Depression belastet die ganze Familie

xayide
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Depression belastet die ganze Familie

Beitrag von xayide »

Hallo, ich bin zum ersten Mal hier und habe noch nicht alle Beiträge durchgelesen, habe aber das Gefühl, daß es vorwiegend um Depressionen des Partners geht. Ich suche Leute, denen es vielleicht ähnlich wie mir geht. Depressionen sind in meiner Familie weit verbreitet, mein Opa, mein Vater und jetzt auch meine Schwester. Vor allem unter der Depression meines Vaters leidet die ganze Familie. Seit sieben Jahren macht er häufig Angehörige, v.a. meine Mutter für seine Situation verantwortlich. Er hat kaum noch Freunde, war unglücklich in seinem Beruf, ist mittlerweile pensioniert. Er war schon häufig in Kliniken, kam aber nach einigen Wochen wieder nach Hause und meinte, es ginge ihm besser. Nach einiger Zeit fing alles von vorne an. Immer wieder! Er hat regelmäßig Therapiegespräche und bekommt Antidepressiva, die ihn zu einem anderen Menschen machten. Ich komme mit dieser Situation nicht klar, habe jahrelang versucht, ihm in stundenlangen Gesprächen zu helfen. Es hat nichts gebracht, und jetzt habe ich aufgegeben. Leider funktioniert meine Taktik aber nicht, einfach Distanz aufzubauen. Immer, wenn ich ihn wieder sehe, werde ich wütend, kann nicht mehr mit ihm reden, sondern ihn nur anschreien, weil er seine Umwelt kaum noch wahrnimmt, glaube ich. Er hört nicht zu, beteiligt sich nicht an Gesprächen, und er selbst scheint sich nichts zu bedeuten. Manchmal läuft er herum wie ein Penner, hat auch schon Nächte auf der Parkbank verbracht. Anstatt Mitleid mit ihm zu haben, wächst meine Wut auf ihn, weil er meine Mutter geradezu terrorisiert und sie für viele seiner Probleme verantwortlich macht. Es tut mir so leid, aber ich kann ihm wohl nicht helfen. Gibt es hier Menschen, denen es ähnlich wie mir geht? Wie geht Ihr damit um? Ich denke manchmal selbst schon über Therapie oder Selbsthilfegruppe nach. Ist das eine Hilfe? Familientherapie hatten wir auch schon, hat aber nichts gebracht. Viele Grüße, xayide
waltraut
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Depression belastet die ganze Familie

Beitrag von waltraut »

Hallo Xayide,ich glaube,daß das sehr schwer für dich ist. Du hast mit der Distanz das richtige versucht,aber wahrscheinlich brauchst du Hilfe dabei. Deine Idee einer Therapie oder Selbsthilfegruppe ist sicher richtig,denn das ist ein sehr schwerer Ablöseprozeß. Solange du so emotional belastet bist,kannst du auch deinem Vater kaum helfen. Ich kenn das Problem von der anderen Seite her als jemand,der schwerste Depressionen hatte und in gemilderter Form immer noch hat. Mein Mann ist enorm belastet. Er sitzt manchmal verzweifelt vor mir und fragt mich "was soll ich dir denn bloß noch sagen?" Er kann meine Selbstzerfleischung manchmal so schwer ertragen,daß er mich anschreit. Verurteile dich nicht für deine Wut,es ist eine absolut verständliche Reaktion. Ich weiß in solchen Momenten,daß ich auf den Nerven meines Mannes herumtrample und konnte es in der Vergangenheit auch nicht ändern. Jetzt geht es mir viel besser und ich schaffe es,doch auch wenn es mir schlecht geht,an ihn zu denken. Es ging so weit,daß er Krebs bekam (!),der zum Glück entfernt werden konnte,aber die Angst um ihn bleibt.Ich schreib dir das,damit du siehst,du mußt auf dich achten. Manchmal denke ich,daß es für die Menschen,die mich lieben,fast noch schlimmer ist als für mich. Vielleicht findest du ja auch hier im Forum Menschen,die in der gleichen lage sind und mit denen du dich austauschen kannst. Alles Gute,acht auf dich, Waltraut
katja Schoenholzer
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Depression belastet die ganze Familie

Beitrag von katja Schoenholzer »

Hallo Xayide, hallo waltraut ich bin auch ganz neu hier, habe immer wieder versucht ein forum zu finden, wo wir angehörigen uns auch mal zu wort melden können. - und mir gehts ähnlich wie xayide, meine freundin hat auch schwere depressionen, es ist *einfach* meine freundin, aber die verbundenheit die wir haben geht schon fast in zwillinge rüber. sie hat eine familie und da leiden alle so ähnlich wie bei dir, xayide, ich leide da mit, wohn nebenan und bin unterdessen bald der familientherapeut. sie ist nur noch mit mir ehrlich und ich weiss bald nichts mehr anderes, hör ihr zu, hab sie an eine therapeutin vermittelt, aber da kann sie nur 1x wöchentlich hin. - wie habt ihrs fertig gebracht, dass euer vater in einen stationären aufenthalt überging? meine freundin redet zwar davon, aber den entschluss kann sie noch nicht fassen. ich verzweifle manchmal fast selber, weils mir unendlich weh und auch leid tut. sie lebt noch in ihrer familie, die mädchen sind leider auch schon tief unten und ihr mann hat sich zurückgezogen, da er selber nicht mehr weiter weiss, ähnlich wie dein mann waltraut. habt ihr mir iegendwelche tipps?? ausser zuhören... immer wiederholend die gleichen bestätigungen geben etc.? - danke euch. liebe grüsse katja.
xayide
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Depression belastet die ganze Familie

Beitrag von xayide »

Hallo Waltraut, vielen Dank für Deine Reaktion. Dein Schreiben hat mir sehr gut getan! Ich fühle mich bestätigt in meinen Gefühlen und kann so vielleicht besser damit leben, daß ich oft Wut gegen meinen Vater richte. Es ist schön, auch einmal die andere Seite zu erleben! Aber wie hast Du es aus dieser schweren Depression geschafft? Ich habe das Gefühl, bei meinem Vater ändert sich nichts, es wird eher schlimmer. Ist so etwas wirklich heilbar oder muß man möglicherweise damit leben, daß er für den Rest seines Lebens so dahinvegetiert? Ich wünsch Dir alles Gute! Xayide
waltraut
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Beitrag von waltraut »

Liebe Katja, zuhören,immer wieder die gleichen bestätigungen geben,da sein - das ist so viel wert für einen Depressiven,auch wenn wir es im Moment nicht zeigen können,sogar ablehnend reagieren. Ich habe manchmal richtig Hunger danach,es so oft wie möglich zu hören,daß es wieder besser wird. Aber auch der Versuch,deine Freundin zu einer richtigen Behandlung zu überreden,ist richtig. Vielleicht kannst du sie erst mal zu einer Selbsthilfegruppe bringen oder hier ins Forum,damit sie sieht,daß andere eine ähnliche Krankheit haben und daß man etwas tun kann? Aber zwischendurch mußt du dir und ihr Pausen geben,für sie,damit ihre eigenen Kräfte wachsen können,für dich,damit du deine Kraft behältst und dein eigenes Leben noch leben kannst. Ich hab gemerkt,daß ich manchmal,wenn mein Mann sehr auf mich eingeredet hat,aus einer Art verzweifeltem Trotz heraus alles abgewehrt habe. Wenn er dann aufgab oder ich mich heulend ins bett zurückzog,habe ich mich dann manchmal beruhigt und gespürt wie so etwas wie Hoffnung auftauchte. Das wünsche ich dir für deine Freundin,und dir wünsche ich,daß das Gleichgewicht zwischen euch sich wieder findet und ihr wieder frohe Zeiten miteinander erleben könnt. Herzlichen Gruß,Waltraut
xayide
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Beitrag von xayide »

Hallo Katja, ich glaube, zu dem Entschluß meines Vaters in eine Klinik zu gehen, haben wir kaum beigetragen. Wir haben ihn auf diese Möglichkeit hingewiesen und ihn irgendwann angefleht, es doch mal zu versuchen. Als er merkte, daß es so nicht mehr geht, hat er uns regelmäßig gebeten, ihn in ein Krankenhaus zu bringen. Dort haben sie ihm Tabletten gegeben, waren aber scheinbar auch überfordert. Sie konnten nur "Depression" diagnostizieren. Als dies alles nichts mehr brachte, entschloß sich mein Vater dann doch zu einem Klinikaufenthalt. Wohl aber eher, um uns diesen Gefallen zu tun anstatt sich selbst. So war auch der Erfolg nach bisher fünf Klinikaufenthalten gleich Null. Er tut alles für seine Familie, sagt ständig, wie lieb er uns hat und daß wir sein Leben sind. Ich denke, daß ein Klinikaufenthalt sicher viel bringen kann, wenn der Wille vorhanden ist, die eigene Situation zu verbessern. So wäre das sicher für Deine Freundin. Können die Kinder nicht ausziehen? Ich wohne auch nicht mehr bei meinen Eltern, doch so eine Erfahrung in der Pubertät kann scheinbar viel Schaden anrichten. Meine Schwester leidet seit vier Jahren unter Panikattacken. Sicher ist es auch wichtig, dem Betroffenen zu helfen, aber ich mache mir manchmal mehr Sorgen um meine Schwester, weil sie durch den ganzen Kram auch krank wurde. Ich finde es toll, daß Du so für Deine Freundin da bist. Mehr als zuhören und ihr gut zureden kannst Du sicher nicht. Liebe Grüße, Katrin
katja
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Beitrag von katja »

Guten Morgen waltraut und katrin. ich danke euch vielmals für eure rückmeldungen. echt lieb von euch. wusste gar nicht, dass sowas auch noch klappt, wenn ich da meine sorgen aufschreibe... waltraut, ja, ich geb mir auch mühe, dass wir genügend luft zwischendurch haben, denke mal, und du redest da ja aus eigener erfahrung, ists doch richitg, wenn ich einfach da bin, sie mir erzählen kann... sie blockt mich nicht ab (noch nicht...?) und lässt mich *reinschauen*, lässt mich mitleben und lügt mich auch nicht an. ich vertrau ihr. - ich hab ihr schon vorgeschlagen ins forum zu gehen, hab ihr auch andere homepages gezeigt,a ber das interessiert sie nicht. sie ist aktive chatterin und hnat das gefühl, dass sie sich dort richtig ablenken kann. nur, ich unterstüzt eben die chatter nicht wirklich. finde das eigentlich eine unpersönliche ebene für die kommunikation. aber natürlich kann ich ihr das nicht verbieten, finds einfach der falsche ort. - selbsthilfegruppen? ist das nicht eher erst nötig nach einem aufenthalt? wie bist du selber dennd a raus gekommen? oder steckst immer noch drin, aber, so wie du schreibst, nicht mehr so fest wie auch schon. versteh ich das falsch? dir katrin möchte ich sagen, leider geht das nicht, dass die kinder ausziehen, das sind wirklich noch kinder. di grössere ist anfangs pubertät, die kleine ist noch ein mädel. da geht diese variante leider nicht. die kleine leidet aber extrem, ist apathisch und leer. aber eben, wie schon gesagt, ich kann nicht allen vieren shcauen. hab angst, dass meine freundin irgendwann einen suizidversuch startet etc. - wie geht denn deine mamma damit um? oder sind deine eltern geschieden und du *kümmerst* dich alleine da drum? arbeitet denn dein vater noch? och, ich hätte tausende fragen an euch beide... ist auf jeden fall super lieb, wie ihr antwortet und ich freu mich drauf, euch wieder zu lesen. liebe grüsse euch beiden, viel kraft und alles gute... katja
waltraut
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Beitrag von waltraut »

Liebe Katja, daß deine Freundin chattet,ist gut. Sie hat so ein Forum,das sie auch noch benutzen kann,wenn sie Nähe und Emotion mal nicht aushalten kann. Es muß nicht unpersönlich sein,aber sie kann selbst entscheiden,wiw sie es haben will und sie kann jederzeit abschalten,wenn sie nicht mehr mag oder kann. Selbsthilfegruppen können durchaus auch als Einstieg in eine Behandlung (unter Umständen sogar als Ersatz für eine Therapie erfolgreich sein.Ich war selbst in einer. Da sind Leute mit langer oder kurzer Depressionskarriere und andere,bei denen sich die ersten Anzeichen zeigen,genauso vertreten und jeder profitiert vom anderen. Viel hängt davon ab,ob sie kompetent geleitet wird. Hier im Forum gibt es Adressen. Du machst es goldrichtig und Deine Freundin wird sicher sehr froh sein,daß du ihr so beistehst. Seit ich verstanden habe,wie belastend ich in der Depression für meine liebsten Menschen bin,versuche ich die Last zu verteilen:Therapeut,Arzt,ehemalige Mitpatienten,ein,zwei gute Freunde,Geschwister,ich bin glücklich,daß es so viele Menschen gibt,die mich zwar nicht alle wirklich verstehen,aber ernst nehmen und unterstützen. Allerdings,wenn es ganz schlecht ist,lasse ich außer meinem Mann niemand in meine Nähe und auch ihn nur auf Distanz. Warum es mir besser geht?Da ist viel zusammengekommen,medikamente,der richtige Therapeut,viel eigene Arbeit in Gruppen und allein,Bücher,Übungen (rausgehen,in Angstsituationen hineingehen usw.).Lies mal im thread "Depression vs.normale Tiefs" den heutigen (oder wars gestern abend?) Beitrag von Ninive über die Suche nach dem richtigen medikament und dem richtigen Arzt. Ich wünsche Dir viel Kraft und Erfolg, herzlichen Gruß Waltraut
katja
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Beitrag von katja »

Hallo Waltraut... ich danke dir für deine tollen texte, ansichten und es tut mir echt gut, einfach so drauflos zu schreiben, ohne genau zu wissen, wohin ich schreibe... bin leider nicht immer im internet, bin bei der arbeit, aber es geht ja immer irgendwie. - leider nützen mir die adressen nicht wirklich viel aus deutschland. ich bin aus der schweiz und ich hab da schon einige telefonnummern, auch für *angehörige* die in eine selbsthilfegruppe gehen wollen. hab mir das auch schon überlegt, dh. bin immer noch dran, ob ich mal anrufen soll. nur, so denke ich, nützts ja eigentlich nicht wirklich viel, wenn ich gehe und doch nicht den faden weitergeben kann an meine freundin. - ich hör ihr zu, nach wie vor, ich will so gerne, dass sie wieder lachen kann wie früher, die unbeschwertheit und lockerheit kriegt, die sie mal hatte. - leider ist's eben so (im gegensatz zu dir) sie lässt genau ihren ehemann nicht an sich ran. er kann sie nicht verstehen, ist ihm zu *gefühlsduselig* (kennst du den ausdruck?) hat halt mühe mit ihren ausbrüchen, mal rauf, mal runter... und gleichzeitig gibts da auch noch einen anderen mann, wo sie in eine abhängigkeit verfallen ist. macht der *A* macht sie auch *A* macht der *B* macht sie auch *B*, weisst du, was ich meine? ist alles etwas kompliziert so da rein zuschreiben... aber ich denke, du kannst da schon irgendwo mithalten. machst mir jedenfalls den eindruck, als wärst du auch nicht ohne.... - wie auch immer, ich versuchs mal mit einer selbsthilfegruppe für betroffene, vielleicht kann ich da ja mitgehen, so,d ass sie eher beim erstenmal auch kommt? gibt mir irgendwie motivation, dass, wenn sie vielleicht andere hört, auch mitreded, handumkehrt, wie dir schon mal geschrieben, da ist soviel gelogen, sie öffnet sich fremden menschen nicht. hast schon recht mit dem chat, ich verbiete das ja nicht (kann ich auch nicht) baer ich finde halt, da reden alle über ihre probleme, sie ist eine sehr sehr geduldige zuhörerin und wird immer wieder mit neuen problemen von anderen, die sie nicht mal kennt, zugeschüttet... ist bestimmt auch ablenkung, klar. aber eben... ist halt einfach nicht so einfach, dazustehen, nicht zu wissen, welcher weg der richtige ist... - bewundere dich, wie du das geschafft hast. - hast du denn noch oft diese *teuflischen tiefs* und, hoffe, wird dir jetzt nicht all zu persönlich, wie bist du da reingeraten.. kannst du dir das irgendwie erklären? - kannst mir auch mailen, wenn du willst, dass nicht alle da lesen, weiss nicht, wie sich das so handhabt... schreib mir, wenn du lieber ein mail direkt schreiben willst, okay? ich danke dir jedenfalls bestens! echt lieb von dir!!! hab mal einen spruch von meiner mami gekriegt: *wenn du glaubst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein lichtlein her* ... wie wahr! liebe grüsse katja.
xayide
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Beitrag von xayide »

Hallo Katja und Waltraut, es tut so gut, einmal alles aufzuschreiben, was mich bewegt. Und daß Euch das auch interessiert. So fühlt man sich mit diesen Tatsachen nicht so allein, weil ich finde, daß ein Thema wie Depressionen ein absolutes Tabu ist! Auch wenn ich vielleicht nicht ganz so direkt betroffen bin wie Ihr hoffe ich, daß wir uns eine Weile weiter austauschen können. Ich merke, daß mir Eure Antworten viel Kraft geben! Katja, es tut mir leid, ich wollte Dir nicht sagen, daß Du Dich auch noch um die Kinder kümmern sollst!!! Du tust genug! Ich sehe halt die Situation für die Kinder, weil ich selbst als Kind, oder besser Pubertierende, betroffen war und sehe, was aus meiner Schwester geworden ist. Das tut noch mehr weh als meinen Vater zu sehen, weil sie doch noch ihr ganzes Leben vor sich hat. Also, bitte verstehe mich nicht so, als würde ich Dir Vorwürfe machen wollen. Überhaupt nicht! Meine Mutter lebt übrigens noch bei meinem Vater, sie sind nicht geschieden. Es stand zwar an, aber sie hat sich doch entschieden, bei ihm zu bleiben. Ich finde das sehr bewundernswert, weil sie doch sehr unter der Situation leidet. Es ist ja gar nicht so, daß er sich nur zurückzieht. Schlimmer ist, daß er immer wieder auf sie einschreit, sie auch schon geschlagen hat. Teilweise schließt sie sich in ihrem Zimmer ein, ist aber auch schon für einige Tage in ein Hotel o.ä. gezogen. Freunde hat sie mittlerweile leider kaum noch, weil sie sich immer weiter in sich zurückzieht. Ich versuche dann, für sie dazusein. Mein Vater arbeitet nicht mehr, er ist frühpensioniert, leidet darunter aber sehr, weil er meint, er läge dem Staat auf der Tasche. Er ist ein Mensch, der seine Pflichten erfüllen will, in seinen Augen hat er also versagt. Nun hat er keine Aufgabe mehr und sitzt deshalb meist zu Hause, tut nur das nötigste. Und hängt sich sehr an uns, weil wir das einzige sind, was er noch hat. Waltraud, woran merkt man, daß man den richtigen Therapeut hat? Ich würde meinem Vater so gern bei der Suche nach dem richtigen unterstützen. Oder meinst Du, daß das nur klappt, wenn er selber danach sucht? Ich wünsche Euch beiden alles Gute, Katrin
waltraut
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Beitrag von waltraut »

Guten Morgen,Xayide und Katja, ich verreise ein paar Tage,wollte nur schnell ein paar Worte sagen. Zu Xayide:daß man den richtigen Therapeuten hat,merkt man vielleicht daran,daß man neue Erkenntnisse über sich bekommt und neuen Mut,auch wenn deshalb die Depressionen nicht einfach verschwinden. Leider ist es wohl so,daß Dein Vater das selbst herausfinden muß. Du kannst ihm aber helfen,indem du dich umhörst .Der Therapeut muß ihm in erster Linie sympathisch sein,er muß das Gefühl haben,ganz angenommen zu sein. Zu Katja: von mir erzähl ich dir gern ein andermal,wenn ich mehr Zeit habe,heute nur noch etwas zu den Selbsthilfegruppen. Eine Gruppe für Angehörige wäre genau das Richtige für dich,du kriegst Rückhalt,aber auch Anregungen,wie du dich verhalten kannst. Es geht nicht darum,daß du einen Faden an deine Freundin weitergibst,sondern daß du selbst deine Belastung verarbeitest. Nächste Woche melde ich mich wieder,bis dahin Euch beiden eine gute Zeit!
katja
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Beitrag von katja »

Hallo katrin und waltraut. danke euch für eure meldungen. katrin, keine sorge, ich hab dich nicht falsch verstanden. nein nein, wollte auch nicht, dass du es so auffassen tust. die kinder sind einfach noch zu klein und doch schon genug gross um zu verstehen. heute hat sie wieder einen schlimmen tag... es ist einfach grässlich... - dein vater macht ja auch nicht wirklich viel, oder scheint das nur so? mein ich auch nicht böse, gell... aber er *vegetiert* ja, so wie es tönt, dahin... - wohnst du in dem fall nicht mehr zu hause? - und deine schwester.. sie lebt noch bei deinen eltern? hast du denn einen partner, wo du das gespräch und auch hilfe findest? - du siehst, ich könnte dich tausend fragen fragen.... es ist unglaublich, was sich da alles zusammenstaut und ansammelt... - depressionen sind leider ein tabu... das ist ja das schlimme... - jemandem davon erzählen, wo keine ahnung hat. na, da fragt man sich, wohin man spricht.. - das ist ja nicht so schlimm.. sieh das nicht so eng.. bla bla bla... dabei gehen wir *angehörigen* auch mächtig *drauf* kostet uns doch täglich nerven, kraft und energie und doch liegt es mir fern, meine freundin hängen zu lassen.. - waltraut, so denk ich, ist so im zwischendrin.. hat selber depressionen, sieht aber mit einem augen schon retour... und das ist doch bewundernswert... - auch wnen ich die anderen postings so lese, waltraut erscheint immer wieder.. - frage an dich waltraut.. du verarbeitest auch gleichzeitig damit, indem du da schreibst, oder? d.h. machen ja alle... aber du kannst einerseits tips und ratschläge geben, andrerseits wenn du die texte so liest, erkennst du sicher immer wieder einen teil aus deiner vergangenheit. wie alt seit ihr beide eigentlich? - also ich bin 29... damit ich mal weiss, mit wem ichs so zu tun hab... sorry, bin aber so. ähm, katrin, warst du schon in einer selbsthilfegruppe für angehörige? - und wie findet ihr die idee, wenn ich den mann meiner freundin mitnehmen würde, obwohl er eigentlich gar nicht recht kapiert, worums geht und die ehe schon so ziemlich vorbei ist... selber hat er aber auch depressionen... hm.. irgendwie trau ich mich nicht recht in so eine gruppe zu gehen... und doch denk ich, wär einfach nötig. aber adressen zu finden ist schwer... über den zustand meiner freundin berichte ich ein andermal wieder... zur zeit ists einfach schlimm. bzw. heute ists schlimm.... und katrin, auch mir tun diese mails hier gut.. einfach gut und ich bin auch froh, wenn wir dies noch einige zeit aufrecht erhalten können. wünsch euch beiden alles gute, dir waltraut einen schönene aufenthalt, wohin du auch gefahren bist... wir warten auf dich! und dir katrin... durchbeissen, bist ja nicht alleine!! liebe grüsse katja.
waltraut
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Depression belastet die ganze Familie

Beitrag von waltraut »

Hallo katja,bin noch nicht weg,fahre zu meiner mutter nach Essen. Du hast recht,ich verarbeite viel beim Schreiben,aber ich nehme auch ungeheuer viel mit,ich lese fast in allen threads und finde mich sehr oft wieder,öfter als ich schreiben kann (man muß ja nicht immer was sagen). Ich finde es eine sehr gute Idee,den Mann deiner Freundin in eine Gruppe mitzunehmen. Es wird seine Einstellung bestimmt verändern und er kann dich vielleicht unterstützen. Bis dann,Waltraut
xayide
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Depression belastet die ganze Familie

Beitrag von xayide »

Hallo Katja, sorry, daß ich mich jetzt erst wieder melde. Ich bin in den letzten Tagen nicht an den Rechner gekommen. Um Deine Frage zu beantworten: ich bin 22, also schon noch jünger. In einer Selbsthilfegruppe für Angehörige bin ich bisher nicht gewesen, denke aber schon lange darüber nach. Das hilft bestimmt sehr, sich mit anderen auszutauschen. Und den Mann Deiner Freundin mitzunehmen ist sicher auch nicht schlecht. Vorausgesetzt, er ist dazu bereit. Du hast recht, mein Vater vegetiert eigentlich nur vor sich hin. Er macht fast gar nichts mehr, alles überfordert ihn. Hast Du den Artikel über Depressionen im letzten "Stern" gelesen? Da steht, man soll den Betroffenen Ablenkung verschaffen, aber ich glaube, das hat bei meinem Vater keinen Sinn. Es ist ihm alles zu anstrengend, so daß er sehr gealtert ist in den letzten JAhren. Außerdem steht in diesem Artikel von einigen Medikamenten, die mein Vater auch schon genommen hat, die aber unangenehme Nebenwirkungen haben, die ihn als Mensch total verändert haben. Gebracht haben sie nichts, nur Abhängigkeit. Eigentlich sollen diese Tabletten aber bestimmte Stoffwechselvorgänge wieder in Gang bringen und so die Depression bekämpfen. Vielleicht würde das Deiner Freundin helfen. Nach diesem Artikel glaube ich mittlerweile, daß man eine schwere Depression ohne Tabletten nicht heilen kann. Bei meinem Vater ist die Depression sehr schwer, die Ärzte in der Klinik meinten sogar, sie sei nicht heilbar. Aber so bis an sein Lebensende dahinvegetieren? DAs ist doch schrecklich! Meine Schwester wohnt übrigens nicht mehr zu Hause, sie ist schon vor einigen Jahre ausgezogen, mit ihrem Freund zusammen, der sie sehr unterstützt wegen ihrer Angst. Hilft Dir eigentlich jemand bei der Unterstützung Deiner Freundin? Ich habe glücklicherweise eine sehr gute Freundin, die mir immer wieder zuhört, wenn es mir schlecht geht. Sie rät mir zu einer Therapie, weil mich meine Familie nicht losläßt. Irgendwie finde ich den Gedanken schön, daß mir dann jemand hilft, aber ich denke auch, meine Probleme sind doch gar nicht so groß, und ich komm doch selber damit klar. Viel schlechter geht es doch Menschen, die in einer Depression stecken. Aber vielleicht kennst Du diese Gedanken ja auch. Ich hoffe, Deiner Freundin geht es wieder besser als neulich. Kommt die Depression bei ihr eigentlich in Schüben oder ist sie im Prinzip immer da? Ich wünsch Dir alles Gute, KatrinHallo Katja, sorry, daß ich mich jetzt erst wieder melde. Ich bin in den letzten Tagen nicht an den Rechner gekommen. Um Deine Frage zu beantworten: ich bin 22, also schon noch jünger. In einer Selbsthilfegruppe für Angehörige bin ich bisher nicht gewesen, denke aber schon lange darüber nach. Das hilft bestimmt sehr, sich mit anderen auszutauschen. Und den Mann Deiner Freundin mitzunehmen ist sicher auch nicht schlecht. Vorausgesetzt, er ist dazu bereit. Du hast recht, mein Vater vegetiert eigentlich nur vor sich hin. Er macht fast gar nichts mehr, alles überfordert ihn. Hast Du den Artikel über Depressionen im letzten "Stern" gelesen? Da steht, man soll den Betroffenen Ablenkung verschaffen, aber ich glaube, das hat bei meinem Vater keinen Sinn. Es ist ihm alles zu anstrengend, so daß er sehr gealtert ist in den letzten JAhren. Außerdem steht in diesem Artikel von einigen Medikamenten, die mein Vater auch schon genommen hat, die aber unangenehme Nebenwirkungen haben, die ihn als Mensch total verändert haben. Gebracht haben sie nichts, nur Abhängigkeit. Eigentlich sollen diese Tabletten aber bestimmte Stoffwechselvorgänge wieder in Gang bringen und so die Depression bekämpfen. Vielleicht würde das Deiner Freundin helfen. Nach diesem Artikel glaube ich mittlerweile, daß man eine schwere Depression ohne Tabletten nicht heilen kann. Bei meinem Vater ist die Depression sehr schwer, die Ärzte in der Klinik meinten sogar, sie sei nicht heilbar. Aber so bis an sein Lebensende dahinvegetieren? DAs ist doch schrecklich! Meine Schwester wohnt übrigens nicht mehr zu Hause, sie ist schon vor einigen Jahre ausgezogen, mit ihrem Freund zusammen, der sie sehr unterstützt wegen ihrer Angst. Hilft Dir eigentlich jemand bei der Unterstützung Deiner Freundin? Ich habe glücklicherweise eine sehr gute Freundin, die mir immer wieder zuhört, wenn es mir schlecht geht. Sie rät mir zu einer Therapie, weil mich meine Familie nicht losläßt. Irgendwie finde ich den Gedanken schön, daß mir dann jemand hilft, aber ich denke auch, meine Probleme sind doch gar nicht so groß, und ich komm doch selber damit klar. Viel schlechter geht es doch Menschen, die in einer Depression stecken. Aber vielleicht kennst Du diese Gedanken ja auch. Ich hoffe, Deiner Freundin geht es wieder besser als neulich. Kommt die Depression bei ihr eigentlich in Schüben oder ist sie im Prinzip immer da? Ich wünsch Dir alles Gute, Katrin
Lina Ehrig
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Depression belastet die ganze Familie

Beitrag von Lina Ehrig »

Hallo Xayide Ich bin heute zum ersten Mal hier und kann deine Gefühle sehr gut nachempfinden. Meine Mutter leidet sei ca. 2 Jahren unter Depressionen und Angstzuständen, die sehr schubweise auftreten. Sie war schon mal drei Monate in einer Klink, macht eine Gesprächstherapie und nimmt Medikamente. Sie hat schon sehr oft die Medikamente gewechselt, da sie fast immer an den Nebenwirkungen leidet. Im Moment durchlebt sie wieder ein ziemliches Tief. Ich fühle mich oft sehr hilflos, weil sie mich gar nicht an sich ranläßt, in der schlimmsten Zeit kann man gar nicht mehr reden. Wenn sie mich so abblockt fühle ich mich auf der einen Seite meist total mies und auf der anderen Seite bin ich richtig wütend. Ich fühle mich ungerecht behandelt, weil sie die Hilfe, die ich ihr entgegenbringe gar nicht sieht. Oft bin ich auch einfach richtig traurig, weil sie auch so desinteressiert an meiner Person erscheint. Ich probiere für mich Abstand zu gewinnen und ihr Desinteresse nicht persönlich zu nehmen. Ich merke das es mir damit besser geht. Manchmal fühle ich mich auch für diesen Egoismus schlecht. Auf der anderen Seite glaube ich das man sich den Abstand nehmen muß, um den richtigen Momenten die Kraft für Hilfe zu haben. Ich habe auch schon darüber nachgedacht selbst eine Therapie zu machen. Schieben den Gedanken aber dann beiseite, weil ich meine Probleme für zu geringwertig halte. Ich bin mir klar das kein Problem zu gerinwertig ist, aber kann den Schritt noch nicht gehen. Ich würde mich über Antworten von Menschen freuen denen es ählich geht. Viele Grüße Lara
xayide
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Beitrag von xayide »

Hallo Lara, Du bist die erste Person, die auch ein depressives Elternteil hat. Es tut mir sehr gut, dies auch einmal von einem anderen Menschen zu hören, der die gleichen Probleme hat wie ich. So muß man vieles nicht erklären, was andere Menschen nicht nachvollziehen können. Wohnst Du noch zu Hause? Das, was Du von Deiner Mutter schreibst, kommt mir sehr bekannt vor. Die Klinik, die Therapie und Medikamente, das alles kenn ich von meinem Vater auch. Kann denn Deine Mutter verantwortungsvoll mit den Medikamenten umgehen? Ich kann Deine Gefühle sehr gut nachvollziehen, es geht mir genau so. Einerseits will man helfen, andererseits ist man völlig überfordert. Und dann diese Schuldgefühle, daß es einem selbst besser geht und man manchmal nur noch aggressiv und ablehnend sein kann. Aber ich glaube, daß Abstand wirklich der einzige Weg ist, sich selbst zu schützen. Auch wenn Du deswegen ein schlechtes Gewissen wegen Deines "Egoismus" hast. Auch das kenn ich, aber vielleicht ist das einfach eine Überlebensstrategie. Du mußt Dich um Dein Leben kümmern! Vielleicht fühlst Du Dich verantwortlich für Deine Mutter, das ging mir sehr oft so. Aber meine Freundin sagt dann immer, eigentlich sind doch die Eltern diejenigen, die für die "Kinder" da sein sollten. Das hilft mir, Abstand zu gewinnen. Du schreibst, es geht Dir besser, wenn Du den Abstand hast. Das ist doch ein Zeichen, daß Du das richtige tust. Kannst Du denn mit jemandem über Deine Schwierigkeiten reden? Und hast Du Geschwister? Wohnt Dein Vater noch bei Deiner Mutter? Hat sie eine gute Freundin oder so? So viele Fragen! Vielleicht hast Du über die Feiertage ja Lust, sie zu beantworten. Ich würd mich freuen! Viele liebe Grüße, Katrin
waltraut
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Beitrag von waltraut »

Hallo Katrin,Xayide ,Katja und Lara, ich finde es auch sehr schwer,mit meiner Mutter,die auch depressiv ist,umzugehen. Und ich schäme mich umso mehr als ich ja weiß,wie ihr zumute ist. Sie hat keine so schweren Depressionen,aber es beeinträchtigt ihre Lebensfreude. Sie ist 85,aber körperlich fit und geistig auch voll da. Aber sie empfindet sich selbst als totalen Versager,als lästig und störend,als unwissend und dumm und als völlig nutzlos,weil sie alt ist.Dabei hat sie in schwersten Zeiten,jahrelang auch allein,4 Kinder großgezogen,neben Berufstätigkeit,hatte immer wirkliche Freunde,wird von uns und den Enkelkindern geliebt. Nur mit mir geht es dauernd daneben,weil ich von ihr verlange,daß sie sich nicht aufgibt. Und ich kann es nicht akzeptieren,daß sie sich selber immer so runter macht.Wenn ich Abstand habe,denke ich mit Verständnis und liebevoll an sie,und kaum sehen wir uns,passiert es wieder. Ich arbeite dran in der Therapie,aber es ist verdammt schwer... Und dabei bin ich "Insider"!!! Ich finde es mit einem Elternteil so schwer,weil damit ja unser Elternbild gestört wird. Es entsteht eine bedrohliche Unsicherheit. Vielleicht finden wir gemeinsam einen Weg,damit fertigzuwerden,eine innere Distanz? Liebe Grüße Waltraut
xayide
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Beitrag von xayide »

Hallo Waltraut, hallo Lara, ich hoffe, Ihr habt Weihnachten in der Familie gut überstanden. Oder ist es bei Euch nicht so angespannt wie bei uns? Waltraut, Du hast ja wirklich viel Erfahrung in Sachen Depressionen! Toll, wie sehr Du Dich damit auseinandersetzt!!! Was passiert denn, wenn Du bei Deiner Mutter bist? Streitet Ihr Euch? Und wie gehst Du mit ihr um? Ich glaube, Distanz ist wirklich die einzige Möglichkeit, mit einem depressiven Elternteil umzugehen. Nur dann ist man in der Lage zu helfen - wenn überhaupt! Vielleicht müssen wir so weit kommen, daß es kein Egoismus ist, sondern ein Weg, unser eigenes Leben in den Griff zu bekommen. Meine eigenen Probleme reichen mir, wobei ich denke, einige davon sind aus der "kranken" familiären Situation entstanden. Habt Ihr auch in manchen Situation dieses Gefühl? Ich merke da im Umgang mit anderen Menschen, v.a. mit Männern. Oder ist das eine Ausrede? Ich habe mich jetzt entschlossen, meine Vergangenheit aufzuarbeiten, und möchte in eine Selbsthilfegruppe. Aber zu dem Thema gibt es nichts. Habt Ihr Erfahrung damit? Freue mich über Antwort! Viele Grüße, Katrin
waltraut
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Depression belastet die ganze Familie

Beitrag von waltraut »

Liebe Katrin, du fragst,wie ich mit meiner leicht depressiven Mutter umgehe.Schlecht,ich kann es nicht aushalten,wenn sie so ist. Als es ihr mal so richtig schlecht ging,da war es besser,weil sie da für mich wirklich krank war und zwar mit einer Krankheit,die ich selbst gut kannte. Ich konnte ihr wirklich helfen. Aber die leichtere fast ständige Depression nervt mich nur. Ich glaube,es ist viel Abwehr dabei,weil ichmich gespiegelt sehe. Ich hab mal,als ich meinem Mann grad was vorjammerte,plötzlich gesagt "jetzt fühle ich mich,als ob ich in meiner Mutter drin wäre" - (in ihren Gefühlen,nicht in ihrem Körper).Ich bin so erschrocken,daß ich sofort "erwachsen" wurde!! Was zwischen uns passiert,ist immer dasselbe. Am anfang gehts gut,wir erzählen gegenseitig und sie ist ganz munter. Dann fühlt sie sich irgendwann nicht genügend beachtet,obwohl wir sie alle überall einbeziehen und fängt an sich sichtbar nach innen zurückzuziehen,die Haltung eine einzige Demonstration von Gekränktsein,keiner mag mich,ich störe nur,ich bin dumm und unwissend etc...Eine Weile schau ich mir das an,innerlich explodiere ich fast,möchte sie schütteln und sagen "nicht auf diese Weise,du kriegst alle Liebe von uns ohne diese besch...Erpressung" und schließlich mach ich dann eine leise Bemerkung.Z.B.bei meinem letzten besuch waren wir zusammen im Theater,meine jüngste Schwester,ein Schussel,vermißte anschließend ihr Portemonnaie. Sie fuhr zurück,um danach zu suchen. Während mein Bruder übers Internet klärte,was man bei verlorenen Kreditkarten machen muß,richteten wir anderen das Essen weiter und unterhielten uns. Meine Mutter stand in der Diele und rang - buchstäblich - die Hände.Sie war von dem Mißgeschick total erschüttert. Als nach einiger zeit mein Bruder und ich beide sagten,damit könnte sie der Schwester auch nicht helfen,sie sollte doch zu uns in die Küche kommen,war sie beleidigt,setzte sich ins Wohnzimmer und starrte die Wand an. Das Portemonnaie wurde gefunden! - jetzt war das ganze Theater noch umsonst gewesen. Jetzt heulte sie und dann kam ein Wort zum andern,und ich schrie sie schließlich an,daß ich es satt hätte,jedes Mal mit schlechtem Gewissen wieder heimzufahren.Riesengeschluchze,ich haute ab,völlig niedergeschmettert,sagte einen Besuch bei Freunden ab (wie mein Therapeut sagt,um mich zu bestrafen). Wir haben allerdings später in mehreren Telefonaten ruhig gesprochen,aber ich habe trotzdem wieder Riesenangst vor dem nächsten besuch... Ich bin sicher,daß viele meiner Probleme durch solche Eindrücke schon von Kindheit an entstanden sind. Das ist auch bei dir sicher keine Ausrede. Man muß nur glaub ich unterscheiden,ob die Eltern sich schuldig gemacht haben oder ob sie selbst nur Opfer waren. Meine Eltern haben wirklich versucht,uns eine glückliche Kindheit zu geben.Uns eigentlich war sie glücklich,aber viele Botschaften,die ich als Kind bekam,haben sich total negativ auf mein späteres Leben ausgewirkt. Üben wir weiter... Alles Liebe Waltraut
xayide
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Depression belastet die ganze Familie

Beitrag von xayide »

Hallo Waltraut, die Depression Deiner Mutter klingt sehr ähnlich mit der meines Vaters. Und Deine Gefühle kenn ich auch. Ich habe so oft ein schlechtes Gewissen, ihn nur noch anzuschreien, aber ich kann nicht anders. Wirklich miteinander reden können wir nicht mehr, ich habe völlig dichtgemacht. Einerseits tut es mir leid, aber ich kann nicht mehr anders. Es tut gut, daß es Dir auch so geht. Meine Kindheit war übrigens auch gar nicht schlimm, meine Eltern waren immer für mich da. Die Probleme begannen erst, als ich in der Pubertät war. Leider merke ich aber oft, daß meine Beziehung zu Männern sehr kompliziert ist. Sicher kann mein Vater nichts für seine Depression, und ich mache ihm keine Vorwürfe, aber einfacher macht es das auch nicht. Es ist wohl das, was Du schreibst: einige Botschaften, die sich negativ auf das eigene Leben ausgewirkt haben. Nun sitzen wir damit da. Naja, wenn man sich helfen läßt, ist man schon ein ganzes Stück weiter, glaube ich. In mir geht zur Zeit viel vor sich, ist anstrengend, aber ich denke, das ist es wert. Ich bin die nächste Woche weg und wünsche Dir (allen anderen natürlich auch!) deshalb schon einmal einen guten Jahreswechsel und alles Gute! Katrin
lara
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression belastet die ganze Familie

Beitrag von lara »

Hallo Katrin Ich bin gleich nach Weihnachten verreist und erst gestern wieder gekommen. Hab mich sehr über deine mail gefreut und will probieren deine Fragen zu beantworten. Ich wohne schon seit längerer Zeit nicht mehr bei meinen Eltern und habe nicht mehr mit meiner Mutter zusammen gelebt seit dem sie krank ist. Meine ältere Schwester lebt auch nicht mehr dort. Meine Eltern leben noch zusammen und mein Vater ist glaube ich auch die einzige Person, die sie wirklich an sich heranläßt. Darüber bin ich sehr froh, weil sie keinerlei Kontakt mehr zu ihrer Familie hat und auch keine wirklich enge Freundin. Leider ist er beruflich sehr angespannt, so daß sie sehr viel alleine ist.Ich glaube das die Einsamkeit und der fehlende Lebenssinn auch eine der Ursachen der Depression sind. Sie will meiner Schwester und mir gegenüber immer die Fassung wahren, so daß sie unsere Besuche als unheimlich Anstrengung empfindet. Es fällt mir schwer mich von diesem Verhalten nicht verletzt zu fühlen. Wir sagen ihr auch voll oft das sie sich uns gegenüber doch nicht zusammenreißen muß. Ich hoffe das sie das selbe irgendwann spürt. Mein Vater probiert da auch die Brücke zu bauen. Wir haben uns gestern getroffen und meine Mutter lag zittern im Bett und wollte uns zuerst gar nicht sehen. Er hat sie dann doch überredet mit uns zu essen, obwohl es ihr unangenehm war. Vielleicht war das ein Schritt von ihr mit uns offener umzugehen.Der erste Tag im neuen Jahr war sehr aufreibend aber auch hoffnungsvoll. Ich hoffe bald von dir zu hören. Alles Liebe Lara
waltraut
Beiträge: 926
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression belastet die ganze Familie

Beitrag von waltraut »

Hallo Lara, zu dem Verhalten deiner Mutter möchte ich dir etwas von mir erzählen. Ich hab ja nicht nur eine (leicht) depressive Mutter,ich kenne es ja vor allem von mir selbst. Und ich sehe mich tage- und wochenlang im Bett vergraben,niemand außer meinem Mann will (kann!) ich sehen. Meine Mutter hat inzwischen begriffen,daß sie mich zu so einer Zeit nicht besuchen kann,die Enkel akzeptieren es,die Stieftochter auch. Aber dann klopft es leise an meine Zimmertür und meine Stieftochter kommt herein und sagt "ich wollte dich nur schnell sehen und begrüßen" und ist schon wieder draußen. Ein andermal kommt die Kleine rein"Oma,gehts dir schon besser?",ich sag ein paar Worte zu ihr und sie verschwindet. Und ich merke,daß es mir gut getan hat. Ich bleibe in meinem Zimmer,aber das nächste Mal geht es schon länger. Irgendwann geh ich auch für eine Weile runter. Was ich damit sagen will: deine Mutter ist sehr weit unten und sehr weit weg von allem.Sie kann im Augenblick kein Interesse für euch aufbringen,weil sie von allem,vom ganzen Leben abgeschnitten ist,auch zu ihren eigenen Gefühlen keinen Zugang hat. Aber ihr könnt ihr immer wieder signalisieren,daß ihr sie so,wie sie ist,annehmt,daß ihr ihr Zeit laßt,daß ihr sie erwartet,wenn sie wieder da ist. Selbst wenn es ihr jetzt nicht bewußt wird,wie sehr ihr versucht ihr zu helfen,so gebt ihr ihr doch den Rückhalt,den sie braucht. Ihr laßt ihr Zeit und Raum,aber ihr schließt sie nicht aus. Insofern finde ich das,was ihr Weihnachten gemacht habt,sehr gut.Laßt sie nur sehr kleine Schritte machen,die sie nicht erschrecken. Und sagt ihr immer wieder,daß es besser werden wird. Das will man nicht hören,und doch kann man es nicht oft genug hören.Paradox... Es ist unendlich viel,was da von dir verlangt wird,und ich kann nur wieder sagen "hol dir von anderen Menschen Kraft". Ein Depressiver ist,so lange er tief drin steckt,nur in sich eingewickelt,verpuppt,ganz und gar Egoist.Vielleicht weil er sich das nur in der Depression erlaubt - an sich zu denken... Wie geht es dir dabei? Kannst du es aushalten? Alles Liebe Waltraut Liebe Katrin, bist du wieder zurück? Wie waren die Feiertage bei dir? Lieben Gruß Waltraut
Beatrix Leupold

Depression belastet die ganze Familie

Beitrag von Beatrix Leupold »

Hallo alle zusammen! Puh, das hat nun einige Zeit gedauert, bis ich alle Nachrichten zu diesem Thema gelesen haben. Trotzdem möchte ich mir noch kurz die Zeit nehmen, um euch von meiner familären Situation zu berichten. Heute möchte ich nur grob erzählen in wieweit ich betroffen bin. Aber näheres ergibt sich dann im Laufe der nächsten Zeit. Also ich habe ebenfalls eine Mutter, die seit dem 27.09.2000 (dem Geburtstag meiner Schwester) zum dritten Mal an einer Depression leidet. Einen Klinikaufenthalt hat sie bereits hintersich. Aus diesem wurde sie im März 2001 auch einigermaßen Stabil entlassen. Aber ca. nach einem Monat ist sie wieder rückfällig geworden. Danach war sie bis zum August garnicht in Behandlung und hat auch keine Medikamente genommen. Jetzt gehen wir wieder mit ihr gemeinsam zum Arzt (ca. alle 4-6 Wochen), sie erhält auch Medikamete, aber eine Besserung ist, wenn überhaupt, nur ganz minimal eingetretten. Zwischen ihrer zweiten und der jetztigen Depression hat sie Lithium genommen, da war sie sehr stabil. Als sie dieses auf eigenen Wunsch "davon werde ich ja immer dicker" abgesetzt hat, ist es noch ein Jahr gut gegangen. Dann wurde sie manisch und ist von heute auf morgen wieder in ein Loch gefallen. Damals vor dem absetzten des Lithiums habe ich sie bereits gewarnt und ihr meine Ängste mitgeteilt, doch das wollt sie nicht hören. Jetzt tritt keine Besserung ein und der Arzt meint das eine erneute Therapie mit Lithium erst angefangen werden kann, wenn es ihr etwas besser gehen würden. Ich haben halt Angst, daß sie da nicht mehr herauskommt und wenn ja dann immer wieder rückfällig wird. Was wir im Moment für sie tun, ist einmal die Woche bei ihr vorbeischauchen und für dann für sie einkaufen gehen. Ich wohne 30 km entfernt und habe Zwillinge von 2 1/2 Jahren, die hat sie seit 10 Monaten nicht mehr gesehen und will sie z.Zt. auch nicht sehen. Öfters kann ich deshalb nicht zu ihr fahren. Weil ich nicht ständig jemanden für die Kinder habe. So nun habe ich fürs erste doch reichlich geschrieben. Wünsche euch noch eine ruhige Nacht. Beatix
waltraut
Beiträge: 926
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression belastet die ganze Familie

Beitrag von waltraut »

Liebe Beatrix, wie geht es dir selbst in dieser Situation? Hast du das Gefühl,nicht genug für deine Mutter tun zu können? Lieben Gruß Waltraut
xayide
Beiträge: 21
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Depression belastet die ganze Familie

Beitrag von xayide »

Hallo Lara, Waltraut und Beatrix, ich bin seit gestern wieder da und habe mich gut von den Weihnachtstagen erholt. Obwohl es eigentlich ganz gut lief, wenn ich mir Laras Schreiben dagegen ansehe. Bis heute war ich noch bei meinen Eltern und habe zum Schluß nur noch geweint. Mein Vater sitzt da, will unsere Nähe, aber sagt nichts. Und wenn er doch einmal etwas sagt, dann passt es garantiert gerade nicht zum Thema. Ich weiß, das liegt an der Depression, aber es ist trotzdem schwer auszuhalten. Dann fragte er mich auch noch, ob mir der Alltag denn nun bevorstehe. Da bin ich an die Decke gegangen. Ich habe ihm gesagt, es gäbe auch Menschen, die ihr Leben gern leben. Das war ganz schön gemein und falsch, glaube ich. Aber ich fühle mich von ihm ehrlich gesagt ziemlich verarscht (sorry!). Wenn ich zu HAuse bin, kann er sich zusammenreißen und läßt meine Mutter in Ruhe. Auch wenn er nur im Bett liegt. Daß er sich dorthin zurückzieht finde ich gar nicht so schlimm. Es fällt mir schwerer, wenn er bei uns sitzt und ein Gesicht zieht, das einem sämtlichen Spaß an der Unterhaltung raubt. Er ist immer da, überall, obwohl er in seiner eigenen Welt sitzt. Er ist da und gleichzeitig ganz weit weg! Ich kann ihn überhaupt nicht einschätzen. Und manchmal denke ich sogar, daß die Depression eine Möglichkeit für ihn ist, andere Menschen unter Druck zu setzen, sie zu zwingen, sich um ihn zu kümmern. Ich verstehe, daß Depressive Unterstützung und Zuwendung brauchen, aber wie soll ich jemanden gern in den Arm nehmen, der unangenehm riecht und mich leersaugt? Vielleicht ist es das, was Du, Waltraut, als Egoismus bezeichnest. Das würde gut passen, denn mein Vater war vor seiner Depression immer ein Mensch, der für andere da war und sich um sich selbst weniger gekümmert hat. Vielleicht war das zuviel. Lara, es klingt als würdet Ihr Euch innerhalb der Familie viel helfen, mit der Depression Deiner Mutter umzugehen - und es so schaffen, Euch liebevoll um sie zu kümmern. Das find ich ziemlich bewundernswert. Ich würde das auch so gern, aber ich kann nicht mehr so dicht heran, weil ich dann "verschlungen" werde. Das tat gut, einmal alles aufzuschreiben. Ich war wirklich sauer - und gleichzeitig so hilflos. Ich sehe, wie meine Mutter leidet und möchte so gern, daß die beiden einfach zufrieden zusammen leben können, aber das geht wohl nicht mehr! Vielen Dank fürs "Zuhören"! Liebe Grüße, Katrin
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