Dritte depressive Episode mit 25

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Lithium
Beiträge: 11
Registriert: 10. Aug 2003, 13:17

Dritte depressive Episode mit 25

Beitrag von Lithium »

Hallo,
ich bin 25 Jahre alt und studiere Wirtschaftswissenschaften im zweiten Semester. Ich bin 1998 mit 19 Jahren das erte mal an schweren Depressionen erkrankt und war damals für ca. 3 Monate in stationärer/teilstationärer Behandlung. Von den Anfängen bis zur Einweisung in die Psychiatrie sind damals etwa 1,5 Jahre vergangen. Seit dem bin ich nie wieder ganz gesund geworden. 2003 hatte ich dann erneut einen schweren Rückfall. (Wie man sieht fasse ich mich erstmal sehr kurz. Vielleicht schreibe ich demnächst noch längere Beiträge zu dieser ganzen Zeit.) Die zweite depressive Episode hat etwa ein halbes Jahr angehalten. Danach ging es eigentlich bergauf. Bis vor etwa vier Wochen, als ich wieder erkrankt bin. Mittlerweile kenne ich die Dämonen schon, die mich dann heimsuchen. Daher trifft es mich diesmal nicht ganz so hart. Trotzdem fühle ich mich mit den Zwangsgedanken und der Angst absolut elend. Mir sind Ängste und pathologisches Zweifeln, Grübeln seit etlichen Jahren bekannt. Ich habe Erfahrung im Umgang mit ihnen. Ich mache eine kognitive Verhaltenstherapie. Trotzdem habe ich größte Schwierigkeiten die Kontrolle über mein Leben zu behalten. Natürlich ist der Umgang schon viel profssioneller als noch 1998. Damals konnte ich gar nichts mehr. Wirklich gar nichts!
2003 habe ich erst gar nicht erkannt, dass ich wieder richtig krank geworden bin. Das ist das heimtückische an dieser Erkrankung. Ich hielt meine Verfassung wie 1998 zunächst für angemessen, mein Ängste für begründet, einen Selbstmord für unausweichlich. Irgendwann habe ich dann aber doch gemerkt, dass es wieder depressive Symptome sind. Dieses Mal wusste ich es sofort. Das ist der Vorteil. Wenn ich depressiv bin kann ich meinen Gedanken nicht trauen. Sonst müsste ich mich auch umbringen, weil ich das für richtig halte.
Wie hat es diesmal angefangen.
Zunächst einmal lebe ich sowieso mit (allerdings erträglichen) Ängsten. Die begleiten mich durch den Tag.
Daher habe ich oft Schwierigkeiten mich zu konzentrieren usw.
Diese Grübelneigung ist einfach immer stärker geworden.
Zunächst habe ich gedacht, ich hätte mich mit meinem Stuium verwählt. Das ist totaler Quatsch, aber ich war trotzdem davon überzeugt. Ich hatte das Gefühl für das Studium nichts mehr machen zu können. Das war sehr schlimm, da ich mich zu der Zeit mitten in einer Klausurenphase befunden habe. Ich hatte überhaupt keine Motivation, inneren Rückhalt mehr, noch weiter zu lernen. Ich habe es trotzdem getan, weil ich mir der Krankhaftigkeit meiner Gedanken bewusst war. Der innere Druck war aber erheblich. Ich wollte unbedingt das Studium abbrechen. UNBEDINGT! SOFORT!
Dann kam das nächste Thema. Ich dachte ich sie nicht nur depressiv sondern hätte auch manische Phasen gehabt. Die hätte ich, als ich sie hatte, nicht erkannt. Ich wäre also noch viel schlimmer krank als ich ursprünglich angenommen hatte... .
Dann dachte ich als nächstes, ich könnte mich nicht mehr auf das was ich denke verlassen. Ich könnte daher auch keine Entscheidungen mehr fällen, im Prinzip nichts mehr machen.
Das klingt alles ziemlich verrückt. Ist es auch. Trotzdem muss ich mich seit 4 Wochen unentwegt mit solchen Themen beschäftigen.
Jetzt habe ich auch noch Semesterferien.
Ich weiss nicht so recht, wie es weiter gehen soll.
Eigentlich soll (und will) ich in 3 Wochen auf der Hochzeit von meinem Bruder Barmusik am Klavier spielen. Dazu müsste ich noch viel üben. Der innere Widerstand gegen das Üben ist aber immens. Ich habe zB. festgestellt, dass meine Motivation zu üben krankhaft sei. Daher müsste ich sofort aufhören usw. Komischerweise kriege ich die Zwangsgedanken jetzt gar nicht mehr alle auf die Reihe. Hingegen war es beim Üben so wichtig, dass ich diese Gedanken nicht mal auf später verschieben konnte. ANGST. Es ist einfach ANGST. Ich kann es fühlen. Ich will endlich gesund werden. Im Moment versuche ich einfach weiter zu machen. Durchhalten.

Bis dann, Matthias (Lithiumj
paradiddler
Beiträge: 237
Registriert: 19. Sep 2003, 08:21

Re: Dritte depressive Episode mit 25

Beitrag von paradiddler »

Hi Lithium,

ich möchte nur kurz was zum Thema Studium und Depression sagen: Ich hatte die selben Gedanken, von wegen Studium ist das Falsche (DAS FALSCHE!, was für eine Endgüligkeit!). Leider habe ich es abgebrochen, worauf ich dann total zusammen gebrochen bin und erstmal 3 Monate in einer Tagesklinik zu mir kommen musste. Dann habe ich tausend Sachen ausprobiert und bin (mehr oder weniger) reumütig zu meinem Studium zurückgekehrt. Ich habe nur die Stadt gewechselt, was mir sehr gut getan hat, da ich meine neue Stadt liebe!
Jedenfalls habe ich nach wie vor die selben Gedanken wie vorher (Studium falsch, ich bin alleine, nichts macht Sinn, ich bin hier falsch), kann sie aber bisher einigermaßen kontrollieren. Mache auch Therapie. Auch wenn ich da oft zweifle.
Leider verschwinden diese Gefühle nicht wirklich, sie sind ein Teil von mir. Aber so bin ich wenigstens ich selbst, und muss nicht darauf warten, jemand anders zu werden, um klar zu kommen.
Der Schluss war etwas verwirrend, oder? Egal, frag nach, wenn du Fragen hast.
Ich muss weg...


---

Der Kampf gegen den Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.
Tascheret
Beiträge: 8
Registriert: 26. Jun 2004, 13:10

Re: Dritte depressive Episode mit 25

Beitrag von Tascheret »

Hallo Lithium,

ich kann gut verstehen, was Du gerade durchmachst. Ich studieren auch und kenne diese Depri-phasen. Jedesmal wenn ich denke, dass ich die endlich hinter mir gelassen habe, bricht es - manchmal nach Monaten "Normalzustand" - wieder über mich herein. Zwischendurch habe ich dann auch mal wieder absolute Hochphasen, wo ich wochenlang bestens gelaunt bin.
Allerdings habe ich deshalb noch nie daran gedacht, das Studium abzubrechen, da es mir gleichzeitig auch wieder Halt gibt. Ich glaube, ich würde sonst gleich ins Bodenlose fallen.
Ich glaube, das Schlimmste sind die ewigen Selbstzweifel, ob man denn auch gut genug dafür ist. Die machen einem das Leben am schwersten, v. a. wenn wieder Prüfungen vor der Tür stehen.
Außerdem kenne ich auch die Selbstvorwüfe, dass man sich selbst vorwirft nicht genug zu machen, sich aber trotzdem nicht aufraffen kann, mehr zu tun. Seltsamerweise hat mein Umfeld gerade den gegenteiligen Eindruck.
Du siehst, ich bin zwar eine Leidensgenossin, einen guten Rat, wie man aus dem Kreis wieder rauskommt, weiß ich nur leider auch nicht.

Gruß Steffi
Keken
Beiträge: 338
Registriert: 26. Aug 2005, 14:34

Re: Dritte depressive Episode mit 25

Beitrag von Keken »

Hallo Matthias,

du sprichst mir total aus der Seele. Man, es ist unglaublich, welche Parallelen es da gibt... diese beschissenen Zwangsgedanken sind echte Dämonen, die einem auflauern und überfallen, wenn man nicht mit ihnen rechnet oder sich aber auch mal einen Augenblick der Ruhe gönnt, in denen man sie nicht bekämpft.

Auch ich habe diese zwanghaften Gedanken sehr häufig, in fast allen gesellschaftlichen (und nicht-gesellschaftlichen) Situationen spuken sie in meinem Kopf herum und es ist häufig sehr schwer, sie zu bekämpfen. Je mehr ich hier allerdings lese, desto mehr bekomme ich die Hoffnung, dass es auch wieder besser wird.

Hast du es mittlerweile geschafft, Klavier zu üben? Warum denkst du (oder der Drecksdämon, wenn ich ihn so nennen darf), dass deine Motivation zu üben "krankhaft" sei?
Es ist manchmal erstaunlich, wie willkürlich sich diese fiesen Parasiten auf sämtliche Lebensbereiche ausweiten und einen lähmen. Wenn man dann noch schwach ist und nicht in Fight-Stimmung, dann Prost Mahlzeit! Ich hoffe, es ist dir trotzdem gelungen, die Barmusik zu üben. Hört sich nämlich super-gut an! Und in mir hast du jemanden gefunden, der neidvoll in den Äther stiert und dich für die Fähigkeit bewundert, Klavier spielen zu können! Wie ästhetisch und anmutig! Falls es dich aufmuntert: Das finden Frauen ganz ganz toll und sexy! (Das war zwar nicht deine Frage, aber ich hoffe, ich darf dir das trotzdem mal so unverblümt schreiben).

Ich wünsche dir viel, viel Kraft im Kampf gegen diesen Müll! Mein immer wieder in Mode kommender Zwangsgedanke ist übrigens: "Ich kann nicht denken." Ein Widerspruch in sich, das haben die Dämonen nur noch nicht gemerkt.

Alles Liebe,
Keken
Fear NOT, for I'm with you, says the LORD.
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