia
Beiträge: 400
Registriert: 12. Jun 2003, 10:47

Re: Angst, Stress, Coming out... verschoben - Depression? Hilfe?

Beitrag von Acedia »

Hallo Gabriel,

auch eine Online-Beratung bzw. das Schreiben hier im Forum können eine Hilfe sein. Und du schreibst ja selbst, dass es dir bisher immer bis zum nächsten Tief geholfen hat. Dieses Hangeln von Tag zu Tag bleibt auch nicht das Gleiche, auch wenn dir das so vorkommt und sich scheinbar endlos fortsetzt. Eine Entscheidung braucht Zeit zum Reifen und jeder Tag trägt letztendlich dazu bei, dass du dir immer klarer wirst, was du willst.

Ich kann dich gut verstehen, dass du dich nicht alleine zu einem Arzt traust. Da wäre es schon hilfreich, wenn jemand an deiner Seite wäre und dich begleitet. Vielleicht gelingt es dir ja doch noch, einen Menschen nach und nach dir vertraut zu machen. Das scheint mir im Bereich des Möglichen zu liegen.

Das mit dem Outing stelle ich mir sehr schwierig vor. Hast du dir denn schon mal die Frage gestellt, warum du dich outen willst? Muss das denn jetzt überhaupt sein? Es spielt doch für Freundschaften primär keine Rolle, sondern erst dann, wenn du eine intime Beziehung eingehen willst. Und ich meine, du spürst doch bestimmt, ob ein Mann genauso "tickt" wie du und dann ist es doch kein Problem, oder wie siehst du das?

Es kommt mir ein wenig so vor, als setzt du dich mit dem Outen müssen selber unter Druck. Du bist erst 23 und dir noch nicht einmal ganz sicher, ob du hundertprozentig schwul bist. Probier dich doch noch aus und finde es für dich heraus. Bevor du dich anderen gegenüber outest, sollte dein eigener Standpunkt gesichert sein.

Die Maske, die du dir immer wieder aufsetzt, ist zu deinem Schutz und ich kann nichts Verwerfliches darin sehen. Es muss ja auch nicht so bleiben und wird es auch ganz bestimmt nicht.

Acedia
kessy4949
Beiträge: 228
Registriert: 16. Apr 2003, 23:08

Re: Angst, Stress, Coming out... verschoben - Depression? Hilfe?

Beitrag von kessy4949 »

Hallo Gabriel,
habe nicht ganz alles von Deinem Posting gelesen (da Infostau im Gehirn ) möchte mich aber auf Dein Coming-Out beziehen. Ich kannte 2 Schwule unabhängig voneinander. Der eine hatte einen Beruf in der Öffentlichkeit hat sich irgendwann geoutet und hat keine großen Probleme damit bekommen. Der andere hat sich irgendwann auch geoutet. Das Schlimmste was ihm passiert ist, das sich sein Kumpel - der leicht rechtsradikale Ansichten hatte - sich von ihm abwandte. Ich hab ihn mit dem anderen Schwulen bekannt gemacht und heute sind sie bestens miteinander befreundet - ich meine reine Freundschaft, nicht mehr. Fazit: Er hat also eher etwas durch sein Outing gewonnen anstatt verloren, weil auf solche "Freunde" die sich von einem abwenden, wenn man deren Vorstellungen kann man getrost verzichten. Ich hoffe ich habe Dir etwas Mut gemacht. Viele Grüße, Christin
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