Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

feuerfisch
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Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von feuerfisch »

Hai Allerseits

Ich erzähl einfach mal was geschah:

Letztes Jahr war ich für 9 Wochen in einer psychosomatischen Klinik und habe mich da erst einmal etwas erholt und dann auch viel an mir gearbeitet. Der Kontakt zu meiner Mutter ist ein sehr seltener, eigentlich melde ich mich nur so alle ½ bis 2 Jahre bei ihr. Ich weiß schon lange dass der Kontakt mir nicht gut tut, jedoch empfinde ich es als meine Pflicht mich hin und wieder bei ihr zu melden und habe auch Mitleid mit ihr, darum breche ich auch immer wieder mit dem festen Vorsatz keinen Kontakt mehr zu ihr aufzunehmen.

Naja, wie gesagt, die Klinik tat mir gut und ich hatte auch positive Veränderungen bei mir bemerkt. Doch dann, ausgerechnet am letzten Wochenende, besuchte sie mich. Sie ist eine alte Frau, damals schon über 80 J., also versuchte ich möglichst viel Rücksicht auf sie zu nehmen und unternahm mit ihr Sachen von denen ich dachte es mache ihr Freude. Doch nichts, absolut gar nichts, war ihr recht, sie meckerte den ganzen Tag nur rum und ich hatte einiges an Vorwürfen mir anzuhören. Schließlich fiel mir einfach nix mehr ein was ich noch mit ihr machen konnte, also nahm ich sie mit in die Klinik und zeigte ihr dort alles. Am Schluss landeten wir dann auf meinem Zimmer, wo ich ihr dann (obwohl ich schon zuvor wusste das es ein Fehler sein würde) meine „Werke“ zeigte, die ich dort gefertigt hatte. Sie nahm eine der Steinfiguren und eh ich´s mir versah oder auch nur reagieren konnte, kratschte sie einmal quer über die Figur mit ihrem Ring – ein tiefer Kratzer war drin. Dazu der Spruch:“ Na, macht ja nix, die war ja nur selbstgemacht“ Ich beschwöre es, das war kein Versehen von ihr, das war reine Absicht.

Dazu ist zu sagen das ich mich über meine Dinge die ich herstelle definiere – nimm sie mir weg und ich bin nichts. (blöde Einstellung, ich weiß, aber so ist es nun mal)

Fazit des gesamten Tages: es ging mir sehr schlecht und ich hatte den Eindruck alles Gute aus dieser Kur verloren zu haben. Es hat Monate gedauert um wenigstens einiges davon wieder aufzubauen.

Und noch etwas – ich war sauer auf mich, sehr sauer, als ich erkannte, das ich meiner Mutter heute noch, mit 42 Jahren!, so viel Macht über mich einräume.

Wie kommt das und wichtiger noch – wie stelle ich das ab?

Danke fürs Lesen

feuerfisch
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petzi

 

Beitrag von petzi »

petzi

 

Beitrag von petzi »

sonnenstrahlen
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Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von sonnenstrahlen »

Hallo Feuerfisch,


ich habe ein ziemlich ähnliches Problem mit meinem Vater. Meine Mutter ist vor 9 Jahren gestorben, und damit ist auch die ganze Familie zerbrochen, war mir beim Tod meiner Mutter sofort klar geworden ist. Ein halbes Jahr nach ihrem Tod bin ich mit meinem damaligen Freund mit meinem Vater ein paar Tage an die Mosel gefahren, um ihn ein wenig abzulenken, und ihm auch irgendwie zu zeigen, das ich gar nicht so schlecht bin wie er mich immer darstellte.

Das einzige was er wollte, war NACH HAUSE, zu alledem kam dann noch dazu, daß ich kurz vorher eine Fehlgeburt hatte, und er mir dann sagte: " Ich bin ganz froh, daß es so gekommen ist, bei dieser Scheiß-Welt heutzutage. Wie kann man da Kinder in die Welt setzen.
sonnenstrahlen
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Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von sonnenstrahlen »

Hallo Feuerfisch,


ich habe ein ziemlich ähnliches Problem mit meinem Vater. Meine Mutter ist vor 9 Jahren gestorben, und damit ist auch die ganze Familie zerbrochen, war mir beim Tod meiner Mutter sofort klar geworden ist. Ein halbes Jahr nach ihrem Tod bin ich mit meinem damaligen Freund mit meinem Vater ein paar Tage an die Mosel gefahren, um ihn ein wenig abzulenken, und ihm auch irgendwie zu zeigen, das ich gar nicht so schlecht bin wie er mich immer darstellte.

Das einzige was er wollte, war NACH HAUSE, zu alledem kam dann noch dazu, daß ich kurz vorher eine Fehlgeburt hatte, und er mir dann sagte: " Ich bin ganz froh, daß es so gekommen ist, bei dieser Scheiß-Welt heutzutage. Wie kann man da Kinder in die Welt setzen.
feuerfisch
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Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von feuerfisch »

Hai Petzi

lustig, dein Nick war früher mein Spitzname

Ich frage mich wirklich wie tief diese "Prägung" ist die wir erfahren haben. Meine Mutter hat mich gehaßt und trotzdem kann ich höchstens sagen das ich sie nicht mag. Hinterher laufen tu ich ihr schon lange nicht mehr, doch irgendwie schafft sie es einfach immer wieder diese tiefe Abneigung, die ich gegen mich selber spüre, und diese feste Überzeugung nichts wert zu sein, wieder aufleben zu lassen - und das mit oftmals nur Kleinigkeiten.

Ich liebe sie nicht und sie mich nicht, doch das was sie mit mir macht würde ich keinem anderem Menschen erlauben. Irgendwie müßte man da doch endlich einmal raus kommen?

Übrigens - je älter und senile meine Mutter wird, umso "harmloser" wird sie....woher das wohl kommt?

Danke für deine Antwort

feuerfisch
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feuerfisch
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Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von feuerfisch »

Hai Sonnenstrahlen

*dich mal drück*

Es ist erstaunlich wie gefühllos unsere Eltern doch sein können - und dabei verlangen sie zugleich das wir auf jede Regung ihrerseits reagieren, mit wesentlich mehr Empathie....

*ohne Worte*

feuerfisch
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Irielle
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Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von Irielle »

Hallo Feuerfisch,
auch mich hat dein Beitrag betroffen gemacht, es tut mir sehr leid für Dich, daß Dir sowas widerfahren ist.
Ich kenne es aus eigener Erfahrung, es ist schon seltsam, welche Macht andere auch nach Jahrzehnten -wider besseren Verständnis- noch auf einen ausüben können/dürfen
Ich hatte auch so ein "Mutterthema".
Auch wir hatten jahrelange Funkstillen dazwischen, weil es mir besser damit ging.
Belastet hat es mich dennoch immer.
Meine damalige Meditationslehrerin gab mir damals den Rat, Vergebung zu meditieren (Ich vergebe Dir), das habe ich gemacht, und es muss gewirkt haben, zum einen wurde es in mir selbst leichter, und zum anderen, als ich ihr Jahre später zum Tod ihres zweiten Mannes kondolierte, begann unser Kontakt wieder aufzuleben. Wir konnten über vieles sprechen, und ich grolle ihr nicht mehr. Und sie kontrolliert, beschämt mich nicht mehr.
Sie hat die Macht über mich verloren.
Leider gibts da in meinem Leben den einen oder anderen Menschen, der noch Macht hat, wäre ja auch langweilig, ohne *zynismusoff*.
Ich hab das jetzt einfach nur berichtet, um zu erzählen, wie es mir mit dem Mutterthema ergeht. Nicht, daß jetzt wer denkt, ich hätte eine Allheillösung oder so...
LG Irielle.
sonnenstrahlen
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Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von sonnenstrahlen »

Hallo Feuerfisch,

ja es ist schon erstaunlich, was man alles aushalten kann, nur um seinen Eltern gerecht zu werden.


Haben unsere Eltern uns nicht ein eigenes Leben geschenkt?
GH
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Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von GH »

Liebe Feuerfisch!

wahrscheinlich ist deine Mutter nicht unwesentlich an deine psychischen Probleme beteiligt. Versuch's mal mit einer tiefenpsychologisch fundierte Gesprächstherapie. Da kommt es wahrscheinlich raus, was zwischen dir und deiner Mutter früher abgelaufen ist. Ich kann dir auch Bücher über das Theme "Inneres Kind" empfehlen. Gibt hier im Forum auch einige Threads darüber. Ich kann dir auch aus eigener Erfahrung sagen, dass diese Macht auch nicht aufhört, wenn die Mutter tot ist. Im Gegenteil, dann sind die Schuldgefühle z.T. noch schlimmer. Ich habe vor kurzem einen Brief an meine Tante geschrieben, in dem ich meine Mutter sozusagen "anklagte". (Meine Mutter hätte ich das nie alles persönlich sagen können). Nachher ging es mir so viel besser. Ich habe sozusagen die Katze aus dem Sack gelassen und ein Tabu gebrochen. Man kann auch so einen Brief schreiben und nie abschicken. Hilft auch. Mutter-Tochter-Beziehungen scheinen allgemein sehr oft problematisch zu sein. Ich kenne kaum jemand unter meiner Freundinnen, die ein liebevolle unbekümmerte Beziehung zu ihrer Mutter hat. Wenn das irgendwie ein Trost ist.
Grüße
Gisela
feuerfisch
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Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von feuerfisch »

Hai Irielle

Naja, mit ca 35 Jahren habe ich erfahren warum meine Mutter mich hasst, dadurch habe ich wenigstens eine Entschuldigung für sie gefunden - und eine Erklärung für mich. Jedoch kann ich ihr nicht vergeben und ich glaube auch nicht das ich das tun sollte. Ich war nicht schuld, ich war ein wehrloses Kind. Ich glaube für mich (und nur für mich, das soll nicht auf andere gelten) wäre es besser, wenn ich endlich wütend auf sie sein könnte.
Das was ich ihr vorwerfe ist das sie mich überhaupt zur Welt brachte, bzw mich nicht gleich nach der Geburt weggab. Ich war eine Art Stellvertreterobjekt für ihren Haß und das war absehbar.

Vergebung bedeutet für viele Menschen sicherlich eine Befreiung, von daher finde ich deie Einstellung gut und richtig und ich finde es auch schön wenn ihr euch wieder versteht und euch aussprechen konntet, doch das ist bei mir leider nicht möglich.

Aber ich danke dir das du aufzeigst das es doch noch Lichtblicke geben kann, das ist sehr schön!

feuerfisch
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feuerfisch
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Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von feuerfisch »

@ Sonnenstrahlen

Ein eigenes Leben...doch, das sollte so sein. Und eigentlich leben wir doch auch ein eigenes Leben - und wieder doch nicht. Ich bin echt sauer auf mich das ich mich immer noch so sehr beeinflussen lasse. Irgendwie scheint es mit dem "Abnabelungsprozess" wohl doch nicht so geklappt zu haben...

Liebe Grüße

feuerfisch
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GH
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Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von GH »

Hallo Feuerfisch,
ich nochmal.

Ich glaube auch nicht, dass Vergebung der richtige Weg ist. Denn wenn man trotzdem nicht vergeben kann, hat man noch mehr Schuldgefühle. Man muss die eigentliche Gefühle erkennen und ausleben. Es ist sicherlich schwer einer über 80-jährigen zu sagen, dass man sie haßt oder zumindest nicht liebt. Aber ein Ventil muss man trotzdem finden, Deswegen finde ich die Ideemit dem Brief so gut. Man kann auch ein fiktives "Gespräch" führen. Auf jeden Fall sollte man seine Gefühle nicht unterdrücken.
Dieses Vergeben-Quatsch bringt nichts.
Grüße nochmal von Gisela
feuerfisch
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Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von feuerfisch »

Hai Gisela

Ich bin gerade bei einer tiefenpsychologischen Therapie - aber leider auch falsch da, denn ich weiß eigntlich schon was da schief gelaufen ist. Darum versucht der Psychologe auch nicht nur diese Art mit mir.
Geredet habe ich inzwischen auch mit Leuten von früher, hauptsächlich mit meinen Brüdern (mit meiner Mutter geht das leider nicht). Bei der Beerdigung eines meiner Brüder hatte ich dann auch die erschreckende Erkenntnis das sehr viele Leute über meine Situation Bescheid wußten - aber keiner tat etwas dagegen. Es war sehr erschütternd für mich, als bei dieser Beerdigung zum Teil mir inzwischen unbekannte Leute auf mich zukamen und mir nicht nur kondolierten, sondern sich obendrein auch noch entschuldigten das sie nie etwas getan hatten....rund zwanzig Jahre nachdem ich ausgezogen war.

Ach, verdammt, ich weiß einfach nicht wie ich damit umgehen soll.....

Dennoch danke für deine Mühe

feuerfisch


Gerade entdeckt das du nochmal geschrieben hast:
einen Brief zu schreiben hatte ich mir auch schon mal überlegt, doch das kann ich nicht. Meine Mutter wurde im Verlauf meiner Kindheit immer kränker (Schizoprenie wohl) und ist verstandesmässig schon lange nicht mehr zu erreichen, sie lebt wohl seit vielen, vielen Jahren in ihrer eigenen Welt. Wie kann man jemand Vorwürfe machen der nicht mehr zu erreichen ist? Sie erinnerte sich ja schon damals gar nicht mehr an die realen Ereignisse. Laut meiner Brüder war sie allerdings als ich noch klein war recht gut beieinander, doch diese Zeit ist etwa in meiner Grundschulzeit zuende gegangen.

*hilflos guck*

Zudem: es entspräche nicht meiner Art etwas "nur zum Schein" zu tun, ich wüßte immer das es nicht echt ist. Ich müßte sie damit es mir hilft direkt damit konfontieren. Das ist ein zweiter Grund weshalb ich das nicht kann. Wäre sie gesund ginge es wahrscheinlich.

Liebe Grüße nochmals

feuerfisch
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oktober

Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von oktober »

Liebe Feuerfisch,

es ist ein verflixt schwieriges Thema .
Ich hab in deinem Thread "Einmal wieder..." einiges über dich gelesen und mich in vielen Äußerungen von dir wiedergefunden.
Was mich vor allem "angesprochen" hat, war der Hass, den du dir selbst gegenüber empfindet. Obwohl man sich immerzu einredet, dass das Unsinn und man doch unglaublich liebenswert ist, ist die Ablehnung sich selbst gegenüber ganz tief verwurzelt.
Es ist schlimm, dass man das weiterführt (und manchmal noch viel konsquenter und gnadenloser), was einem als abhängiges Wesen widerfahren ist.

Liebe Feuerfisch - gerade fehlt mir die Energie, mich auf dein Thema so richtig einzulassen. Wenn du magst, schicke ich dir zu einem späteren Zeitpunkt mal eine mail dazu. Mir geht es ähnlich wie dir und ich hab mich ewig lange mit diesem Thema beschäftigt.

Schicke dir ganz liebe Grüße,

Petra

P.S.: Nur ganz kurz: Ich finde Giselas Tipps prima. Auch die Beschäftigung mit dem "Inneres Kind" ist lohnend - und vielleicht ein Weg, dass du selbst für dich die Rolle der "liebenden Erwachsenen" entwickeln kannst.
feuerfisch
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Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von feuerfisch »

Hai Petra

tut mir leid das es dir gerade nicht so gut geht darum finde ich es bemerkenswert das du dich doch zum Schreiben aufgerafft hast!

Ich finde die Tipps von Gisela auch gut, nur hatte ich ja auch geschrieben das ich sie so nicht verwirklichen kann. Aber andere können das vielleicht. Ich hab den Thread hier nicht nur für mich eröffnet, sondern weil ich den Eindruck habe das es auch einige andere gibt für die das eine Sache ist die sie belastet. In einer allgemeinen Diskussion ist es oft möglich für sich selbst den einen oder anderen Punkt heraus zu ziehen, so halte ich das zumindest in diesem Forum. Viele Meinugen ergeben viele Perspektiven - ein Vorteil hier im Internet der nicht zu unterschätzen ist.

Und was du in Bezug auf "viel konsequenter und gnadenloser" schreibst kann ich leider nur bestätigen....

Alles Liebe und *Päckchen Kraft mit rüberschick*

feuerfisch
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Leni2
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Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von Leni2 »

Hallo!

Ja, auch mein Thema! Immerhin bin ich seit einiger Zeit richtig wütend auf meine Mutter, aber weil sie immer so lieb und verständnisvoll ist, kann ich davon nichts rüberbringen. Für mich ist es eine weitere Manipulation, sie entschuldigt alles, so dass ich doch wieder mit meinen Schuldgefühlen da sitze, wenn ich mal kritisch ihr gegenüber bin. Sie läßt keine emotionale Abgrenzng zu.
Ich spiele aber schon lange mit dem Gedanken an einen Brief. Aber bisher hab ich immer gedacht, ich dürfte ihr die Wahrheit nicht antun, weil sie auch krank ist und es schwer gehabt hat. Aber damit übernehme ich auch wieder die Verantwortung für sie.
Es ist für mich so ein Lügengebäude und mittlerweile so scheinheilig. Immer wenn sie sagt, dass sie ja so eine gute Beziehung zu ihren Kindern hat, denke ich, wenn du wüßtest. Aber diese Mischung aus Opferhaltung und Übermutter wirkt bei mir immer noch, so dass ich nichts sage. Sie dagegen findet, dass ich sehr direkt Kritik äußere und ich denke immer Hallo?, da kann doch was nicht stimmen.

Wie schwer ist es mir gefallen, überhaupt den Gedanken zu zu lassen, dass meine Mutter Fehler macht. Ich war so auf Schuldgefühle geeicht, die immer dann kamen, wenn ich mich abgrenzen wollte und bin es noch immer. Am liebsten würde ich den Kontakt ganz abbrechen, aber ich denke, dass kann auch keine Lösung sein. Aber im Moment will ich auch keine Annäherung, weil ich einfach viel zu sauer bin und nicht verzeihen kann und will (Das erinnert mich daran, wie meine Mutter mal mit tränenerstickter Stimme zu mir sagte: ich hoffe, irgendwann kannst du mir verzeihen - und schwups bin wieder ich für ihr emotionales wohlergehen zuständig!).

Ich hab mir jetzt ein Buch bestellt, es heißt "Vergiftete Kindheit" von Susan Forward und wurde hier auch schon besprochen. Bin sehr gespannt drauf.

So, euch alles Gute und die Befreiung von allen ungesunden Bindungen!!

Lena
Alles, was man über das Leben lernen kann, ist in drei Worte zu fassen: Es geht weiter!

oktober

Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von oktober »

Hai allerseits (passe mich mal der Begrüßungsfloskel an) !

Ich muss sofort weg, wollte aber 2 Dinge ganz schnell loswerden...

@ Feuerfisch: Es geht mir gerade recht gut - nur dieses Thema erfordert viel Energie, v.a. da ich gerade für mich einen (vorläufigen) "Abschluss" damit gefunden habe. Trotzdem danke für die Kraft, schaden tut`s bestimmt nicht!!!

@Lena: Diesen Satz kenne ich... - und ich hab ziemlich lange gebraucht zu kapieren, was da eigentlich abgeht. Meine Mutter ist auch so ein Opfer... - also wird`s doch mal Zeit, dass wir "Täter" werden, oder ?

Liebe Grüße und einen schönen Tag,

Petra
Guitaranderl

Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von Guitaranderl »

Meine liebe Feuerfisch,

Deine Geschichte brummt in meinem Kopf und in meinem Herz und ich überlege, wie ich Dich "retten kann"; zweifellos ein Resultat meiner eigenen Klatsche. Ich weiß, dass ich es nicht kann -sofern Du es überhaupt willst- und das lässt mich ohnmächtig fühlen. Ein Gefühl, was wir beide wohl weniger schätzen.
Vielleicht kann ich Dir mit einer offenen Reflektion helfen: Aus unserem Ringen der letzten Tage habe ich gelernt, dass Du über eine unglaublich wirksame und flexible Abwehr verfügst. Mein Eindruck ist, dass wenn jemand auch nur einen Tick zu nahe kommt, sofort diese massive Abwehr aktiviert wird. Ich vermute, Du bist zu intelligent und zu schnell, zudem ist die Abwehr zu lange etabliert, als dass man Dir auf diesem Wege nachhaltig helfen kann. Wenn die Einträge nett, zugewandt, aber unbedrohlich bleiben, tritt dieser Mechanismus nicht inkraft: Dann bist Du charmant, dankbar und hast immer ein freundliches Wort. Du sagtest neulich irgendwann, irgendwo, dass Du in Deiner Therapie nicht weiter kommst. Das mag ich wohl glauben! Denke bitte nicht, dass ich das nicht verstehen kann. (vor 8 Jahren sagte meine damalige, (zu!) aggressive Therapeutin sinngemäß zu mir: ICH KANN DEIN HERZ DOCH NICHT MIT EINEM BRECHEISEN ÖFFNEN!? Recht hatte sie; denn alles im Leben hat seine Zeit, um an die Oberfläche zu kommen.
Ich glaube, dass jegliche Therapieform, die primär auf kognitiver Ebene basiert, an Deiner Abwehr scheitern wird. Wenn Du den Mut hast, die Abwehrstrategien wissentlich zu schwächen, dann können Dir andere, körperorientiertere Verfahren vielleicht besser helfen.
Deine eigentliche Frage hier ist -glaube ich- rethorisch. Du weißt, dass es hier auch um eine unmögliche Liebe geht. Mit dem Verlangen, der Sehnsucht des Kleinkindes nach Liebe und Zuwendung, was gar keine andere Wahl hat, um zu überleben. Diese Strategie wirkt noch heute.
Ich möchte auch Gísela ganz klar widersprechen, dass Vergeben keinen Sinn machen würde. WENN unser Fischlein´s Mutter tatsächlich krank war/krank ist, dann ist sie definitiv UNSCHULDIG und es muss ihr vergeben werden. Wir können doch hier nicht allen Ernstes für uns selbst um die Anerkennung der Depression als Krankheit kämpfen, während wir bei anderen volle Funktionalität und Verantwortung bei mindestens ebenso schweren Störungen erwarten. Das wäre pure Heuchelei.

Feuerfisch, Liebes, es geht doch gar nicht um die Frage hier. Es geht um Dich; es geht um Deine Abwehr, wie kannst Du Deinen Panzer ablegen; Deine Abwehr ausschalten.
Wie kannst Du Liebe vertrauen dürfen. Ja, wie kannst Du möglicherweise wirklich irgendwann verzeihen und die Alte -und damit auch das Alte- gehen lassen..? Die Größe dazu hast Du. (Das war ein Kompliment, bitte nicht widerlegen.. )
Als ich 1999 oder so erstmals den Mut hatte, mich einer systemischen Familienaufstellung zu stellen, wurde ich mit ganz erstaunlichen und nachhaltigen Erfahrungen belohnt. Ich fing an, mich aus der primär hochmütigen Verachtung meiner Eltern in eine demütige Haltung zu begeben und ich empfand erstmals Respekt wie sie all ihr eigenes Leid ertragen und - wie es ihnen eben möglich war - bewältigten. Das nur zu den Konsequenzen. Entscheidend war aber für mich das Prinzip der Aufstellung: Andere, mir fremde, Personen nahmen die Position meiner Familie und von mir ein. Ich konnte von außen beobachten. Was aber am Wichtigsten war: Meine Abwehr war deaktiviert. Ich konnte nicht weglabern, wegdebattieren und kognitive Strategien einsetzen. Ich habe dort viele hochintelligente und gebildete Menschen erlebt: Ärzte, Juristen, Lehrer, wie sie auf einmal - ihrer Abwehr entledigt- auf das reduzierten, um was es wirklich ging und manchmal Generationen zurücklag.
Vielleicht ein Ansatz für Dich.
Eine Bitte: Selbst, wenn Du jetzt energisch widersprechen möchtest, wünsche ich mir von Dir, dass Du meine Erfahrungen mal einen Moment auf Dich wirken lässt und nicht jeden Punkt gleich auseinanderbröselst und
verstrickst. Dafür danke ich Dir.

Du gibst mir Inspiration und erinnerst mich an viele Stationen meines eigenen Weges.
Andreas
Leni2
Beiträge: 471
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Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von Leni2 »

Hallo Andreas, hi all,

ja, sicherlich sollte idealerweise irgendwann die Vergebung da stehen in der Beziehung zu meinen Eltern.
Ich habe nur die Erfahrung bei mir, dass ich erstmal sehen und fühlen muß, wie die Situation wirklich war, bevor ich mich wieder auf die Meta-Ebene begebe und mein Schicksal von dem meiner Eltern trenne. Ich glaube, dass ist sehr wichtig!!! Sonst übernehme ich wieder die Verantwortung für die Gefühle meiner Eltern und zwar eine, die sie mir gegenüber ja auch nicht wahrnehmen.

Ich fand es sehr wichtig zu erfahren: ja, meine Eltern haben ihre eigenen schweren Päckchen zu tragen, aber das sie ihr emotionales Defizit durch mich füllen wollten, ist ihre Verantwortung. In der Beziehung zu mir waren sie die Täter und ich das Opfer und es war für mich sehr wichtig, diese Tatsache klar zu sehen. Ich denke, dafür sind ja auch die Familienaufstellungen gut, dass man mal aus diesen Manipulationen und Übertragungen rauskommt und sieht, was wirklich passiert ist bzw. immer noch passiert. Das muß ich ja meinen Eltern nicht unbedingt direkt unter die Nase reiben. Aber es geht nicht, dass ich aus Rücksicht auf meine kranke Mutter selber krank werde. Dadurch wird sie auch nicht gesund. Ich denke, meine Mutter würde gerade auch dadurch gesund werden, dass sie sich nicht immer nur als Opfer sieht, sondern sich als erwachsener Mensch auch mit den Entscheidungen und Taten ihres Lebens auseinandersetzt. Und wenn jemand mich immer wieder nicht respektiert oder unter Druck setzt, muß er damit rechnen, dass ich nur noch zum Pflichtbesuch komme. Es sei denn, ich stehe wirklich ganz da drüber und konnte wirklich im Herzen verzeihen...was mir aber bisher nicht gelungen ist.

Aber wie gesagt, ich habe da keine Patentlösung. Aber ich weiß, dass ich meinen Eltern erst verzeihen kann, wenn ich da nicht mehr so emotional drin stecke.

"Wir können doch hier nicht allen Ernstes für uns selbst um die Anerkennung der Depression als Krankheit kämpfen, während wir bei anderen volle Funktionalität und Verantwortung bei mindestens ebenso schweren Störungen erwarten."

Ja, aber auch wir können nur dann Verständnis erwarten, wenn wir uns mit unserer Krankheit auseinander setzen und auch eingestehen, dass sie bestimmte Schwächen mit sich bringt. Wenn wir alle Schuld von uns weisen und immer nur den anderen die Schuld geben würden, viele das Verständnis schwer.

Das wären meine Gedanken dazu...wie gesagt, noch sehr emotional gefärbt, vielleicht seh ich das in 10 Jahren anders...

Ganz liebe Grüße!

Lena
Alles, was man über das Leben lernen kann, ist in drei Worte zu fassen: Es geht weiter!

Guitaranderl

Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von Guitaranderl »

>Ja, aber auch wir können nur dann Verständnis erwarten, wenn wir uns mit unserer Krankheit auseinander setzen und auch eingestehen, dass sie bestimmte Schwächen mit sich bringt.

Na Lena (von wegen unbeweglich.. )
wir sollten Manipulation und Krankheit hier trennen.
Die von Dir zurecht geforderte Selbstreflektion ist bei einer so schweren, und möglicherweise unbehandelten Störung wie einer Schizophrenie (zudem in den 60er Jahren!) nicht möglich! Du weißt doch selbst, wie schwer die Inneneinsicht und das Eingestehen für einen "normal" Depressiven (und das in 2005) schon sind.
Das gebe ich zu bedenken.
Ich bin der letzte, der auf unbedingte Vergebung pocht, aber wir können nur Verantwortung zuweisen, wo die Fähigkeit dazu bestand. Es ist vielleicht ein Stück eigener Reifung, das zu respektieren.
Ich glaube auch, dass die direkte Auseinandersetzung mit den noch lebenden Eltern oft sinnlos ist. Eine Familienaufstellung schafft da m.E. mehr Klarheit.
Fühl Dich gegrüßt (und mach Sport!!! hahaha)
Andreas
Irielle
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Registriert: 16. Okt 2005, 01:25

Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von Irielle »

Hallo nochmal,
zum Thema Vergebung möchte ich noch ein paar Aspekte hinzufügen.
Zum einen, ich hatte mich (kann man das überhaupt?) absolut nicht emotional von meiner Kindheit und meiner Mutter distanziert.
Es war also keine emotionale Voraussetzung (was Du da angesprochen hattest, Lena) vorhanden.
Die Sache mit der Vergebung habe ich schlicht als Experiment angesehen.
Seltsamerweise kam bei den Suggestionen noch nicht mal Wut hoch. Nix. Neutralität.
Hinzu kam für mich aber noch eine ganz wichtige Erfahrung:
Ich wurde selber Mutter, und konnte die ganze Sache mit anderen Augen sehen.
Nicht, daß ich ihre Fehler (Alkoholismus, Schläge) wiederhole, nein, ich bin nicht sie (und werde hoffentlich niemals wie sie...) aber ich konnte meinen vielleicht eher "hochmütigen" Anspruch etwas zurückschrauben und sehen, wie die menschliche Unvollkommenheit Erziehungsvorstellungen immer wieder ins Reich der Theorie zurückwirft!!
Seitdem kann ich etwas toleranter sein, was das angeht.
Ich denke, das Wort Vergebung wird in diesem Kontext vielleicht schnell missverstanden.
Es geht eigentlich weniger um "Billigung der Tat" sondern eher um Loslösung von Hassgefühlen (die einen selbst zermürben), von Trauer, (was die verursacht, wissen wir ja), eigentlich ein Akt der Befreiung, sicher aber kein Akt der Negierung von legitimen Gefühlen, die ja angenommen werden wollen.
LG Irielle.
Guitaranderl

Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von Guitaranderl »

>Sie nahm eine der Steinfiguren und eh ich´s mir versah oder auch nur reagieren konnte, kratschte sie einmal quer über die Figur mit ihrem Ring – ein tiefer Kratzer war drin. Dazu der Spruch:“ Na, macht ja nix, die war ja nur selbstgemacht“ Ich beschwöre es, das war kein Versehen von ihr, das war reine Absicht.

Feuerfischin:
Dazu kam mir just eine Eingebung. Was Du beschreibst, ist seelische Grausamkeit in Reinkultur. Umsomehr ist anzunehmen, dass die alte Frau nicht ganz "bei sich ist". In meiner ersten Therapie, 1995, erzählte der damals schon 73-jährige Arzt, Pastor und Therapeut von seiner Lehranalyse: Er beschrieb, wie die angehenden Therapeuten gebeten wurden, Ihre Eltern in Ton zu modellieren. Das taten sie, obwohl darin möglicherweise eher Rotwürste, denn Eltern zu erkennen waren. Aber es waren ja eben "nur" Symbole. Nachdem die angehenden Behandler ihre Werke vollendet hatten, wurden sie instruiert, die Statuen voller Inbrunst zu zerstören, mit voller Kraft zu zerschlagen.
Nachdem die Leute das -teils gegen erhebliche Widerstände- getan hatten, stellten sich, wie mir mein Behandler beschrieb, seltsam befreiende Gefühle ein...

Tja, weiß nicht, Mama schon mal "nachgebaut"? So richtig en detail und mit Hingabe, um sie dann symbolisch zu ........
Wer sollte so ein Ritual besser umsetzen können als Du?
Nur so eine Idee.
Grüße
A.

NS.: In einer Stunde wurde ich vom Therapeuten aufgefordert, mit einem Bürostuhl als meinem Vater zu sprechen, obwohl mein Vater weder Rollen noch ne Gasdruckfeder unten drin hatte... aber ich habe geweint, als ich mit dem Stuhl sprach, der -genauso wie mein Vater - stumm blieb. Scheißstuhl!
Guitaranderl

Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von Guitaranderl »

>Es geht eigentlich weniger um "Billigung der Tat" sondern eher um Loslösung von Hassgefühlen (die einen selbst zermürben), von Trauer, (was die verursacht, wissen wir ja), eigentlich ein Akt der Befreiung, sicher aber kein Akt der Negierung von legitimen Gefühlen, die ja angenommen werden wollen.

Wunderbar, Irielle. Das hast Du ganz toll auf den Punkt gebracht. Und vielleicht ist genau diese, heilsame Erfahrung in einer Familienaufstellung machbar. Das wäre ein großer Schritt für alle Betroffenen.
Leni2
Beiträge: 471
Registriert: 10. Aug 2005, 18:00

Re: Warum gebe ich meiner Mutter heute noch so viel Macht über mich?

Beitrag von Leni2 »

Hi Andreas und alle,

ich bezog mich mit der kranken Mutter mehr auf meine Mutter, die auch an Depressionen erkrankt ist. Und da sehe ich wesentlich mehr Handlungsspielraum als bei einer Schizophrenie, das stimmt. Ich denke nur, solange wir dieselbe Krankheit haben, bleibt ein Ungleichgewicht, wenn sie unbewußt doch immer noch die Opferrolle einnimmt und ich für sie da sein soll (sprich: es gibt Krach, wenn ich mich abgrenze). Vor allem, wenn sie auf der anderen Seite immer sagt, dass sie in meinem Alter gar nichts mit ihren Eltern zu tun haben wollte. Ich denke, meine starken gefühle kommen auch daher, dass ich wirklich noch mehr in diesem typischen Abgrenzungsalter bin.

Ich sehe das mehr so: Vergeben kann man erst, wenn man sich klar ist, was passiert ist. Und da bin ich jetzt, ich sehe, was in meiner Kindheit passiert ist und ich spüre ganz viel Trauer und Wut. Das ist sehr gut, ich spüre MICH, die natürlichen Reaktionen in einer Situation des Mißbrauchs. Auch wenn sie mich gefangen nehmen, ich kann sie auch nicht einfach wegschieben. Ich empfinde sie als sehr wichtig, um mich dahinter zu sehen, um diese normalen Gefühle, die in meiner Kindheit verboten waren, sozusagen nachträglich zu fühlen. Und dadurch rückt sich vieles ins Rechte Licht: Ich komme bei mir an, ich weiß, welche Gefühle zu mir gehören und welche ich nur übernommen habe, um meine Mutter zu schützen. Und da muß ich raus, ich habe nicht die Verantwortung für das Wohlergehen meiner Eltern, weder früher noch heute.

Wahrscheinlich seit ihr da mit der Verarbeitung schon etwas weiter. Ja, ich denke auch, wenn man selbst Kinder hat, empfindet man vieles noch mal sehr anders. Meine Geschwister empfinden das bei uns in der Familie auch nicht als so schlimm, aber ich denke, das liegt daran, dass ich als Älteste und sensibles Kind die Erwartungen meiner Eltern volle Breitseite abbekommen hab. Und ich habe sie auch angenommen, ich habe ein sehr starkes Verantwortungs- und Pflichtgefühl und das ist natürlich ein guter boden für Manipulationen.
Ja, aber ich hoffe auch irgendwann auf diesen Akt der Befreiung, aber er kann auch bedeuten, dass man sich eben von seinen Eltern distanziert.

Das ist toll, was du mit den Tonfiguren schreibst, Andreas. Und siehste, das könnte ich nicht, ich könnte nicht mal dieser Tonpuppe von Mutter sowas antun. Das hat ja auch was positives, ich habe wirklich echtes Mitgefühl für meine Mutter. Aber es kann nicht auf Kosten meinre Gesundheit gehen.
Ja, was Feuerfisch von ihrer Mutter schreibt, ist seelische Grausamkeit und die darf man nicht bei sich lassen. Entweder, man hat so viel Abstand und kann ernsthaft vergeben oder es bleibt der Rückzug.

Und dazu kommt, ich bin 29, ich sollte mich eigentlich nur um mich kümmern und mir mein Leben aufbauen. Stattdessen verbringe ich meine Gedanken damit, wie ich mich von meinen Eltern abgrenzen kann, ohne sie zu sehr zu verletzen. Das kanns doch nicht sein!

Ich fand sehr gut, was du im anderen Thread geschrieben hast:
"Weißt Du, meine Eltern taten mir immer leid, ich wollte immer helfen, retten, heilen, und am Allerschlimmsten: ich fühlt mich immer mit verantwortlich, bis ich begriff, dass sie gar nicht gerettet werden wollten. Das es IHRE Entscheidung und Verantwortung war."

Das hab ich auch schon mal gedacht, ob es vielleicht auch das Bild ist, dass ich von mir habe, dass ich niemanden zurückweisen darf.

Puhh, ein weites und kompliziertes Feld. Bin sehr gespannt auf die Therapie in der Klinik.
Ja, und aus diesen Abhängigkeiten rauszukommen heißt ja auch, auf den eigenen Beinen zu stehen und davor habe ich auch Angst oder eher Respekt. Und dann verkriech ich mich auch ab und zu bei Mama und halte das System von meiner Seite aus aufrecht...
Verzwickt, das Ganze...

Ach, noch einen schönen Tag (wird ja schon so früh dunkel jetzt...).
Alles Liebe,

Lena
Alles, was man über das Leben lernen kann, ist in drei Worte zu fassen: Es geht weiter!

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