Die Dame in Schwarz

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rowibo
Beiträge: 62
Registriert: 17. Apr 2003, 17:34

Die Dame in Schwarz

Beitrag von rowibo »

Hallo,

Der berühmte Psychoanalytiker Carl Gustav Jung hat einmal gesagt:

"Die Depression ist gleich einer Dame in Schwarz. Tritt sie auf, so weise sie nicht weg, sondern bitte sie als Gast zu Tisch und höre, was sie zu sagen hat."

Wem von Euch hat denn die "Dame in Schwarz" denn schon mal was erzählt? Bei mir schweigt sie sich immer aus....

Alles Gute

rowibo
Simpl
Beiträge: 219
Registriert: 12. Feb 2006, 21:40

Re: Die Dame in Schwarz

Beitrag von Simpl »

Hallo rowibo,

die Dame in schwarz erzählt mir nur Mist. Sie nimmt mir die Lebensfreude sie verstärkt massiv meine Empfindlichkeit, sie nimmt mir die Lebenskraft.

Ich bekämpfe sie damit indem ich mir immer wieder klar mache,

- dass ich kein Opfer, sondern ein priviligierter Bürger dieser Welt bin,
- dass ich noch um meine vermeintlichen Recht kämpfen kann,
- dass ich in meinem Leben sehr oft sehr viel Glück hatte (auch natürlich weil ich gut daran gearbeitet hatte)
- dass es vielen Gesunden schlechter geht und jammern somit ein Hohn ist,
- dass ich trotz allem eine Perspektive habe,
- und last but not least, dass ich eine Frau an meiner Seite habe, die zu mir steht.

Gruß Simpl
lusafina
Beiträge: 72
Registriert: 26. Nov 2004, 14:05

Re: Die Dame in Schwarz

Beitrag von lusafina »

Hallo,

was sagt sie mir.. hm.

Das ich so nicht mehr weitermachen kann/soll.
Das ich Probleme habe die ich lösen soll/muss.
Das ich durch mein Verhalten in diese Situation gekommen bin.
Das ich es anders machen kann.

Ich habe aufgehört sie zu bekämpfen. Obwohl ich mich noch jedesmal erschrecke wenn sie plötzlich auftritt. Bekämpfen kostet aber zu viel Kraft. Die versuche ich in die wirklichen Probleme zu stecken.
Wenn es mir gut geht versuche ich das beste aus dem zu machen was ich bisher gelernt habe.
Wenn es mir schlecht geht versuche ich das zu akzeptieren. Ich kämpfe dann nicht dagegen, sondern versuche einfach trotzdem am Leben teilzunehmen. Wenn das nicht funktioniert, dann ist es mittlerweile weniger schlimm.
So sehe ich das zumindest an guten Tagen wie heute.

finchen



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Verliere den ganzen Verstand, ein halber verwirrt nur. C. F. Hill
atetobi
Beiträge: 274
Registriert: 12. Feb 2004, 14:02

Re: Die Dame in Schwarz

Beitrag von atetobi »

Hallo rowibo,

bei mir lässt sich die Dame in Schwarz nur sehr schwer erreichen. Wenn ich sie unbedingt erreichen möchte, entzieht sie sich mir. Wenn ich sie aber tatsächlich ganz nett und ruhig einlade und sie frage, was sie mir mit ihrer Anwesenheit sagen möchte, beginnt sie langsam zu sprechen. Nicht viel, aber immer mehr. Es ist oft schwierig zuzuhören, weil sie meistens sehr leise spricht. Aber das, was sie zu sagen hat, ist sehr interessant. Und ich habe festgestellt, dass sie es gut mit mir meint, wenn ich es auch nicht immer akzeptieren kann.

Vielleicht schaffst du es ja auch, die Dame mit viel Geduld zu erreichen!

Gruß
Beate
Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.
deary
Beiträge: 424
Registriert: 17. Jun 2005, 13:05

Re: Die Dame in Schwarz

Beitrag von deary »

Hallo rowibo!

Ich habe mich auch schon öfters gefragt, was Herr Jung (der "liebe jong", wie das hier im Rheinland wohl ausgesprochen werden würde)
damit wohl gemeint haben könnte????

Nicht, dass der einfach kurz bevor er das gesagt hat, einen zuviel gepichelt hat!

Ich meine, "große Männer , große Geister ,...." ich nehme an , Du weißt, wie´s weitergeht!!!

kleiner Scherz...

Nee, ich denke schon, dass man durch die Depression schon dazu kommt, nachzudenken, welche Lebenshaltungen krankmachend sind.

Oft hat man ja einfach viele Werte, Z.B. das Leistungsdenken von den Erziehern, also Eltern, Schule übernommen.

Was, wenn das so gar nicht stimmt???
Wenn man einfach viel wert ist, weil man man selbst ist???

Und nicht , weil man super Karriere gemacht hat, superreich ,superschön , super Mutter (oder "super Nanny?) ist?

Das ist es , was mir die Deprssion gebracht hat. Andere Werte .

Mich selber anders sehen. Andere Menschen anders sehn.

Aber die Dame in schwarz hat auch viel kaputt gemacht , manchmal möchte ich sie gar nicht zu Tisch bitten, sondern sie mit Lachsschaumspeise vergiften!!!!!!

Sie hat mein Leben anders verlaufen lassen,als ich es geplant hatte.
Sehr anders, hat Freundschaften in Frage gestellt.

Gut, wieder ein Gedanke zu der Dame in schwarz:
Vielleicht waren dies alles keine Freunde, denn die erkennt man bekanntlich erst in der Not, wenn die Dame in schwarz also mit am Tisch sitzt und da noch andere sitzen, dann sind ´s meistens Freunde.

Könnte man irgendwie auch als Pluspunkt sehen.

Wird natürlich gesellschaftlich nicht so gesehn.

Viele "Freunde" sind hip, angesagt.

Aber noch etwas, was ich für mich auf jeden Fall sagen kann:

Nach einer Depression ( wenn die Dame in schwarz grad wenigstens im Nachbarhaus ist , also nicht mehr direkt bei mir am Tisch rumhängt), dann nehme ich Kleinigkeiten besser wahr als andere Menschen.

Ich freue mich riesig über Dinge, die andere Menschen (habe ich den Eindruck) gar nicht mehr wahr nehmen. Ein Kinderlachen, ein schönes Tier, wenn man mal eine Nacht durchschläft, ein warmes Bett, ein netter Anruf, ein Waldspaziergang, es kann alles sein...

Die Dame in Schwarz hat mir viel genommen, z.b. den Beruf, den ich erlernt habe und den ich zur Zeit nicht ausüben kann.

Aber, ich weiß ,das hört sich jetzt philosophisch hochtrabend an, aber sie hat mich auch Dankbarkeit gelehrt.

Und zwar tief empfundene.

Nicht die Art von Dankbarkeit, die Oma "gepredigt " hat: Wenn Du nach dem Kirchgang schön brav warst, dann gib´t´s auch Erdbeerkuchen, und das wird dann ganz fein!!

Mir fällt zu dem Thema noch mehr ein, aber ich muß erstmal meine Gedanken sortieren.

Und "hallo Moderatoren!" das gehört doch jetzt wirklich zum Thema Depression, oder?

Liebe Grüße

deary
lebenwollen
Beiträge: 33
Registriert: 11. Jun 2005, 16:11

Re: Die Dame in Schwarz

Beitrag von lebenwollen »

Hallo rowibo,

gerade habe ich einen ellenlangen Beitrag zu deinem Thema verfasst, und nun ist er mir irgendwie verlorengegangen - vielleicht sollte es so sein.

Darum also noch ein Versuch: Ich habe diesen Satz von C.G. Jung vor ein paar Jahren gelesen, und er hat mich dann für lange Zeit begleitet insofern, als ich meine Depression "personifiziert" habe - eben als jene Dame in Schwarz.

Längere Zeit konnte ich sie als im Grund zwar belastende, aber letztlich doch wohlwollende Wegbegleiterin betrachten, die mich, obwohl ihre Anwesenheit oft so bedrückend war, immer wieder geduldig hinweisen will auf das, was es zu ändern gilt, abzulegen gilt, damit ich endlich zu etwas mehr Leichtigkeit gelange. Ich glaube, bis zu einem gewissen Grad und Zeitpunkt war sie auch hilfreich, die Schwarze Dame. Ich habe versucht, mich mit ihr anzufreunden. Ich habe regelrechte (innere) Dialoge mit ihr geführt: Was willst du? Warum kommst du immer wieder? Meinst du es letztlich gut mit mir oder willst du mich nur quälen.....?

Im letzten Jahr verunglückte ein Mensch, der mir in meiner Depression immer wieder ein großer Halt war, der mich sogar oft für eine Zeit lang "herausreißen" konnte, tödlich. Nach dem ersten Schock versuchte ich wochenlang, "gesund" und vernünftig und "richtig" zu trauern - wie man es bei Canacakis, Verena Kast & Co nachlesen kann. Ich dachte mir, wie stark ich doch sei - ich musste es ja auch sein, ich habe ja schließlich drei Kinder und auch sonst noch einige Aufgaben.

Nachdem ich mir für zwei Tage lang eine Auszeit in einem Wellnesshotel genommen hatte, wo ich zum ersten Mal Gelegenheit hatte, mich intensiv mit den Ereignissen auseinander zu setzen (und es kam in den letzten drei Jahren einiges zusammen, aber dieser Todesfall war die absolute Katastrophe), verwandelte sich diese ehemals geduldige, helfenwollende Dame in Schwarz plötzlich in eine gnadenlose Furie, in ein bösartiges Monster, in eine Hexe, die mir auf der Brust hockte und mir fast die Luft zum Atmen nahm. Das war der absolute Tiefstpunkt, und ich habe in der Zeit oft zu meinem Mann gesagt, der völlig hilf- und ratlos an meinem Bett saß: Wenn ich jetzt die drei Kinder nicht hätte, ich wüsste, was ich täte... Aber eine konkrete Absicht war es nie - ich liebe meine Kinder sehr und für sie lohnt es sich, wieder völlig gesund zu werden. Ich weiß, dieser Satz ist im Grund verkehrt, ich müsste es mir SELBER Wert sein, gesund sein zu wollen, aber auch diese meine Sichtweise hat ihre Geschichte.

Eigentlich hätte ich damals in eine Klinik gemusst, aber ich wollte meinen Mann nicht mit allem allein lassen: mit den Kindern, der pflegebedürftigen Schwiegermutter etc.

Heute geht es mir "so làlà", mal besser, mal schlechter, aber es geht. Ich versuche alles, was mir irgendwie sinnvoll erscheint: Besonders das Laufen hat es mir seit ein paar Wochen angetan, und es war für mich sehr motivierend, auf die Seite des "Kleinen Raben" zu stoßen (Laufen gegen die Depression), die mich sehr motiviert hat (danke nochmals, Kleiner Rabe!!!).

Liebe(r) rowibo: Vielleicht kannst du es ja mal wenigstens versuchen, mit dieser Dame ins Gespräch zu kommen, ihr konkrete Fragen zu stellen; herauszufinden, welches Gesicht sie zeigt: ein mitfühlendes, gütiges, weises, geduldiges (so habe ich es anfangs empfunden) oder aber in deinem Fall vielleicht ein ganz anderes. Wenn das für dich verrückt klingt, lass es lieber. Mir hat es aber eine Zeit lang und bis zu einem gewissen Grad geholfen, zum Teil auch sehr.

Ich habe in der ganz akuten Phase Fluoxetin bekommen, es hat nach längerer Zeit auch sehr gut geholfen (da ging es mir richtig gut!), dann aber verspürte ich die Wirkung immer weniger, und vor ca. 5 Wochen bekam ich eine so starke Allergie auf das Medikament, dass ich es sofort absetzen musste. Nun nehme ich gar nichts mehr und versuche es eben mit allem, was mir an möglicherweise Sinnvollem einfällt. Zur "Schwarzen Dame" als Bild habe ich keinerlei Kontakt mehr, obwohl die Depression ja noch, wenn auch meist in erträglicherer Form, da ist. Dieses konkrete Bild der Depression als Person hat wohl seinen Zweck erfüllt bzw. kann es mir jetzt einfach nicht mehr weiterhelfen.

Und noch was: Ich würde dir (und auch überhaupt hier im Forum) nicht schreiben, wenn ich nur Entmutigung und Resignation verbreiten würde wollen und können. Nein, die Depression hat auch ihre Chancen, wie du unter dem Thema "Depression als Chance?" von Emryi (hoffentlich richtig erinnert?) nachlesen kannst.

Ich merke, ich bin leer geschrieben. Es würde mich freuen, wenn du mit meiner Antwort ein bisschen was anfangen könntest.

Alles Gute für dich und ein lieber Gruß!

Anima
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