Auf und ab - trotz Familie?

Rolfe
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Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von Rolfe »

Seid lieb gegrüßt,
ich verstehe mich selbst nicht mehr. Auch wenn ich die Sewi nun wirklich nicht leiden kann (nach ihren Postings auch mir gegenüber), aber in einem hat sie recht:
ich habe wenigstens meine beiden "Weiber",
die mich eigentlich aufrecht halten müßten, aber manchmal - wie heute früh und in den letzten Tagen - hilft das allein nicht.
Vor 2 Tagen bin ich nach meinem täglichen oder besser nächtlichem Ausflug in dieses Forum einfach abgehauen (meine Frau schlief schon) - gegen 01.00 Uhr. Und ich bin gegangen mit dem Vorsatz, nicht wiederzukommen und habe mich eine Stunde an einen nahe gelegenen Springbrunnen gesetzt;
irgendwie in der Hoffnung, es käme die Polizei vorbei (die mich schon mal auf-
gegriffen hat) und würde mich in die Klinik bringen (habe mich nicht getraut, dort anzurufen und zu gestehen, daß ich einfach nicht mehr kann).
Ich schäme mich dafür, daß ich trotz meiner Familie so schwach bin und einfach nicht klarkomme -jedenfalls manchmal.
Meine Frau sagt schon, sie hat Angst, ich würde mir was antun. Heute früh bin ich aus dem Bett nicht rausgekommen. Gegen 10.30 Uhr
habe ich mich dann doch aufgerafft, weil ich das den beiden nicht antun wollte, den eigentlich geplanten Sonntagsausflug in den Harz platzen zu lassen. Bin dann einfach mitgekommen, obwohl es mir ziemlich mies ging. Aber ich liebe meine Tochter und meine Frau und würde alles, wirklich alles für sie tun. Solche triesten Gedanken, wie ich sie manchmal wieder habe, gehören ganz bestimmt nicht dazu. Und ich schäme mich auch dafür. Aber ich kann es doch nicht ändern. Wie denn?
Und wenn es dann im Forum Menschen wie Sewi gibt, die ganz offensichtlich mich um meine Partnerin und mein KInd beneiden und fragen, was ich denn tun würde, wenn ich allein wäre - irgendwie kann ich das verstehen.
Auch wenn ich ihre Äußerungen schlimm finde.
Aber was machen eigentlich diejenigen, die niemanden haben? Ich kann mir das nicht vorstellen. Ich kann meine Frau in den Arm nehmen bzw. sie mich, wenn es mir schlecht geht, und dann ist alles irgendwie schon etwas leichter zu ertragen. Trotzdem schäme ich mich dafür, meine Frau damit so extrem zu belasten - damit, daß sie mich jetzt
(wie sie sagt) "betreuen" muß bzw. will (wie sie gleich dazu gesagt hat, was ich ihr auch glaube).
Warum ist das alles so schwer? Meine Frau hat mich nach meinem Morgentief heute früh gefragt, ob sie mich wieder in die Klinik fahren soll. Aber das kann und will ich ihr und meiner Tochter nicht antun - das kann ich doch nicht. Die können meine Probleme dort doch auch nicht lösen für mich.
Auch wenn ich dort mehr als 3 Monate lieb betreut wurde, aber meine Familie würde mich doch vermissen - und ich beide auch.
Und auch meine 6-jährige Tochter hat heute den von meiner Frau öfters gebrauchten Formulierung von der "Depri-Phase" mir gegenüber wiederholt. Ich kam mir so schäbig vor. Auch wenn die Kleine das überhaupt nicht einschätzen kann - ich schäme mich, schäme mich bis in alle Ewigkeit.
Was soll ich tun? Bin ich denn wirklich einfach nur zu schwach und muß mich einfach nur "zusammenreißen?". Das würde ich ja gerne, aber es geht nicht immer.
Ich kann es eben nicht. Ich kann nicht.
Gruß Rolle
fish
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von fish »

Hallo Rolle,
wenn man das alles von dir so liest, hat man schon den Eindruck, der Gang in eine Klink wäre eine gute Idee. Obwohl ich mir manchmal nicht sicher bin, ob du übertreibst: was ist verdammt nochmal verkehrt und krank daran, am Sonntag um 10:30 aufzustehen?

Das einzige von sewi, was ich auch unterschreiben würde ist, dass man schauen muss, sich nicht zu sehr auf sehr wenige Menschen, und auch noch auf einen so kleinen, zu fokussieren. Man belastet sie und sich damit, es ist eine Käseglocke, da kommt keine Luft mehr rein und raus. Das ist nicht gut, für niemanden von euch dreien.

Because:
1. es kommt jetzt ziemlich viel hoch.
2. anscheinend ist es schlecht bewältigbar
3. die Familie ist einem so heilig, dass man glaubst, sich zusammenreißen zu müssen...

Das wird nix, da könnte sich was zuspitzen.

Im Gegenteil: die Familie sollte einem so heilig/wichtig sein, dass man das tut, was im Augenblick für sich und einen flottierenden Zustand das Beste ist. Wenn es einem selber besser geht, erst dann geht es auch der Familie besser.

Und das kann der rasche Gang in die Klinik sein.

Auch wenn die Familie einen dann sehr vermisst, darf man nicht vegessen, dass es eine ungeheure Belastung für sie ist, einen in dem hochaufgeregten oder versteinerten Zustand so zu sehen. Ich weiß das, ich hab das mitgemacht, ich hatte sehr viel Angst, dass Situationen entgleisen, und ich hatte sehr viel Angst. Hätte ihn auch ohne Kindanhang, und ohne groß rumzufragen (was will man von einem Depressiven in einem hochagitierten Zustand für Antworten erhoffen?) besser in die Klinik geschafft, es ist irgendwann nicht mehr beherrschbar so eine Situation.

Wäge diese beiden Dinge ab. Wenn sie für dich nicht mehr abwägbar sind und man sich nur noch hilflos im Kreise dreht, dann ist das erst recht ein Zeichen, dringend mit einem Profi zu reden. Sehr bald. Und nicht auf den Thera-Termin warten, der irgendwann ist.

Es gibt definitiv keinen Grund, sich deswegen zu schämen. Eher finde ich es weniger gut und im Grunde sogar fragwürdig, die Familie diesen Unsicherheiten und Spannungen weiter auszusetzen. Wenn mein Mann und ich in der besagten Krisenzeit kleine Kinder gehabt hätten, ich hätte ihn eher früher als später und ohne jegliche Gewissensbisse in die Klinik "verräumt". Das kann man verdammt nochmal einem Kind nicht zumuten, es versteht das nicht.

Auch in einer Klinik gibts Profis, gute Leute, bei denen du dich wider findest. Deine Postings machen einem, gelinde gesagt, gewisse Sorgen durch die Dramatik und führen so zu nichts, außer dass sich Forumsmitglieder auch Sorgen machen.

Zuversichtlich,
dass du das einsiehst

Wanda
kruedorida
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von kruedorida »

Mensch, Rolle,
ich erinnere mich noch deines ersten Postings hier im Forum, auf das ich geantwortet habe und dich damals versucht habe davon abzubringen, dass du dich schämen musst, dass du deiner Familie nicht zumuten kannst, krank zu sein, dass du dich schuldig fühlst.

Aber nun stelle ich fest: Du hast dich immer noch nicht von diesen Vorstellungen gelöst und sie spuken immer noch in deinem Kopf herum.
Ich weiß nicht, was schlimmer für deine Familie ist: Wenn du dich behandeln lässt und notfalls, - wie es mir das Beste scheint- erneut in einer Klinik, damit du diese negativen Gedanken aus dir heraus bekommst oder weiter ständig mit der Angst zu leben, dass du dir was antun könntest, weil du dich so schämst und dich nicht traust, dich behandeln zu lassen.

Überleg das mal sehr genau!

Doro
Rolfe
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von Rolfe »

Danke, Wanda, Du hast sicher recht.
Aber meine Frau schläft schon und ich will sie jetzt nicht mehr wecken. Aber ich glaube, bis morgen noch durchzuhalten. Dann kann ich immer noch in die Klinik gehen.
Es ist alles Scheiße. Aber es stimmt schon: meine Familie braucht mich und ich sie.
Und dann gehe ich doch lieber in die Klinik,
auch wenn meine kleine Tochter das vielleicht nicht versteht, weil ich doch erst am 7.3.05 entlassen wurde. Aber ich hoffe, meine Frau wird ihr das irgendwie klarmachen. Trotzdem schäme ich mich dafür.
Andere Männer sind stärker als ich. Aber was soll ich denn tun? Ich weiß doch nicht, was ich gegen dieses miese Gefühl der Ohnmacht und der Schwäche tun soll? Gruß Rolle
fish
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von fish »

Rolle,
Doro hat recht.

Anscheinend befindest du dich in der paradoxen Schleife, in der du am Anfang auch schon warst.

Das Erkennen: "allein krieg ichs nicht mehr hin", ist für fast jeden angst- und schambesetzt. Das ist n o r m a l .

Daher glaube ich, wir tun dir keinen Gefallen, wenn wir versuchen, dir die Scham auszureden.

Das Gefühl, dass ich allein was nicht mehr hinkriege, hatte ich auch erst vor kurzer Zeit.
Es war extrem, molto-peinlich, und vor allen leuten. Ich musste Profis holen, was mir auch nicht sehr recht war, wenn du verstehst, was sich meine. Doch dazu sind sie da und sie kennen das.

Das Blödeste war nämlich meine Erkenntnis anschleißend: man war für die nix Besonderes.

Nu, ab ins Bett. Und die Dinge überschlafen, wie es sich gehört.

Gruß
Wanda
fish
Beiträge: 423
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von fish »

Ich poste folgendes,
weil es sein kann, dass Rolle noch mitliest.
Weil man diesen Einwand " das Kind elendig im Stich lassen..." nicht unkommentiert stehen lassen sollte.

Dieser Einwand ist schon mal von der Sache her nicht richtig und unverständlich, denn Rolle hat eine Frau und daher das Kind eine Mutter. Welche ebenfalls für das Kind da ist.
Es ist also gut versorgt.

Der Einwand ist darüber hinaus manipulativ gestrickt: Die Formulierungen "elendig", "im Stich lassen" verstärken bereits vorhandene starke Schuld- und Schamgefühle und sind nicht geeignet, auch nur in irgendeiner Form zu einer konstruktiven Lösung zu führen.


Wanda
Edeltraud
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von Edeltraud »

zum Thema "elendig im Stich lassen":

Noch mehr läßt man sein Kind elendig im Stich, wenn man sich bei Bedarf keine ärztl. Hilfe holt, sei es ambulant oder wenn ambulante Hilfe nicht ausreicht stationäre, klinische Hilfe.

Ich schreibe dies hier nicht leichtfertig hin. Es ist nur so, dass ich nicht nur Betroffene bin, sondern als Kind Angehörige war.

@Antje:
Geht`s dir derzeit ziemlich bescheiden? Ich habe diesen Eindruck aufgrund deines Posting.

Viele Grüße
Edeltraud
Data

Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von Data »

Hallo Rolle,

du schriebst "Harzausflug". Meintest du den Nord- oder Westharz? Dann könnten wir mal zusammen gehen...


Hallo Wanda,

ich verstehe nicht, was du an Antjes Formulierung zu kritisieren hast. Sie sagte ja nicht, dass Rolle seine Tochter "elendig im Stich lässt", sondern dass er vielleicht dieses Gefühl haben könnte und sie dafür Verständnis hat, u.a. weil sie selbst ein Kind hat.

Und noch was allgemeines: Deine Beiträge finde ich vom Inhalt her oft gelungen (z.B. dein langes Posting im Thread "Das geht jetzt wirklich zu weit" hat mir sehr gut gefallen), aber - bitte entschuldige, leider kann ich meinen Drang, es unbedingt loszuwerden, nicht mehr unterdrücken - dein "kosmopolitischer" und (in meinen Augen) oft Überlegenheit vermittelnder Schreibstil sowie dein Auf-die-Psycho-Goldwaage-Legen von Formulierungen geht mir auf den Nerv. Wissen Sie, was ich meine, Frau Oberlehrerin? Das mit den "Du"-Formulierungen z.B., und auch obige Kritik an Antjes Aussage. Und warum schreibst du "because" statt "weil", "Overinformation" statt Überinformation und "detectet" (hä?) statt "erkennt"? Because it's cool? It klingts for me very sehr nach want-to-be-young-and-cool, but it's not really überzeugend, you know? It comes to me rüber like the Ausdrucksweise of the kids on the street, but are we kids and you a Straßenarbeiterin?


Gruß, Data
fish
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von fish »

Hallo Data,
ich muss im Moment recht viel englisch reden und auch schreiben (englische B2B-TExte), das kommt von das. Es fällt mir oft das passende Wort in deutsch nicht schnell genug ein, da ich viel und schnell schreibe.

Ich würde mir an deiner Stelle keine Sorgen machen.

Gruß

Wanda
Reysa
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von Reysa »

Hallo Wanda,

du schreibst echt super postings, ich kann dir in allem nur zustimmen!

Viele Grüße
Reysa
rilke
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von rilke »

Hallo Rolle,

ich verfolge schon längere Zeit deine Berichte und es tut mir in der Seele leid, wie du hin- und hergerissen bist zwischen Familie und therapeutischer Hilfe. Ich möchte dir Mut machen dich nochmals in die Klinik zu begeben, falls sich deine Situation nicht deutlich verbessert. Deine Frau und auch deine Tochter werden dafür Verständnis haben. Du lässt niemanden im Stich, sondern du nimmst dieses Opfer auf dich, um dich für deine Familie und hoffentlich auch für dich selbst zu erhalten.
Ich grüße dich herzlich und wünsche dir viel Kraft.
Gika
______________________________

Zwei Dinge sind unendlich:

Das Universum

und die menschliche Dummheit.

Aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.

(Albert Einstein)
Rolfe
Beiträge: 388
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von Rolfe »

Seid lieb gegrüßt,
heute geht es mir schon besser als noch vor einigen Tagen. Und ich verspreche Euch, mir nichts anzutun. Schon deshalb, weil ich das gar nicht meiner Familie antun könnte, aber auch, weil ich eigentlich nicht sterben will, sondern nur anders leben will, als bisher. Ist denn das so schwer zu verstehen?
Nach 15 Jahren Pflege und den damit verbundenen Kosten jetzt noch die Folgen
zu tragen (Disziplinar- und Strafverfahren) -
ich kann das bald nicht mehr ertragen,
auch wenn ich weiß, daß ich mir eigentlich nichts vorzuwerfen habe. Aber ich befürchte, das kann sich von den "Entscheidungsträgern",
die ein Haus haben und einen dicken Mercedes fahren und wohl selbst keinen Pflegefall haben, niemand wirklich vorstellen. Selbst meine Anwälte dachten zunächst, ich hätte das Geld verspielt oder anderweitig ver-
wendet. Nachdem ich mich mitsamt meiner Familie aber völlig "nackig" gemacht habe,
machen mußte (inkl. Hausdurchsuchung),
glauben jetzt selbst meine Anwälte an meine Unschuld! Danke! Wie sehr müssen wir uns eigentlich noch erniedrigen? Ich kann das nicht mehr! Ich will auch nicht mehr!
Meine Frau ist da stärker, und dafür schäme ich mich. Wenn meine Familie nicht wäre, wäre ich wirklich schon ganz weit weg.
Nehmt mir bitte diese Äußerungen nicht übel, aber ich muß mich eben manchmal richtig auskotzen!
Gute Nacht, Rolle
kruedorida
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von kruedorida »

Hallo Rolle,

ich lese schon wieder das Wort "schämen" in deinem Bericht.
Streich`es aus deinem Wortschatz, bitte!
Du hast und brauchst dich für nichts zu schämen PUNKT

Doro
Edeltraud
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von Edeltraud »

Hallo Doro,

mal ein kräftiges *schimpf*

GANZ sollte man sein Schamgefühl nicht ganz ablegen, wäre ja der Horror.
z.B. Maniker haben kein/kaum Schamgefühl und die könnte das Forum nun wirklich nicht er-ver-tragen.
Da hätte Dr. Niedermeier gleich wieder einen Grund jemanden den Zugang zu sperren.

Viele Grüße
Edeltraud
Edeltraud
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von Edeltraud »

Hallo Rolle,

ich freue mich mit dir, dass du zwischendurch auch gute Tage hast.

Scham- und Schuldgefühle, mangelndes Selbstwertgefühl das alles kenne ich zur Genüge, allerdings nicht mehr so ausgeprägt krankhaft. Diese Gefühle sind typische Symptome einer Depression - je ausgeprägter meine Depression, umso stärker sind diese Gefühle bei mir da.

"Bin zu schwach und muss mich einfach nur zusammenreißen? würde ich ja gerne, aber es geht nicht immer"
Das zeugt davon, dass du dich nicht total fallen lässt und immer wieder kämpfst soweit es dir möglich ist.
Mit persönlicher Schwäche hat dies nichts zu tun. So etwas würdest du doch auch nicht bei einer körperlichen Erkrankung sagen.

Gut, dass dir die Anwälte glauben. Es ist sicherlich eine Erleichterung. Natürlich setzte dir das Ganze zusätzlich zu und in weniger Ausprägung noch immer. Und das bremst dich zusätzlich im Gesundungsprozess. Aber irgendwann ist die Sache Geschichte und du denkst ganz anders darüber.

"Meine Frau ist die Stärkere"
Natürlich ist dem so, sie ist ja auch nicht krank. Gerade bei schwerer Erkrankung ist nichts wichtiger als dass einem jemand zur Seite steht. Das gleiche würdest du doch auch für deine Frau tun.

Deine Schuldgefühle sind m.E. Zeichen deiner Gewissenhaftigkeit. Vielleicht bist du zu gewissenhaft?

Dir gute Besserung!

Viele Grüße
Edeltraud
kruedorida
Beiträge: 383
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von kruedorida »

Hallo Edeltraud,

hatte auch nicht daran gedacht, dass Rolle sein ganzes Schamgefühl ablegen sollte. Ein "natürliches" Schamgefühl ist wohl jedem (psychisch Gesunden) eigen , aber das Schamgefühl, dass man - wie ich aus eigener Erfahrung weiß - bei Depressionen entwickeln und in das man sich hineinsteigern kann, ist krankhaft, wie du ja selbst in deinem Beitrag an Rolle bestätigst. Es ist übersteigert und daher riet ich Rolle, das auf seine Familie und sein Verhalten ihnen gegenüber bezogene Schamgefühl (nun hab ich es konkreter gefasst) doch zu reduzieren. Ich denke, wenn er dies schafft, bleibt von dem natürlichen Scham noch genug übrig, ohne dass er dann Gefahr läuft, hier gesperrt werden zu müssen, weil er es mit seiner "Schamlosigkeit" übertreibt.
Ich hoffe, du hst jetzt besser verstanden, worum es mir ging. Ich habe auch mit Rolle von Anfang an, seit er sich hier im Forum gemeldet hat,mich zu diesem Thema mit ihm ausgetauscht und versucht ihm klar zu machen, dass er sich für seinen Zustand, seine Depression nicht zu schämen braucht.
ich denke, darin sind wir doch einer Meinung, oder?
Doro
heike56
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von heike56 »

Hallo Rolf,

ich hatte vor längerer Zeit einen Thread hier eröffnet: Depressive sind.....

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1094030937

Eine sehr schöne Beschreibung über depressive Menschen, die dir vielleicht auch hilft, auch die positiven Seiten an dir wahrzunehmen, die bestimmt da sind. Meist gelingt es einem erst wieder, wenn die Depression sich abschwächt.

Alles Gute für dich!

Heike 47
Edeltraud
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von Edeltraud »

Hallo Doro,

mein Posting an dich sollte mit etwas Humor gelesen werden, deswegen auch mein Smilie.
Es war mehr ein Scherz am Rande.

Viele Grüße
Edeltraud
kruedorida
Beiträge: 383
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von kruedorida »

Danke für deine Reaktion und die Korrektur. Habe dich offenbar missverstanden und den Humor in deinem Posting übersehen (-lesen). Passiert mir schon mal, was mir eigentlich auch wieder zu denken gibt: Warum fühle ich mich so leicht angegriffen, ob wohl gar kein Angriff stattgefunden hat? - ist glaube ich ein bisschen mein Problem.
Danke dir deshalb, weil ich diese Hinweise brauche, um mein Verhalten zu korrigieren.
Doro
Rolfe
Beiträge: 388
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von Rolfe »

Seid alle lieb gegrüßt,
es tut gut, zu wissen, daß neben meiner Frau es auch noch andere Menschen gibt, die sich Sorgen um mich machen. Danke.
Heute war ein schöner Tag - wenigstens teilweise. Von einer gemeinsamen Freundin
sind wir (meine beiden "Weiber" und ich)
zum Ballett "Dornröschen" ins Theater eingeladen worden - es war wunderschön.
Mit meinen 43 Jahren war ich Kulturbanause
noch nie in einer solchen Vorstellung; meine
Tochter mit 6 Jahren heute zum ersten Mal;
da hat sie was zum Erzählen im Kindergarten.
Ansonsten war der Tag durchwachsen; mußte
einen Termin zur Darmspiegelung am 19.5.05
machen wegen Blut im Stuhl. Auch das noch.
Ich rede mir die ganze Zeit ein, es könnten
vielleicht nur Hämmorrhieden sein, aber vielleicht doch mehr? Ich wage gar nicht, daran zu denken! Aus verschiedenen Büchern und Erlebnisberichten weiß ich: es gibt ernstzunehmende Theorien darüber, daß lang
andauernde psychische Belastungen evtl.
Krebs auslösen können. Das fehlt jetzt auch noch! Ich könnte schreien! Aber vielleicht
ist doch alles harmlos. Ich hoffe es - für meine Familie.
Gute Nacht, Rolle
kruedorida
Beiträge: 383
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von kruedorida »

Guten Morgen, Rolle!
ich muss dir schon wieder widersprechen: Nein, du darfst es nicht in erste Linie für deine Familie hoffen, dass hinter dem Symptom "Blut im Stuhl" nichts Schlimmes steckt, sondern FÜR DICH! DU willst leben, DU willst dich noch freuen, so wie du dich über die Vorstellung "Dornröschen" gefreut hast, denn das hat DIR gefallen, und du hast dich gefreut und es ein Stück genießen können (nicht, um deiner Familie damit zu gefallen). Sieh doch bitte auch mal die positiven Dinge ganz persönlich für dich. Ich weiß, dass das schwer fällt, wenn man in der Depression steckt. Aber darauf muss man immer wieder hingewiesen werden, damit man sie nicht vergisst - und das will ich hier mit getan haben. Es lohnt sich für DICH zu leben, zu genießen - nicht nur deiner Familie zu liebe.
Einen ebenso halbwegs schönen Tag wie gestern wünscht dir
Doro
....und versuche mal eine positivere, egozentrischere Sicht zu entwickeln, ja?
Vielleicht solltest du tatsächlich mal TAgebuch führen, was dir heute, morgen, übermorgen ein bisschen Spaß und Freude gemacht hat, warum es sich für dich lohnt, dem nächsten Tag etwas freudiger entgegenzusehen. Es hilft! ...und du wirst sehen, es kommt doch einiges zusammen, wenn man mal bewusst darauf achtet.

Noch etwas: Mache dir mal nicht zu viele Sorgen wegen der positiven Hämokulttestes. In den meisten Fällen ergibt sich kein verdächtiger Befund. Ich hatte diese positive Befundung auch mit anschl. Darmspiegelung, war ohne Ergebnis. Viele ADs haben als Nebenwirkung auch eine größere Blutungsneigung der Schleimhäute; so habe ich mir jedenfalls damals meinen positiven Hämokult-Test erklärt. Schau doch mal auf dem Beipackzettel deines ADs nach, ob da auch darauf hingewiesen wird. Vielleicht beruhigt dich das schon, bevor du das sicherlich neg. Ergebnis der Untersuchung definitiv hast.
Alles Gute.
fish
Beiträge: 423
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von fish »

Hallo Doro,
ich glaube nicht , dass wir mit appellativem: "schau doch...", "mach doch...", "du darfst nicht..., "versuch doch...", ganz schlimm für Depressive: "lach doch...., sei spontan" groß was erreichen.

Grade letztere sind Paradoxa, man kann zu diesen Haltungen nicht auffordern, man kann sie nicht erzwingen mit dem Verstand. Zu diesem Behufe empfehle ich immer gern die Lektüre von Watzlawik, der das in seiner satir_ischen "Anleitung zum Unglücklichsein" genau andersrum "empfiehlt": Sein "Rat": Man soll unbedingt schauen, dass man mies drauf ist und alles erdenklich dafür tun. Zig Rezepte. Am Schluss packt man diese Um-Schreibungen und paradoxen Zuschreibungen überhaupt nicht mehr und lacht sich nur noch huckelig. Leider ist auch das nur eine Methode für "Gesunde".

Wenn ich nach den Erfahrungen gehe, die ich mit meinem Mann hatte, hatte er sich, egal was, bei Appellen noch mehr verbohrt in seine Lebensleitsätze und sich noch mehr zurückgezogen oder über mich und andere als "Positivlinge" gelästert (lästern ging noch). Obwohl er Watzlawik genau kennt. Wir hätten keinen Realitätssinn und wären hypermanisch...und nicht mehr zu retten.

Ich habe mir daher angewöhnt, nur noch das zu bei ihm zu verstärken mittels nettem Feedback (aber nicht übertrieben, finde das schrecklich und gekünstelt), was grade an Positivem ab und an sich zeigte, und über das das andere höflich aber bestimmt hinwegzugehen.

* * * *

Und als ich selber mal einen Knoten in der Brust spürte und der Arzt-Marathon begann, war ich nicht grade begeistert, laufend "Ermutigungen" meiner "Weiber" in der Umgebung zu hören: "ach das wär doch nichts, habe das auch schon gehabt, war kein Problem" undsoweiter.

Schwieriges Thema, das.
Und ich hoffe, dass Rolle sich jetzt keine Vorwürfe macht, er kriegt jetzt Krankheiten, weil seine Depression automatisch dazu führt.

Das ist genau der Blödsinn, den man mit Vorliebe grade Krebskranken eintrichtert: sie bekämen Krebs, weil sie ihr Leben nicht in den Griff bekommen hätten oder ihre Psyche nicht in Ordnung ist. Solchen Heilpraktikern und selbstgefälligen Eso-Tanten könnte ich....

Dummzeug!! Kenne genügend Leute mit gesunder Psyche, die krank geworden sind.

Oder andersrum: Die Statistik sagt, dass in der Regel Depressive länger leben als ihre Angehörigen. Wenn das Rolle jetzt etwas hilft...

Warum, verrat ich jetzt nicht. Natürlich soll man nur der Statistik glauben, die man selber gefälscht hat, in natura wurde mir das bestätigt mit "Einzelfallstudien" (Angehörigengruppe).

Grüße in den Freitag

Wanda
kruedorida
Beiträge: 383
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Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von kruedorida »

Hallo Wanda,

ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, depressiv zu sein und positiv Denken zu sollen. Ich habe gerade meine 4. Depri hinter mir. Vielleicht bin ich aber - so meinte es auch meine Psychotherapeutin - eine eher "untypische" Depressive oder ich "zwinge" mich vielleicht auch krampfhaft dazu positiv denken zu wollen. Eventuell bin ich - obwohl gerade erst genesen - auch schon wieder so fern dem depressiven Zustand, dass ich schon gar nicht mehr so sehr im Blickfeld habe, dass man dann gar nicht positiv Denken kann. Der Tipp mit dem Notieren , na sagen wir "weniger negativer Tageserfahrungen", sollte trotzdem realisierbar und- so denke ich- auch sinnvoll sein (hab ich übrigens in vielen Büchern auch so gelesen, die ich über Bewältigung von Depressionen kenne).
Jemanden darin zu unterstützen, ruhig in seinem Negativdenken weiterzumachen, halte ich persönlich für falsch. Natürlich sollte man keinerlei Vorwürfe machen, wenn es mit dem Positivdenken dann trotzdem nicht so klappen will wie bei den "Normalos".
Meine Anmerkungen zu Rolles Untersuchung sollten keineswegs ein Runterspielen seiner Ängste sein, sondern waren dazu gedacht, ihm eine Erklärungsmöglichkeit zu bieten, an die er vielleicht noch gar nicht gedacht hat, um ihn etwas zu erleichtern. (Ich hoffe, ich habe dich da nicht falsch interpretiert).
Soviel nur zur KLärung meines Ansinnens.
Liebe Grüße
Doro
fish
Beiträge: 423
Registriert: 19. Jul 2004, 03:12

Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von fish »

Hallo Doro,
es freut mich, das du ein "untypischer" Depressiver warst.

Mein Mann hat sich da schon sehr reingesponnen. Sehr Schwarzweiß, so Sachen.

Ich war - und bin noch - immer der Meinung, dass es vorwiegend Aufgabe des Profis, des Therapeuten ist (damals kognitive Verhaltenstherapie), ihn geschickt zu fordern und ihn von diesem Tripp runterzubringen, da ich mich nicht als Thera gesehen habe und mich das schlicht überforderte. Es waren immer wieder im Kreis drehende Gespräche, wenn ich seine negative oder schuldbeladene Haltung ansprach und drehen wollte. Oh, ich durfte ihm nie und nimmer ausreden, dass er NICHT schuldig ist, schuld an sich selber, am Unglück der Welt, an seinem, wie er es sah, "vermurksten" Leben. Er bestand ungeduldig darauf, schuldig zu sein und sich in Dauerscham zu zergehen, aber auch ständig neuen "Scheiß" zu bauen, damit er weiter "schuldig" sein konnte, das ließ er auch nicht aus.

Das sind starre Muster dann, da macht ein Angehöriger erstmal gar nix, dachte ich mir. Ich ließ es dann auch schnell ganz, sowas packen meine Nerven nicht, wenn sich das dauernd im Kreis dreht und der Angesprochene das auch nicht einsieht.

Aus Erkenntnissen über die Arbeitsweise des Gehirns weiß ich halbwegs, dass es den Sachverhalt der "negativen Verstärker" gibt. Im Gegensatz zu den "positiven Verstärkern" wie Lob, Ermutigung, Freude.

Mit meinen meist dezenten und gelegentlich auch stärker formulierten Appellen bin ich immer da gelandet, wo ich nicht hinwollte: es wurde als üble Kritik an seiner Person aufgefasst oder als unmögliche zu hohe Forderung, die ihn prompt wieder erstarren ließ. Das ging in Sekundenschnelle.
Das empfandt er also durchaus als negativ, und daher hab ich davon ganz abgelassen. Das war dann Klarheit, zumindest für mich, dass da der "König" Wanda kein Land hatte. Es kann natürlich sein, dass er damit genau das geschafft hat, was er wollte: dass er ihn Ruhe gelassen wird, weil er nicht an seiner Depression arbeiten konnte - oder wollte.

Ob du Rolle da von außen noch gar nicht darauf gebracht wurdest, dein Denken umzustimmen, bezweifle ich. Im Gegensatz zu dir, Doro, bin ich da einfach anderer Meinung aus meiner Sicht als Angehöriger heraus. Rolle hat Angehörige, und Angehörige tun das einfach erstmal reflexhaft, am Depressiven positiv rumpfriemeln;-). Vielleicht liege ich da falsch, aber das ist mein Eindruck.

Bei dir Rolle habe ich das Empfinden, dass du dich im Kreise drehst. Ich jedenfalls fühle mich mit meinem Wanda-Latein am Ende, das gebe ich offen zu. Rolle, du hörst zwar höflich zu (im Unterschied zu meinem Mann,der machte sofort dicht oder wurde aggressiv oder unleidig), was wir dir alle im Forum sagen, ich habe aber trotzdem das Gefühl, dass es nicht an dich herandringt. Da ist eine Mauer. Ich kann dir Rolle keinen weiteren Rat mehr geben, außer ich wiederholte mich.



Grüße an alle typischen und untypischen

Wanda
kruedorida
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Registriert: 27. Sep 2003, 21:30

Re: Auf und ab - trotz Familie?

Beitrag von kruedorida »

Wanda, ich stimme dir voll zu. Auch ich habe den Eindruck, dass Rolle sich nicht von unserem guten Zureden beeindrucken lässt und wir es als Laien nicht schaffen,ihn zum Verlassen seiner negativen Denkmuster zu bewegen. Ich denke, das muss ein "Profi" tun; wir sind da überfordert und mit unserem/deinem ( Wanda-) Latein am Ende.
Deshalb noch einmal der dringliche Rat an dich, Rolle: Begib dich in professionelle Behandlung - begibt dich direkt dort hin, gehe nicht über Umwege, ziehe keine Ausreden heran (frei nach: Monopoly) - Ich hoffe, Rolle, du verstehst die kleine humorvoll gemeinte Anlehnung an dieses Spiel, die mir eben so einfach in den Sinn kam, richtig.
Ich bin froh, dass ich mittlerweile wieder ab und zu Sinn für Humor entwickelen kann und ich wünsche dir von Herzen, dss du da auch wieder hinkommst.
Grüße an alle, die hier mitlesen und -schreiben
Doro
Antworten