Ich traue mich

Antworten
atetobi
Beiträge: 274
Registriert: 12. Feb 2004, 14:02

Ich traue mich

Beitrag von atetobi »

Ihr Lieben,

einige von Euch kennen mich sicher schon. Ich bin die Beate, die versucht, Euch gute Ratschläge zu geben und selbst so schrecklich hilflos ist. 52 Jahre alt, verheiratet, 2 erwachsene Kinder, Erinnerung an die ersten Depressionen: 7 Jahre alt. Damals wusste ich natürlich nicht, was es war. Die Diagnose wurde erst 1989 gestellt.

Meine Geschichte kennen die Meisten sicher auch, aber hier jetzt mal ausführlicher:

1996: Meine Schwester geht mit Rechtsanwälten gegen meine Eltern vor, um ihr Erbteil vorzeitig ausgezahlt zu bekommen, und wendet sich auch gegen mich. Das hat sie eigentlich schon immer getan. Sie sagte mir, als ich 40 und sie 52 war (1992), ich wäre schon widerlich gewesen, als ich zur Welt kam.

Weihnachten 1996: Mein Mann ist nicht bei uns. Am 2. Weihnachtstag kommt er nach Hause und erzählt, dass er eine andere Frau "kennengelernt" habe. Frage: "Warst du diese Tage bei ihr?" "Ja." Könnt Ihr Euch meine Verzweiflung und die meiner Kinder vorstellen? Wir waren zu der Zeit 23,5 Jahre verheiratet. Ich habe ihn rausgeworfen.

1997: Im Sommer, am Tag nach meinem 45. Geburtstag, lerne ich meinen jetzigen Mann kennen. Meine Mutter verurteilt mich dafür, dass ich mich mit ihm zusammen tue. Er tut mir so gut. Immerhin sagt mein Vater: "Lass sie, sie ist alt genug, um zu wissen, was sie tut." 14 Monate später heiraten wir.

Februar 1998: Meine Tochter zieht aus - in die Wohnung meines jetzigen Mannes mit unserer Unterstützung.

Mein erster Mann zahlt keinen Unterhalt für unsere gemeinsame Tochter, die noch zur Schule geht. Sie wird im Januar 1998 18 Jahre alt, muss gegen ihren Vater klagen. Im September 1998 kommt es endlich zur Gerichtsverhandlung. Sie begegnen sich wie Fremde, schließen vor Gericht einen Vergleich. Er zahlt 100 DM weniger, als nach der Düsseldorfer Tabelle verpflichtend. Sie ist so schrecklich verzweifelt durch das Verhalten ihres Vaters, der zu der Zeit ca. 1 Jahr lang den Kontakt zu ihr konsequent abgebrochen hatte!

September 1998: Während mein Mann und ich in Urlaub sind, begeht meine Tochter einen S.V., ich erfahre es erst nach unserer Rückkehr. Zwei Jahre lang leidet sie unter schwersten Depressionen, spürt nicht einmal mehr die Wassertropfen, wenn sie duscht. Ihr Vater sagt: "Wenn es schlimmer wird, ruf mich an." Ist es nicht schlimm genug? Alles hängt an mir, ich tue es gern.

Sommer 1999: Mein Sohn zieht aus. Es mag sich blöd anhören, weil ich meine Kinder ja nicht verliere, aber ich bin sehr traurig über diese Trennungen.

Dezember 2001: Meine Mutter stirbt. Ich hatte mein Leben lang ein gespaltenes Verhältnis zu ihr, begleite sie aber mit viel Liebe auf ihrem letzten Weg und halte ihre Hand, als sie geht.

Auf den Tag genau 1 1/2 Jahre nach ihr stirbt mein Vater, um den ich mich, obwohl er 20 km entfernt wohnt, nicht zu uns ziehen möchte und ich berufstätig bin, während der Zeit nach dem Tod meiner Mutter intensiv gekümmert habe.

Im Februar vorigen Jahres hatte ich einen Zusammenbruch im Büro. Seit drei Wochen arbeite ich wieder. Täte ich es nicht, wäre ich entlassen worden.

Ich war so zuversichtlich, dass ich jetzt, besonders nach der Ruhe der letzten Monate, die ich allerdings fast ununterbrochen mit dem Gefühl "Du hast wieder mal versagt" und schlechtem Gewissen, dass ich meine Kollegen im Stich lasse, verbracht habe, endlich mein Leben in den Griff bekäme.

Und nun sitze ich hier, total verzweifelt. Ich weine und kann mich nicht beherrschen. Der Druck auf meiner Brust wird unerträglich, ich kann kaum noch atmen. Schon am Pfingstwochenende war es so schlimm, dass ich es kaum aushalten konnte.

Langes posting, ich weiß, aber ich weiß mir nicht mehr zu helfen.

Ich hatte seit meinem Eintritt in dieses Forum so schreckliche Angst zuzugeben, wie es in mir aussieht, aber es ist jetzt so wichtig für mich.

Ich will Euch nicht zujammern, aber ich bin so verzweifelt.

Danke, dass Ihr mir zugehört habt.

Beate
Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.
Lichtsuche
Beiträge: 99
Registriert: 18. Mai 2005, 10:18

Re: Ich traue mich

Beitrag von Lichtsuche »

Liebe Beate,

über Jahre hinweg hast Du enormes geschultert. Wo hast Du auftanken können?

Es ist "normal" mit seinen Kräften und Energien auch am Ende zu sein.

Ist dieses Forum Dein allererster Schritt Hilfe zu finden? Flora hat sehr gute Links aufgeführt. Bei Wikipeda wird sehr gut erklärt, wie es zur Depression kommt UND das es Hilfe gibt.

Fühl Dich gedrückt, Du tapfere Frau

Lichtsuche
atetobi
Beiträge: 274
Registriert: 12. Feb 2004, 14:02

Re: Ich traue mich

Beitrag von atetobi »

Danke, liebe Lichtsuche!

Ich bin seit mehr als einem Jahr in diesem Forum und habe viele gute Dinge daraus gezogen. Besonders: Ich fühle mich nicht mehr so einsam.

Nein, es ist nicht die erste Hifesuche, die ich in Angriff genommen habe, aber die, die mir bisher am meisten geholfen hat. Über Depressionen und ihre Entstehung/Auswirkungen habe ich einen guten Informationsstand zu dem, was bisher bekannt ist, weil ich mich seit vielen Jahren damit beschäftige. Schon lange vor der Diagnose 1989, weil ich schon damals eine Ahnung von dem hatte, was "mit mir los ist".

Es macht mich trotz all meines Wissens immer wieder mutlos, dass ich für mich das Gefühl habe, nicht mehr aus diesem Teufelskreis zu kommen.

Kraft geschöpft habe ich in diesen Jahren nur aus mir. Vielleicht habe ich deshalb auch keine mehr.

Meine Tochter (25) hat seit ca. 4 Wochen wieder Depressionen. Sie hatte Ende letzten Jahres einen Bandscheibenvorfall, die Schmerzen haben sich leider nicht verabschiedet, und sie hat einige Monate Morphium eingenommen, um die Schmerzen zu betäuben. Nun ist sie ausgestiegen, und ich hoffe so sehr, dass die Depressionen "nur" Entzugserscheinungen sind. Ich habe trotz des letzten Jahres der Ruhe keine Kraft mehr - oder doch? Muss ich sie nicht wenigstens für mein Kind haben?

Liebe Grüße und: DANKE
Beate
Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.
KatzeI
Beiträge: 136
Registriert: 15. Okt 2004, 05:59

Re: Ich traue mich

Beitrag von KatzeI »

Liebe Beate,

schön, das auch Du endlich etwas von Deiner Last abgeben konntest und Dich mitgeteilt hast!!!

Weißt Du, meine Therapeutin in der Klinik sagt immer und immer wieder, das man nur so lange durchhält wie es die eigenen Grenzen erlauben. Aus Deinen Beitrag lese ich, das Du diese Grenze immerfort überschritten und nicht auf Deinen Körper gehört hast! Ist es da verwunderlich, zusammenzubrechen?!
Nein, denn der Körper und der Geist können auch irgendwann nicht mehr! Und dann kommt der Zusammenbruch!

Du hast all die Jahr soviel gegeben, geleistet... Wo bist Du dabei geblieben? Ich kann verstehen, das Du für Deine Tochter da sein willst/musst - doch was ist denn mit Dir? Weiss Deine Tochter von Deiner Erkrankung? Vielleicht habt Ihr ja die Möglichkeit zusammen zur Therapie zu gehen???

Ich drücke Dich jedenfalls und wünsche Dir auch mal eine kleine Oase nur für Dich!!

Kaddy


PS: Werden Morphiumpräparate abrupt ohne auszuschleichen abgesetzt, kommt es - wie bei anderen Drogen auch - zu Entzugserscheinungen. Wichtig ist, das Präparat langsam ausschleichen zu lassen.
Erst wenn man unten ist, weiß man wie es oben aussieht..
Lichtsuche
Beiträge: 99
Registriert: 18. Mai 2005, 10:18

Re: Ich traue mich

Beitrag von Lichtsuche »

Liebe Beate,

Kaddys Idee mit Deiner Tochter gemeinsam Hilfe zu suchen hat mich direkt angesprochen.

Du wie die anderen hier teilen die Erfahrung, dass Depression schwer zu erklären ist gegenüber Menschen, die Depressionen nicht kennen. Hier sind Menschen, wo man sagen kann, sie begegnen sich so ungefähr auf Augenhöhe, können Gefühle und Verfassungen nachvollziehen.

Ich kann mir vorstellen, dass es Dir wie Deiner Tochter gut tun könnte, die starren alten Rollen an das heute anzupassen, ja dass Deine Tochter sich gegenüber der jahrelang so starken Mutter nicht mehr so klein usw. vorkommt und Du dadurch auch von Erwartungen entlastet wirst.

Ich bin auch Mutter und kenne dieses sich selbst nicht nur für Kinder und alle anderen zurückstellen ... Deine Grenze im Dich selbst zurückstellen ist erreicht, das will Dir die Depression sagen. Der Gedanke ist selbst mir neu, sozusagen gerade auferstanden: die Depression meint es gut mit Dir, ist ein Schutzprogramm vor weiterer Überforderung.

Wäre nur schön, wenn sie sich besser anfühlen würde, aber wären wir dann veranlaßt zu schauen, wo wir uns selbst unsere Bedürfnisse und Gefühle vernachlässigt haben?

Liebe Grüße
Lichtsuche
atetobi
Beiträge: 274
Registriert: 12. Feb 2004, 14:02

Re: Ich traue mich

Beitrag von atetobi »

Liebe Kaddy, liebe Lichtsuche,

danke für Eure lieben postings. Ihr habt viele gute Dinge geschrieben, die mir größtenteils aber auch bewusst sind. Trotz dieses Wissens und unermüdlichen daran Arbeitens habe ich das Gefühl, einfach nicht mehr weiterzukommen und fühle mich so ohnmächtig und erstarrt.

Heute geht es mir wieder ein wenig besser, die größte Verzweiflung hat sich wieder zurückgezogen, aber Druck und Angst haben mich weiterhin im Griff. Gott sei Dank ist dieser "Zustand" zurzeit nicht durchgehend, sondern beschränkt sich auf 3, 4 Tage in der Woche, an den anderen Tagen habe ich kleine "Ausrutscher", die ich zu ignorieren versuche.

Therapie: Meine Tochter war damals, als es ihr so sehr schlecht ging, einige Monate in einer Tagesklinik, hat danach auch eine Therapie gemacht. Der Schmerztherapeut, bei dem sie jetzt in Behandlung ist, hat ihr vor zwei Wochen ein AD verschrieben und zu einer Therapie geraten. Auch er ist der Meinung, dass es sich um Entzugserscheinungen handeln könne, allerdings auch ein Zusammenhang mit den anderen Medikamenten, die sie nimmt, möglich sein kann. In der nächsten Woche hat sie den ersten Termin bei ihrer "alten" Therapeutin, die Patienten, die schon bei ihr waren, bei Hilferufen sofort wieder annimmt. Aus dem Morphium hat sie sich langsam ausgeschlichen, vielleicht war es trotzdem zu schnell bei den großen Mengen, die sie einige Monate eingenommen hat. Seit 2001 war sie frei von Depressionen und geht normalerweise sehr stark und selbstbewusst ihren Weg.

Meine Kinder wissen seit der Diagnose von meiner Krankheit, was ich für wichtig halte, damit sie bestimmte Dinge besser verstehen und einordnen können.

Ich selbst habe von 1989 an über mehr als zwei Jahre eine Therapie gemacht, dann noch einmal 15 Stunden, als meine erste Ehe beendet war.

Im vergangenen Jahr habe ich selbst eine Traumatherapie von 25 Stunden gemacht und finanziert, die mir anfangs sehr geholfen, mich dann aber nicht weitergebracht hat. Ich habe mir vorgenommen, bei meinem nächsten Arztbesuch nach einer neuen Therapiemöglichkeit zu fragen, auch wenn ich eigentlich keine Hoffnung mehr habe, dass es mir helfen könnte.

Ich bin so schrecklich traurig und mutlos, weil ich das Gefühl habe, trotz aller eigenen Bemühungen und auch Hilfe von außen dieser Krankheit so ausgeliefert zu sein. Alle meine "Tricks" versagen zurzeit. Gerade war ich dabei, Hoffnung zu entwickeln, dass ich endlich einmal eine ruhige Zeit haben könne. Sie scheint mir nicht vergönnt zu sein.

Liebe Grüße
Beate
Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.
Lichtsuche
Beiträge: 99
Registriert: 18. Mai 2005, 10:18

Re: Ich traue mich

Beitrag von Lichtsuche »

Liebe Beate,

ich kann ja nur meinen Eindruck wiedergeben, aber für mich klingt das alles nach: einfach sehr erschöpft sein. Der Alltag läuft weiter, dann kommen anderswo Einbrüche, die an Dir auch nicht vorübergehen. Das wird Zeit brauchen, so wie auch viel Zeit darüber vergangen ist, dass Du nun so erschöpft bist.

Dieser Satz gilt doch für Dich selbst

> Seit 2001 war sie frei von Depressionen und geht normalerweise sehr stark und selbstbewusst ihren Weg.

Du bist stark und nun ist mal schwach angesagt, vielleicht einfach weil Du's brauchst, Schutz vor Anforderungen, die Du ZUR ZEIT nicht tragen kannst.

Fühl Dich gedrückt

Lichtsuche
Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Ich traue mich

Beitrag von Emily »

Liebe Beate,

an deiner Lebensgeschichte fällt mir sehr stark folgendes auf: Seit vielen Jahren schulterst und managst du neben deiner eigenen Krankheit Probleme, die zumindest in Teilbereichen gar nicht deine eigenen Probleme sind, sondern die Probleme anderer. Natürlich musstest du dich um deine Tochter kümmern, als sie ebenfalls erkrankte, das ist ganz klar. Aber du hast z.B. auch noch zusätzlich die Versorgung deines Vaters übernommen, etc. Würde es dir evtl. helfen, wenn du einmal überlegen würdest, welche Probleme tatsächlich DU lösen musst? So finde ich z.B. die Tatsache, dass du ggü. deinen Kollegen ein schlechtes Gewissen hattest vor deinem beruflichen Wiedereinstieg, einerseits verständlich, andererseits aber überflüssig, denn du bist in erster Linie für deine eigene Gesundheit verantwortlich. Mir ist schon klar, dass die Grenzen zwischen den eigenen Problemen und denen der anderen sehr oft stark fließend sind, aber wenn man sich selbst nicht gut fühlt, schafft man die Bewältigung der Probleme anderer kaum noch. Man ist dann einfach überlastet. Und deine momentane Situation hört sich für mich sehr nach ekklatanter Überlastung an.
Könntest du evtl. irgendwo Abstriche machen? Ich meine damit nicht die Sorge um die kranke Tochter, denn diese Sorge kann man nicht einfach ablegen. Aber gibt es nicht doch irgendwo Felder, wo du klarere Grenzen setzen könntest gegen die Überforderung?

Lieber Gruß,
Emily
grau
Beiträge: 97
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Ich traue mich

Beitrag von grau »

Liebe Beate,
ich fühle mit dir. Du trägst so viel Kummer und schlimme Erfahrungen und schwierige Aufgaben in dir und gleichzeitig habe ich erfahren dürfen, wie herzlich du mir geholfen hast (und anderen), als ich verzweifelt war. Ich schicke dir gleich noch eine mail. Du kannst mich gern anrufen.
Herzliche Grüße von Grau
-----------------------------



Hinter jeder Ecke



lauern ein paar Richtungen. Stanislaw Jerzy Lec
atetobi
Beiträge: 274
Registriert: 12. Feb 2004, 14:02

Re: Ich traue mich

Beitrag von atetobi »

Ihr Lieben,

Eure lieben Worte tun meiner Seele so gut!

Das, was ich in meinem ersten posting oben geschrieben habe, ist eigentlich nur die Spitze eines Eisberges. Würde ich mich über die vielen anderen Erfahrungen meines ja schon recht langen Lebens auch noch auslassen, würde es den Rahmen total sprengen.

Nur so viel: Auch ich war ein besonders liebes und angepasstes Kind, das immer versuchte, es allen, natürlich hauptsächlich meinen Eltern, recht zu machen. Es ist mir nie auch nur ansatzweise gelungen, und ich stand immer zwischen den Fronten, als Versager und Etliches mehr dargestellt, aber ich denke, das kennt auch Ihr größtenteils. So mit 17, 18 war mir alles egal. Ich rastete aus, brach die Schule ab usw. usw. In der Zeit gab es auch einige S.-Hilferufe. Heute bin ich froh darüber (nicht über die S.), denn durch diese Aufmüpfigkeit habe ich mich wohl über meine schlimmsten Zeiten gerettet.

Mit 19 habe ich einen Antrag auf vorgezogene Volljährigkeit beim Jugendamt gestellt. Er wurde nicht genehmigt. Damals wurde man erst mit 21 volljährig. So lange stand ich wehrlos und weitestgehend isoliert meinen Eltern gegenüber. Mein Selbstwertgefühl ist gleich Null. Ich nehme an, dass ich auch deshalb ständig meine Grenzen überschreite. Ich suche immer noch nach einer Liebe und Anerkennung, die es wohl in Wirklichkeit gar nicht geben kann.

Bei der Therapie im verganenen Jahr sind so viele Dinge aus meiner Kindheit und Jugend wieder aufgetaucht, die ich total verdrängt hatte. Das tat so weh!

Grenzen zu setzen fällt mir wahnsinnig schwer. Wenn es mir doch einmal gelingt, meine Bedürfnisse für mich in den Vordergrund zu stellen, leide ich permanent an schlechtem Gewissen bis hin zu weiteren Depressionsschüben.

Ich wollte immer ein guter Mensch sein und war es in mir drin auch. Dachte ich zumindest. Bis heute kann ich nicht verstehen, dass ich bei dem guten Willen alles falsch gemacht haben sollte. Das hat aber alles nichts genützt. Mir wurde lange, lange Zeit eingetrichtert, dass ich ein Totalversager bin. Und so fühle ich mich bis heute.

Wenn meine postings zu lang sind, sagt es mir bitte, aber es hilft mir so sehr, endlich bestimmte Dinge loszuwerden in einem Kreis, aus dem so viel Verständnis kommt.

Alles Liebe für Euch.
Beate
Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.
Lichtsuche
Beiträge: 99
Registriert: 18. Mai 2005, 10:18

Re: Ich traue mich

Beitrag von Lichtsuche »

Liebe Beate,

schreib, Deine Postings sind nicht zu lang.

Ich glaube, das Schweigen zu brechen, in das man sich so lange selbst gehüllt hat, tut schon sehr gut.

Ich kann nichts weiter sagen, als dass ich glaube gut nachvollziehen zu können, wie es Dir geht.

Du kommst sehr liebevoll rüber und stehst jetzt halt einfach nur eine Weile auf dem Schlauch mit Dir selbst.

Liebe Grüße
Lichtsuche
atetobi
Beiträge: 274
Registriert: 12. Feb 2004, 14:02

Re: Ich traue mich

Beitrag von atetobi »

Danke, Ihr Lieben.

Ja, es tat bzw. tut mir gut, mir so viel von der Seele geschrieben und so viel Verständnis bei Euch gefunden zu haben. Auch Dank Eures guten Zuspruchs hat sich die schlimmste Verzweiflung gelegt. Ich habe wieder ein wenig Hoffnung geschöpft, dass sich meine innere Erstarrung irgendwann wieder lösen wird, auch wenn der innere Druck mich immer noch fest im Griff hat. Hinter meinen Augen warten schon die Tränen.

Alles Liebe für Euch!
Beate
Und wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.
sunblume
Beiträge: 100
Registriert: 20. Mär 2005, 19:26

Re: Ich traue mich

Beitrag von sunblume »

Hallo Beate,

ich habe die Postings gelesen und ich möchte so gern Dir etwas sagen, was Dir Mut macht, Dir neue Kraft gibt.

Wie die anderen vor mir, finde ich auch, dass Du Dir immer alles aufgeladen hast. Aber so sind wohl die meisten "Muttis". Du bist ein sehr sensibler und mitfühlender Mensch, sonst würde Dir alles am A. vorbeigehen. Du kannst nicht die Last von allen tragen. Das Du so toll für Deine Kinder da bist und Verständnis für die Krankheit Deiner Tochter hast, ...ja ich find das so toll. Ich wäre froh, wenn meine Mutter ... naja, egal.

Pass auf Dich auf.
Und schreib, schreib Dir alles von der Seele. Es saß solange fest.

Liebe Grüße
Sunblume
Lichtsuche
Beiträge: 99
Registriert: 18. Mai 2005, 10:18

Re: Ich traue mich

Beitrag von Lichtsuche »

Liebe Beate,

die Tränen warten? Worauf? ... Lass sie fließen.

Ich hab vorgestern auch mal kurz weinen können, wo ich eher der wütend-aggressiven Fraktion der Depris angehöre.

Ich hab mich danach weicher gefühlt. Im Moment schreibe ich mir für mich viel von der Seele, als würde ich beginnen, meine Subjektivität endlich ernst zu nehmen.

Es gab Dinge, die mich verletzt haben, denen ich begegnet bin mit "Du bist zu empfindlich usw." Ich bin halt je nachdem empfindlich. Basta! Und wenn es niemand versteht und andere meinen, ich sollte nicht so empfindlich sein. Ich bin's. Punkt.

Wem das nicht passt: ich zwinge niemanden dazu, sich mit mir abzugeben, sich mit mir zu befassen oder auf meine wunden Punkte Rücksicht zu nehmen. Ich distanziere mich inzwischen von denen, die mich nicht sein lassen, wie ich mich jeweils fühle, und die meinen, ich müsse mich ändern um zu ertragen zu sein. Ich denke heute "Geht doch einfach weg." Nein, das ist kein Aufgeben, das ist ein erstmals zu mir stehen.

Nichts anderes tust Du hier, liebe Beate. Du zeigst Dich wie Du bist und wie Du Dich fühlst und das allein, weckt Wärme und Mitgefühl für Dich. So, das mußte jetzt mal gesagt sein.

Liebe Grüße
Lichtsuche
Antworten