Nichte magerschtig, Bruder depressiv (und ich auch!)

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Anonym
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Nichte magerschtig, Bruder depressiv (und ich auch!)

Beitrag von Anonym »

Liebe Forumsteilnehmer! Ich hoffe, ihr alle könnt aufgrund eurer Erfahrungen weiterhelfen: Im weiteren Bekanntenkreis gibt es ein junges Mädchen, magersüchtig, "schwierig"=empfindlich, noch sehr kindlich wirkend, mit zwei versuchten Selbsttötungen und, so scheint es mir, schwerst depressiv. Seit einem halben Jahr ist sie vom Schulbesuch befreit, aber nicht in medikamentöser oder therapeutischer Behandlung. Wer kennt sich in der Berliner Jugendpsychiatrie aus, wer kann eine Adresse beisteuern, wo Eltern und Kind langfristig geholfen werden kann. Die Eltern stehen einer medikamentösen Behandlung leider sehr skeptisch gegenüber; ich verstehe, warum. Aber, hätte ich meine Medikamente schon vor 20 Jahren bekommen, hätte ich mir viele schwere und dunkle Tage und Monate im Leben ersparen können und das Leben wäre unendlich viel leichter... Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen! Herzliche Grüsse aus Berlin - gerade schweint die Sonne und das Leben ist gar nicht so schlimm...
Maike Zander
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Nichte magerschtig, Bruder depressiv (und ich auch!)

Beitrag von Maike Zander »

Eine Organisation in Berlin, NEUhland (http://www.neuhland.de) bietet Hilfen für suizidgefährdete Kinder und Jugendliche, so z.B. einen Krisendienst, eine therapeutische WG etc. Die Adresse: Neuhland, Nikolsburger Platz 6, 10717 Berlin-Wilmersdorf, Tel.: 030-8730111, Fax: 030-8734215 Maike Zander Kompetenznetz Depression
Anonym
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Beitrag von Anonym »

Vielen Dank für die schnelle Übermittlung!
Anonym
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Beitrag von Anonym »

Habe selbst Depressionen, bin in Therapie. Mein Bruder(alleinerziehender Vater) hat ebenfalls Depressionen, seine Tochter hat seit Jahren Essstörungen, war vor bei entsprechendem Therapeuten, lehnt Therapie ab. Ich würde so gerne etwas für beide tun und fühle mich völlig hilflos, da ich einige hundert km entfernt wohne. Am Telefon weicht mein Bruder aus. Kann ich denn alles seinen Gang gehen lassen? Ich weiß doch aus eigener Erfahrung, wie nötig Unterstützung ist! Leider bin ich mit meinen eigenen Kräften ziemlich am Ende und bemühe mich um eine Kur. Was kann ich denn tun?
nup
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Beitrag von nup »

Hallo Anonym, zunächst solltest Du schauen, dass Du Dir selber hilfst. Erst wenn Du selber wieder stabil bist, dann kannst Du auch wieder bei so schwierigen Sachen helfen - so meine ich jedenfalls. Habe kein schlechtes Gewissen dabei. Bringe Dich selber wieder soweit, dass Du wirklich andere unterstützen kannst, und lass Dir die dabei nötige Zeit. Das klingt vielleicht jetzt sehr "altklug", aber diesen Tipp möchte ich aus eigener Erfahrung geben. Vielleicht sieht Dein Bruder ja auch an Deinen Beispiel dann, was er vielleicht auch machen sollte, und überwindet einige Vorurteile? Alles Gute! Nup
Anonym
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Beitrag von Anonym »

Hallo Nup, vielen Dank für Deine Nachricht, ich dachte schon, mein Posting wird nicht registriert. Was Du schreibst klingt keineswegs altklug. Zu dieser Einsicht bin ich mittlerweile auch gekommen, ich würde mich zur Zeit in die völlige Überforderung bringen. Nichts desto trotz muß ich das Leiden der beiden aushalten. Ich weiß nur zu gut wie schwer es ist, niemanden zu haben, dem man sich mitteilen kann. Grade, wenn man tief in der Depression steckt. Dann ist es unmöglich, aus eigener Kraft Hilfe zu suchen. Mir ist es grade mal so in letzter Minute gelungen, wer aber nimmt meinen Bruder an die Hand? Ich hoffe nur, das der "Selbsterhaltungstrieb" auch familiär bedingt ist und mein Bruder auch das Ruder herumreißen kann. Ja, und vielleicht ist mein Weg ein Beispiel für meinen Bruder. Ich hoffe es sehr! Danke
nup
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Beitrag von nup »

Lieber Anonym, danke für Dein "Feedback". Es ist ganz bestimmt wichtig, sich nicht zu überfordern, wenn man in einer Depression steckt. Wie hast Du aus eigener Kraft Hilfe gefunden, in letzter Minute, und bei wem? Ich bin mir ganz sicher, dass Dein Weg ein Beispiel für Deinen Bruder ist. Ob er ihn auch gehen kann? Jedenfalls zeigt es ihm die richtige Richtung, und das ist schon ganz viel wert. Vielleicht nützt es ihm, ihm dieses Forum und/oder die Informationen des Kompetenznetzes zu nennen, falls er einen Internetanschluss hat oder an einen herankommt. Man kann ihm ja sonst auch ein bisschen was ausdrucken und zukommen lassen. ... In diesem Forum sind auch unter "Erste Hilfe" Anlaufstellen genannt, z.B, vom "Arbeitskreis Leben". Vielleicht ist so eine Anlaufstelle in der Nähe Deines Bruders? Dann könntest Du ihm diese aufschreiben und schicken oder telefonisch durchgeben. Es gibt auch sogenannte Krisentelefonnummern beim AKL, wo man jederzeit anrufen kann, auch die kannst Du ihm geben. Und dann liegt es an ihm, ob der diese Gelegenheiten wahrnimmt, da kannst Du dann nichts mehr tun (es ist ja dann schon sehr viel gewesen). Menschen, denen man sich mitteilen kann, findet man (z.B. bei solchen Kriseninterventions-Stellen), man darf nur nicht im stillen Kämmerlein warten, dass sie auf einen zu kommen. Das selbe gilt auch für die Tochter Deines Bruders. Es ist vielleicht manchmal sinnvoll einen konkreten Therapeuten "abzulehnen" (wenn die Wellenlänge nicht stimmt, wenn man spürt, das es nicht hilfreich ist), aber nicht eine Therapie oder professionelle Behandlung als solche. Aber das muss man selber für sich entscheiden, letztendlich. Ist Deine Therapie hilfreich? Hast Du einen/eine gute Therapeutin gefunden? Wie hast Du das gemacht? Machst Du auch eine medikamentöse Behandlung? Alles, alles Gute für Dich! Halt die Ohren steif! Nup
nup
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Beitrag von nup »

Hallo liebe/r Anonym denke aber vor allem daran, dass es jetzt vorerst darum geht, Deinen eigenen "Akku" aufzuladen. Alles Gute Nup
Michaela
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Beitrag von Michaela »

hallo anonym, ich habe dein posting auch registriert und wollte mir eingentlich mehr zeit nehmen, um zu antworten. da es mir in den letzten tagen nicht so gut ging, ist es leider im sand verlaufen. ich kann dem nup nur zustimmen! es bringt nichts, wenn du kaputtgehst. trotz gutem willen. du denkst, ohne dich geschieht die katastrophe. das ist selten der fall. es ist gut dass du da bist und dich sorgst. versuche die schläge abzupuffern, indem du organisierst. es gibt sicher freunde oder bekannte, die auch eine stunde zeit mit dem jeweiligen verbringen. am besten gibt man konkrete anweisungen, weil aussenstehende verständlicherweise solchen situationen hilflos gegenüber stehen. z.b. "mach mit ihm eine halbe stunde einen spaziergang im park. würdest du das tun?" mich selbst hat es auch immer wieder überrascht, woher hilfe kam, wo ich gar nicht mit gerechnet habe. in der zeit kümmerst du dich um dich! und um niemand anderen. das kannst du reinen gewissens tun, denn du hast für deinen bruder "gesorgt". ich möchte direkt zu dir sein, was mein verständnis für deine schwere situation nicht mildern soll. von aussen kann man manches nüchtern betrachten. ich sehe das so: dadurch, dass du selbst depressiv bist, sind deine ganzen umstände unüberwindbare hindernisse. egal wie du es durchdenkst (depressives grübeln) du findest keine lösung, es macht es nur noch schlimmer. die nüchternen tatsachen für mich, die ich emotional nicht verwickelt bin sehe ich so: dein bruder ist schwer depressiv, hat (noch) keinen durchblick, und keine einsicht für therapie. ist alleinerziehend, wohnt weit weg von dir, seiner schwester, und hat eine essgestörte tochter. du bist depressiv, weisst das, und bist in behandlung. deine nichte ist magersüchtig, lehnt therapie ab. (was für diese krankheit typisch ist) in dieser reihenfolge sehe ich die prioritäten. es klingt hart, aber deine nichte ist im moment die, die nicht in akuter lebensgefahr ist. du kämpfst (wie ich das raushöre) gegen dieses "sinnlosikeitsgefühl des lebens" an. aber es quält dich, doch du kannst es kontrollieren. dein bruder steckt mittendrin, weiss nicht was ihm geschieht, quält sich wahrscheinlich auf mit oben genanntem grausamen symptom der krankheit, sieht das aber nicht als symptom, sondern als logische schlussfolgerung. somit geht es erstmal um deinen bruder und dich! du wohnst weit weg von ihm, kannst also nicht viel tun. er weicht aus. was du tun kannst: informiere seine freunde, bekannte in seiner umgebung. sage ihnen was sie machen sollen. sie werden es dir danken. und kümmere dich um dich! ich kann nicht oft genug sagen. ich weiss aus eigener erfahrung, dass das das schwerste ist im moment. aber auch das wichtigste! lass ihm broschüren zukkommen per post. nenne im adressen, auch schriftlich. er wird es erst zur seite legen, weil er es als sinnlos empfindet. später wird er es aufgreifen. wenn du das getan hast, hast du ALLES getan, was du tun kannst. dann gibt es keine gründe, sich vorwürfe zu machen! letztendlich ist sowieso jeder für sein leben verantwortlich. so hart das klingt. ich erhoffe mir davon, dass es dir erleichterung bringt. ich habe das gefühl, du hast dir eine enorme verantwortung aufgebürdet, die kein mensch alleine tragen kann. gib ein bisschen ab. du gewinnst viel energie daraus. durch dein gutes herz wirst du sie auch richtig "investieren". haushalte mit deinen kräften. damit hilfst du allen am meisten. das ist eigentlich der kernsatz. ich habe es pragmatisch auseinandergezupft, ich hoffe es half dir. wenn ich irgendwo falsch liege, sag es mir. kein problem. zieh dir das nützliche heraus. ich würde mich freuen, wenn du schreibst womit du was anfangen konntest. ganz ganz viel kraft schickt dir michaela
Anonym
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Beitrag von Anonym »

Hallo Nup, geholfen hat mir niemand, das habe ich grade noch, vor der Durchführung meines Plans, allem ein Ende zu bereiten, selbst geschafft. Ich habe schon früher oft über Suizid nachgedacht. Während meiner ersten erinnerlichen Depression vor vielen Jahren bin ich zu dem Schluß gekommen, daß Suizid "nur" eine Flucht vor dem Leben ist, das ich nicht mehr ertragen kann. Es ging dann immer irgendwie weiter. Daß ich tatsächlich an der Depression erkrankt bin, weiß ich erst, seitdem ich zuletzt im Keller war, mein Plan ausgereift und es kein: "Kannst Du ja nicht machen, weil..." mehr gab. Es war mir schlichtweg egal, ob danach jemand aufgrund meines Suizids leiden würde. Was mich schließlich davon abgehalten hat war, daß dieser Impuls, es jetzt zu tun, von mir fast nicht zu kontrollieren war. Deshalb habe ich von "Selbsterhaltungstrieb" geschrieben. Im Grunde bin ich ein zutiefst lebensbejahender, optimistischer Mensch. Dann habe ich am nächsten Tag telefoniert. Das war ziemlich schlimm, ich kam mir bei manchen Praxen wie ein Bittsteller vor, Arzthelferinnen können sehr unsensibel sein. Zumindest habe ich es so empfunden, daß "ihr" Arzt halt unglaublich gefragt/ausgebucht sei. "Tja, Frau ..., da ist leider nichts zu machen!" Schließlich fand ich dann noch die Praxis meines Therapeuten und diese Arzthelferin ließ Mitgefühl mitklingen. Dann hat es noch 1 Monat gedauert, bis ich den ersten Besprechungstermin hatte. Es war eine schlimme Zeit. Die Therapie ist kein Zuckerschlecken! Aber daß weißt Du vielleicht aus eigener Erfahrung. Medikamente nehme ich keine, der Psychotherapeut ist auch Homöopath und hat eine unterstützende Therapie empfohlen. Ich dafür durchaus offen. Allerdings, wie soll ich es ausdrücken, "schwinden" mir immermehr die Kräfte für den Alltag. Das werde ich morgen ansprechen, deshalb meine Idee einer Kur. Mal sehen, was draus wird. Das Umfeld meines Bruders kenne ich nicht, unser Kontakt war immer eher sporadisch. Wenn er mich anrief, wußte ich immer, daß etwas nicht stimmt. Ich bin heute froh, daß er das gemacht hat. Früher war das meine "Rolle", immer nur für andere dazusein, auch etwas, das sich ändern wird. Mein Bruder weiß, daß ich in Therapie bin, ich denke, er will mich nicht zusätzlich belasten. Ich muß ihm wohl mal sagen, daß mich sein Schweigen viel mehr belastet. Mein Bruder wohnt in der Provinz in NRW, aber auch dort wäre durchaus professionelle Hilfe zu finden. Ich überlege, ob ich seinen Hausarzt mal kontaktiere, im Sinne von "Blickschärfung". Er hat ihn ins Schlaflabor geschickt, aufgrund seiner Schlafstörungen... Vorher will ich aber nochmal direkt mit meinem Bruder sprechen. Vielleicht hat sich in der Zwischenzeit etwas getan. Meine Nichte lehnt Therapie ab, weil sie keine Krankheitseinsicht hat. Das macht alle Beteiligten hilflos. Vielen Dank für Deine guten Wünsche, ich bin auf dem Weg.
Anonym
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Beitrag von Anonym »

Hallo Michaela, vieles was Du schreibst habe ich schon selbst erkannt, es geht auch ohne mich, es geht auch ohne meinen 100%igen Einsatz. Glücklicherweise. Mein Grübeln verändert sich durch die Therapie in zielgerichtetes Nachdenken und Erkennen. Ich kämpfe auch nicht mehr gegen Sinnlosigkeit des Lebens an, wie Du es formuliertst. Ich kämpfe darum, meinem Leben den Sinn zu geben, nämlich es zu leben mit allen (!) meinen Möglichkeiten und Fehlern. Ich kämpfe darum, meine Begrenzungen/Strategien, die ich wenn auch unbewußt, im Laufe meines Lebens "erlernt" habe, abzulegen. Die Verantwortung, die ich meinem Bruder gegenüber empfinde resultiert aus meiner Liebe zu ihm. Ich finde das völlig in Ordnung. Und meine Nichte mag ich einfach, wie jeden nicht angepaßten Menschen. Sie hat Charakter. Aber sie hat durch die Scheidung ihrer Eltern vieles ertragen müssen. Es ist für mich sehr schwierig, über meine Nicht mit meinem Bruder zu sprechen. Ich will keine zusätzlichen Schuldgefühle bei ihm wecken, bzw. die die er mit Sicherheit hat, möchte ich nicht verstärken. Ziemlich vertrackt. Meinem Bruder den Hinweis auf dieses Forum zu geben ist nicht unproblematisch. Ich kenne den Guten genau, es wäre durchaus möglich, daß er ein Problem damit hätte, wenn er liest, daß ich über ihn hier berichtet habe. Liebe Michaela, ich hoffe, daß es Dir inzwischen besser geht, dieses Auf und Ab kenne ich gut. Ich bin "Forum - erfahren" (surfertreff.de/psycho), weiß daher wie wohl es tut, von Betroffenen angesprochen zu werden und Unterstützung zu erfahren. Den eigentlichen Nutzen der Foren sehe ich zur Zeit darin, meine Gedanken aufzuschreiben und zu erfahren, wie andere sie aufnehmen. Das hilft mir, von eingefahrenen Denkmustern wegzukommen. Lesen, daß es so viele gibt, denen es ähnlich wie mir geht entlastet. Die Gedanken anderer helfen mir, meine eigenen zu reflektieren. Forum ist sicher eine Interimslösung, noch brauche ich es. Ich danke Dir und Nup. Herzliche Grüße von AnonyM
nup
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Beitrag von nup »

Hallo, liebe Anonyma, vielen Dank für Deinen herzlichen und netten Dankesgruß! So etwas tut immer gut.:-) Jetzt möchte ich etwas tief Persönliches schreiben, denn manchmal weiß man vielleicht selber nicht so recht, wie ernst die ganze Sache mitunter sein kann, und wie wichtig es ist, sich jetzt um sich zu kümmern (und das hat nichts mit einem falschen Egoismus zu tun). Natürlich weißt Du das im Prinzip schon, denn Du schreibst selber, dass Du verspürt hast, dass die Gefahr sehr groß war, dass man nichts mehr selber kontrollieren konnte, und eine Art Notprogramm hat Dich gegensteuern lassen, mit letzter Kraft (gut, dass Du die noch gehabt hast). Aber Du willst ja Denkmuster überdenken, weil Dir das im Moment hilft únd das Dir ein Bedürfnis ist. Vielleicht kann ich Dir dabei ein bisschen helfen, denn ich habe (leider !?) auch meine Erfahrungen ... Du hast es also gerade noch selber geschafft, Deinen eigenen Plan zu vereiteln, allem ein "Ende zu bereiten" - so schreibst Du. Das ist mir auch zwei Mal selber gelungen. Das dritte Mal stand ich aber auf einem hohen Viadukt, und nur der Tatsache, dass es Handys gibt (hatte ich vergessen, weil ich selber keins habe), die Polizei zufällig in der Nähe war und mich letztlich nur noch der Gedanke an meine Kinder (ich lebe getrennt und sie sind noch "klein") vom "Dennoch-Springen" abhielt, auch dass ich Ihnen auf alle Fälle noch etwas schreiben wollte, ist es zu verdanken, dass ich hier schreibe (ist jetzt ein bisschen blöd ausgedrückt). Ich hätte nämlich trotz Näherrücken der Beamten (die sich sehr gut verhalten haben) sehr gut, "locker" noch springen können, wenn ich mir wirklich hundertprozentig sicher gewesen wäre. Aber was wäre gewesen, wenn sie nicht gekommen wären, und ich meine schriftliche Botschaft an die Kinder fertig gehabt hätte? Versuche also bitte, das Ganze mit allen Mitteln anzugehen. Du hast selber verspürt, dass es tief ernst ist, und lebensgefährlich. Überprüfe bitte noch einmal, ob eine Kur (welcher Art?) wirklich das Angemessene ist. Ich bin mir da nicht so sicher, habe schon erlebt und erfahren, dass dort mitunter recht unprofessionell und inkompetent mit Suizidalen umgegangen wird, denn ich habe natürlich auch Kontakt mit anderen "Leidensgenossen" und mit Leuten, die helfen wollen, und manchmal überlappt sich das ja auch. Eine Auszeit ist bestimmt eine gute Idee, doch in Form einer Kur? (Es kommt vielleicht darauf an, was für eine Kur es ist). Ist es eine auf Depression abgestimmte Kur? Ein nächstes: Vielleicht ist doch ein Medikament nötig? Bist Du Dir wirklich sicher, dass bei Dir keines vonnöten ist? Was ist Deine Entscheidungsgrundlage? Nur die Tatsache, dass Deine Therapeutin oder Ärztin Antidepressiva ablehnt? Ist das nicht ein bisschen dünn? Und sehr dem Zufall unterworfen? (Ich bin prinzipiell auch kein Typ, der jeden Tag Tabletten schluckt, aber es ist halt - bei mir - offensichtlich nötig, und es war auch schon eine Medikation mit zwei Medikamenten nötig). Ich denke, dass die Medikation (nicht nur sie, aber die eben auch) bei mir viel abgepuffert hat, nachdem endlich das richtige Medikament gefunden war... Du hast unbedingt Recht, dass Suizid eine Flucht vor einem als unerträglich empfundenen Leben sein kann, also folgt als logische Konsequenz daraus - wenn man noch klar und ohne Übermacht des negativen Depressions-Sogs denken kann: Das eigene Leben erträglich machen, so gut man kann (Leicht gesagt und schwer getan)! Du arbeitest daran, indem Du Dich von erlernten Begrenzungen und "Strategien" befreien willst, gut so! Also: Nicht nur für andere da sein, auch für sich selber da sein (kannst Du Dir das momentan vorstellen: Für Dich selber da sein?) Vielleicht ist es auch hilfreich, zu überlegen: Was hat mir eigentlich früher gefallen, was habe ich gerne getan? und dies wieder zu beginnen oder auszubauen oder wieder aufzunehmen? Aber natürlich nicht so, dass es wieder in eine Überforderung hinausläuft. Was Du weiter schreibst: Wie gut kenne ich es! Dir geht es schlecht, sehr schlecht, DU bist am Ende, und nun sollst Du alles organisieren, Infos einholen, Anrufe tätigen, Abfuhren verarbeiten, und das alles, wo man sich zu jeder Tätigkeit unendlich schwer aufraffen muss. Wie oft bleibt so etwas an einem hängen, was doch auch für einen gesunden Menschen sehr schwer ist. Und dann wird man abgespeist, ... , Dinge werden nicht erkannt, können nicht so formuliert werden, usw., hat oft nur Glück, endlich passende Hilfe zu finden. ... Eine schier unendlich hohe Hürde, die von Außenstehenden oftmals nicht gesehen wird. Ich gratuliere Dir dazu, dass Du dies geschafft hast, und diese schlimme Zeit überstanden hast, im depressiven Zustand!:-) Ich weiß, was das bedeutet, weil ich es auch durchgemacht habe... Solche für einen Gesunden vielleicht kleinen Rückschläge sind in der Depression eben nicht einfach wegzustecken, der Energieaufwand immens... Du schreibst, dass Dich das Schweigen Deines Bruders sehr belastet. - Das sollte es nicht. Männer können vielleicht in der Regel (die von Ausnahmen bestätigt wird) viel weniger oder besser: viel schwerer über solche Dinge reden, als Frauen, so heißt es jedenfalls. Und das Verharren im Schweigen kann wiederum typisch für die Depression sein: Man kann sich nicht mit-teilen. Sich mit-mitteilen ist der erste Schritt gegen die Depression. Schlaflabor allein ist zu wenig, seine Probleme werden wohl nicht allein von einer Schlaf-Apnoe kommen. Schlafstörungen können Anzeichen sein für eine Depression (können natürlich auch andere Ursachen haben, z.B. Manie;-), oder eben Stress usw., aber für eine Depression sind sie eben auch Anzeichen), davon können Michaela, andere und ich "ein Lied singen" (schau mal auf die Zeiten, wann wir schreiben;-)). Dass Deine Nichte durch die Scheidung viel hat wegstecken müssen, das ist sicher richtig. Aber wenn es das kleinere Übel war, dann war es der richtige Schritt, oder? Manchmal ist es für Kinder noch viel belastender, wenn man sich nicht trennt - und die Atmosphäre über Monate unerträglich ist, als wenn die Dinge geregelt sind ... . Und gegen die psychischen Folgen könnte man etwas tun ... nur muss man dies wollen. Du hast Recht: An eines habe ich nicht gedacht, als ich Dir den Tipp gegeben habe, Deinem Bruder einfach das Forum zu nennen: Wie Du richtig schreibst, könnte es eventuell in dieser Phase, in der er gerade steckt, nicht gut sein, wenn er liest, dass Du über ihn schreibst (im Grunde ist es natürlich nichts Schlechtes, was Du gemacht hast, im Gegenteil, aber Du hast Recht: Da sollte man vorsichtig sein.) You never know. Es gibt aber viele gute Bücher über Depressionen, vielleicht wäre das ein (besserer) Weg. Liebe Anonyma, Du wirst Deinen Weg schaffen! Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt, und Du hast schon viele Schritte getan. Ganz viel Kraft für Deinen Weg (und manchmal das bisschen Kraft, das nötig ist, um durchzuhalten), einen langen Atem, ab und zu eine Blüte und einen Schmetterling am Wegrand und einen Sonnenstrahl, gute Begegnungen auf diesem Weg wünscht Dir Nup
Michaela
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Beitrag von Michaela »

Liebe Anonyma, in vielem stimme ich Nup zu. weiss nur nicht wo ich anfangen soll. mit mächtig beeindruckt, wie viel, ausführlich und persönlich er geschrieben hat. respekt! ich fange mit der kur an. eine "kur" in dem sinne, wie ich es verstehe, ist absolut nicht sinnvoll. wie du ja selbst schon erwähnt hast, sind die vermeintlichen "experten", die jeden tag damit zu tun haben, wie z. b. arzthelferinnen, leider oft ziemlich unsensible holzköpfe. da spreche ich aus eigener erfahrung. noch schlimmer sogar noch manche psychiater oder neurologen! die haben so dermassen den beruf verfehlt, wie wenn ein blinder eine dedektei hat! ich schreibe das so überzogen, weil ich zum einen hoffe, dass auch psychiater hier reinschauen um zu lernen (diese sind aber wahrscheinlich die "guten"). und zum anderen mit-leidende ermutigen, den psychiater zu wechseln, wenn sie das gefühl haben, nicht richtig aufgehoben zu sein. der depressive denkt natürlich: "das liegt an mir". habe ich auch. von wegen. es gibt tatsächlich inkompetente, unsensible holzköpfe! ich selbst musste jeden klinikaufenthalt erkämpfen. (jetzt weiss ich, dass man da auch ohne überweisung und "absegnung" vom psychiater hingehen kann). einer sagte: "wieso, es geht doch, sie haben doch freunde, die sie rund um die uhr betreuen" ich konnte mich gerade noch waschen, lag apatisch im bett und habe das trinken schon verweigert! wieder ein anderer sagt: "das stimmt, sie sind wirklich eine zumutung für ihre umgebung" danke fürs verständis! soll ich mich gleich umbringen, oder warten bis ich die praxis verlassen habe? getan hat er nichts. "erhöhen sie mal ihre medikamente" es gibt sie, es sind aber zum glück nicht alle so. kein grund nun erst recht zu keinem arzt zu gehen! zu medis. ich war der absolute tabletten gegner. ich habe nicht mal aspirin genommen. war bei einer homöopathin, und wollte auch selbst schon homöopathin werden. die homöopathie an sich ist nicht schlecht. oft sehr gut. nur sie hat ihre grenzen. die sind in der depression. depression sollte man nicht homöopathisch behandeln. es ist gefährlich! ich spreche auch aus eigener erfahrung. wer sich auskennt, dem ist die sogenannte "erstverschlimmerung" ein begriff. dieses risiko werde ich persönlich nicht mehr eingehen. ich habe 1,5 jahre gebraucht, die medis zu akzeptieren, ja sogar als segen zu betrachten. durch die medi-abneigung, habe ich meine "schlimmen" medikamente so schnell wie möglich wieder abgesetzt und ein rückschlag bekommen. ich kam für mich zum schluss, dass es das nicht mehr wert ist. und der körper gewöhnt sich überraschend schnell an medikamente und stellt sich drauf ein. fast alle nebenwirkungen sind nach einem zeitraum völlig verschwunden. und: ich habe seit einem halben jahr keine schweren depressive zustände mehr gehabt. thema kur/klinik/ambulant: eine schwere depression ist ambulant nicht zu behandeln. es ist eine qual und ein risiko das man nicht eingehen muss! meine 1. depression wurde ambulant misshandelt. werde nicht genauer drauf eingehen, könnte zu sehr abschrecken. so wie ich weiss, gibt es in fast jeder psychiatrie spezielle Stationen für Depressive. Offene Stationen. oder heisst auch kriseninterventionsstationen. der allergrösste vorteil: du bist nicht allein. du merkst, es gibt viele, die haben genau das gleiche wie du. du "spinnst" also nicht. du kannst dich austauschen. den ganzen tag. keiner ist so einfühlsam und verständnisvoll wie deine mitpatienten! du hast einen geregelten tagesablauf. kleine pflichten. frühstück, leichten frühsport, therapien wie deine kraft und neigung es mitmachen, gespräche und mehr oder weniger geschultes fachpersonal. ist auch stress, aber nicht so sehr wie dein alltag zuhause. du bist erleichtert, weil du nicht mehr das gefühl hast, dass du für alle eine belastung bist und nur noch eine frage der zeit, bis alle dich verlassen, was du selbst verstehen würdest, weil es ja nicht zumutbar ist. (das waren meine gedanken) das allein war für mich schon gold wert. die werden dafür bezahlt, dass sie mich "aushalten". und wie gesagt. die mitpatienten sind die grössten experten, wie man hier im forum wunderbar sieht! du siehst es sind alles schichten die es trifft. ärzte, juristen, grafiker, angestellte, handwerker. das beruhigt. man ermuntert sich gegenseitig. es geht nicht allen gleichzeitig schleccht. nirgens findest du soviel verständis wie ich der psychiatrie. medizinisch bist du unter beobachtung. EKG, EEG, Computertomographie, um organische ursachen auszuschliessen. blutkontrolle, blutdruck. die medis können wunderbar eingestellt werden, was ambulant nicht möglich ist. es gibt gemeinsame aktivitäten, die du nicht zwingend mitmachen musst, wenn es dir arg schlecht geht. es gibt belastungsproben. da kannst du schrittweise feststellen wie die antriebslosigkeit schwindet, die konzentration sich wieder einstellt..... ohne druck. (alle fähigkeiten kommen wieder, die man vorher hatte! er sterben keine hirnzellen ab) wenn es mir wieder so schlecht gehen würde, ich würde sofort wieder mich selbst in eine klinik einweisen! ist übrigens auch ein vorteil, wenn man sich selber einweist, kann man sich auch jederzeit wieder selbst entlassen. du gibst keine verantwortung ab. nach einem suizidversuch siehts anders aus. ich bin der meinung, man muss nutzen was vorhanden ist. depressionen kann man wunderbar behandeln. jede depression geht auch ohne behandlung vorbei. ist an sich auch ein schöner gedanke. kann man nicht von jeder schlimmen krankheit sagen (weiss ich auch aus eigener erfahrung, es ging ca. 7 Monate) mit behandlung geht sie wesentlich schneller vorbei und ist nicht so quälend und lebensgefährlich! Das muss nicht sein. jetzt hör ich mal auf. das sind meine erfahrungen. antworte gerne auf fragen. gruss, michaela
Anonym
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Hallo Nup, hallo Michaela, Ihr lieben! Ich bin ziemlich am Boden zerstört, ich dachte, heute meinen Therapietermin zu haben, so hatte ich es in meinen Timer geschrieben. Der Termin war gestern, die Arzthelferin hat versucht mich zu Hause anzurufen, ich war aber im Büro! Jetzt kann ich mich nicht mal darauf verlassen, daß das, was ich da eingetragen habe auch stimmt. Wenn ich bedenke, was es mich jedesmal an Kraft kostet, dahinzugehen und ich jetzt vergeblich da war und die Sache mit der Kur wieder aufgeschoben ist, packt mich zum einen die kalte Wut auf mich selbst, zum anderen bin ich zutiefst erschüttert, daß ich meinen wichtigsten Orientierungspunkt (Timer) auch knicken kann!!! Ich jetzt schnellstens an meinen Arbeitsplatz gefahren, weil ich das Bedürfnis hatte, mit jemandem zu reden, habe es einer Kollegin erzählt, sie meinte beiläufig, daß ihr das auch manchmal passiert. Sie hat ja auch keine Ahnung, was das für mich bedeutet. Habe ein paar Leute angemailt, ihnen von meiner Fehlleistung geschrieben. Bin ins Internet gegangen und habe Eure Postings gelesen und erstmal in Tränen ausgebrochen... Lieber Nup, ich danke Dir sehr für Dein sehr persönliches Posting. Auch von mir: Respekt! und Danke, denn ich weiß jetzt wirklich, daß Du verstehst, wovon ich rede. Auch ich kann nachvollziehen, was Du durchlitten hast. Schön daß es Dich / Euch gibt. Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll! Bei meinem Therapeuten bin ich noch innerhalb der probatorischen Sitzungen, habe erst 3 hinter mir. Ich habe zwar einiges von mir erzählt, von meinen Alltagsproblemen aber noch nicht, liegt vielleicht auch an seiner tiefenpsychologisch fundierten Ausrichtung. Ich weiß nicht, ob er wirklich etwas gegen Antidepressiva hat. Homöopathie ist nunmal sein anderer Schwerpunkt, von "Hause aus" ist er Internist. Möglicherweise besteht nur Klärungsbedarf und da muß ich den Mund aufmachen! Ich hoffe, ich krieg das hin! Ich bin nicht gegen Antidepressiva, ich bin Krankenschwester und arbeite im Krankenhaus (nicht in der direkten Pflege, sondern Bürotätigkeit, dadurch habe ich Internetzugang) und Medis gegenüber ziemlich pragmatisch eingestellt. Wat mut dat mut, wenn´s hilft. Über Antidepressiva habe ich mich genug informiert, Angst habe ich keine. Genauso ist es mit der Idee der Kur. Kur oder stationäre Therapie oder weitermachen wie bisher? Auch das muß ich doch erstmal ansprechen bevor ich entscheide, ob ich mit den Überlegungen des Therapeuten konformgehen kann oder nicht, oder? Mit mangelder Compliance hätte eine gegenteilige Entscheidung nichts zu tun, ich denke, daß ich zumindest soweit bin, mir anderweitig Hilfe zu holen. Ich gebe nicht auf. Ich habe nur langsam keine Energiereserven mehr. Zu meinem Glück macht mir meine Chefin keinen Druck, sie weiß von meiner Depression und daß ich in Therapie bin. Ein paar Sachen muß ich aber dennoch bearbeiten und das fällt mir unendlich schwer. Und jetzt: wieder eine Woche warten, nachdenken und mein alltägliches Unvermögen ertragen... Ohne die Krücke Forum würde ich das kaum ertragen können. Marion
Anonym
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Nachtrag: Ich dachte bei der Kur an eine Kurklinik die psychosomatisch ausgerichtet ist. Zwischen der ersten und zweiten Sitzung hatte ich eine zweimonatige "Zwangspause", der Therapeut hatte Urlaub und der Terminkalender gab einen füheren Termin einfach nicht her. Während dieser Zeit ging es mir zum Teil so schlecht, daß ich mich hätte einweisen lassen, wenn ich gewußt hätte, wie. Ich war auch nicht in der Lage, jemanden darauf anzusprechen. Sonst kann ich gut organisieren, im Prinzip eine meiner Stärken. Aus dem tiefsten Loch bin ich seit einem Monat heraus, bin wieder weitgehends "schwingungsfähig" aber eben ratlos und mittlerweile auch ziemlich unsicher, ob "mein" Therapeut der richtige für mich ist. Marion
Michaela
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Nichte magerschtig, Bruder depressiv (und ich auch!)

Beitrag von Michaela »

liebste marion, mit schrecken lese ich deinen brief. jetzt,wo du offener wirst, sehe ich, dass es dir sogar noch schlechter geht, als ich angenommen habe! diese "belangloskeit" mit deinem timer stellt für dich eine katastrophe dar. du bezeichnest es sogar als "fehlleistung". ist jedem schon passiert. meine spitzenleistung ist immer wieder, dass ich was eintrage, aber einen tag später reinschaue. aber ist egal, es geht nicht um die tatsache, sondern was es für dich bedeutet. meiner meinung nach steckst du in einer sehr schweren depression! du bist krank. das heisst, du musst nicht arbeiten! keiner verlangt von einem, der das bein gerade gebrochen hat, dass er am marathon teilnimmt! du gehörst in behandlung! bitte liebe marion, warte nicht bis es schlechter wird. wenn ich deine freundin wäre würde ich mit dir in eine klinik fahren, wenn du das möchtest. deine energie gehört nicht in arbeit gesteckt. wenn du in einem krankenhaus arbeitest ist das um so leichter zu verstehen. bitte kümmere dich um eine klinik. nicht eine kur. geh direkt in die psychiatrische ambulanz einer psychiatrie. du wirst nicht abgewiesen. es gibt hier sicher adressen für deine umgebung. geh zum hausarzt/oder psychiater, der schreibt dich erst mal krank. sei einfach so offen wie zu uns. dann kannst du dich um alles weitere kümmern. oder er hilft dir sogar. mach dir keine sorgen um deinen job. den verlierst du nicht. die "chefs" merken auch, dass du nicht voll arbeitsfähig bist. die stellen lieber vorübergehend eine krankheitsvertretung ein als zusehen zu müssen, wie du kaputtgehst. du hast recht, dass du keine energiereserven hast. du leistest übermenschliches im moment. sei stolz auf deinen selbsterhaltungstrieb. wie ich vermute, kostet das am meisten energie. "Ich gebe nicht auf" sagt mir das. dieses satz sagte ich selber in einer zeit, als ich täglich aufzählen musste, wofür es sich noch lohnt zu leben. da war ich ganz unten. und schon in der klinik! wenn ich nur ein fünkchen recht habe, dann geht es dir SAUSCHLECHT! dann bist du nur noch am funktionieren... Ich mach mir sorgen um dich. egal wofür du dich entscheidest, halte auf jedenfall kontakt zu uns, zum forum. wenn du in einer klinik bist, dann schreib mir die adresse, ich halte briefkontakt mit dir. meine emailadresse ist hinter dem namen hinterlegt. melde dich bald, deine michaela
Michaela
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Nichte magerschtig, Bruder depressiv (und ich auch!)

Beitrag von Michaela »

marion, wir haben fast zeitgleich geschreiben sehe ich gerade. ich checke die nächste zeit, ob du antwortest. michaela
Anonym
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Nichte magerschtig, Bruder depressiv (und ich auch!)

Beitrag von Anonym »

Hallo Michaela, na, da habe ich ja etwas angerichtet. Komm bitte wieder runter von Deinem Baum, ich bin noch im orange farbenen Bereich und meine Reserve wird noch bis zur nächsten Woche reichen, glaub mir. Dann werde ich weiterentscheiden. Jahrelanges Training einer sehr "verkopften" Frau, die sich bislang nur über beruflichen Erfolg definiert hat. Aber diese Strategie hilft mir jetzt auch. Ich denke, ich kann mich recht gut einschätzen. Mein "Timer" Erlebnis habe ich mittlerweile zum Teil bearbeitet. Ich habe nochmal in der Praxis angerufen, meine neuen Termine überprüft und meine Büro - Telefonnummer hinterlassen. Ich habe mir damit ein kleines Sicherungssystem eingebaut, damit ich jetzt nicht völlig durch den Wind gehe. Mein Posting ist durchaus ehrlich, nur wie in diesem Fall aus einem Überschwang von Emotionen entstanden. Früher hatte ich dafür kein Ventil, jetzt habe ich immerhin schon die Foren. Ein Glück für mich, daß ich sie gefunden habe. Das ist ja auch ein Teil meiner Crux, wenn ich zu Hause bin, habe ich keinen Internetzugang, mein Soziales Netz ist nicht vorhanden, ich muß mir eins aufbauen (lernen). Während der Arbeitszeit treffe ich wenigstens ein paar Menschen und damit habe ich die Möglichkeit zur "Interaktion". Was nützt mir da, krankgeschrieben zu werden? Ließ mein 2. Posting heute bitte nochmal. Ich bin aus dem tiefsten Loch heraus! Und ich werde alles dafür tun, um nicht wieder soweit abzurutschen. Ich bin nicht suizidgefährdet! Ein lieber Mensch aus dem anderen Forum hat mich liebevoll davor gewarnt, daß Psychotherapie auch Psychosen auslösen kann. Ich denke, ich muß mit meiner Ungeduld, mit der ich mir selbst begegne, auch besser umgehen lernen. Ich erwarte (wie immer) sehr viel von mir, mache mir selbst mehr Druck, als mir gut tut. Oh Mann, bzw. Frau, tut mir wirklich leid, daß ich Dich so in Angst und Schrecken versetzt habe. Ich weiß durchaus, daß ich die Depression noch nicht überwunden habe und daß die Lage ernst ist. Wenn ich aus eigenem Antrieb nichtmehr allein in eine Klinik käme, dann würde ich mich sicher entsprechend melden, zu der Zeit als es mir so ging, kannte ich das Forum nicht! Nochmals, Entschuldigung. Marion
Anonym
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Beitrag von Anonym »

Mal wieder ein kleiner Nachtrag: Ich muß doch etwas grinsen, wenn ich lese: Wenn ich aus eigenem Antrieb....usw. Ja, ich weiß natürlich, daß ich mich möglicherweise nicht mehr melden kann, wenn ich wieder ganz unten bin! Aber wie gesagt, bis zur nächsten Woche werde ich auf jeden Fall durchhalten. Sei mir bitte nicht böse, Michaela :-/
Michaela
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Nichte magerschtig, Bruder depressiv (und ich auch!)

Beitrag von Michaela »

hallo marion, ich bin dir doch nicht böse. bin eher froh, dass du dich wieder gefangen hast. "auf einen baum" würd ich gar nicht kommen, bin ich viel zu schwer dafür. :-) keine sorge, dass du mich "belastest". ich habe in der psychotherapie gelernt, mich "abzugrenzen". das kann ich inzwischen ganz gut. sonst könnte ich gar nicht helfen. als suizidgefährdet sehe ich dich nicht, aber schwer depressiv. ich selbst war auch noch nie suizidgefährdet als ich in eine klinik ging. komm jetzt ja nicht auf die idee, erst zu schreiben, wenn sich alles gelegt hat. das "verkopft sein" ist gut, kenne ich auch, hält dich am leben und durchhalten, zuviel ist aber nicht gut. ich habe noch nie gehört, dass psychotherapie psychosen auslöst, und glaub mir, ich kenne viele die psychotherapie machen! melde mich erst jetzt, bin eingeschlafen :-) (kommt davon, wenn man in der nacht nicht schläft :-) gell, Nup ;-) also gut, liebe marion, bleib weiter im forum, teil uns deine sorgen mit. hier können alle damit umgehen. Michaela
nup
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Beitrag von nup »

Hallo, liebe Michaela, oh, da hast Du mich aber jetzt erwischt;-), aber besser wär's natürlich, in der Nacht zu schlafen... Liebe Anonyma, schon klar, zurzeit geht's noch, zumindest bis nächste Woche ...;-) Gut! Da Du viel über den Kopf machst, über die verkopfte Logik, hierzu einige Denkanstöße: Du bist im orangefarbigen Bereich. Heißt orange nicht "Achtung"? Was ist, wenn's auf "Rot" springt? Deine Reserve reicht noch bis nächste Woche. Ist es nicht klüger, vorher nachzutanken, bevor die Reserve vollends hinüber ist? Oder wenn gerade eine Tankstelle da ist? Und was ist, wenn einem mitten auf der Überholspur der Sprit ausgeht? Sich nur über den beruflichen Erfolg definieren ist gefährlich. Du bist mehr als das, was Du arbeitest. Und sich nur deshalb zur Arbeit zu schleppen, weil da die einzigen Kontakte zu finden sind, ist eine gefährliche Falle. Du bist Dir nicht sicher mit Deinem Therapeuten. Ist es da nicht besser, sich nach einer zweiten Behandlung umzusehen und diese wahrzunehmen? Doppelt genäht hält besser. Und in diesem Fall sollte man nach seinem Gefühl vorgehen. "Nur" Therapie reicht nicht, in einem akuten Zustand geht es eigentlich auch nicht um Therapie, zunächst (im Sinne von Psychotherapie), sondern um Therapie im Sinne von ärztlicher Behandlung. Ist es nicht schlauer, logischer, sich vorher zu überlegen, welches Notprogramm wie ablaufen soll, wenn es eng wird? Gehört dazu nicht, dass man Telefonnummern griffbereit hat, von einer Freundin, die hilft und einen fährt, und eine Notfallnummer von einer Kriseninterventionsstelle. Brauch ich ja eh nicht! Um so besser. Das ist wie mit den Sofortmaßnahmen am Unfallort. Auch da ist es besser, sie vorher zu durchdenken, durchzuspielen und einzuüben und die Notrufnummer parat zu haben, als zu warten, bis was passiert, und dann im schlauen Büchle nachschauen zu wollen, das man dann vor Stress nicht findet. Und auch da ist man froh, wenn man' s nicht braucht, und sagt auch nicht: Ich wills nicht brauchen, ich werd mich dann schon rechtzeitig vorbereiten. Es ist auch bestimmt kein Fehler, sich bei einer Kriseninterventionsstelle beraten zu lassen und die Krisennummer immer im Geldbeutel parat zu haben. Und es ist auch kein Fehler, wenn man in aller Ruhe mal dorthin geht, wo man im Notfall hin würde, auf diese Weise den Weg kennt, sich das Ganze vorstellen kann, und auch Verhaltensregeln dort durchsprechen kann, Notfallregeln, wenn man sie dann nie braucht: Auch gut! All diese Dinge sind viel leichter durchzuführen, solange man noch die Energie dazu hat, oder nicht? Denk mal darüber nach! Alles Gute und bis bald, (Nichts für ungut) ein müder Nup
Anonym
Beiträge: 406
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von Anonym »

Hallo Nup, hallo Michaela, werde mich wieder melden, allerdings im Bereich Therapie. Macht wohl mehr Sinn im Moment. Gruß Marion
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