alleingelassen?

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Traumtänzer
Beiträge: 18
Registriert: 10. Mai 2005, 11:55

alleingelassen?

Beitrag von Traumtänzer »

Hallo!!
an Depressionen leide ich schon seit einigen Jahren, aber erst jetzt ist es "offiziell".ich habe jetzt auch eine Psychotherapie angefangen und bin gerade dabei den Arzt zu überreden mir wenigstens für die nächste Zeit zusätzlich Medikamente zu verschreiben, da ich gerade in einer tiefen Krise stecke.
Ich habe einen unheimlich lieben Freund, wir sind jetzt seit ca 2Jahren zusammen, aber manchmal bezweifle ich doch dass ich ihm so viel bedeute, wie er behauptet. Seit mehr als einem Jahr haben wir eine Fernbeziehung, er lebt in einem anderen Land. Kennengelernt haben wir uns als ich für ein Jahr im Ausland war. In der letzten Zeit hat er mich immer wieder gefragt, ob es mir besser gehen würde wenn er hier wäre, und meine Antwort war immer nur, dass ich mich dann nicht so allein fühlen würde aber dass es an meiner Depression nichts ändern würde. Im Grunde bräuchte ich ihn hier mehr als alles andere, aber ich habe es nie gesagt weil ich weiß wie selbstsüchtig das ist. Er arbeitet für seinen Vater in einem kleinen Laden, der seine gesamte Familie ernährt und ohne ihn müssten sie dichtmachen.
Gestern habe ich dann mal angedeutet wie viel es mir bedeuten würde wenn er hier wäre.Darauf meinte er nur,dass er jede Menge Verantwortung hat die er sich nicht selbst ausgesucht hat, und er könne seine Familie nicht im Stich lassen. Mich wohl aber schon, oder? Er weiß dass er auch für mich "Verantwortung" hat, das hat er selbst gesagt, aber er sagte er wolle nichts entscheiden bevor ich ihm nicht sagen kann, was ich nun genau in der Zukunft machen wolle; ob wir eine Zukunft zusammen haben. Aber genau das sind Dinge über die ich im Moment nicht nachdenken kann. Außerdem meint er,ich würde ihn dann genauso abweisen wie z.B. meine Mutter, und das wolle er nicht. Stattdessen, so schein es zumindest für mich, beruhigt er sein Gewissen damit, dass er mir jeden Tag das Vesprechen abnimmt, dass ich schon nichts "Dummes" anstellen werde.
Manchmal frage ich mich, was wäre wenn ich z.B. Krebs hätte und keine Depression, würde er sich dann genauso verhalten? Ich fühle mich so alleingelassen von dem Menschen der mir am meisten bedeutet, aber gleichzeitig fühle ich mich so egoistisch; er hat genug Probleme auch ohne mich und meine dummen Probleme. Ich weiß dass diese Krise auch irgendwann vorbeigehen wird, vielleicht werde ich dann sehen, dass ich überreagiert habe, vielleicht aber werde ich dann besonders das Gefühl haben alleingelassen worden zu sein.

Ich weiß nicht, ob diese Gefühle noch objektiv sind oder ob aus mir nur die Depression spricht. Vielleicht kann mir ja diese Frage jemand beantworten.Oder vielleicht hat jemand einen Tip was ich tun könnte.

'nen lieben Gruß & danke für's Zuhören bzw. Lesen
Julia
Lara77
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Registriert: 15. Jun 2005, 10:53
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Re: alleingelassen?

Beitrag von Lara77 »

Hallo Julia,

ich kann dir wirklich verdammt gut verstehen. Mir geht es ganz ähnlich, nur dass mein Freund NOCH da ist. Eventuell geht er aber ab August nach London (für ein Jahr heißt es aber man weiß ja nie). Ich steck auch gerade tief in einer depressiven Phase und ich habe auch momentan das Gefühl da nie wieder rauszukommen. Als mein Freund mir erzählte, dass er evntuell nach London geht, da er dort ein super Angebot hat, was sich auch finanziell bemerkbar macht, wußte ich auch nicht was ich sagen sollte. Da ich gerade meine Diplomarbeit schreibe und eh kurz vor einem neuen Leben stehe und ich mich mit der Situationn so oder so schon total überfordert fühle, dachte ich in dem Moment: nicht das auch noch. Er ist momentan das einzige Zuverlässige, er ist derjenige dem ich absolut vertraue, bei dem ich mich als einzigen nicht alleine fühle, der mir Wärme gibt. Und wenn er jetzt weggeht??? Aber auch ich habe mich nicht getraut ihm zu sagen, dass ich gerne hätte, dass er hier bleibt, weil ich ihn brauche. Ganz im Gegenteil, ich versuchte ihm noch klar zu machen, dass das überhaupt kein Problem sei. Tja, die Folge ist, dass er Interesse bekundet hat. Jetzt kommt es nur noch drauf an, wer vorgezogen wird, er oder sein Kollege.
Wie du siehst, geht es mir ganz ähnlich, wobei das bei dir noch gravierender ist, da du schreibst, dass er in einem anderen Land lebt und da auch noch Verantwortung trägt, also die ganze Familie mit dran hängt. Ich denke es ist auf alle Fälle wichtig, dass du ehrlich zu ihm bist und dich ihm voll anvertraust, denn nur so könnt ihr gemeinsam eine Lösung finden. Vielleicht kann er ja öfters herkommen???? Wo lebt er denn???

Es ist eine besch... Situation, und den optmalen Tip habe ich leider auch nicht, da ich den selbst gerne wüßte. ich will dir nur zeigen, dass du mit dem Problem nicht alleine bist und dich jemand versteht!

Ganz viel Kraft und mehr erfolg als bei mir
wünscht die Lara
Acedia
Beiträge: 400
Registriert: 12. Jun 2003, 10:47

Re: alleingelassen?

Beitrag von Acedia »

Hallo Julia,

da du an Depressionen erkrankt bist, ist es nur logisch, dass du auch die Situation von deiner depressiven Sichtweise her beurteilst, weil es anders gar nicht möglich ist.

Dein Gefühl des alleingelassen Seins kann ich gut verstehen und es gehört ja auch zu der Erkrankung dazu. Was mich etwas stuzig gemacht hat, ist der Satz wo Du schreibst, dass er auch Verantwortung für dich hat. Warum glaubst du das? Verantwortung für dich und dein Leben kannst du nicht an deinen Freund abgeben, die trägst du ganz allein. Aber du kannst zur Unterstützung einen Therapeuten hinzunhemen, aber nicht deinen Freund. Wer hat denn die Verantwortung für ihn zum Beispiel? Du? Willst du die Verantwortung dafür übernehmen, wenn er dir zuliebe das aufgibt, was nicht nur sein Leben betrifft, sondern auch das Leben seiner Familie? Wie willst du damit jemals fertig werden, wenn er dann zwar für dich da ist, aber unglücklich und unzufrieden ist und er ein schlechtes Gewissen behält. Glaub mir, er wird dich niemals dafür lieben!

Aber warum erwägst du nicht die Möglichkeit, zu ihm zu ziehen? Dann wäre er für dich da und bräuchte trotzdem nicht seine Familie zu vernachlässigen. Schreib doch mal, was du davon hältst.

Gruß Lea
Traumtänzer
Beiträge: 18
Registriert: 10. Mai 2005, 11:55

Re: alleingelassen?

Beitrag von Traumtänzer »

Hallo Lara,
vielen Dank für deine Antwort. Es tut gut zu wissen, dass es auch noch andere gibt denen es ähnlich geht.
Mein Freund lebt in Irland. Das Problem ist eigentlich nicht, dass ich ihn nicht oft genug zu sehen bekomme (zumindest nicht mehr).Im Grunde sehe ich ihn fast jedes zweite Wochenende. Und meistens geht es mir dann auch ein wenig besser,zumindest für kurz. ABer spätestens wenn er wieder geht fühle ich mich doppelt so schlecht.
Mein Problem ist, dass ich ihn immer in allem unterstützt habe was er wollte, und dabei meine eigenen Wünsche außenvor gelassen (so wie du auch),und gestern bin ich dann mutig geworden und habe ihm dann z.B. gesagt, dass ich mir nicht unbedingt ein Leben dort vorstellen kann wo er gerade lebt. Zwar hatte er immer gesagt, das sei kein Problem etc. aber gestern hieß es dann plötzlich so ungefähr, dass ich mir überlegen soll was ich wirklich will(und im Grunde wusste ich auch schon immer,dass er nicht von dort wegwill,deshalb habe ich auch nie etwas über meine eigenen Wünsche gesagt). Und auch als ich sagte,dass ich ihn im Moment eigentlich hier bräuchte, schien er schwer verletzt und meinte dann nur, wenn ich nicht wisse ob wir überhaupt eine Zukunft zusammen hätten, dann käme es für ihn überhaupt nicht in Frage, sich überhaupt über so etwas Gedanken zu machen. Er hat das alles natürlich nicht so gesagt,aber das war im Grunde was er meinte.Im Grunde glaube ich, dass er einfach nur total überfordert ist mit der Situation und das stehe ich ihm auch zu. Was mich aber verletzt ist die Tatsache,dass ich immer da war für ihn wenn er mich brauchte und ihm geholfen habe so gut ich konnte, und jetzt wenn ich ihn mal brauche, lässt er mich im Stich. So fühlt es sich zumindest im Moment für mich an.

Ich glaube du solltest mit deinem Freund auch ehrlich reden und ihm sagen wie du dich fühlst, damit ihr gemeinsam eine Entscheidung treffen könnt.
Gruß Julia
Traumtänzer
Beiträge: 18
Registriert: 10. Mai 2005, 11:55

Re: alleingelassen?

Beitrag von Traumtänzer »

Liebe Lea,
Danke auch für deinen Beitrag.
Der Begriff "Verantwortung" war wohl etwas schlecht gewählt. Was ich damit meine ist eigentlich nur, dass es in einer Beziehung meiner Meinung nach dazugehören sollte, für den anderen dazusein, wenn es ihm nicht gut geht. Du hast Recht,das Wort Verantwortung ist da wirklich falsch, denn eigentlich sollte es keine Pflicht sein, für den anderen dazusein, sondern etwas das man freiwillig tut.
Es geht für mich auch nicht darum, dass es dauerhaft hierherkommt, nur im Moment bis das schlimmste vorbei ist, das ist alles. Aber nichtmal das kann er seiner Familie zumuten.
Im Moment kann ich nicht zu ihm ziehen, ich muss noch mein letztes Jahr Schule beenden und für danach ist auch geplant dass ich zumindest für eine Weile zu ihm ziehe. Allerdings wohnt er in Irland,auf einer kleinen Halbinsel wirklich am "Arsch der Welt", und dort gibt es für mich nichts zu tun. Ich kenne mich selbst und glücklich würde ich nicht werden als Kassiererin an einer Supermarktkasse für den Rest meines Lebens oder als Vollzeithausfrau. Ich brauche etwas dass mich fordert(es geht mir nicht um Karriere und Geld, ganz und gar nicht) sonst werde ich unglücklich vor langweile.
Ich sehe ein, dass ich Kompromisse machen muss,und das ist für mich auch kein Problem solange es nicht heißt dass ich in allen Punkten nachgeben muss. Und mein derzeitiges Problem löst das leider auch nicht.

Vielen Dank nochmal für deine Antwort
Gruß Julia
fish
Beiträge: 423
Registriert: 19. Jul 2004, 03:12

Re: alleingelassen?

Beitrag von fish »

Hallo liebe Julia,
nach allem, was ich hier so gelesen habe, scheint mir: dein irischer Freund will eine _richtig _klare _Ansage von dir.

Klar means, du willst mit ihm zusammensein, Ja oder nein. Das Problem, das entstanden ist, kommt von deinen ungewissen, undeutlichen, auch unsicheren Aussagen.

Er wird nicht wegen einer jungen Dame, die sich "irgendwie" schon "ein bisschen besser" fühlt, wenn er da ist, sein Leben umkrempeln. Ich lese schon eine grundsätzliche Bereitschaft von ihm heraus, für dich sein Leben umzukrempeln, aber dann muss dein JA kräftiger kommen statt geflüstert.

Liebe Grüße

die Wanda
Lara77
Beiträge: 25
Registriert: 15. Jun 2005, 10:53
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Re: alleingelassen?

Beitrag von Lara77 »

Hallo Julia,

hm..Irland ist natürlich weit weg und die Situation ist wirklich schwer. Aber ich kann dir deine Gedanken und gefühle wirklich gut nachvollziehen. Mein Freund wohnt nur 12 min von mir entfernt mit dem Auto und trotzdem habe ich das Gefühl teilweise von ihm alleingelassen zu werden. Gerade momentan wieder, da er seinem Sport nachgeht wann immer er will, aber wenn ich ihn dann sehen will und brauche muß er unbedingt was anderes machen, zudem er ja aufgrund seiner Aktivitäten noch nicht kam. Gleichzeitig sagt er mir dann dauernd, dass er mich ja auch vermißt. Ja toll, warum nimmt er sich dann nicht die Zeit für mich???

Weißt du Julia, ich denke wir sind in der Depression zu sehr auf uns fixiert. Und das ist für das Umfeld glaube ich sehr schwer und belastend. Zwar wollen wir genau das nicht, aber es ist nunmal so. Trotzdem denke ich versuchen alle für uns da zu sein, jeder in seinem ihm möglichen Rahmen. So sicherlich auch dein Freund!! Hast du denn klipp und klar ihm gesagt, dass es dir gar nicht um immer geht sondern dir schon helfen würde, wenn er mal ne Woche oder zwei in der momentanen Situation zu dir kommen könnte?? Was arbeitet er denn, dass er seine Eltern nicht für kurze Zeit mal "verlassen" kann? Kann er nicht Urlaub nehmen????

Freue mich auf Antwort!
Gruß Lara
Traumtänzer
Beiträge: 18
Registriert: 10. Mai 2005, 11:55

Re: alleingelassen?

Beitrag von Traumtänzer »

Hallo Lara,
es tut mir leid dass ich so lange nichts mehr von mir habe hören lassen,mir gings nur in letzter Zeit nicht so besonders.

mir sagt mein Freund auch ständig, dass er mich vermisst, aber mehr Zeit für mich nehmen kann er sich auch nicht. Hier verstehe ich es sogar noch,zum einen wäre es viel zu teuer und außerdem würden seine Eltern ihn nie weglassen: sein Vater versteht ihn zwar,denn er hatte auch selbst mal schwere Depressionen, aber er sagt doch der Job geht vor.Und seine Mutter ist der Meinung, ich würde das alles nur vorspielen damit mein Freund zu mir zieht.Naja.
Ich kann mir ein wenig vorstellen wie es sich für dich anfühlt. Zwar wohnt mein Freund nicht nur 12min von mir entfernt,trotzdem kenne ich andere,die ihren Freund noch weniger sehen als ich - und super damit klarkommen, im Gegensatz zu mir.Ich denke manchmal, selbst wenn wir im selben Haus wohnen würden,so hätte ich dennoch das Gefühl, dass er nicht genug da wäre für mich.

irgendwo habe ich mal gelesen, dass depressive Menschen zu sehr lieben und es sei unmöglich ihren Ansprüchen gerecht zu werden, da dies nur ginge, wenn man 24stunden am Tag für sie da wäre - was natürlich unmöglich ist. Zuerst dachte ich "was für ein schwachsinn", aber jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. auf jeden Fall hast du Recht wenn du sagst dass wir zu sehr auf uns fixiert seien.

Gruß Julia
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