Die Erwartungen meiner Angehörigen und meine eigenen an mich selbst...

Antworten
Edeltraud
Beiträge: 1495
Registriert: 22. Mai 2003, 16:49

Die Erwartungen meiner Angehörigen und meine eigenen an mich selbst...

Beitrag von Edeltraud »

die machen mich noch depressiver als ich ohnehin schon bin.

Gestern habe ich noch rumposaunt wie relativ wenig schlecht es mir die letzten Tage geht. Ich war auch richtig stolz und es steigerte mein Selbstwertgefühl, da ich die letzten Tage für meine Verhältnisse relativ viel geleistet habe und ansonsten auch rel. viel aktiv sein konnte. Obwohl das Stolz-sein gar nicht angebracht war, ich konnte das alles nur erledigen da die Depression relativ wenig ausgeprägt war.

Ein ständiges Auf und Ab bei mir!

So, nun heute wieder mal ein stimmungsmäßiger Einbruch von einer Minute auf die andere. Eigentlich sollte ich mich schon daran gewöhnt haben nach der langen Zeit *g*
Auslöser meines Einbruchs: mein Besuch bei meinen hochbetagten Eltern. Teilweise unausgesprochene Erwartungen ihrerseits an mich, die immer größer werden je älter sie werden und dann dazu meine eigenen Erwartungen an mich selbst - ein verhängnisvoller Cocktail. Sie haben keine Ahnung davon wie ausgeprägt krank ich bin, ich werde es ihnen auch nicht erzählen, wenn es nicht unbedingt sein muss, aus Rücksichtnahme.

Immer noch bin ich so naiv ein bisschen zu hoffen, dass es so bleibt, wenn es mir wieder mal etwas besser geht, obwohl ich schon tausendfach eines anderen belehrt wurde. Die oft plötzlich auftauchenden Tiefs sind nach all den Jahren nicht weniger schmerzlich geworden, oft habe ich den Eindruck, dass mich das immer mehr belastet. Bei meinem letzten saftigen Tief zog ich schon in Erwägung mich in einer Pension einzumieten um mich den Erwartungen (Druck) anderer zu entziehen und um meine Arbeit nicht mehr ansehen zu müssen, da mich dies noch mehr hinunter zieht, wenn ich diese nicht erledigen kann und sich Berge vor mir auftürmen.

An die Zukunft sollte ich an Tagen wie heute nicht denken, ich versuche zumindest nicht daran zu denken.

Puh, die nächsten Tage sind für meine Verhältnisse rel. voll mit offiziellem Programm, das sich kaum entschlanken lässt, eigentlich keine Zeit für einen Durchhänger beim ständigen Durchhängen. Wieder mal irgendwie tricksen, abspecken des Programms, an meine Grenzen gehen, verschieben, nur oberflächlich erledigen, andere um Hilfe bitten, Abfuhr/Absage erteilt bekommen, den Unmut anderer spüren wegen meiner "Faulheit" u. "Oberflächlichkeit", vorgehalten bekommen dass ich in der Lage bin mir Gutes zu tun anstatt alle Zeit meines Aktiv-sein-könnens für meine Aufgaben/Pflichten zu nutzen, wieder mal schlechtes Gewissen. Ewiger Kreislauf - kein Verlass auf mich.

Genug des Jammerns, sonst wird noch ein Roman daraus *g*

Ich bereue jetzt schon wieder das Geschriebene, lese es nicht mehr durch und schicke es trotzdem ab.

Schon mal vielen lieben Dank für´s Feedback, ich melde mich nämlich oft nicht mehr in meinen von mir initierten Threads. Das soll aber niemanden davon abhalten darin zu schreiben.

Viele Grüße
Edeltraud
Edeltraud
Beiträge: 1495
Registriert: 22. Mai 2003, 16:49

Re: Die Erwartungen meiner Angehörigen und meine eigenen an mich selbst...

Beitrag von Edeltraud »

Hat gar niemand einen Gedankenanstoß für mich?
Meine eigene Denke kenn ich nämlich schon zur Genüge.
fish
Beiträge: 423
Registriert: 19. Jul 2004, 03:12

Re: Die Erwartungen meiner Angehörigen und meine eigenen an mich selbst...

Beitrag von fish »

Hallo Edeltraut,
bin nu kein Depressiver, sondern "nur" ein Angehöriger.

Was hast du denn schon alles probiert, um aus der Perfektions- und Erwartungsfalle zu kommen, die wohl noch von der Erziehung herrührt; aber auch mittlerweile aus dir selber?


Liebe Grüße

Wanda
Wirklich
Beiträge: 21
Registriert: 20. Mai 2005, 12:32

Re: Die Erwartungen meiner Angehörigen und meine eigenen an mich selbst...

Beitrag von Wirklich »

Hallo Edeltraud,

mir geht es eigentlich nicht anders, nur habe ich die Erfahrung gemacht, das meine Familie mich in den Abgrund zieht und wenn ich die Hoffnung habe und wieder nach Luft schnappe, dann kommt wieder ein Dämpfer- aus der Familie!

Aber ich versuche in Deckung zu gehen, es gelingt mir nur nicht immer und ich weiß, woher es kommt, und da liegt doch schon ein wenig die Erkenntnis!

Ich lebe noch dem Motto meines vierjährigen Sohnes, der sagt, ja wir schaffen das!

Mal mehr und mal weniger - eher weniger, vielleicht irgendwann mal mehr.

lg Wirklich
Edeltraud
Beiträge: 1495
Registriert: 22. Mai 2003, 16:49

Re: Die Erwartungen meiner Angehörigen und meine eigenen an mich selbst...

Beitrag von Edeltraud »

Hallo Wanda,

ich habe kein Problem damit mich mit Angehörigen auszutauschen - Angehörige sind auch nur Menschen

Perfektionistisch bin ich sicherlich nicht, wenn ich mich mit Bekannten vergleiche. Perfektionismus würde mich wohl noch kränker machen.

Jeder hat eine individuelle Vorstellung was das Mindestmaß von Kindererziehung, Erledigung von Arbeiten im Haushalt, ... anbelangt. Tiefs lassen mich ins Trudeln kommen, wenn mein Mindestmaß unterschritten wird. In meinen rel. guten Zeiten bin ich ausreichend damit beschäftigt diesbezügl. auf einen für mich durchschnittlichen Level zu kommen.
Ich hab manchmal damit zu tun das brandeilige zu erledigen, neben den alltäglichen Aufgaben. Unnützes hab ich schon vor langer Zeit entsorgt. Natürlich wende ich meine Zeit auch auf um wieder etwas Energie zu tanken. die Krankheit ist bei mir sehr zeitraubend. Ständig muss ich Prioritäten setzen, was ist am notwendigsten/dringendsten. z.B. die Fenster haben es schon sehr dringend nötig gestrichen zu werden, gestern hab ich Farbe gekauft, um mich selbst unter Druck zu setzen, mal sehen ob das heuer noch von mir erledigt wird. Es kommt auch schon mal vor, dass mir etwas vergammelt aufgrund mangelnden Antriebs, das ist natürlich mit zusätzlichen Kosten verbunden. Das Auto braucht dringend einen Ölwechsel...

bezügl. Erwartungen anderer:
Es hat ja auch Vorteile für mich, wenn ich Erwartungen anderer erfülle, unter anderem auch materielle. Ich handle nicht aus Selbstlosigkeit.
Jede Beziehung besteht aus Geben und Nehmen. Durch die Erkrankung bin ich vermehrt zum Nehmen gezwungen. Und ich bekomme den Unmut anderer zu spüren, wenn mein Nehmen dank Tief noch schwerer überwiegt und kaum etwas zurückkommt. Der Unmut anderer kränkt mich dann zusätzlich und ich trete dann den Rückzug an. Was bleibt mir auch anderes übrig. Ich haue auch schon mal auf den Tisch, falls ich dazu noch in der Lage bin, das erfordert nämlich auch ein gewisses Maß an Energie.

Eigentlich hätte ich schon längst anfangen sollen zu kochen, das Posten war mir wichtiger.

Viele Grüße
Edeltraud
emriye
Beiträge: 631
Registriert: 15. Okt 2003, 15:00

Re: Die Erwartungen meiner Angehörigen und meine eigenen an mich selbst...

Beitrag von emriye »

Hallo Edeltraud,

selten lese ich einen Thread von dir, indem es um dich geht.... ich kann mich eigentlich an garkeinen in letzter Zeit erinnern.

Vielleicht ist es ja im Leben da draußen ähnlich, dass du halt immer funktioniert bis du an deine Grenzen kommst und keiner so richtig realisiert wie es in dir aussieht??

Jeder Mensch hat einen unterschiedlichen Anspruch an sich selbst, du meinst den eigentlichen Level von dir schon ziemlich unten zu halten. So wie ich dich hier kenne, würde ich mal annehmen, dass dein Level, der von dir als niedrig betrachtet wird, in Wirklichkeit sehr hoch ist. Ist jetzt nur mal so eine Annahme von mir, ich kenne dich ja nur von deinen Posts und die wirken auf mich so, als wärst du schon ein Mensch mit rigidem Anspruch an sich und auch an andere, du selbst nimmst das ganz anders wahr, da du halt immer noch unter deinem eigentlich Anspruch an dich selbst lebst.

Ich wünsche dir, dass du schnell einen Weg da raus findest

Liebe Grüße
emriye
fish
Beiträge: 423
Registriert: 19. Jul 2004, 03:12

Re: Die Erwartungen meiner Angehörigen und meine eigenen an mich selbst...

Beitrag von fish »

Hallo Edeltraut,
ich denke ähnlich wie Emrye.

Ein gewisse Grundeinstellung, wie alles perfekter zu sein hat, hast du schon für mich in meinen Augen.

Auch ein "Normalo" kauft Farbe und streicht die Fenster heuer doch nicht, oder er hängt am Telefon, obwohl er schon anfangen müsste, zu kochen...

Der durchschnittliche Level, den du meinst, ist möglicherweise schon recht hoch. Warum auch immer. Nicht immer lässt sich das aber kognitiv aus der Welt schaffen mit reiner Kopfeinsicht, das Gefühl arbeitet anders.

Da stellt sich die Frage, ob es denn möglicherweise nicht doch Sinn macht, sich mit den unausgesprochenen Erwartungshaltungen zu beschäftigen, die noch aus der Kindheit oder Jugend herrühren. Weil genau diese unausgesprochenen Sachen haben eine irrsinnige Macht, strengen an, sie machen einem die Batterie immer wieder vorschnell leer. Und dann hat man keine Kraft mehr für das Jetzt. (Welches auch schon nicht immer astrein die Menschen stresst und fordert.)

Manchen ist damit geholfen, dass sie Briefe schreiben an ihre Eltern, die sie aber nie abschicken; manche versuchen, mit ihren Eltern darüber zu reden. Es ist nicht immer richtig, "falsche" Rücksicht zu üben. Oft stellt man fest, das die Eltern mehr verstehen, als man glaubte. Man weiß es aber erst, wenn man es ausprobiert.

Das nur, weil du schreibst, du fühlst dich schwächer, seit du bei deinen Eltern warst, aber mit ihnen nicht richtig reden kannst. Nicht immer sind die Eltern die "Ursache" vvon Depression, aber garantiert sind unausgesprochene Sachen gift. Ich denke, sie müssen - sozialverträglich - raus. Im eigenen Interesse.

Liebe Grüße

die Wanda
Edeltraud
Beiträge: 1495
Registriert: 22. Mai 2003, 16:49

Re: Die Erwartungen meiner Angehörigen und meine eigenen an mich selbst...

Beitrag von Edeltraud »

Hallo Wirklich,
was meinst du mit: "...mich in den Abgrund ziehen...kommt wieder ein Dämpfer - aus der Familie!"
Ich möchte da nichts hineininterpretieren was von dir damit gar nicht gemeint ist, deswegen meine Rückfrage.

Hallo Wanda und Emriye,
ich bin definitiv keine Perfektionistin *stampf* - zumindest nicht in jeder Beziehung, ich lege nur auf ganz bestimmte Sachen viel Wert und ich weiß auch woher das kommt und das will ich auch so beibehalten.
Vielleicht später mehr zu euren beiden Postings.

Viele Grüße
Edeltraud
doubty
Beiträge: 77
Registriert: 25. Mai 2004, 20:02

Re: Die Erwartungen meiner Angehörigen und meine eigenen an mich selbst...

Beitrag von doubty »

Hallo Edeltraud!

Zuerst mal wollte ich Dir sagen, dass es immer eine Freude ist, Dich im Chat oder so anzutreffen.

Also heißt das doch, dass Du in einem Bereich schon eine Balance gefunden hast.
Nämlich auzudrücken, wie es Dir geht ohne zu jammern, Dir Hilfe und Unterstützung zu holen. Deine Bedürfnisse auszudrücken.
Ohne außer Acht zu lassen, wie es anderen dabei geht.

Und das mit dem Tempo kenne ich sehr gut.
Durch die Depression hat man automatisch das Gefühl, dass die anderen Uhren weiterlaufen, während die eigende stehn bleibt.

Ich fühle mich auch in guten Phasen ständig so, als ob ich hinter meinen Aufgaben zurückbliebe.

Aber für mich ist es schon ein großer Fortschritt, wenn ich in meinem eigenen Tempo alles anpacke , "durch "das leben gehe im wahrsten Sinne des Wortes und nicht daran vorbei.
Also sich eigentlich vor nichts drücken, aber alles langsamer machen.

Es gibt einen schönen Roman , eigentlich eine Seefahrergeschichte, "Die Entdeckung der Langsamkeit von Sten Nadolny."

Dieser Mensch schafft es trotz angeborener Langsamkeit und vieler Rüsckschläge eine Expedition zum Polarkreis zu leiten.

Entsprechend dem alten Paradox vom Wettlauf zwischen Achilles und der Schildkröte geht er am Ende als Sieger hervor..
Aus der Perspektive der Langsamkeit verändert sich die Welt....

Was ich damit sagen will, kannst Du Dir sicher denken.

so, das war´s für Heute.

Liebe Grüsse
Anna
lusafina
Beiträge: 72
Registriert: 26. Nov 2004, 14:05

Re: Die Erwartungen meiner Angehörigen und meine eigenen an mich selbst...

Beitrag von lusafina »

Hallo Edeltraut,

ein Mindestmaß an den täglichen Pflichten ist sicher nicht schlecht. Aber woran richtest du das aus? Ist es deine Vorstellung was du schaffen musst wärest du gesund? Oder hast du das siweit reduziert das es mit deiner Krankheit zusammen passt?

Wenn ich mir manchmal überlege was ich von mir verlangt habe, (ich bin auch nicht wirklich perfektionistin, aber hatte trotzdem gesteigerte ansprüche) dann war das immer an meinem "alten" gesunden Leben ausgerichtet.
Ich habe von mir verlangt genauso viel Spaß zu empfinden, genauso viel Hausarbeit zu machen, genauso viel mit Freunden zu unternehmen. Weil das alles ja das Mindestmaß ist. Das kann ja nicht so schwer sein.
Aber es ist schwer!
Ich habe gelernt zu akzeptieren das ich alles nun etwas langsamer und ruhiger angehen muss.
Ich bin zwar noch nicht da angekommen wo ich sein sollte, aber es hilft mir im Moment ungemein.
Wenn ich es heute nicht schaffe Staub zu wischen, oder zu kochen, dann mach ich das morgen. Dann gibt es heute halt nur ein Fertiggericht. Und der Staub läuft selten davon

Die Erwartung der anderen. Das ist echt schwierig. Ich versuche keine Erwartungen zu wecken. Ich weiß nicht ob du das auf das berufliche beziehst. Da kann ich zur Zeit nicht mitreden.
Aber bei Freunden, oder Familie reduziere ich alles. Ich habe gesagt das mir manches einfach schwer fällt. Mich regelmäßig melden, Verabredungen treffen, Eigeninitiative ect.
Meine Freunde nehmen darauf Rücksicht.
Wenn sie sich ein paar Wochen nicht melden, bin ich ihnen nicht böse, ihr Leben geht ja normal weiter. Ich fühle mich aber nicht allein. Da ich mit ihnen Kontakt halte.

Familie ist so eine Sache, ich glaube, bzw hat mir jemand gesagt, das man da nichts erwarten darf. Familie steht einem zu nah. Sie können es nicht verstehen. Sie kennen einen noch aus den guten Zeiten.
Sie können nicht verstehen, warum man es schafft sich selbst etwas gute zu tun (was man auf jeden Fall regelmäßig tun MUSS) aber nicht anderen Pflichten nachgehen kann.
Ich glaube das liegt daran, dass sich niemand mit der Krankheit wirklich auseindersetzen (will).
Wenn man das akzeptieren kann, versetzt es einem einen etwas kleineren Stich, wenn dumme Sprüche kommen.
Oder wenn man Unverständnis erntet.

Ich hatte selbst vor 2 Wochen so eine Situation mit meiner Mutter.
Ich hatte sie gebeten mich in regelmäßigen Abständen anzurufen, weil ich bei einer Prüfung war und nicht wusste wie sie ausgeht und es mir bei nichtbestehen sicherlich schlecht gehen würde.
Als ich die Prüfung tatsächlich versemmelt hatte, hat meine Ma auch angerufen. Aber sie meinte dann nur, dass ich halt nach hause fahren soll (Die Prüfung war in einem anderen Ort) und das sie mich ja jetzt nicht mehr anrufen braucht.
Ich war etwas fassungslos.
Als ich zuhause war und es ir wirklich schlecht ging und ich in erwägung zog in die Klinik zu gehen und meiner Ma das am Telefon sagte kam von ihr nur ein Stöhnen (Nach dem Motto, schon wieder), ich sagte ihr diesmal klar durchs Telefon, entweder Klinik oder tot. Von ihr kam dann nur "Jeder muss selber wissen wie er leben will." Gott! Sie hatte es ganz und gar nicht verstanden, denn es ging nicht ums wie, sondern ums ob.
Jedenfalls hatte sie mich das ganze WE nicht angerufen. Ich hätte wirklich nicht mehr leben können, sie hätte es erst Montag gemerkt.
Zuerst war ich mächtig enttäuscht. Aber nun bin ich soweit zu akzeptieren, dass sie es einfach nicht verstehet und nie verstehen wird.

Mal sehen wie lange meine Erkenntnisse anhalten

Dir wünsch ich noch alles Gute



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Verliere den ganzen Verstand, ein halber verwirrt nur. C. F. Hill
Edeltraud
Beiträge: 1495
Registriert: 22. Mai 2003, 16:49

Re: Die Erwartungen meiner Angehörigen und meine eigenen an mich selbst...

Beitrag von Edeltraud »

Hallo,

vielen lieben Dank für euer FeedBack.

an Wanda und Emriye:
Gesteigerten Anspruch an mich selbst und andere hatte ich wohl schon immer, das hat aus meinen Augen nichts mit Perfektionismus zu tun.
Aus der Erwartungsfalle will ich gar nicht rauskommen, schließlich will ich von anderen ja nicht ganz abgeschrieben werden. Gewisser Druck/Aktivierung von außen wirkt auf mich etwas aktivierend.
Es ist nicht so, dass ich mich nicht traue mit meinen Eltern zu sprechen aus falscher Rücksichtnahme. Nur ich weiß welche Gefühle dies bei meinen Eltern auslösen würde. Ich möchte nicht, dass sie mit-leiden mit mir und sich dann auch selbst bemitleiden, darauf würde es hinauslaufen und damit ist mir nicht geholfen. Die Erwartungen die mich vor allem bedrücken betreffen die Zukunft - ich sollte wohl nicht immer so sehr in die Zukunft blicken, meist kommt sowieso alles anders als man denkt. Nur ich denke diesbezüglich immer an das was mir im schlimmsten Fall passieren/mich erwarten/von mir erwartet werden könnte.
Ich glaube, es ist das beste sie weiterhin darüber im Unklaren zu lassen, ob ich bestimmte Dinge nicht kann und/oder nicht will - das Beste für sie und auch für mich.

Übrigens, ich hab schon 2 Jahre vor die Fenster zu streichen. Mittlerweile wird es immer brandeiliger, da das Silikon sich schon löst. Wenn es gar nicht anders geht, dann erneuere ich heuer nur das Silikon. Es ist eben wie immer, es wird nur das momentan am notwendigste getan.

Ich weiß nicht ob du das überhaupt so gemeint hast, Wanda, aber meine Eltern mache ich nicht verantwortlich für meine Erkrankung.

an Anna:
Langsamkeit *igit* das Wort schmeckt mir nicht besonders.
Gut, dass du mir auch bewusst machst, was ich mir schon alles mühsam angeeignet habe. Darauf sollte ich stolz sein.

an Finchen:
In deinem Posting finde ich vieles sehr treffend, vielleicht später mehr dazu.

Euch allen einen angenehmen Sonntag!

Viele Grüße
Edeltraud
fish
Beiträge: 423
Registriert: 19. Jul 2004, 03:12

Re: Die Erwartungen meiner Angehörigen und meine eigenen an mich selbst...

Beitrag von fish »

Hallo liebe Edeltraut,
du schriebst:

"Gesteigerten Anspruch an mich selbst und andere hatte ich wohl schon immer, das hat aus meinen Augen nichts mit Perfektionismus zu tun."

Kommt darauf an.

Kommt darauf an, wie man Perfektionismus definiert. Für manche ist es Perfektionismus, wenn hundertmal an der gleichen Stelle herumgeschliffen wird (Text oder Lackschicht, egal...), für andere ist es auch Perfektionismus, wenn man möglichst viel Aktivitäten "schaffen" will, wenn man möglichst gut den Ansprüchen anderer oder auch den eigenen gerecht werden will. Für mich ist das auf alle Fälle auch eine Form von Perfektionismus. Wenn du das nicht so siehst, auch OK.

"Aus der Erwartungsfalle will ich gar nicht rauskommen, schließlich will ich von anderen ja nicht ganz abgeschrieben werden."

Ich werde geliebt - und nicht abgeschrieben - auch wenn ich den Erwartungen anderer nicht nachkomme. Ich wünsche jedem, diese wohltuende Erfahrung mal gemacht zu haben.

"Gewisser Druck/Aktivierung von außen wirkt auf mich etwas aktivierend."

So geht es doch den meisten. Wir leben ja in einem wechselseitigen Bezugssystem, da werden immer aktivierende Forderungen von außen an einen, auch an mich herangetragen. Ich muss aber nicht alles machen. Ich kann entscheiden, ob das gut ist für mich oder nicht.

"Nur ich weiß welche Gefühle dies bei meinen Eltern auslösen würde."

Du bist erwachsen, sie sind erwachsen. Du bist nicht verantwortlich für ihre Gefühle, oder was du bei ihnen auslöst. Sie sind nicht mehr verantwortlich für deine Gefühle. Das hört sich hart und unverantwortlich an, aber Eltern sind definitiv keine Babies. Wenn du befürchtest, dass sie mitleiden oder dann mit Jammern anfangen: mein Mann kennt das bei seinen Elten auch, er erzählt ihnen kaum mehr was..., ich halte das persönlich für keine gute Lösung, weil sie das Nichtsagen extrem verunsichert, denn spüren tun sie ja trotzdem, dass da was ist... Aber durch diese Erkenntnis muss wohl jeder selbst durch. Ich habe mich einfach anders entschieden und führe mit meinem übriggebliebenm Elter ein offenes Wort. Hat uns beiden nicht geschadet.

"Übrigens, ich hab schon 2 Jahre vor die Fenster zu streichen."

Meine Fenster gehören auch schon länger gestrichen.

"Ich weiß nicht ob du das überhaupt so gemeint hast, Wanda, aber meine Eltern mache ich nicht verantwortlich für meine Erkrankung."

Ich will damit nicht sagen, dass deine Eltern "verdammungswürdige Erziehungsversager" oder was auch immer waren und als DIE SCHULDIGEN ausgemacht werden müssen für die Depression. Doch ich fühlte, dass es da unausgesprochene Sachen gibt, wo es eine Wohltat für alle Beteiligten wäre, sie mal in aller Liebe und Freundlichkeit auszusprechen.

Es ist meine persönliche Ansicht: Manche Eltern waren manchmal selber hilflose Geschöpfe, die es nicht anders hingekriegt haben. Mit diesen hilflosen Geschöpfen bin ich innerlich so verblieben, dass ich sie zwar nicht hasse, aber trotzdem teilweise sie und ihre Umgebung (Schule, Nachbarn) für das verantwortlich mache, was sie mit ihren Kindern so veranstaltet haben. Und mir heute als erwachsener Mensch erlaube, darüber offen mit ihnen zu reden.

Auf der anderen Seite:
Wer nachweist, dass es jede Menge Depressive gibt, die out of the blue depressiv geworden sind ohne Altlasten aus Kindheit und Schule (ein Ort für Demütigung für viele), der möge sie mir nennen. Mag sein, dass es sie gibt. Mir sind aber halt noch keine begegnet. Und schlimmer noch: Selbst Angehörige von diesen geplagten Menschen hatten es selbst nicht Gold. Meine SHG-Angehörigengruppe hatte Familiengeschichten, das hat mir die Farbe aus dem Gesicht gehauen. Das verstärkt in mir die Verliebungs-Theorie von Skynner, dass uns die gemeinsamen Tabus/Familiengeheimnisse der Ursprungsfamilien gegenseitig als zukünftiger Partner attraktiv scheinen lassen.

Ich selber halte jedenfalls viel davon, es ist aber nur meine subjektive Meinung. Wer das anders sieht, der möge das tun.

Liebe Grüße

Wanda

Da ich aus einer Mega-Stressbranche komme, habe ich mir als Selbständige angewöhnt, einige Takte langsamer zu schalten. Es tut mir gut. Habe auch schon einen Auftrag abgelehnt, der in der gewünschten Zeit nicht in der von mir gewohnten Qualität machbar gewesen wäre. Ich habe den Kunden immer noch, er hat mich nicht "gefeuert".

Im Augenblick arbeite ich an der Entwicklung einer Staubentfernungs-/verhinderungstechnik die Wischen und Staubsaugen in Zukunft unnötig macht.
Antworten