Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

barilla
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Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von barilla »

Hallo alle!

Ich habe seit ca. drei Jahren immer wieder Depressionen, welche im Abstand von mehreren Monaten schubweise auftreten und mehrere Wochen bis einige Monate -mal mehr mal weniger schlimm- anhalten.
Ich habe immer wieder Medikamente verschrieben bekommen, mittlerweile nehme ich Paroxetin 10mg, seit ca. dreieinhalb Wochen, zusätzlich bin ich seit 2 jahren in einer gesprächstherapeutischen Psychotherapie.
Ich studiere seit zwei Semestern Malerei an einer Kunsthochschule.
Mir geht es, was die Depressionen betrifft, auch schon besser, nur habe ich nun das Problem, dass ich das Gefühl habe, nicht mehr malen zu können. Das heißt nicht, dass ich glaube, meine technischen Fähigkeiten, was die Malerei betrifft, sind versiegt, sondern ist es mehr so, dass ich vor der Leinwand stehe und nix geht!!! Ich bin wie blockiert!!!
Das macht mich völlig rasend! Erstens ist es ganz schlimm, zu bemerken, dass das woran mein Herz hängt, in meinem Fall die Malerei, einfach nicht mehr funktioniert. Das ist, als würde mir die Luft zum Atmen genommen werden!!!
Zweitens bin ich ja nicht nur zum Spaß an der Uni, sondern muß/möchte dort auch etwas leisten. Und es geht einfach nicht!
Die Depressionen sind schon unangenehm genug, aber wenn ich nun auch noch das Gefühl habe, dass die Tätigkeit, die ich mit am meisten in meinem Leben liebe, gar nicht mehr geht, macht mich das nur noch depressiver!
Gibt es hier im Forum auch Künstler oder Künstlerinnen, die ähliche Erfahrungen machen wie ich? Wie geht ihr damit um? Wie kann ich wieder zu meiner Kreativität finden?
Könnte es sein, dass auch das Medikament die kreativen Bereiche im Hirnstoffwechsel nachteilig beeinflusst?
Wer weiß Rat?

Danke und liebe Grüße,
Barilla
BeAk

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von BeAk »

Liebe Barilla,

das sind die Auswirkungen der Depression, Blockaden im denken, in den Bewegungsabläufen, in der Inspiration.

Mir hat die "progessive Muskelentspannung nach Jacobson" geholfen meine Blockaden zu lösen. Willst Du mehr wissen?
Emriye2
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Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von Emriye2 »

Liebe Barilla,
ich weiß nicht ob du mich kennst, ich schreibe grad recht wenig hier und lese auch nur vereinzelt. Aber dieses Thema ist mir kräftig ins Auge gesprungen, weil es auch ein riesiges Problem war während meiner Depression. Ich dachte auch, dass diese Fähigkeit bei mir abgestorben ist, wie alle anderen Gefühle und nie wieder kommen.

Aber genau dies ist ein Symptom der Depression, die Gefühle sind weg, wie tot und da Malen vorallem was mit Gefühl zu tun hat, geht das nicht mehr. Je mehr Druck du dir in diesem Bereich machst, desto weniger geht, glaub mir!!! Es ist hart, aber du brauchst Geduld und Ruhe und darfst dich zu nichts zwingen. Die Inspiration ist ein Geschenk, es kommt von Innen und kann nicht angekurbelt werden wie ein Motor....

Vielleicht solltest du dir etwas mehr Ruhe gönnen und dir nicht so einen Druck bereiten, wenn das möglich ist?? Denn die Gefühle lassen sich eh nicht auf Knopfdruck wiederherstellen...

Aber es kommt wieder, es braucht Zeit und Geduld. Geduld ist eh das was man in der Depression am meisten zu lernen hat. Und dann wird es aus dir heraussprudeln und der Schmerz und das Leid während der Depression wird sich in deinen Bildern auszahlen...

Ich wünsche dir alles Liebe und eine dicke Portion "Geduld"

Liebe Grüße
emriye
barilla
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Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von barilla »

Ja, gerne will ich mehr wissen!
Die progressive Muskelentspannung kenne ich. Die habe ich mal als Kind, als ich an einer Zwangsserkrankung litt, gelernt!
Ich weiß allerdings nicht, ob ich gerade dazu fähig bin, sie anzuwenden. Ich bin gerade einfach nur voller Wut und Trauer, dass ich nicht malen kann! Es ist eine so große Angst in mir, dass ich nicht mehr fähig bin, künstlerisch zu arbeiten!
Es hat mich damals soviel Kraft gekostet, diese Aufnahmeprüfung für die Kunsthochschule zu bestehen -es war mein großer Traum dorthin zu kommen... Nun hat es geklappt, alles ist eigentlich toll, ich habe dort "meinen Platz" gefunden und jetzt das: Die Depression macht mal wieder alles kaputt und ich kann nicht mehr malen! Verdammt!!!!!!
Ich stehe in meinem Atelier und es ist der Horror, nix geht!
Ich hasse eigentlich dieses Klischee, aber leider trifft es gerade echt auf mich zu: Komme mir vor wie die verhinderte Künstlerin!
Sorry, für die Jammerei! Aber, es musste grad mal raus, weil ich darüber so traurig bin!!

Liebe Grüße,
Barilla
barilla
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Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von barilla »

Liebe Emriye!

Ja, die liebe Geduld, das ist schon ein Kreuz... aber Du hast Recht, ich darf mich nicht so sehr unter Druck setzen. Das war nur leider noch nie so meine Stärke! Aber vielleicht hast Du ja Recht: Mehr Geduld mit mir und meiner Kunst und dann kommt auch wieder nicht nur mehr Farbe ins Leben, sondern auch auf die Leinwand! Das wünsche ich mir sehr!!
Lieben Dank für Deine Antwort! Das hat echt gut getan!!!

BARILLA

P.S: Ob ich wohl erstmal gar nicht ins Atelier gehen soll? Wie geht das bloß mit dem "nicht unter Druck setzen"? Das ist vielleicht ne doofe Frage, aber ich weiß es wirklich nicht. Ich glaube, ich habe mich zeitlebens mit allem unter Druck gesetzt! Alles musste perfekt sein, oh mann...
Emriye2
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Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von Emriye2 »

Liebe Barilla,

wahrscheinlich wäre es am besten, erstmal nicht ins Atelier zu gehen. So würdest du den Druck auf Produktivität rausnehmen und könntest nach "Innen" spüren, wann wieder was raus muß.

Ich wünsche dir alles Liebe und gute Nacht
emriye
BeAk

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von BeAk »

Liebe Barilla,

dann weißt Du ja wie Du die Übungen anwenden muß. Oder hast Du es vergessen? Dann belege noch mal einen Kurs in der Volkshochschule oder Familienbildungsstätte. Die Krankenkassen sind bereit einen Teil der Kosten zu übernehmen und haben auch ein Kursverzeichnis.

Durch die Übungen erreiche ich, das ich seelisch ausgeglichen und innerlich ruhig bin. Ich mache die Übungen 1mal täglich, unter Belastung, Stress auf der Arbeit, auch mal zusätzlich zwischendurch.

Vor Kursbeginn litt ich unter Nervosität, und Unruhe, gleichzeitig hatte ich massiven Blockaden, konnte teilweise nicht richtig lesen, schreiben, mich oft nicht angemessen bewegen, habe alles mögliche umgeschmissen, konnte die Schulbücher meines Sohnes nicht einbinden und das schlimmste, konnte teilweise nicht mehr richtig denken.

Durch die Muskelentspannung habe ich schon am ersten Abend gemerkt, das sich die Motorik meiner Hände normalisierte. Und so verbesserte sich täglich langsam mein Zustand. Ich kann mit den Übungen geziehlt, unter Stess sich anbahnende Blockaden abfangen.

Liebe Barilla, versuch es mit der Muskelentspannung, es kann Dir nicht schaden.
Galgenvogel
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Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von Galgenvogel »

Hallo Barilla,Dein Thema bewegt mich als Schriftstellerin auch bei jedem neuen Schub.Kreativitätslücken zu überbrücken habe ich erst in den letzten Jahren gelernt - und der erste Schritt dahin war, sie wirklich als Lücken und nicht als Totalverlust betrachten zu können. Das funktioniert natürlich je nach Schwere und Phase des Schubs recht unterschiedlich.Für die richtig schlimme Zeit habe ich leider keine Strategien, und alles, was man in gesunden Zeiten weiß - daß diese Krankheit offenbar sehr genau das abhackt, worüber man sich sonst definiert, das aber eben doch nur eine vorübergehende "Amputation" ist - liegt dann verschüttet.Wenn ich Dein Posting jedoch richtig verstanden habe, bist Du im Moment aus dem Schlimmsten heraus und hast wieder Aufwind. In dieser Phase ist bei mir die Kreativität auch noch nicht auf Knopfdruck da. Deshalb mache ich "Fingerübungen", d.h. ich konzentriere mich auf das reine Handwerk, versuche z.B. irgend etwas Gegenständliches so genau wie möglich zu beschreiben. Das nimmt den Druck, sich etwas Neues einfallen lassen zu müssen bzw. auf Teufel komm raus kreativ zu sein. Ich nehme an, daß die Methode im bildnerischen Bereich ebenso möglich ist - so wie ich einen Apfel beschreibe, könntest Du ihn malen. Interessant war für mich zu beobachten, daß in der Wiederholung dieser Fingerübungen - also in Abständen immer wieder einen Apfel zu beschreiben - eine allmähliche, von mir meist erst beim späteren Wiederlesen bemerkte Veränderung eintritt. Der ursprünglich knochentrockene Text erhält nach und nach wieder mehr Bilder, wird metaphernreicher: die "alte" Kreativität schleicht sich also auf leisen Sohlen von selbst ein. Ich könnte mir vorstellen, daß beim Malen ähnliche Prozesse ablaufen. Gleichzeitig hilft mir die Beschäftigung mit dem Handwerk gegen das Gefühl von Nutzlosigkeit, das man ja noch oft mit sich herumschleppt. Man tut etwas, feilt an den eigenen Fertigkeiten.Eine andere Sache, die ich inzwischen bewußt zum Überbrücken nutze, sind Assoziationsketten. Da die Dinger ja auch ohne Depression gänzlich sinnfrei sein dürfen, kann ich sie ohne jeden Anspruch und damit auch ohne Druck laufen lassen. Ich bin immer wieder überrascht, welchen befreienden Effekt es haben kann, das eigene Hirn mal von der Leine zu lassen. Ich wünsche Dir auf jeden Fall, daß Du bald wieder spürst, wie Dich die Muse streift Liebe Grüße vom Galgenvogel, der froh ist, daß es ihm wieder richtig gut geht
Ivory
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Registriert: 30. Aug 2005, 17:43

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von Ivory »

Hallo,
ich arbeite auch künstlerisch-/kreativ (leider nur mit Handwerk - ohne Hochschulabschluß, ich wünschte, ich hätte mich 'damals' getraut).
Die Idee mit den Fingerübungen gefällt mir besonders gut!
Außerdem finde ich es hilfreich, meinen 'Deprizustand' in Form, Worte, oder Farbe zu bringen und diese Methode, die mir neulich unter die Finger geraten ist - Mindmapping. So habe ich eine Rückmeldung über das, was ich denke und fühle und wohin es mich führt.

Gruß,
Ivory
DewaChe

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von DewaChe »

Hallo Barilla,

na denn mal willkommen im Klub der "Künstler".
Ich habe immer noch ein halbfertiges Buch hier liegen an dem ich schreibe bzw. schrieb. Nebenher male ich etwas und handwerkeln.
Allerdings geht es mir wie dir. Vor gut einem Jahr war mein Kopf einfach leer, nichts ging. Nach meinem Klinikaufenthalt sprüht meine Phantasie wieder aber ich kann nichts umsetzen. Sobald ich versuche auch nur ansatzweise etwas zu schreiben sind alle Gedanken wie weggewischt, in meinem Kopf ist wieder Nebel.

Inzwischen sehe ich es eben als schöpferische Pause und orientiere mich an ganz anderen Dingen. Z.Zt. experimentiere ich mit Klangschalen und siehe, das gelingt mir. Ich habe Farbe an meine Wände gebracht obwohl ich immer das reine Weiss liebte... usw.

Vielleicht ist die Depression auch Zeit für Veränderungen, sich neu entdecken, ausprobieren welche Ressourcen noch in uns stecken, die einem "Gesunden" vielleicht Verborgen bleiben.

Ok, ich kann heute immer noch nicht an meinem Buch weiterschreiben aber dafür habe ich einige neue Seiten an mir entdeckt.

Lacht nicht, für mich ist es eben auch meine Meditation die mich beflügelt, wenn ich spüre wie ich bei Qigong oder ThaiChi meine Gefühle in Bewegung ausdrücken kann und spüre wie ich innerlich wachse.
Für mich ist die Meditation wie für euch die Medis - bei mir wirken Medis kaum,(Kindheitstraumata) selbst beim Zahnarzt wirken Spritzen nicht, er macht dann Akupunktur.

Barilla, deine Crux ist sicherlich, daß du eben noch studierst und Bilder abliefern musst wegen den Scheinen. Kannst du nicht ein oder zwei Semester pausieren - vielleicht ist die Krankheit auch ein Wink dafür, eben seinen eigenen Stil zu finden.

Es ist interessant zu lesen, daß andere auch diese Blockaden haben und bemüht ist, Alternativen zu finden um diese zu lösen.
Gerade der Austausch hierüber begeistert mich, wie kreativ doch manche werden und ich werde davon auch einiges für mich ausprobieren.

Ja, da muss jeder seinen eigenen Weg finden, das ultimative Rezept gibt es nicht. Aber offen für Neues sein, sich nicht nur auf die Wirkung der Medis verlassen sondern Krankheit auch als Chance sehen vergrabenes zu aktivieren....

Ohje, ich bin nun unsicher ob ich das abschicken kann - sorry, ich denke halt eben etwas "anders". Und immer mehr und nicht ohne Grund findet die trad. chin Medizin immer mehr Verankerung und wird anerkannt.

So, bevor ich nun darüber nen Roman schreibe...
Kreative Grüsse

Gina
flora80
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Registriert: 24. Mär 2003, 18:48

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von flora80 »

Hallo ihr!

ohoh... na da wird ja in diesem Thread das Vorurteil des verrückten Künstlers voll bedient! hihi... Keine Angst, ich gehöre auch dazu! Musikerin. Habe zum Glück meinen künstlerischen Teil vom Examen bereits fertig, so dass ich nie wieder, es sein denn freiwillig, vor irgendeiner Jury spielen muss. Und da bin ich echt froh drüber.
Vor meiner letzten derartigen Prüfung ging bei mir auch nix mehr, ich konnte einfach nicht üben, weil ich mich kaum konzentrieren konnte und der Druck, etwas abliefern zu müssen mich komplett blockiert hat. Mein Weg war der, dass ich es einfach habe darauf ankommen lassen. Ich habe einfach nicht mehr geübt, nur, wenn ich WIRKLICH das Gefühl hatte, es könnte gehen. Und irgendwann konnte ich mich dem Flügel wieder ohne komplette Verkrampfung nähern. Natürlich war da weiterhin die Angst, es nicht zu schaffen, aber ich habe mir gedacht, dass ich dann eben im nächsten Semesyter das ganze wiederhole, auch wenn das natürlich echt peinlich für mich gewesen wäre, da ich eigentlich immer in dem Ruf stand, ziemlich viel zu können.... Tja. Die Prüfung ist dann sehr gemischt gelaufen. Im Hauptfach hatte ich leider nur eine 3,0 was mich auch echt fertig gemacht hat. Heute ist mir das egal, weil ich weiß, dass ich viel mehr kann. Im Nebenfach war es immerhin eine 1,3 und da bin ich ziemlich stolz drauf!
Was ich also sagen will: Versuch dir den Druck zu nehmen indem du erstens nur in's Atelier fährst, wenn dir wirklich danach ist und indem du zweitens die Möglichkeit in Betracht ziehst, dass es mit Depris eben länger dauert, zu studieren. Ich hänge an dem Punkt auch jedes Mal und es gelingt mir nur mäßig. Aber immerhin habe ich so einiges mehr geschafft, als wenn ich mir diese Einstellung nicht immer wieder eingeredet hätte. Zur Zeit geht es mir allerding sehr schlecht, was unter anderem auch mit dem Studium zu tun hat und ich kämpfe sehr....

In diesem Sinne,
Flora
Leni2
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Registriert: 10. Aug 2005, 18:00

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von Leni2 »

Hallo!

Scheint ja ein Thema zu sein, was viele betrifft. Auch mich, obwohl ich in keiner Weise Künstlerin bin. Nicht, weil ich nicht kreativ wäre, aber ich habe diese Blockaden im Ausdruck bestimmt schon seit ich 12, 13 bin. Und zwar in allen Bereichen: malen, Musik, Bewegung. Ich fühle mich bei allem total steif, kann mich nicht ausdrücken. Das einzige, was immer ging, war Tagebuch zu schreiben, aber im Moment auch nicht mehr.
Ich glaube, bei mir hat es stark mit überhöhten Ansprüchen an das Ergebnis und mit dem Einlassen auf die Sache zu tun.

Das Thema spricht mich deshalb an, weil ich mit meiner Magisterarbeit anfangen wollte und da ja auch eine Form von Kreativität oder Produktivität verlangt wird. Ich schaff es einfach nicht. Es ist, als wenn ich mich selbst verlieren würde, wenn ich mich zu sehr auf eine andere Sache einlasse. Und das liegt vielleicht daran, dass ich nicht in mir ruhe, vielleicht mich sogar schon zu sehr verloren habe, weil ich unbewusst ständig versuche, mich anzupassen. Einige male kam es dadurch schon an einen Punkt, wo ich ganz aufhören musste und gar keinen Druck mehr ertragen habe. Im Moment habe ich auch so eine Zeit.

Bei mir hilft dann immer nur, mir den Druck auch zu nehmen. Entweder, indem ich einfach die Hausarbeit unter dem Motto schreibe "Hauptsache Schein" oder indem ich mir wirklich die Auszeit nehme, so wie Flora es beschrieben hat (ich finde deine Strategien übrigens sehr toll, Flora, auch wie du es in einem anderen Thread geschrieben hast und ich wünsche dir ganz viel Gutes für dein Examen!).

Das wird jetzt mein viertes Krankheitssemester sein, aber es geht halt nicht anders. Ich muss wieder zu mir finden, sonst schaffe ich gar nichts. Und vielleicht andere Perspektiven finden, die mir nicht so einen Druck machen. Da muss man auch ganz viel von seinen Wünschen und Vorstellungen loslassen (die "Lebensillusionen"??). Jetzt werde ich doch nicht vor 30 mit dem Studium fertig...aber mir macht es im Moment Hoffnung, dass auch andere mit einem krummen Lebenslauf ihren Platz finden. Und das scheint mir das Wichtigste zu sein.

Liebe Barilla, ich hoffe, du findest die Ruhe und Entspannung, die deine Kreativität wieder hervor holt. Das mit den Fingerübungen ist eine gute Idee, aber man muss sehen, wie tief die Blockade ist und ob man nicht wirklich etwas Abstand braucht. Ich finde es sehr bewundernswert, dass du so ein Studium machst und überhaupt Zugang zum Malen hast. Toll! Sei nicht zu hart zu dir, es ist immer auch wichtig zu sehen, was du alles trotz der Depression geschafft hat (z.B. habe ich mir gerade trotz Depriphase 10-Fingertippen beigebracht und bin wahnsinnig stolz drauf !

Liebe Grüße,

Lena
Alles, was man über das Leben lernen kann, ist in drei Worte zu fassen: Es geht weiter!

DewaChe

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von DewaChe »

Liebe Lena,

nur mal so, ich bewundere dich, wie du hier deine Gefühle beschreiben und artikulieren kannst.

Ich schreibe an einem Buch - nicht mein Beruf und bekomme kaum nen vernünftigen Satz zusammen obwohl ich schon einiges bisher schrieb, was auch Veröffentlicht wurde (Gedichte, Kurzgeschichten) hab bzw. Lesungen gehalten.
Wenn ich meine Probleme schriftlich mitteilen soll, herrscht absolute Blockade. Mir scheint, daß irgendetwas in mir verhindern möchte, daß da etwas schriftlich "niedergelegt" wird, als Beweis dienen könnte. Inzwischen weiß ich ein Teil der Hintergründe dank meines Therapeuten, der mich sehr behutsam in meine Kindheit begleitet.

Lena, gehst ja bald nach Rinteln, ich wünsche dir, daß dies für dich die "richtige" Klinik ist und du gestärkt zurückkommst um dich an die Arbeit mit dir zu machen.

Liebe Grüsse,

Gina
SophiaDeLuna
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Registriert: 19. Sep 2005, 12:29

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von SophiaDeLuna »

Hallo Barilla,

ich bin zwar beruflich nicht künstlerisch tätig aber Kreativität (malen/zeichnen, schreiben, Musik machen) und auch sportliche Aktivität gehörten immer irgendwie zu meinem Leben. Zur Zeit kann ich all das nicht ausleben - es geht einfach nicht.

Auch ich übe mich in Geduld - und auch mir fällt das wahnsinnig schwer.

Ich möchte eine Ausbildung zur Computertechnikerin machen, das ist zwar nun gar nicht künstlerisch/kreativ aber die Probleme/Ängste bestehen auch hier - ich erfahre erst nächste Woche, ob ich die Ausbildung (Fernschule) vom AA genehmigt kriege und ich habe tierische Angst, daß sie es nicht genehmigen, habe Angst, daß ich es nicht schaffe, daß ich (wiedermal) versage, daß die KK meine Thera nicht bezahlt usw. usw. usw. Scheiß Ängste,blöde.
Warum haben eigentlich so viele von uns solche Ängste? Warum wird man in dieser Welt nur über Leistung definiert? Ich hasse diese Welt/ dieses System. Wie kann man damit jemals klarkommen? Das ist mir ein echtes Rätsel.

Scheiße - eigentlich wollte ich doch was ermutigendes schreiben und nun...
Am liebsten würd ich jetzt alles wieder löschen - aber die vage Hoffnung, daß hier keiner über mein Geschreibsel meckern wird läßt mich nun doch auf Abschicken drücken.

Ängstliche, unsichere aber liebe Grüße
Sophia
mautzihh
Beiträge: 365
Registriert: 27. Jun 2003, 22:42

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von mautzihh »

Hallo Ihr alle,

ja auch ich kämpfe grad wieder mit den Blockaden beim Denken, planen und schreiben. Außer meinem eigenen Anspruch auf Perfektionismus spüre ich auch den äußeren Druck enorm.

Muss bis Donnerstag meinen Businessplan diskussionsfertig haben und daran ist gar nicht zu denken. Seit einer herben Kritik vor 2 Wochen kämpfe ich mit der anschleichenden Depri, sortiere meine Papiere und Gedanken von rechts nach links, schichte meine Ideen hin und her und kriege nichts umgesetzt. Ich glaub, dass man das gut mit fehlender Kreativität vergleichen kann. Hab sogar den Anflug von Angst, dass ich doch aufs falsche Pferd gesetzt hab, obwohl ich seit Mai an meiner Geschäftsidee arbeite und ganz fest überzeiugt bin?/war/bin, dass ich genau das Richtige für mich gefunden hab. Geduld ist so eine Sache - mir brennt natürlich auf den Nägeln, dass ich endlich in Schwung kommen muss mit der Praxis und dem Geld verdienen.

Aber alles Jammern nützt halt nichts, deswegen kann ichs gleich lassen. Hab mir am Freitag von meinem Neurologen eine Imap-Spritze geben lassen und fühle doch ein wenig mehr Kraft. Gestern hab ich mir am Vormittag Markt gehen gegönnt, am Nachmittag ein wenig Schlaf, am Abend früh ins Bett und heut vormittag mal wieder etwas gründlicher saubermachen. Ds hilft mir eigentlich oft auf die Beine, weil die Gedanken so schön überall hin schweifen können und oft angeregt werden und das Abwischen von früheren Urlaubs-Andenken. Nachher gönn ich mir noch ausgiebiges Bügeln, was ich schon wochenlang gesammelt hab - auch dabei können die Gedanken so schön spazieren - und vielleicht bringen sie mich ja dann wieder ein wenig in die richtige Richtung.

Diese Muskelentspannungsübungen würden mich mehr interessieren - könnt Ihr mir nochmal sagen, so ich mehr darüber finde?

Ich wünsch Euch allen einen heftigen Aufwärts-Trend und noch einen schönen Sonntag.

Liebe Grüße

Mautz
feuerfisch
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Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von feuerfisch »

Hai Barilla

Ich kann mich auch nicht Künstlerin nennen, jedoch definiere ich mich zum großen Teil über die Dinge die ich erstelle. Wobei ich "alles verarbeite was ich in die Finger bekomme".

Aber da ich mich darüber definiere ist es für mich ganz besonders schlimm wenn ich merke das die Kreativität weg ist. Am Schlimmsten ist es wenn ich mich noch nicht einmal mehr dazu aufraffen kann überhaupt irgendetwas anzufangen.
Doch das ist zum Glück nur ganz selten so, seit ich gelernt habe das ich mir dann trotzdem Arbeitsmaterial zusammen hole. Zunächst sitze ich dann vor meinen angefangenen Stücken und hab ne Blockade, weiß beim besten Willen nicht was ich machen soll, traue mich dann auch gar nicht an etwas Begonnenes dran aus Bange das ich es zerstöre.

Doch inzwischen fange ich trotzdem an, allerdings immer etwas Neues. Am leichtesten fällt es mir mit dem Malen. Ich greife nach Farben die mir gefallen (und wenn mir zu dem Zeitpunkt nichts gefällt, so greife ich nach denen von denen ich weiß das sie mir ansonsten gefallen). Und dann ziehe ich Striche, Kurven, kritzel so vor mich hin. Mit der Zeit verliere ich mich dann wieder darin - das kann allerdings auch Stunden dauern. Meist bin ich unzufrieden mit dem was herauskommt, aber das macht nichts, denn bis dahin hab ich den Block überwunden und kann etwas Neues anfangen, bzw. Begonnenes weiter machen.

Die Stücke, Bilder, die in solchen Zeiten entstehen finde ich zunächst meist scheußlich, doch ein Tag später, oder manchmal auch Wochen später erkenne ich das sie mit zu meinen ausdrucksstärksten Stücken zählen. Manchmal verändere ich noch eine Kleinigkeit, manchmal auch nichts. Doch sie finden ihren Platz.

Für dich ist es klar wichtig das du deine Aufgaben erledigst und mit dem Studium weiter kommst. Aber setzte dich nicht so unter Druck das du diese benötigten Stücke derart in den Vordergrund rückst - dann läuft (zumindest bei mir) nichts. Lasse dich und deine Emotionen einfach ein wenig treiben und binde sie in die Bilder ein, später, wenn es wieder läuft kannst du dich dann besser auf die "wichtigen" Bilder konzentrieren.

Ich wünsche dir viel Erfolg und schick auch ein aufmunterndes Lächeln an alle anderen die hier schreiben

feuerfisch
Es gibt 1000 Gründe alles beim Alten zu lassen und nur einen einzigen etwas zu ändern - DU HÄLTST ES EINFACH NICHT MEHR AUS!
flocke
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von flocke »

Hallo,

ich finde wenn ich das hier so lese schon komisch dass es bei mir genau andersherum ist.

je schlechter es mir geht, desto besser isst was ich schreibe... gut, ich male auch (wiederum nur wenns mir schlecht geht!), aber kunst kann man es nicht nennen

naja soviel dazu...eure flocke
Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung
sg
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Registriert: 17. Sep 2005, 08:04

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von sg »

Hallo Barilla,
ja eigentlich habe ich schon lange gedacht, daß es doch viel mehr Künstler "unter uns" geben müsste. Mir ist es ähnlich wie dir gegangen, allerdings erst lange nach dem Studium. Ich bin Klavierlehrerin, und als meine Kinder selbständiger waren, war ich Feuer und Flamme, eine Konzertkarriere aufzubauen, habe ganz ganz viel Klavier geübt und arrangiert und geprobt.. ich war in einem euphorischen Schaffensrausch. Das hielt nur zwei Jahre, dann kam der völlige Zusammenbruch, eben auch körperlich: entzündete Gelenke. Die Therapeutin meinte, ich solle das grundsätzlich in Frage stellen, ob ich überhaupt Musikerin sei, und das war ganz schlimm. Ich "musste" alles abbrechen, und konnte gar nichts mehr. Viel später, nach einigen Theras, hab ich voriges Jahr angefangen, "nur für mich" zu spielen, wie ich gerade Lust habe, ohne Leistungsdruck und jetzt auf einmal fließt es, ich kann sogar komponieren und weiß, daß bin ich, das ist die Musik, die in mir ist. Werde bestimmt nicht berühmt, will auch keine Karriere mehr machen, ist viel zu stressig, aber ich bin nun mal so wie ich und nicht wie all die berühmten Vorbilder, an denen wir uns im Studium immer messen sollten. Musik ist meine Ausdrucksmöglichkeit und darüber bin ich sehr froh.
Vielleicht kannst Du ja Deine Krise als Chance sehen, Dir Zeit zu nehmen, Deinen eigenen Weg zu finden. Ich weiß, daß hört sich abgeleiert an, aber wie soll es anders gehen? Es stimmt, ohne wahnsinnig viel Geduld geht es nicht, und schon gar nicht mit Leistungsdruck.
Vielleicht kann oder will deine Depression dir ja auch immer wieder sagen, daß du ein ganz besonders sensibler Mensch bist und eben nicht in dieses Schema passt und eben dein Tempo hast. Und daß Du das "jetzt schon", im Studium, durchmachst, ist bestimmt eine Chance, nicht jahrelang in die falsche Richtung zu laufen. Die Tipps mit den "Fingerübungen" finde ich auch gut. Denn rein handwerklich kannst Du ja weiter "dranbleiben", und dann wird sich irgendwann wieder etwas von allein einstellen.
Ich hoffe, das kann dir ein bißchen helfen.
Liebe Grüße
Lilie
Thuja
Beiträge: 444
Registriert: 16. Mär 2004, 20:59

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von Thuja »

Und noch eine Künstlerin - wenn auch nicht hauptberuflich. (Mir geht's derzeit auch nicht gut, hab' jetzt erst mal wieder mitgelesen hier...)
Musik...Klavier... Konzerte spielen kann ich in meinen Depri-Phasen nicht, das wär' absolut utopisch. Keine Konzentration, Finger spielen "alleine" irgendwas, klingt nach "Holz", aber nicht nach Musik. Ist dann zusätzlich nur noch frustrierend, denn auch das, was sonst geht, geht dann eben nicht...
Ist momentan leider auch so. Wenn die Konzentration etwas besser ist, halt im wahrsten Sinne des Wortes nur Fingerübungen, wenn auch nur 10 min, aber dann wirklich achtsam.
Und im Lauf der Zeit merke ich dann wieder, wann ich wieder spielen kann, und wann auch wieder die Körperkraft da ist, z. B. Rachmaninow zu üben!
Mit dem Malen (abstrakt ungegenständlich) ist es ähnlich, in den Depri-Phasen ist mein Kopf nur noch leer. Wollte ich das ausdrücken, ist ein leeres Blatt Papier noch zu "voll"... Erst wenn ich wieder ein bisserl mehr "zu mir gekommen bin", dann kann ich auch wieder malen, ist oft am Anfang auch "nur" Versuch. Aber habe ich dann wirklich wieder Ruhe in mir und einen freien Kopf, dann kommen auch die Bilder, dann kann ich wieder das umsetzen, sei es als "Skulptur" oder "normales" Bild.
Man muß nur darauf vertrauen, es war bisher immer so, dann wird es auch weiterhin so bleiben. Ist aber nicht einfach, weiß ich selber. Seit einigen Tagen weiß ich nur, welche Farben mein nächstes Bild enthalten wird, aber nicht mehr... ganz langsam wird eine "Ecke" klarer, aber das reicht noch nicht zum Anfangen, es ist noch nicht genug Basis da... und wenn dann der nächste Arbeitstag kommt, der unendlich anstrengend ist (hab' in der Arbeit derzeit zu dem "normalen" arbeiten ziemliche Probleme mit der "oberen Etage"), krieg' ich gar nichts mehr "gebacken", wenn ich heimkomm... und wenn die freien Tage vorbei sind, geht's grad' so weiter...
Und man hat ja diesen "Leistungsanspruch" an sich gut verinnerlicht, dem kann man in den Tiefen nie genügen, da steht dann gleich alles in Frage...
Was mir grad' bei Euren Beiträgen so auffiel.. ich les' da auch viel Unsicherheit/Angst mit. Angst, daß das so bleibt, wie's grad' ist, Angst, daß die Kreativität völlig weg ist, Angst, daß man gar nichts mehr kann...
Frag' mich grad' so, welche Farbe hat diese Angst oder ist die Angst... wie groß ist sie... wirklich nur zweidimensional... (Da ich nicht gegenständlich male, stelle ich mir auch nichts konkretes vor.) Sind es dicke oder dünne Striche, Punkte, Flecken, Kleckse, Spritzer, amorphe Formen, Gitter, lange Linien, Knoten... welche Farbtöne sind enthalten (kalt, warm)... und der Schmerz da drin (Löcher, Schmirgelpapier, spitze Steinchen??)... etc...
Vielleicht würde es ja "reichen", einfach nur dem, was IST, eben z. B. der Angst, versuchen, Ausdruck zu verleihen, egal was 'rauskommt, wie's aussieht, wie's andere finden... solange, bis es für einen selbst stimmig ist innendrin... es MUSS ja nicht "gut" werden... und wenn's nur ein einziger Strich ist auf Riesen-Pappe, und der "Stimmt", dann ist's o.k.
Laßt uns damit anfangen, wenn sonst schon nichts mehr "geht"... damit wir uns selbst nicht ganz verlieren!

Viele Grüße
Annette
malin
Beiträge: 454
Registriert: 27. Jun 2003, 22:57

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von malin »

Hallo!!
Und noch eine (Ex-) Musikerin...

(Und ein extra Hallo an Flora und Annette!!
Ich war in den letzten Wochen auch nicht hier, erst ein ernsthaft krankes Kind und letzte Woche noch ein Autounfall...als ob wir nicht schon genug Chaos haben...)

Ich habe jetzt seit fast fünf Jahren keinen Ton mehr gespielt und kein Orchester von innen gesehen.
Ich habe den Eindruck, dass ich meine Musik, die bisher lebensnotwendig war, total verloren habe...so langsam gewöhne ich mich daran, ohne Musik zu leben, aber eigentlich stimmt da etwas nicht...
Aber zur Zeit weiß ich wirklich nicht, ob ich wieder musizieren werde und wenn ja, ob es wieder so sein wird wie früher? Oder werde ich mich in der Musik anders fühlen?
Was für Gefühle wird die Musik herausholen...
Ein weites Thema...ich setze mich nicht mehr unter Druck, Musik machen zu müssen, bzw. es können zu müssen...ich warte darauf, dass mein Musik-Gefühl wiederkommt...aber was passiert, wenn es nicht wiederkommt???
Liebe Grüße
Nele
barilla
Beiträge: 127
Registriert: 14. Sep 2005, 19:23

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von barilla »

Hallo ihr Lieben,

Mensch, ich bin echt gerührt von so vielen lieben, schönen und besonders Mut machenden Gedanken von Euch. Es ist mal wieder gut zu hören, dass ich nicht die Einzige bin, die blockiert ist und es einfach alles grad nicht so richtig klappt!
Bei mir an der Hochschule, habe ich dieses Thema noch nie wirklich angesprochen, weil ich immer das Gefühl habe, dass ich nur lauter "Checker" um mich rum habe, bei denen künstlerisch alles klappt. Es wirkt immer so,
als wäre dort schon jeder bei irgendeiner angesagten Galerie unter Vertrag und so weiter. Ich weiß, dass die evtl. auch die gleichen Probleme wie ich manchmal haben (Kunst funktioniert ganz oft eben nicht auf Knopfdruck...), aber das Wissen, dass es bei anderen meiner Mitstudenten evtl. auch manchmal so eine Blockade gibt, ist das eine, aber als Gefühl kommt irgendwie bei mir nicht an. Irgendwo in mir bin ich dann doch wieder zu überzeugt, dass andere doch künstlerisch viel toller sind als ich und der Druck ist wieder da! Oh, mann!

Nun ist es zudem auch so, dass die Hochschule, auf der ich bin, einen wahnsinnig guten Ruf in der Kunstwelt hat und wenn ich manchen erzähle, dass ich dort studiere, machen sie fast einen Hofknicks vor einem! Einerseits freut mich das, aber sofort ist da wieder die Angst, dass ich diesem Ruf überhaupt nicht gerecht werden kann! Und mir und meinem beschissenen (sorry!!!) Perfektionismus auch nicht!!!

Momentan berappel ich mich sonst wenigstens einigermaßen, was die Dep. sonst noch so betrifft. Kann wieder einigermassen gut schlafen, bin Gefühlsmäßig nicht mehr ganz so abgestorben, kann z.B. die Liebe zu meinem Freund wieder spüren (in den akuten Dep.-Phasen ist sogar dieses Gefühl wie verschüttet. Aber das ist wieder ein anderes Thema...), aber bei der Kunst haperts halt noch. Aktiv wie passiv!
Wenn es mir manchmal schlecht ging in der Vergangenheit, bin ich ins Museum gegangen und habe mir Bilder etc. angeschaut. Das war für mich wie "Nachhause-kommen". Da bin ich irgendwie eins mit mir: In solchen Situationen, da brauche ich nur die Kunst und mich und bin absolut selig und es geht mir wieder gut.
Oder manchmal schon im Atelier, da sehe ich meinen Arbeitsplatz und meine Farben und Pinsel und ich könnte heulen vor lauter Glück, weil es so großartig ist an dieser Schule zu sein und die Möglichkeit zu haben, sich künstlerisch ausdrücken zu können und eben Künstler zu werden!
Und dann in letzter Zeit wieder Situation, wo eben nichts zu spüren ist: ich stehe im Museum vor einem Bild und nichts kommt bei mir an, kein Gefühl in mir. Der Raum zwischen mir und dem Bild ist einfach nur leer. Kein "Gespräch" entsteht zwischen uns. Es ist, als würde mir jemand das Herz rausreissen!

Es ist mal wieder ein Roman geworden, aber irgendwie gehts mir im Moment grad besser, weil ich's auch mal auf- und aus mir rausgeschrieben habe! Vielen Dank, dass es hier im Forum diese Möglichkeit gibt!

Ich danke Euch tausend mal für Eure guten Ratschläge! Wenn ihr wüßtet wie gut mir das tut!!!!

Ich drück Euch alle ganz fest
Eure BARILLA
Lee
Beiträge: 1074
Registriert: 5. Jul 2004, 16:42

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von Lee »

Hi Gina & all!

Hier ist ein interessanter Text zum Thema Schreibblockade:

www.iak-talente.de/loader.php?pid=106

Vielleicht hilft er dir - und auch den anderen Handwerkern hier - ein bisschen weiter.


@ Barilla:

Guter Thread!

Angeblich sind Stimmungsschwankungen DIE Kreativitätsförderer schlechthin. Ohne soll es nicht gehen. Je heftiger, desto besser - ohne Leid, keine Kunst. Ich kann das nicht bestätigen, kenne ein Leben ohne Depressionen aber auch nicht (Dysthemie).

Von Schriftstellern weiß ich aber, dass die meisten mit Blockaden zu kämpfen haben und hatten. Manche monatelang und immer wieder. Nicht alle sind depressiv. Bei Malern ist es bestimmt ähnlich.

Als Schreiberling finde ich die Tipps von Galgenvogel sehr hilfreich. Ich halte mich auch ans Handwerk und Lockerungsübungen, wenn ich durchhänge. Inspiration ist sowieso äußerst selten. Wenn man sich auf die verlassen möchte, kann man u.U. lange warten. Schreiben ist harte Arbeit. Ist Malen nur Spaß? Auch nicht oder? (Ich hab echt keine Ahnung.)

Buchtipp zu Kreativität und Inspiration: Alice W. Flaherty, Die Mitternachtskrankheit. Warum Schriftsteller schreiben müssen. Schreibzwang, Schreibrausch, Schreibblockade und das kreative Gehirn.

Viele gute Einfälle und (wieder) Spaß bei der künstlerischen Arbeit wünscht euch

Lee
Leni2
Beiträge: 471
Registriert: 10. Aug 2005, 18:00

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von Leni2 »

Da fällt mir ein, dass mich mein Psychiater letztens so begrüßte: Am Wochenende habe ich mit einem Namensvetter von Ihnen darüber geprochen, ob man depressiv sein müsse, um Künstler zu sein. Auch woanders macht man sich also Gedanken darüber . Macht also erst die Depression aus einem Handwerker einen Künstler?? Das eröffnet doch ganz neue Blickwinkel, vielleicht kann man die Depris dann eher als hilfreiche Erfahrung sehen?
Alles, was man über das Leben lernen kann, ist in drei Worte zu fassen: Es geht weiter!

flocke
Beiträge: 3603
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von flocke »

nun da bin ich nochmal,

ist hier wirklich niemand der besonders (oder ausschließlich) schreibt/malt/musiziert/usw ?

ich persöhnlich schreibe gedichte und das geht nur wenn ich total am boden bin... sonst sind die totaler misst!


schreiben ist für mich eine art ventil und nochdazu der einzige weg mich mitzueilen wenns mir schlecht geht... ich lese das dann später und sehe manchmal mir selbst bis dahin un bekanntes...

kennt das irgendjemand?

lg flocke
Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung
Bellasus
Beiträge: 1628
Registriert: 10. Jun 2004, 21:41

Re: Kunst und Depressionen. Wo ist meine Kreativität hin?

Beitrag von Bellasus »

Hi Barilla und alle Kreativen,

ich wünschte mir manchmal, mehr zu empfinden für Kunst, eigentlich habe ich damit wenig am Hut und habe außer den Klein-Mädchen-Bildern, die man in der Kindheit so fabriziert, noch nie gemalt. Unmusikalisch bin ich sowieso, habe mal bißchen afrikanisch Trommeln gelernt, aber der Lehrer ist an meinem mangelnden Taktgefühl fast verzweifelt.

Heute mal ich - seit der Depression! Letztes Jahr in der Klinik hatte ich mich für Töpfern entschieden, aber nach einiger Zeit war plötzlich ein immenser Drang da, mich auf Papier auszutoben. Und ich war völlig perplex, was da offensichtlich in mir geschlummert hat. Wie schon beschrieben, sind manches nur Formen und Farben, die momentane Gefühle ausdrücken, manchmal habe ich Belastendes auf dem Papier "abgelegt" und konnte dann endlich schlafen. Und manche Bilder habe ich aufgehängt und liebe sie innig.

Wie bei Annette T. entstehen die Bilder meist allmählich im Kopf, aber ich habe auch schon Kreide genommen und in 5 min etwas gemalt, wo ich selber ganz erstaunt war, was bei rausgekommen ist, sehr ausdrucksstarke Bilder meistens.

Eine frühere Bekannte, auch Malerin, bezeichnete das Malen als Arbeit. Ich kann mich schlecht hineinversetzen, wie es ist, wenn man malen (oder musizieren) MUSS. Gefühlsmäßig würde ich auch entweder das Atelier so lange nicht betreten, bis mich meine Füße von alleine wieder dahinbringen. Oder eben die aktuellen Gefühle malen, aber das könnte auch schmerzhaft werden.

Zulassen, sich die Auszeit erlauben - das könnte vielleicht eine Voraussetzung sein, dass es von alleine wiederkommt. Sich für Blockaden verurteilen, dagegen ankämpfen macht es nur schlimmer, das lerne ich in anderen Zusammenhängen auch immer wieder.

In euch drin ist die Krativität auf jeden Fall, und die kann euch auch niemand wegnehmen - auch die Depression nicht!

Liebe Grüße
Annette




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