Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

soraya8
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Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von soraya8 »

Hallo alle miteinander!

Habt Ihr Erfahrungen mit Depressionen gemacht, die unter anderem durch Euren Job in einem helfenden Beruf ausgelöst wurden? Ich denke da an Tätigkeiten in Bereichen wie Psychiatrie, Krankenhaus (z.B. Intensivstation, Palliativstation), Altenheim, Kinderheim, etc.
Im Allgemeinen sind es also Berufe, in denen man jeden Tag mit schlimmen Dingen und Schicksalsschlägen anderer konfrontiert wird.

Ich freue mich über jeden Beitrag und bin Euch für Eure Hilfe sehr dankbar!

LG, Soraya
Heckenrose
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von Heckenrose »

Hallo Soraya,

ja, diese Erfahrung habe ich gemacht. Ich habe "nur" ehrenamtlich in einem Klinikum gearbeitet. Patienten besucht, sie in den Park begleitet oder manchmal nur für sie eingekauft. 1 x pro Woche, 2 - 3 Stunden.
Irgendwann ging es mir damit sehr schlecht ... schwer Kranken hätte ich in depressiven Phasen gerne mein Leben geschenkt. Die hätte es gewollt und gerne gehabt. Dann wieder hatte ich den Eindruck, um meine Gesundheit beneidet zu werden. Und manches endlose Jammern...
Mich plagten sehr gemischte Gefühle. Hilflosigkeit, Schuld, Wut und Ungeduld. Es wurde klar, dass ich weder den Patienten noch mir damit etwas Gutes tat. Ich bin sehr froh, dann die Entscheidung getroffen zu haben, mich von diesem Ehrenamt zu trennen.

Liebe Grüße,
ele
Adolescent
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von Adolescent »

hallo soraya,

ja, ich bin auch teilweise auf den trip gekommen, dass, was ich mache zu hinterfragen und eher was soziales zu machen.

ich weiss aber auch, dass ich kein dickes fell habe. ich würde mir die probleme der anderen immer reinziehen, also - nix für mich.

ich plane irgendwann evtl. einen psychologischen coach zu machen. damit hilft man führungskräften, mit den belastungen im job klarzukommen.

aber erstmal muss ich das selber lernen;-)
erst dann kann man auch helfen.

lass es lieber.konzentrier dich erstmal darauf, dass DU lernst mit so einer situation umzugehen. es ist nicht die lösung jetzt anderen helfen wollen, wenn man sich denkt beim freund "versagt" zu haben.

lieben gruss, anja
soraya8
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von soraya8 »

Hi Anja,

ich habe diese Frage gestellt, weil ER in so einem Beruf tätig ist. Gestern wurde mir erst einmal bewusst, dass die Tätigkeit (und die Ausbildung) in Zusammenhang mit der Depri stehen wird.

Er hat schon sehr viel mitbekommen, was ich z.B. nie ertragen könnte (suizidale Menschen, mißbrauchte Kinder, etc.). Ich selber kann Privat- und Berufsleben nicht trennen und würde nie so einen Job anstreben; da würde ich selber nach einer gewissen Zeit drauf gehen. Ich glaube, er hat sich überschätzt und merkt nicht, dass ihn die Arbeit doch zu stark belastet...

Manchmal war er richtig wütend (auf die Täter) und fertig nach der Arbeit und konnte nicht fassen, was Menschen ihren Mitmenschen antuen können etc. Es gab da schon heftige Fälle.

Dass ihm die Arbeit nicht gut tut, hat er noch nicht bemerkt, denn es macht ihm meist Spaß und das Team ist nett. Doch unterbewusst wird es ihn sicher recht doll fertig gemacht haben. Ich denke, er hat die Verbindung noch nicht erkannt - ich selber habe es ja auch erst spät gemerkt. Das liegt daran, dass er vieles verdrängt und meint, super stark zu sein, was gewisse Dinge betrifft. Er gesteht sich "Schwächen" selber schlecht und kaum ein.

Die Ausbildung/Studium fordert ihn auch sehr, so dass er mir teilweise keine Unterstützung geben konnte; das fing schon im letzten Sommer an, sehr deutlich zu werden.

Ich glaube, dass der Streit mit der Familie das Fass zum ÜBerlaufen brachte und die Anforderungen/ÜBerforderungen in der Ausbildung und das Ertragen im Job weitere Gründe für seine Depri sind.

LG, Soraya
soraya8
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von soraya8 »

Hallo Ele,

ich danke Dir für Deine Antwort, welche mich in meiner Vermutung bestätigt (siehe Posting an Anja über diesem hier).

Meine Frage wäre, ob der Job der einzige Auslöser war oder einer von vielen.
Oder kannst Du das nicht so genau sagen?

Hörte die Depri nach der Aufgabe des Ehrenamtes auf?

LG, Soraya
Heckenrose
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von Heckenrose »

Hallo Soraya,

die Tätigkeit und der Umgang mit den jeweils verschiedenen Situationen war weniger ein Auslöser als eher ein Verstärker. Nach allem, was ich über meine Depressionen gelernt habe, gibt es nicht den einen Auslöser. Nachdem ich nicht mehr in die Klinik ging, hörten die Depressionen nicht auf. Aber mir ging es trotzdem besser, denn ich hatte eine klare Entscheidung gefällt und war nicht mehr so hin- und hergerissen zwischen helfen wollen und nicht können (oder vielleicht auch gar nicht wollen und es trotzdem tun, weil etwas in mir wollte, dass ich ein guter Mensch bin...). In meiner Therapie habe ich vor allem auch über die Wut gesprochen, die ich bei manchen Patienten empfand.

Du bist in einer nicht einfachen Situation. Natürlich möchtest Du den Grund für SEINE Depressionen wissen. Allerdings fürchte ich, dass das nicht so einfach ist. Depressionen haben so viele Gesichter und können so viele Auslöser haben. Könntest Du mit ihm über Deine Beobachtungen und Deine Gefühle nicht sprechen?

Lieben Gruß,
ele
soraya8
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von soraya8 »

Liebe Ele,

ich habe hier schon einen eigenen Thread, in dem die Geschichte steht: "Abnehmende Liebesgefühle bei DepressionI+II".

Ich habe mit ihm bereits im Sommer darüber gesprochen - und jetzt auch - nur habe ich nicht den Job als einen der Auslöser genannt. Da habe ich das noch nicht vermutet, weil 2 andere Gründe im Vodergrund stehen.

Er will es sich nicht eingestehen, dass er ein "Problem" hat... Er hat von mir Infos, Buchtipps, Artikel, www-Adressen etc. bekommen, erkennt sich aber in den Beschreibungen nicht wieder - dabei ist es aus meiner Sicht eindeutig. Ich würde mein Leben darauf verwetten...

Ist es immer so, dass es mehrere Gründe für eine Depri gibt? Sagen das Eure Psychologen etc.? Ich denke da auch an mehrere Gründe,aber an einen bestimmten "Auslöser", der das Fass zum Überlaufen brachte.

War das bei Dir ähnlich?

Ich danke Dir für Deine Hilfe! Ich bin sehr froh, hier Antworten zu erhalten!

LG, Soraya
Trulla
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von Trulla »

Hallo Soraya,
bin zwar neu hier, habe aber schon lange mitgelesen.
Ich arbeite seit langen Jahren im sozialen Bereich, allerdings nicht hautnah sondern nur in der Verwaltung. Bei mir ist es so, dass dann, wenn es mir schon nicht mehr sooo gut geht, dass dann die Arbeit das letzte I-Tüpfelchen ist.Also die Depression ist immer mehr oder weniger present, und eine familiäre Veranlagung habe ich auch. Wenn ich schlecht drauf bin, rege ich mich über die Zustände auf, kann nicht abschalten, träume davon. Wenn es dann noch weiter bergab geht, die Konzentration und das Gedächtnis streiken, wird es immer Zeit eine Aus-Zeit zu nehmen.
LG Trulla
soraya8
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von soraya8 »

Liebe Trulla,

willkommen hier!

Ich danke Dir für Deinen Beitrag, der meine Vermutungen bestätigt.
Inwieweit äußern sich Deine Depressionen? Ist es Dir also noch sehr gut möglich, im Job zu arbeiten? Nur manchmal - da brauchst Du eine Auszeit?
Es hört sich doof an, aber ich frage Dich mal einfach: woran merkst Du, dass es Zeit wird, Dir eine Auszeit zu gönnen? Es wäre mir sehr wichtig, das zu erfahren.

LG, Soraya
soraya8
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von soraya8 »

P.S.: Ich habe natürlich Deinen Beitrag gelesen und mitbekommen, dass Gedächtnisleistung und Konzentration nachlassen etc., aber vielleicht gibt es ja noch andere Anzeichen, die von den genannten abweichen - Du hast Dich ja hier auf den Job bezogen - ich meine auch Dein Privatleben....
Es gibt ja bei Dir andere Auslöser als "lediglich" den Job. Bei meinem Partner ist das auch der Fall.
Guitaranderl

Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von Guitaranderl »

Liebe Soraya,
ich sehe Deinen unermüdlichen Einsatz und wünsche Dir von Herzen Glück. Schon neulich hatte ich Dir ja signalisiert, dass männliche Depressionen etwas anderes sind als weibliche und sich oft ganz anders äußern. 1999 bin ich auf ein wunderbares Buch zu diesem Thema gestoßen "Wieso!? mir geht´s doch gut!?" - männliche Depressionen-warum sie so oft unerkannt bleiben. Autor: Terrence Real.
Vielleicht willst Du Dir das besorgen, um ein bißchen mehr Hintergründe zu erfassen.
Alles Gute
Andreas
soraya8
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von soraya8 »

Lieber Andreas!

Ich danke Dir für Deinen Tipp und werde schauen, dass ich das Buch erhalten kann.
Ich habe mir bereits "Wenn der Mensch, den du liebst, depressiv ist" (Wie man Angehörigen oder Freunden hilft) von Laura Epstein Rosen und Xavier F. Amador bestellt und hoffe, dass es mir helfen wird.

Ich kann ihn noch nicht aufgeben - denn ich liebe ihn ja immer noch. Ich weiß, dass er für sein Verhalten nichts kann und hoffe, dass die "Einsicht" irgendwann kommt. Und vielleicht wird dann ja wieder alles "gut".

Ich lasse ihn momentan in Ruhe und behellige ihn nicht mehr, damit er sich nicht unter Druck gesetzt fühlt. Ich hoffe, das "Warten" lohnt sich - ich informiere mich jedoch weiterhin...

Ich wünsche Dir einen schönen Abend!
LG nach HH;
Soraya
Heckenrose
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Registriert: 31. Mär 2003, 16:31

Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von Heckenrose »

Hallo Soraya,

es ist schon so, dass manchmal das berühmte Fass überläuft. Es ist aber nicht so, dass der letzte Tropfen dann auch die Ursache ist, sondern "nur" der Auslöser.
Bei mir gibt es nicht DEN Auslöser und auch die DIE Ursache.

Ich kann Deine Suche nach Antworten sehr gut verstehen. Trotzdem hoffe ich, dass Du Dich nicht in eine vermeindliche Überzeugung verrennst. Weißt Du, jeder hat ein ganz eigenes subjektives Empfinden. Was für Dich vielleicht lustig ist, ist für andere tragisch. Was Du als Herausforderung siehst, empfinden andere als langweilig ...Jedes Ding hat wirklich mehrere Seiten.

Lieben Gruß,
ele
soraya8
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von soraya8 »

Liebe Ele,

Du hast Recht: Ich suche nach möglchen Gründen, Auslösern etc. Ich möchte alles verstehen können, damit ich 1.)ihm helfen kann und 2.) damit selber besser umgehen kann.
Mir ist klar, dass die Vermutungen nicht zu 100% richtig sein müssen, dennoch bin ich mir sicher, dass auch die Arbeit ein Faktor sein KANN und es vermutlich auch sein wird - wenn auch eher als "letzter Tropfen", welcher als Auslöser das Fass zum Überlaufen brachte...

Das Informieren ist neben dem Warten das Einzige, was ich grade tun kann.

"Bei mir gibt es nicht DEN Auslöser und auch die DIE Ursache."

Demnach gibt es also mehrere Gründe? Und jeder ist anders gewichtet?


Liebe Grüße,
Soraya
Heckenrose
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Registriert: 31. Mär 2003, 16:31

Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von Heckenrose »

Guten morgen Soraya,

ja das ist richtig, bei mir gibt es verschiedene Ursachen und Auslöser. Und ja, ich denke das ist bei jedem anders gewichtet, auch wenn man manchmal den Eindruck hat es gibt 100%ige Parallelen.

Vergiß Dich nicht beim Warten und Informieren. Tu Dir etwas Gutes, lass das Thema zwischendurch auch mal für einen Moment ruhen.

Ich wünsche Dir einen schönen Tag,
ele
BeAk

Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von BeAk »

Liebe Soraya,

dem kann ich mich nur anschließen.

Wenn Du nicht willst, das Du bald genauso drinhängst in dieser Krankheit, befolge Eles Rat.
Guitaranderl

Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von Guitaranderl »

Liebe Soraya,

Ele und Bea haben ja beide klar auf eine gewisse Gefahr hingewiesen, dass Du Dich u.U. überfordern und verlieren könntest.
Zudem baust Du möglicherweise durch Deinen Einsatz eine innere Erwartungshaltung auf, die neben dem Druck auch eine herbe Enttäuschung nach sich ziehen könnte; nämlich dann, wenn er Dich nicht an sich heranlässt.

Ich vermute, Du kämpfst jetzt so verzweifelt, weil Du ihn um keinen Preis verlieren willst und weil nach Deiner Einschätzung kein anderer (Trennungs)Grund als "seine -von Dir vermutete- Depression vorliegen kann. Ist das so?
Hast Du Dich einmal gefragt, ob er diese Bemühungen überhaupt will?
Ich zeige Dir meinen -männlichen- Standpunkt auf, weil ich den Eindruck habe, dass Du Dich eventuell in etwas verbeißt und verrennst, was Dir -siehe Anfang- sehr schaden könnte.
Wusstest Du, dass es -in steinzeitlicher Terminologie gesprochen - für uns Männer überhaupt nicht untypisch ist, dass wir uns manchmal eine gewisse Zeit in unsere Höhle zurückziehen müssen/wollen. Das ist nicht grundsätzlich böse gemeint, sondern dient manchmal z.B. der Neuorientierung. In dieser Zeit macht es keinen Sinn, ständig am Eingang zu warten und zu klopfen. Im übrigen: Wenn die Höhle dann z.B. schlampig aussieht, bedeutet das nicht zwingend eine depressive Erkrankung, sondern kann z.B. der Ausdruck einer zu wenig gelebten Sehnsucht (z.B. nach Unordnung) sein.

Wie sagte noch der putzige Joda als Ober-Jedi in "Star Wars" Episode III: Loszulassen lernen musst Du, was Du befürchtest zu verlieren.....

Ganz herzliche Grüße und ´nen Sack voll Glück!
Andreas
Trulla
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von Trulla »

Hallo Soraya,
ich bin nicht jeden Tag zu Hause am PC, daher melde ich mich erst jetzt.

Wie ich merke, dass es bergab geht. Das Grundgefühl, also meine "Basis" schwankt von froh nach traurig. Ich neige dann auch dazu, dass ich mir zu viel zumute, weil ich meinen eigenen Grenzen nicht mehr so gut oder gar nicht wahrnehme. Dieser Hang zum etwas noch besser machen, noch mehr zu machen, ist glaube ich typisch für Depressive.
Ich bin von Kindheit an depressiv.
Wenn ich mal wieder nicht auf mein inneres Wohlbefinden geachtet habe, verliere ich auch meine innere Stärke und mein Selbstwertgefühl sinkt in den Keller. Desto mehr Stress macht die Arbeit, und wenn dann auch noch besonders viel, oder besonders schlimme Fälle dabei sind, dann ist es schon fast ganz aus. Dann schaffe ich es gerade noch aus dem Gebäude und im Bus rollen dann die Tränen. Und zu Hause lass ich mich schachmatt aufs Sofa fallen und will nichts mehr hören und sehen.
Ich versuch gerade, diesen Mechanismus mit einer Verhaltenstherapie aufzubreche oder zu stoppen.
Grundsätzlich ist es, glaube ich, so, dass man selbst gewisse Voraussetzungen erfüllen muß, um sich von der Arbeit runterziehen zu lassen.
Hoffentlich kannst Du mit meinem Geschreibsel was anfangen.
Gruß
Trulla
soraya8
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von soraya8 »

Lieber Andreas,

ich weiß, Ihr habt ja alle Recht! Ich bin eine kluge Frau und würde jeder anderen Person denselben Rat geben. Es fällt nur schwer, dass Thema weg zu schieben bzw. ihn weg zu schieben.

Mein Körper spielt einfach verrückt - er verkraftet den Stress nicht - die "Zurückweisung" bzw., dass er sich nicht melden kann (er sagt, er hat keine Kraft dazu). Ich habe das Gefühl, ihm "egal" zu sein (was ich nicht bin - aber er suggeriert es mir durch sein Verhalten)und das ist kaum zu ertragen.

Es fällt mir so schwer, mich mit der Trennung abzufinden. Ich liebe ihn ganz einfach immer noch und er fehlt mir so sehr! Hinzu kommt, dass nun alle Zukunftspläne (Heirat und Familie) futsch sind und ich unsere Wohnung verlassen musste. Und wer zieht gerne aus der gemeinsamen Wohnung aus?

Am schlimmsten ist es, nicht mehr mit ihm reden zu können etc.
Das fehlt mir so sehr - auch wenn ich genug mit anderen kommuniziere, so möchte ich dennoch so viel mit ihm bereden, wissen wie es ihm geht, was er macht, etc. Dass ihn das nicht interessiert, tut weh.

Ich hätte nie gedacht, dass es mal aus sein könnte. Ich weiß, man hat NIE eine Sicherheit für etwas, aber ich habe mich sicher gefühlt. Und diese Sicherheit war mir auch immer sehr wichtig. Er hat mir ewige Liebe geschworen...

Noch letzte Woche sagte er in einem Moment, dass er mich liebt und im nächsten nahm er es wieder zurück. Und das zum 2. Mal innerhalb der letzten 6 Wochen...
Ich hatte da das Gefühl, dass er es nicht zulassen kann und will, da er gerade keine Beziehung mehr führen will und vor allem kann.

"Ich vermute, Du kämpfst jetzt so verzweifelt, weil Du ihn um keinen Preis verlieren willst und weil nach Deiner Einschätzung kein anderer (Trennungs)Grund als "seine -von Dir vermutete- Depression vorliegen kann. Ist das so?"

Lieber Andreas, Du hast Recht: Natürlich ist das so... Er sagt ja immer wieder, dass es KEINEN Grund gibt. Und die Depri vermute ich schon seit Monaten, kann natürlich auch das Burn-Out-Syndrom sein oder einfach "nur" Stress...oder was auch immer.

"Hast Du Dich einmal gefragt, ob er diese Bemühungen überhaupt will?"

Vermutlich nicht, denn er hat ja schon so ein schlechtes Gewissen mir gegenüber... Vermutlich fühlt er sich unter Druck gesetzt, weil er weiß/erahnen kann, dass ich mich erkundige etc.
Ich höre nun auch auf, mich über Depris zu informieren. Ich habe ihn damit auch nicht mehr behelligt...

"Wusstest Du, dass es -in steinzeitlicher Terminologie gesprochen - für uns Männer überhaupt nicht untypisch ist, dass wir uns manchmal eine gewisse Zeit in unsere Höhle zurückziehen müssen/wollen. Das ist nicht grundsätzlich böse gemeint, sondern dient manchmal z.B. der Neuorientierung. In dieser Zeit macht es keinen Sinn, ständig am Eingang zu warten und zu klopfen."

Ja, ich habe mir schon so viele Gedanken über mögliche Motive gemacht und dachte, dass er sein Leben evtl. "endlich" mal alleine ohne meine Hilfe führen will, dass er sich möglicherweise selbst was "beweisen" will (er kam sich oft klein vor, weil ich ihm helfen "musste", was ich immer gerne tat). Auch kann er gerade sich nicht auf mich konzentrieren, weil er selber genug zu tun hat...
Er hat aber immer gesagt, dass dies nicht der Fall sei, dass es also keine Gründe für ihn seien. Evtl. ist es ja unterbewusst...

"Im übrigen: Wenn die Höhle dann z.B. schlampig aussieht, bedeutet das nicht zwingend eine depressive Erkrankung, sondern kann z.B. der Ausdruck einer zu wenig gelebten Sehnsucht (z.B. nach Unordnung) sein."

Ja, es kann natürlich sein, dass er nun seine "Schlampigkeit" genießen kann - ohne mich. Mit mir ging das ja nicht so...


"Wie sagte noch der putzige Joda als Ober-Jedi in "Star Wars" Episode III: Loszulassen lernen musst Du, was Du befürchtest zu verlieren....."

Das ist leider leichter gesagt, als getan... Im tiefsten Inneren habe ich immer noch Hoffnungen, wenn ich ehrlich bin. Mein Gefühl sagt mir einfach, dass es das noch nicht war. Aber Gefühle können sich täuschen

LG zurück und einen herzlichen Dank für Deinen lieben Beitrag!
Soraya
soraya8
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von soraya8 »

Liebe Ele,

ich versuche schon, etwas für mich zu tun; ich mache nun Sport und nehme etwas ab - wofür ich sonst immer zu faul gewesen war.
Auch habe ich genug Kontakt mit Freunden - aber das hilft ja auch nur bedingt. Ich versuche auch, gewisse Vorlieben (z.B. TV-Serien schauen) aufrecht zu erhalten, aber meist habe ich dann doch wieder im www recherchiert.

Es geht mir also dennoch die meiste Zeit nicht soo prickelnd, wenn auch besser als zu Beginn.

Da muss ich nun wohl durch-

LG; Soraya
soraya8
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von soraya8 »

Liebe Trulla,

danke für Deinen Beitrag! Ich glaube, ich muss mich gerade etwas von dem Thema distanzieren - es bringt mir grade nichts - denn die Infos kann ich ihm ja nicht geben.

LG; Soraya
Guitaranderl

Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von Guitaranderl »

Liebe Soraya,
ich kann Deine Trauer und Verzweiflung deutlich nachfühlen und ich ahne, was Du gerade für einen "Ritt" machst.
Ist Dir bewusst, dass Du in Deinem letzten Posting ganz viel über Eure Beziehung deutlich machst und Dir imgrunde selbst die Antworten gibst, die Du bei ihm vergebens suchst? Verstehst Du, was ich meine?

Ich weiß, es tut sehr weh, das auch wahrhaben zu wollen und vielleicht kannst Du das auch noch nicht. Es braucht einfach Zeit ... und wohl auch Abstand.

Ich wünsche Dir von Herzen die Kraft, die Du jetzt brauchst.
Alle Liebe
Andreas
soraya8
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von soraya8 »

Lieber Andreas,

ich habe mir über mögliche Gründe schon so viele Gedanken gemacht, aber er hat alle verneint. Es sind ja im Grunde nur Mutmaßungen - eine Antwort kann nur er mir geben - wer weiß, wann...

Ich bin ein viel zu nachdenklicher Mensch, der immer nach Antworten sucht. Zu Beginn hat es mich richtig krank gemacht, keinen Grund zu kennen bzw. zu erfahren. Die Vermutung mit der Depri etc. ist ja nur ein "Konstrukt" - Bestätigung bekomme ich keine.
Die Gründe oben im Posting sind alles nur MÖGLICHE Gründe, bloße Vermutungen. Aber wahrscheinlich stimmt alles ein "wenig".

soraya
Guitaranderl

Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von Guitaranderl »

Soraya,
vielleicht bist Du zu nah am Geschehen, um das Bild entziffern zu können...

Schau mal dieser eine Satz von Dir:

>(er kam sich oft klein vor, weil ich ihm helfen "musste", was ich immer gerne tat).

Du beschreibst keine Annahme, sondern eine Tatsache. Was wäre - nur mal angenommen- wenn er sich nicht mehr "klein" erleben möchte? Was wäre, wenn er beschlossen hat, sich Möglichkeiten zum Wachstum zu suchen?
Was wäre, wenn er das jetzt nicht einmal in Worte fassen kann, weil es noch Zeit braucht und weil es ihn genauso schmerzt wie Dich, dass er Dich verletzen musste?

Hätte er dann keine Zuneigung mehr verdient, nur weil er sich vielleicht sucht... und - ganz wichtig- ALLEIN finden möchte? Kann das nicht sein?

Ist es nicht so, dass viele Frauen -wenn die Kinder groß sind - ihren Lebenssinn verlieren und sie dann - ihre völlig verwirrten Männer verlassen - um sich selbst zu finden?

Ich glaube, es ist kein Zufall, dass Du Dich auf Anhieb zu gut mit Anja verstanden hast. Nach meinem Eindruck ähneln sich Eurer Geschichten. Die Männer gehen (unerwartet) und beide Frauen empfinden natürlich Trauer und Verzweiflung... aber auch etwas anderes...

Ganz herzliche Grüße
Andreas
soraya8
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Re: Depression durch "helfenden"/sozialen Beruf?

Beitrag von soraya8 »

Hi Andreas,

es ist nicht so, dass ich es "genieße", dass er meine Hilfe benötigt und das ich das "brauche" (wobei ich ihm natürlich immer gerne geholfen habe - so, wie er mir geholfen hat).

Und ich kann sehr gut verstehen, dass er es nun vielleicht "alleine" schaffen möchte. Ich habe ihn ja gefragt, ob es daran liegen könnte, dass er mal "stark" sein möchte und dass er die nun kommende Herausforderung, welche in Kürze auf ihn zukommt, alleine bewältigen möchte.

Nicht, dass Du denkst, ich würde am Helfersyndrom leiden oder wäre davon abhängig, "Hilfe" zu leisten.

Ich war ja auch diejenige, die ihn in seiner Unabhängigkeit unterstützt hat.

Wenn er nun alleine seine Probleme lösen möchte, habe ich damit kein Problem - ich habe ihm auch angeboten, mich künftig "heraus zu halten", wenn er das möchte. Ich liebe ihn nach wie vor und hätte und habe damit kein Problem... Das macht ihn für mich nicht weniger liebenswert. Aber er liebt mich ja scheinbar nicht mehr.

Das Problem ist nur, dass er ja nicht sieht, was sein Problem ist. Wenn es das wäre, so müsste eine Beziehung ja nicht gleich für immer beendet werden. Man kann ja auch in der Beziehung unabhängig sein... Oder nicht?

LG, Soraya
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