Und nun?

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micha1
Beiträge: 16
Registriert: 6. Okt 2005, 22:44

Und nun?

Beitrag von micha1 »

Hallo,
auf Empfehlung meiner Lebenspartnerin habe ich mich in diesem Forum registrieren lassen, in der Hoffnung, Hilfe zu finden.

Mein Problem ist, dass ich nicht genau spezifizieren kann, wo meine Probleme liegen, besser, warum ich welche habe, da ich nicht weiss, wo ich stehe, wohin meine Wege mich führen. Aus diesem Grund fange ich einfach mal an, versuche mich und meine Situation zu beschreiben. Vielleicht gibt es ja Menschen in ähnlicher Lage, allerdings bin ich mir darüber im Klaren, dass ich aufgrund der Individualität unserer Seelen keine Spontanheilung durch eine Generalmethode erfahren kann, und dass ich meinen Weg dorthin allein gehen muss. Nun schreibe ich mir einfach von der Seele:

Ich war ein ganz normaler Familienvater, habe 2 Kinder, die ich über alles liebe, und habe mein Leben lang schwer geschuftet, war nur für die Familie da, um ihr etwas bieten zu können, habe nie selbst an mich gedacht. Dabei habe ich, wie eine Million andere auch, meine Frau vernachlässigt. Wenn man jung ist und noch wenig erfahren, hört man den schleichenden Beziehungstod nicht kommen, und so gestand sie mir 2 Wochen, nachdem wir mit dem Hausbau angefangen haben, dass sie einen Freund hat. Ich kam nicht mehr aus den Verträgen raus, so musste ich bauen, und wir vereinbarten, dass wir zusammenbleiben, der Kinder wegen, nach aussen happy family, aber jeder seines Weges geht. Natürlich brach eine Welt in mir zusammen. Mein Märtyrium, dass ich aus Liebe zu meinen Kindern auf mich nahm, brachte unter anderem, dass ich mich neben meinem Beruf auf der Baustelle rund um die Uhr blutig geschuftet habe (ich wusste damals nicht wofür), später dulden musste, dass sie (wir hatten getrennte Schlafzimmer, zumal ich an Schlafapnoe leide und nachts ein Beatmungsgerät benutze) ihren Freund bei sich übernachten liess, während ich im Nachbarzimmer lag, ausserdem ihre Wutausbrüche aus Rücksicht auf die Kinder nicht niederschmetterte.

Ich zog mich sehr zurück, dachte viel nach, philosophierte, und kam erstmal zu der Erkenntnis, dass man loslassen muss, wenn der geliebte Mensch einen anderen Weg beschreiten will. Ich habe es akzeptiert, und versucht, wieder Beziehungen einzugehen. Damals stellte ich an mir erste Wesensveränderungen fest. Ich bin ein sehr emotionaler, spiritueller Mensch, nicht weich, aber besonnen und herzlich. Ich verfiel in, ich nenne sie rationale Phasen, verbannte mein emotionales Ich, konnte total gefühllos werden, auch körperlich, und mein Umfeld erkannte mich nicht wieder. Lachen und Spass sind mir in einer solchen Phase fremd, ich vergrabe mich, habe keine Interessen mehr, hatte nur noch meine Arbeit, und das reichlich. Ich versuchte Beziehungen einzugehen, mit dem Ergebnis, dass meine emotionale Seite so gewinnend sein konnte, dass ich jede bekam, die ich wollte, und in dem Moment mein Ratio die Beziehung beendete, in dem man mir zu Nahe kam, anfing mich zu lieben und mir das auch zeigte. Irgendwann verlor ich die Kontrolle über beide Zustände, ein falsches Wort, eine Ungerechtigkeit mir gegenüber, und ich war in meinem Ratio. Erst verzweifelt, dann Gefühle wie mit Gewalt verdrängt. Diese Zustände dauerten immer länger an, ich sagte mich von allen Freunden los, ging nur noch an einsamen Stellen spazieren um niemandem zu begegnen, und das Ganze eskalierte vor zweieinhalb Jahren nach einem Riesenkrach mit meiner (nun-)Ex, als ich (ich nenne es mal so) einen Riesenblödsinn machte. Die entsetzten Gesichter meiner Kinder, die ich im Geiste vor mir sah, retteten mir das Leben. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. Seitdem weiss ich, wie sehr ich am Leben hänge, und versuche zu kämpfen. Zu diesem Zeitpunkt merkte ich einen Rückgang meiner Leistungsfähigkeit. Ich fing an, im Büro, oder dort sogar auf der Toilette einzuschlafen, wurde sehr unkonzentriert und vergesslich, und irgendwann waren die zu bearbeitenden Aktenberge alle in chinesisch verfasst. Das gipfelte in einer solchen Verzweiflung, dass ich vor Wut fast mein Laptop zerissen habe, ausserdem Ärger mit der Firma bekam. Ich ging zu meinem Hausarzt, sagte ihm einfach, hier stehe ich und kann nicht mehr, und seitdem bin ich krank geschrieben, und in psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung. Diagnosen: Burn-Out Syndrom und schwere Depressionen. Es war sehr schwer für mich, nicht nur zu erkennen, dass etwas nicht mit mir stimmt, sondern es auch zu akzeptieren. Seit Anfang diesen Jahres bin ich nun in Behandlung, habe ab Ostern eine 7-wöchige Reha gemacht, und muss nun übernächste Woche wieder für mindestens 6 Wochen in eine psychiatrische Klinik, da man mich aufgrund der Tatsache, dass ich in meinem rationalen Zustand so dicht mache, eine so hohe Mauer um mich ziehe, dass niemand mehr an mich rankommt, zumindestens nicht in meinen wöchentlichen Sitzungen. Medikamente bringen nur wenig, aber ich nehme sie.

Meine jetzige Beziehung habe ich fast wieder zerstört. Meinem Ratio geht es gut, weil er nichts empfindet, aber das Erwachen ist grausam, das Betrachten der Scherben, die ich hinterlasse. Nun lebe ich in den Tag hinein, gehe nicht mehr ans Telefon, muss mindestens 14-16 Stunden am Tag schlafen (verteilt auf nachts und 2 mal tags), und es ekelt mich an, wenn ich gefragt werde, wie es mir geht, oder wenn ich einfach Bekannte treffe. Ich fühle mich als Neutrum, lasse mich nicht mehr anfassen, auch nicht von meiner Freundin (Bedürfnisse habe ich sowieso nicht), stehe im luftleeren Raum. Man sagte mir, dass es Jahre dauern könne, bis ich wieder hergestellt bin, nun musste ich mit 44 Jahren einen Rentenantrag stellen und hoffe dass er durchgeht, da ich aufgrund meiner finanziellen Verpflichtungen für das Haus (meine Ex ist mit den Kindern, für die ich das Haus gebaut habe, vor eineinhalb Jahren ausgezogen)Existenzängste habe. Ich öffne kaum noch Post, da ich nicht mehr in der Lage bin zu koordinieren und Formulare auszufüllen, und gerate sofort in Panik, wenn ich unter Druck komme.

Ich habe noch keine Erfahrung in diesem Forum, es ist alles noch zu neu für mich, deshalb verzeiht mir bitte meine Ausführlichkeit, die mich by the way viel Mühe und Überwindung gekostet hat.

Wer hat ähnliche Erfahrungen, wer kann mir etwas sagen, und, wie komme ich selbst wieder an mich und meinen Weg heran? Vielleicht hilft ja die Klinik, aber auch dort sind nur Menschen, die versuchen ihren Job zu machen, und ich habe gelernt, nichts mehr zu erwarten, da man dann enttäuscht werden kann. Aber die Hoffnung, die habe ich noch nicht aufgegeben.

Viele Grüsse, Micha
BeAk

Re: Und nun?

Beitrag von BeAk »

Liebe Micha,

deine Geschichte hat mich sehr bewegt. Einige Elemente daraus passen auch auf die Geschichte meines Mannes, nur habe ich ihn nie betrogen.

Warum hast Du so eine hohe Mauer um Dich gebaut?
Was würde passieren, wenn du es zuläßt das Dich Deiner Freundin anfaßt?
micha1
Beiträge: 16
Registriert: 6. Okt 2005, 22:44

Re: Und nun?

Beitrag von micha1 »

Liebe Bea,
wenn ich nur wüsste, wie ich oder andere diese Mauer einreissen können. Ich bin dann ein komplett anderer Mensch. Verschiedene Therapeuten verwendeten den Begriff Selbstschutz, um nicht mehr verletzt zu werden. Wortkarg, gefühllos, effizient. Das fällt mir dazu ein.

Wenn meine Freundin versucht mich anzufassen, drehe ich mich weg. Gehe früher ins Bett und stelle mich schlafend. Ich freue mich jedesmal, wenn sie einmal im Monat...dann habe ich wenigstens Ruhe. Im Moment hat sie einen grippalen Infekt, wieder ein Grund für mich, Körperlichkeiten abzulehnen. Da sie diese geniessen kann und auch will, haben wir grosse Probleme. Körperlich ist bei mir alles in Ordnung, zumal ich manchmal alles über mich ergehen lasse, aber keinen seelischen Spass daran habe. Das war früher anders. Sehr anders.

Gruss Micha
BeAk

Re: Und nun?

Beitrag von BeAk »

Lieber Micha,

hast die Mauer nach deinem ersten Post auch wieder ganz schnell hochgezogen, Du fleisiger Maurer. Das das Selbstschutz ist war mir schon klar. Und deshalb drückst Du Dich auch um die Antworten.
Tabby
Beiträge: 189
Registriert: 4. Jun 2003, 00:30

Re: Und nun?

Beitrag von Tabby »

> Ich war ein ganz normaler Familienvater,
> habe 2 Kinder, die ich über alles liebe,
> und habe mein Leben lang schwer
> geschuftet, war nur für die Familie da, um > ihr etwas bieten zu können, habe nie
> selbst an mich gedacht. Dabei habe ich,
> wie eine Million andere auch, meine Frau
> vernachlässigt.

DA war sie schon vorhanden, die Mauer!
pferdediebin
Beiträge: 472
Registriert: 11. Jun 2004, 23:45

Re: Und nun?

Beitrag von pferdediebin »

hallo micha!



ich hatte auch ein massives burned-out,eine erschöpfungsdepression,und was du da beschreibst war ca. 5 jahre normalzustand.
ich hatte aber kein problem mit der mauer , es tat mir unheimlich leid,wenn ich einem menschen hoffnungen gemacht habe, und die dann nicht erfüllen konnte.irgendwann hab ich einfach resigniert und war auch überzeugt davon,daß sich das nimmer ändert.
es kostet einfach viel energie, wenn man andere nicht enttäuschten möchte,und die hatte ich anscheinend nicht.ich wurde höchstens aggressiv.
ich fühlte mich wohl mit diesem stein in meiner brust.ich hätte nie gedacht,daß mir soviele dinge sowas von scheißegal sein könnten.ich genoß es richtig.und das können auch nur menschen genießen,denen sonst nie etwas egal ist.
im nachhinein weiß ich,daß das eine art von kraftsammeln war,beziehungen,menschen generell,haben mich völlig überfordert.und das viele schlafen war die schönste flucht.
ich hab meine pflichten erfüllt,so gut es ging,aber mehr nicht.leider waren die ärzte hier in ö. nicht so besorgt um mich,manchmal hätt ich mir gewünscht,daß man mich einfach wo einliefert.ich war sowieso nur noch ein zombie.aber das hat man mir halt nicht angesehen...
heute kann ich sagen,daß ich das schlimmste wohl hinter mir hab,ich muß nach wie vor ziemlich haushalten mit meinen kräften,aber die gefühle sind zurückgekommen.ich verstehe das alles im nachhinein als massiven selbstschutz,nicht als mangel,und es hat eben die zeit gebraucht,die es gebraucht hat.es hätte absolut keinen sinn gehabt,da irgendetwas zu forcieren.
eigentlich war das ganze eher eine lektion in sachen selbstwertgefühl entwickeln,und ich habe unheimlich viel daraus gelernt.
ich hätts ja,wie gesagt,nicht geglaubt oder erwartet,aber ich bin ziemlich zufrieden mit meinem leben jetzt.
was ich dir hier mitteilen möchte ist: es kann durchaus auch vorbeigehen,besser werden,wenn du ehrlich und liebevoll mit dir umgehst.


alles gute!!

pferdediebin
"Die Stimme des Fleisches verlangt: nicht hungern,nicht dürsten,nicht frieren.Wer dies erreicht und hoffen darf,auch künftig zu erreichen,kann sich selbst mit Zeus im Glücke messen"



Epikur





micha1
Beiträge: 16
Registriert: 6. Okt 2005, 22:44

Re: Und nun?

Beitrag von micha1 »

Liebe Beatrix,

ich versuche verzweifelt Ursachenforschung zu betreiben, nicht zuletzt mit Hilfe meiner Therapeuten, indem ich in mich gehe, mich mir selber stelle, obwohl das sehr schwer ist. Ich verweigere mir selber Antworten, aber manchmal habe ich auch Lichtblicke, in denen ich kurzzeitig zu mir selber finde. In der Reha zum Beispiel war ich nur unter meinesgleichen, bin auf Verständnis der Anderen gestossen, musste mich nicht rechtfertigen, wenn ich mich deprimiert zurückgezogen habe, und habe mich dort öfters sehr wohl gefühlt. Für mich haben sich in den letzten Monaten beide Welten vermischt, um so schwerer ist es, mich irgendwo festzuhalten, von wo aus ich mich orientieren könnte.

Im Moment reisse ich mich sehr am Riemen, dadurch ist es mir z.Zt. möglich, mich hier zu offenbaren. Meine Mauer ist nicht nur als Metapher zu sehen, da ich mir räumliche Möglichkeiten suche, mich zu verkriechen. So fingen die Probleme mit meiner Freundin an in dem Moment, als sie zu mir gezogen ist, und ich nicht mehr alleine in meinem Haus war. Fremdkörper in meinem Schneckenhaus. Manchmal wünsche ich mir, hier einfach alles zu verkaufen, um mir irgendwo eine Einsiedelei zu kaufen, in der ich meine Ruhe habe, mich niemand findet.

Gruss Micha
micha1
Beiträge: 16
Registriert: 6. Okt 2005, 22:44

Re: Und nun?

Beitrag von micha1 »

Das ist Teil meiner eigenen Ursachenforschung. Wo soll man bei einer psychischen Erkrankung die Grenzen ziehen, wie soll man diese erkennen? Ob Erkältung oder Psyche, man hat Kraftreserven, mit denen man eine Zeitlang ausgleichen kann, nur mit dem Unterschied, dass eine Erkältung physisch greifbar, spürbar ist. Die Psyche ist heimtückisch, das habe ich gemerkt, als ich vom einen auf den anderen Tag zusammenklappte.
Keken
Beiträge: 338
Registriert: 26. Aug 2005, 14:34

Re: Und nun?

Beitrag von Keken »

Lieber Micha,

ich möchte dir auf diesem Wege nur schreiben, dass mich dein Beitrag sehr bewegt hat. Es ist schön und ein Erfolg, dass du dir Hilfe suchst, auch den Weg ins Forum gemacht hast. Ich kann nach deiner Beschreibung gut nachvollziehen, wie du die Mauer über Jahre hinweg aufgebaut hast, und sie hat(te) auch ihre Funktion. Sie schützt(e) dich. Dass sie dir das Leben jetzt schwer macht, du nicht mehr weißt, wer du eigentlich bist, das Gefühl hast, keine Kontrolle mehr zu haben ist nur verständlich. Aber du arbeitest an dir. Eines Tages wirst du gelernt haben, Tore in sie zu bauen, die du denjenigen Menschen öffnest, die dir gut tun. Einige Menschen, den du wieder vertrauen kannst, werden sogar einen Schlüssel von dir erhalten. Solche Konstruktionen benötigen Zeit, das weißt du selbst.

Was passiert, wenn deine Freundin dich verlässt? Wäre es vielleicht erst einmal wieder besser, sie zöge aus, damit du wieder zu dir findest und dich nicht so oft unter Druck gesetzt fühlst, wieder etwas geben zu müssen, wozu du derzeit einfach nicht in der Lage bist? Wann geht es denn los mit dem stationären Aufenthalt? Wie schaust du diesem entgegen? Ich bin mir sicher, dass er dir gut tun wird; es ist eine Wohltat, endlich nicht immer zu 'müssen' und unter seinesgleichen zu sein. Ähnliches hast du ja bereits in der Reha erlebt.

Aus deiner Mail und Lebensgeschichte geht hervor, dass du ein sehr empfindsamer, gewissenhafter, intelligenter Mann bist, mit allen Kapazitäten, um dieses Leben (wieder) zu meistern. Gib dir aber die Zeit, die nötig ist, um dich wieder zu sammeln. Versuche, Vertrauen in die Zeit zu haben (obwohl Vertrauen sicherlich ein schwieriges Wort für dich ist).

Alles Gute dir,
Keken
Fear NOT, for I'm with you, says the LORD.
DewaChe

Re: Und nun?

Beitrag von DewaChe »

Lieber Micha,

ich dachte, ich lese hier Teile meier Person.
Ja, auch ich bin Meisterin im Scherben produzieren und vor 3 Jahren habe ich "Kahlschlag" produziert. Die Menschen, die noch zu mir hielten, die auf mich eingingen, mich verstanden - alles habe ich verjagt.

Es kam da eine Angst auf die nicht greifbar für mich, ich hatte nur höllische Angst und hatte Angst daß man mich nicht liebt, mir jeder nur wehtun möchte.

Danach kam mein Crash, ich ging nicht mehr aus dem Haus, Alkohol, die Wege zwischen Bett und Sofa waren ein Marathonlauf und Duschen gelang vielleicht 1 mal in der Woche.

Irgendwie hatte ich dann noch nen lichten Momentda ich angst hatte zu sterben, auch ich sah dann meine Kinder vor mir und habe mich in eine Klinik begeben. Das war vor gut einem Jahr. Und die Klinik war für mich der Volltreffer schlechthin.

Inzwischen ist ein Jahr vergangen, ja, ich hau immer noch um mich aber dank meines Therapeuten komme ich langsam der Ursache näher. Und es wird noch eine Wahnsinnsarbeit werden.
Aber sogesehen hat mir mein Crash eigentlich das Leben gerettet - irgendwie fühle ich wieder meine Lebensgeister, lerne wieder lachen, spüre, daß andere mich doch liebenswert finden usw.

Und gestern war ein sehr besonderer Tag für mich, ich sagte das 1. mal in meinem Leben zu mir selbst, daß ich mich sehr mag.

Weiss du was für ein wundervolles Gefühl das ist???

Tja Micha, ich kann dich allerbestens verstehen und weiss, ohne Hilfe kann man da keine Mauer abbauen aber mit Ratschlägen halte ich mich zurück.
Vielleicht gelingt es dir auf deinen Bauch zu hören, was sagt er dir, fühl in dich rein und wenn es noch so utopische Gefühle zu sein scheinen.
Irgendwie wirst du deinen für dich bestimmten Weg finden, sei es Klinik und dann Therapie oder erstmal nur Therapie....
Hast du einen Arzt dem du vertraust??

Erstmal soviel, alles liebe

Gina
micha1
Beiträge: 16
Registriert: 6. Okt 2005, 22:44

Re: Und nun?

Beitrag von micha1 »

Ich hatte soeben eine Diskussion mit meiner Freundin. Sie sagte mir, dass sie meine Beiträge und die Antworten liest, um mich besser zu verstehen, mir ggf. helfen zu können.

Ich habe den Link zu diesem Forum vor vielen Wochen von ihr bekommen, und mich erst jetzt entschliessen können, mich hier zu offenbaren, zumal aufgrund der Anonymität und der virtuellen Anwesenheit von Betroffenen, die sich vielleicht in einer ähnlichen Situation befinden es mir leichter fällt, mich zu artikulieren.

So dankbar ich für jede Antwort, jeden Ratschlag, Aufmunterung, oder auch Kritik bin, die mir helfen, an mir zu arbeiten, der Versuch, Virtualität in Realität umzusetzen, erkenne ich ihren verzweifelten Versuch an, mich besser zu verstehen. Aber ich denke, dass mich ihre Reaktion zurückwerfen wird, fühle mich durch nun wieder aufgezwängte Diskussionen in die Ecke gedrängt wie ein Boxer kurz vor dem Niederschlag, keine Zeit, nachzudenken, mich zu sammeln. Warum nur bekomme ich nicht die Zeit, mich hier mit anderen Betroffenen zusammenzusetzen, um die gewonnenen Erfahrungen sich positiv auf mein Leben und meine Beziehung auswirken zu lassen? Warum muss es nun wieder Tränen geben, Vorwürfe, dass ich nicht mehr ich selber bin, wenn ich nur zum Ausdruck bringen will, dass ich mir hier Hilfe und Zuspruch erhoffe und mich nun auf das Posting konzentrieren möchte und deshalb meine Ruhe haben möchte; wenn ich virtuell mehr aus meinem Inneren offenlege, als ich das (vielleicht auch weil ich mich schäme) in der Realität vor meiner Liebsten tun würde?

Alle Hoffnungen ruhen nun auf der Klinik, in die ich übernächste Woche stationär aufgenommen werde. Das Gefühl, langsam bergab zu rollen, irgendwann ist man so schnell, dass man nicht mehr bremsen kann.
DewaChe

Re: Und nun?

Beitrag von DewaChe »

Lieber Micha,

m.E. erkennst du das sehr gut.
Ersteinmal musst du rausfinden wie du Boden unter den Füssen gewinnst, rausfinden wer du überhaupt wirklich bist, was du möchtest, was überhaupt die Ursache des Dilemma sein könnte und das kannst du nur ganz alleine mit Unterstützung von Fachleuten.

Sage das deiner Freundin so ohne sie heftig wegzustossen und da sie ja eh bemüht ist, dich zu unterstützen wird sie das bestimmt verstehen, gerade jetzt die entsprechende Nähe und Distanz dir entgegen zu bringen.

Ich drück dir und auch deiner Freundin die Daumen, ihr beide habt da Schwerarbeit vor euch - aber glaube mir, es lohnt sich!!

Liebe Grüsse,

Gina
ClaudiaGM
Beiträge: 1
Registriert: 7. Okt 2005, 13:12

Re: Und nun?

Beitrag von ClaudiaGM »

Lieber Michael, liebe Forumsteilnehmer

ich bin die Freundin von Micha und möchte, wenn möglich aber auch nur einmalig, hier zu dem Threat,Stellung beziehen.
Erstmal toll,daß Du den Mut gefaßt hast,Dich mit Deiner Geschichte an Deine betroffenen Mitmenschen zu wenden.
Daß ich auf Dein Threat gekommen bin, kam dadurch, daß ich als Gast bisher alle Beiträge in Eurem Forum las, um einfach zu lernen, denn ich hatte bereits in meiner Mutter eine depressionskranke Frau und ich bin in einer Ausbildung zur Geistheilerin, gerade um Micha helfen zu können.Durch mein Interesse an dem Forum habe ich den Artikel als neu entdeckt und erst beim Lesen gemerkt, daß es von meinem Schatz stammt.
Wenn ich sage, daß mich nichts erschüttert hat, würde ich lügen, selbstverständlich taten einige Aussagen weh, aber ich habe Micha eben ,wie schon oft, vorgeschlagen, daß ich ausziehe und wir es getrennt versuchen, weil ich spüre, daß mein Dasein in ihm auch wieder eine Drucksituation auslöst. Muß dazu sagen, daß mein Sohn und ich aus einer anderen Stadt gekommen sind, weil mich Micha überredet hat, zu ihm zu ziehen und erst ganz schön hilflos ohne ihn dastanden. Ich liebe ihn grenzenlos, und verstehe immer mehr, daß er mit dieser Hingabe und Gefühlsüberschuß von meiner Seite her nicht klarkommt, weil er eben noch nie richtig Liebe gezeigt bekommen hat, lediglich durch seine Kinder.
Ich liebe Dich unendlich,ich kann Dir nur sagen, daß ich dem Kampf gegen Dein Ratio zusammen mit Dir angehen werde. Wenn Du mich im Schlaf umarmst, weil auch Dein Ratio schläft, sehe ich die Liebe zu mir, und das macht mich stark. Ich ziehe mich sehr in mein Zimmer zurück, um Dir Deine Ruhe zu lassen,weil ich spüre, daß Du sie oft brauchst. Bitte öffne Dich auch diesmal richtig Deinen neuen Therapeuten und laße zu, daß sie an Deine Mauer kommen. ich weiß, wie auch der eine Forumsteilnehmer schon schrieb,daß Deine Mauer vor Deiner Ehe bereits entstanden ist, ich komme durch Deine Energien, wenn ich reinfühle. bis in die Kindheit. Bitte laß Hilfe zu und blocke nicht ab. Alles was ich tun kann, werde ich tun, damit es Dir gut geht. Wie gesagt, ich bin auch bereit, Dich hier in Deiner Höhle wieder zu Dir selber kommen zu lassen, auch wenn ich mich hier in der neuen Stadt noch nicht auskenne, kann ich mir schon etwas für mich anmieten, nur um Dir zu helfen, wenn es besser für Dich wäre. Das wollte ich Dir eigentlich schon vorhin sagen, und mache es gerne nochmal auf diesem Weg.
Ansonsten zieh ich mich natürlich gerne aus diesem Threat Deinem Wunsch entsprechend zurück.Ich kann ja an mich bei den Angehörigen-Threats etwas aufhalten und evtl beteiligen.
Danke, wenn Ihr Durch Eure Beiträge ihm etwas helfen könnt.Er ist etwas besonderes.. und ich wünsche ihm von Herzen, daß er bald wieder der alte ist.
Herzliche Grüße und für Dich einen dicken Kuss, Michi

Claudia
DewaChe

Re: Und nun?

Beitrag von DewaChe »

Liebe Claudia,

ich finde es schön daß du dich hier zu wort gemeldet hast.

Lass es mich nun mal so sagen.... was Michi so schilderte, ich kenne es, könnte mein posting sein aber inzwischen bin ich schon ein Stückchen weiter gekommen, trotz meines hohen Alters von 53, smile...

Setzte nicht gleich alle Hoffnung in die Klinik, für mich war die Klinik der Ort der Stabilisation, ich durfte ausprobieren was mir gut tut, lernte, meinen Körper wieder zu spüren, meine Wahrnehmungsstörungen aufzudröseln.

Von diversen Therapien wurde ich ausgeschlossen und heute weiss ich warum - damals war ich nicht nicht Therapiefähig! Sicher, in der Gruppentherapie und Musiktherapie, ich brachte mich ein aber latschte durch alle Fettnäpfchen. In der Musiktherapie konnte ich mich öffnen, was anderen wiederrum nicht gelang. Ich habe da die Meditation für mich entdeckt - eben so eine Wegrichtung gefunden und das ohne Medis.

Für eine herapie braucht man vie Kraft und Zeit und bitte, gebe ihm die Zeit!!! Sei einfach da und spüre nach, welche Nähe er für sich zulassen kann. Sei einfach und lass ihm aber seine Entdeckungsreise in sein ICH, anders ist das wohl schwer zu lösen.

Bei mir ist es meine Mutter die nicht mehr lebt. Frag nicht, ich mache hier Höllenritte und zugleich spüre ich mich wieder neu aber intensiver, so weich. Als würde ich eine neue Seite von mir entdecken....ich mache Minischritte geniesse kleine feed backs aber z.B. für eine Beziehung würde mich momentan für völlig ungeeignet halten, erst muss ich mich nich mehr finden, authentischer werden - lernen in diesem Fall, meine Mutter in Grenzen zu weisen.

Ja, er liebt dich aber die Fussfesseln, da macht etwas Angst, Todesangst und man lässt niemanden mehr an sich heran.
Claudia, laß nun Überlegungen warum und weshalb, es ist so und da kann nur ein sehr einfühlsamer Therapeut deinen Freund dazu bringen, sich mal in der Vergangenheit umzuschaun.
Und das ist das faszinierende an den Therapeuten, sie hören nur zu, reden kaum und ich habe eine Aha-Erlebnis nach dem anderen, und staune über mich selbst und verdammt nochmal, jetzt darf mir da noch keiner reinreden!!

Wenn ich das einer Freundin erzählen würde, käme ich nicht zu diesem Erfolg , es ist da was anderes....

Claudia, nochmal meine Bewunderung, ja, vielleicht ist es besser, du gehst in den Angehörigen thread und Michi bleibt hier. Getrennt sein aber trotzdem so ein kleines, unsichtbares Band....lass ihn bitte sich finden.

Es kann nur besser werden wenn man daran arbeitet - auch wenn es nicht gleich den Anschein hat!

Gina
Tinalesekatze
Beiträge: 147
Registriert: 17. Jan 2005, 19:12

Re: Und nun?

Beitrag von Tinalesekatze »

Hallo Micha, hallo Claudia,
ich habe diesen Thread nur überflogen, aber ein ungutes Gefühl dabei bekommen.
Zum Einen würde ich mich persönlich ganz schlecht fühlen, wenn mein Partner hier meine Beiträge lesen würde. Man fühlt sich hier so ähnlich, wie bei einem Therapeuten, wie in einem geschützten Raum. Man kann sich äußern und erzählen und es kommen Antworten zurück. Allerdings keine, die einem im täglichen Leben beieinflussen oder aus der Bahn werfen können, denn man hat den Schutz, dass man sich ausklinken kann, wenn man eine Diskussion nicht weiterführen möchte.
Von daher finde ich es schwierig, wenn beide hier kommunizieren und vielleicht auch die Äußerungen des anderen überwachen?! Die Diskussionen die daraus zwangsläufig entstehen müssen (z.B. wegen des körperlichen Rückzuges etc.) machen noch mehr Probleme, dabei wollte "Mann" sich doch einfach mal ganz neutral etwas vom Herzen reden/schreiben.

Zum Anderen finde ich das mit der Ausbildung zur Geistheilerin ebenso problematisch.
Macht man den anderen nicht dann von sich abhängig, wenn man ihm vermittelt, dass man es besser kann (das den Geist heilen) als er selbst? Ist es nicht eine extreme Abhängigkeit, wenn die Partnerin, zu der man eine Liebesbeziehung hat, auch die sein soll, die einen heilt?
Was würde das bedeuten, wenn die Beziehung nach der "Geistheilung" in die Brüche gehen würde?

Vielleicht mache ich mir da einfach viel zu viele Gedanken dazu, aber ich habe da ein schlechtes Bauchgefühl beim Lesen.

Gruß, Tina
Meine Träume heute, sind Erinnerungen an gestern und Hoffnungen auf morgen.
Lisa23

Re: Und nun?

Beitrag von Lisa23 »

Hallo Micha, hallo Claudia,

ich kann mich nur der Meinung von Tina anschließen. Ich könnte hier nicht einen einzigen Buchstaben schreiben, wenn mein Partner meine Beiträge lesen würde.

Für mich ist dieses Forum ein geschützter Raum, ähnlich wie beim Thera. Ich rede auch nicht über die Dinge, die ich mit meinem Arzt oder meiner Thera bespreche, mit meinem Partner. Oberflächlich schon, aber er bekommt keine Details. Ich habe auch so vieles aufzuarbeiten, was ganz allein zu meiner Vergangenheit gehört. Da muss ich erstmal für mich ins Reine kommen. Das kann ich nicht beim Frühstück diskutieren. Das möchte ich auch nicht via Internet durch meinen Partner gelesen wissen.

Lieber Micha, ich empfinde es leider so, Du schreibst hier unter erschwerten Bedingungen. Es ist ja schon zu bewundern, dass Du Dich überhaupt öffnest und bist damit sicher auf dem richtigen Weg. Du hast Deine Mauer erkannt, sie hat Dir lange Schutz geboten. Jeder Stein war aber auch sicher eine Verletzung in Deinem Leben, die Du irgendwann erfahren hast. Es hat gedauert, bis die Mauer stand und es wird dauern, bis sie wieder fällt. Ungeduld ist da fehl am Platz. Aber Du hast es erkannt und arbeitest daran. Glückwunsch.

So wie ich Deine Geschichte gelesen habe, heißt es jetzt für Dich, wieder lernen, Vertrauen zu haben. Das geht aber nicht, wenn jeder Schritt von Dir überwacht wird. Ich würde sterben. Ich hab da leider ein ganz schlimmes Bauchgefühl. Das wäre mir an Nähe viel zu viel, einfach unerträglich. Tut mir leid, Claudia, aber so fühle ich mich, wenn ich Euere Geschichte lese.

Ich wünsche Euch, dass ihr einen Weg findet, der Euch beide glücklich macht. Vielleicht wäre es auch eine Möglichkeit, die Krankheit nicht unbedingt in den Mittelpunkt Euerer Beziehung zu stellen, sondern einfach versucht, mit der Krankheit, mit ihren ups and downs, zu leben. Damit wäre von Micha etwas Druck genommen.

Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende, liebe Grüße, Lisa
Keken
Beiträge: 338
Registriert: 26. Aug 2005, 14:34

Re: Und nun?

Beitrag von Keken »

Micha, was sagst du dazu, dass deine Freundin in deinem Threat mitkommentiert (auch wenn es noch so liebevoll gemeint ist)? ich finde es gefährlich, therapie und beziehung zu vermischen, auch wenn es vielleicht beziehungen gibt, bei denen es klappt. für mich spricht allerdings aus deinen mails die große sehnsucht, einfach so sein zu dürfen, wie du dich derzeit fühlst (auch wenn du nicht weißt, wie und was das ist). deine außenwelt, so auch verständlicherweise deine freundin, scheint jedoch alles daran zu setzen, dich wieder "herstellen" zu wollen. auch wenn es als hilfe gemeint ist, erzeugt es druck. ich verstehe das.

ich finde es trotzdem ganz großartig, was deine freundin alles für dich zu tun bereit ist; sie muss ein toller mensch sein. mich allerdings haben diese "tollen menschen" (das ist nicht abwertend gemeint) in meinen dunkelsten phasen oft schlicht überfordert.

bleibst du weiterhin im forum? euch beiden, aber ganz besonders dir wünsche ich viel kraft. es gibt einen weg aus dem ganzen heraus, auch, wenn du im moment nicht mehr daran glauben kannst.

liebe grüße
keken
Fear NOT, for I'm with you, says the LORD.
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