Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Gretchen
Beiträge: 359
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von Gretchen »

Ich leide nun seit mehreren Jahren mal mehr mal weniger an meinen Depressionen, und bin es wirklich müde gegen sie anzukämpfen. Klar wird es manchmal besser, es gab sogar schon Wochen in denen ich mich völlig gesund fühlte, aber zuverlässig kehren sie immer wieder zu mir zurück und quälen mich. Ich nehme Antidepressiva und bin auch in Therapie, ab Sommer werde ich in eine Klinik gehen. Aber wird mich überhaupt jemals etwas GANZ heilen? Ich meine für den Rest meines Lebens, und nicht für ein paar Wochen und Monate? Es scheint ja besonders hier im Forum Menschen zu geben, die schon seit Jahrzehnten mit den Depressionen leben müssen. Mir ist klar, dass man nicht von heute auf Morghen gesund wird. Aber was ist denn das für eine Zukunftsperspektive, wenn ich mich darauf einstellen muss für die nächsten Jahre, Jahrzehnte oder den Rest meines Lebens ein Depri zu sein? Ist diese sch*** Krankheit eine lebenslange Bestrafung?????? Das kann doch nicht sein! Ratlos und verzweifelt, Gretchen
phoenix
Beiträge: 108
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von phoenix »

Liebes Gretschen, Ich fand zu dieser Thematik eine Seite im Web, welche mich hoffen läßt ... http://www.blarg.net/~charlatn/Depression.html Mehr kann ich Dir im Moment leider nicht geben ... Liebe Grüße Phoenix
Gretchen
Beiträge: 359
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von Gretchen »

Lieber Phoenix! Danke schön, ich werde sie mir ansehen. Hoffen... ja, es wäre gut wenn ich es durch diese Seite auch ein wenig tun könnte... Ganz liebe Grüße an Dich "Märchenvogel" (Dein Name gefällt mir so gut) Gretchen
Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von Emily »

Hallo, Gretchen. Vielleicht kann ich etwas zu deiner Frage sagen, ob man lebenslang unter Depris leiden muss, wenn man sie denn nun einmal hat. Bis vor 8 J. kannte ich keine Depressionen. Man hört immer mal wieder von Leuten, die welche haben, aber wenn es einen nicht betrifft, interessiert es einen auch nicht. Dann habe ich sehr schlimme D. bekommen, in denen es mir so schlecht ging, dass ich felsenfest glaubte, ich könnte aus diesem Zustand niemals wieder hervorkommen. Aber ich bin wieder herausgekommen! Es hat sehr lange gedauert, und es war ein mühsamer Weg, aber jetzt ist es vorbei. Wenn du das Gefühl hast, dass es dir zwischendurch besser und dann wieder schlechter geht, ist es evtl. einfach so, dass du ein schwieriges Problem in Angriff genommen und vielleicht auch gelöst hast. So weit, so gut. Dadurch, dass man in der Therapie an diesen ganzen Dingen aber ständig arbeitet, tun sich nach meiner eigenen Erfahrung auch immer wieder "neue Baustellen" auf, die eigentlich auch schon seit langer Zeit bearbeitet werden müssten, man ist aber nie dazu gekommen. Wenn sich also ein neues oder schon altes, aber verdrängtes, Problem auftut, kann man ohne weiteres wieder tiefer in die Depression rutschen. Jedenfalls habe ich es so erlebt. Mein Fazit daraus wäre folgendes: Wenn es einem gelingt, die grundlegenden Probleme alle der Reihe nach einer zufriedenstellenden Lösung zuzuführen, mit der man dauerhaft auch leben kann, dann müsste sich die Depression auch dauerhaft verabschieden. Natürlich kann es nach dem Ende der D. wieder passieren, dass sich etwas neues Kritisches ergibt. Die Lehre, die ich aus meiner Therapie gezogen habe, ist diese: Im weiteren Lebensverlauf werden ganz sicher immer mal wieder schwierige Themen und Fragen auftreten. Man muss lernen, diese schneller und gezielter zu erkennen, und dann schneller und gezielter das hoffentlich Richtige dagegen zu tun, damit man gar nicht erst wieder in die Depri hineinrutscht. Durch die Therapie lernt man, dass nicht nur alle anderen Menschen um einen herum wichtig sind, sondern auch man selbst. Und man fängt an, das Lebensnotwendige für sich selbst zu tun, und dies als absolut berechtigt einzuschätzen. Insofern möchte ich dir gerne Mut machen. Wenn du jetzt depressiv bist, heißt das noch lange nicht, dass du dies für immer bist. Es heißt vielleicht nur, dass du noch nicht alle Probleme, die dich betreffen, gelöst hast und also noch daran weiterarbeiten musst. Der Gedanke, man käme da nie wieder heraus, gehört bei vielen ganz typisch zu der Depression dazu. Er wird sich aber bei weiterer Arbeit bestimmt als falsch herausstellen und dur wirst wieder zu dir selbst zurückkehren. Ich wünsche dir sehr, dass du das schaffst. Liebe Grüße von Emily.
Gretchen
Beiträge: 359
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von Gretchen »

Liebe Emily! Du scheinst ja ein Frühaufsteher zu sein, so früh am Morgen schon im Web unterwegs...! Ich habe hier im Forum gelesen, dass jemand (ich weis nicht mehr wer) bereits seit 17 Jahren AD's nehmen muss. Das ist einfach eine unglaublich lange Zeit! Ich kenne auch niemanden der wirklich geheilt wurde. Aber es ist ermunternt wenn Du es geschafft hast. Offensichtlich gibt es wirklich einen Weg aus der Depression. Warst Du 8 Jahre lang in Behandlung? Und jetzt wirklich wieder ganz okay???!!!! Ich hoffe es sehr für dich, es wäre ein wahnsinnig große Leistung, auf jeden Fall. Wie hast Du es denn die ganze Zeit geschafft dagegen anzukämpfen, unter Dich von Deinen D. nicht unterkriegen zu lassen? Bei mir ist es einfach so, dass ich langsam überhaupt nicht mehr die Kraft dazu habe. Es ist mir schon fast gleichgültig ob ich wieder gesund werde oder nicht. Ich will mich einfach nur in Luft auflösen. Es scheint, als sei mein ganzes bisheriges Leben eine Baustelle. Ich würde wohl bis an mein Lebensende brauchen bis ich den ganzen Kram aufgearbeitet habe. Ich warte noch immer auf ein Wunder, den Morgen an dem ich aufwache und alles ist plötzlich verschwunden. Alles war nur ein jahrelanger böser Traum. Nur wird mir auch langsam klar, dass es diesen Morgen so nicht geben wird. Ich hoffe es geht Dir weiterhin gut und Du hast einen schönen Samstag, Gretchen
Thomas

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von Thomas »

Hallo Gretchen, deine Frage hat auch mich jahrelang umgetrieben und vielleicht interessiert es dich zu hören, wie sie sich heute, mehr als 8 Jahre nach meiner ersten schweren Krankheitsphase, langsam zu beantworten scheint. Man sagt ja, dass Depr. eine körperlich / seelische Krankheit sei, dass also eine körperliche Komponente das seelische Befinden beeinflusst und umgekehrt auch die seelische Problematik sich körperlich ausdrückt. Was hier Ursache und was Wirkung ist, lässt sich wohl kaum schlüssig beantworten. Ich für meinen Teil glaube zu wissen, dass die Ursache meiner Depr. in der Kindheit liegt, aber auch nur zusammen mit meiner melancholischen Veranlagung zu einer Krankheit wurde. Die melancholische Veranlagung lässt sich ebenso gut als Ursache angeben wie die schwierige Kindheit. Und es mag so sein, dass Veranlagung und Stress in Jahren der Entwicklung zusammen zu einer hirnorganischen Besonderheit geführt haben, die vielleicht nicht mehr so ohne weiteres rückgängig zu machen ist und deshalb über Medikamente ausgeglichen werden muss. Das weiß man einfach nicht genau. Was sich aber, und darauf möchte ich hinaus, sehr wohl beeinflussen lässt, ist die Qualität der Depression. Während frühere Krankheitsphasen mir das Gefühl gaben, ganz und gar an "mir selbst" erkrankt zu sein, also im Innersten krank und wertlos zu sein, erlebe ich heute Krankheitsschübe sehr viel mehr als körperliches Problem. Zwar bin ich auch heute nicht seelisch unbeeindruckt, wie man das ja bei keiner Krankheit ist, aber diese vernichtende Komponente der Depr., die alles sinnlos werden lässt gibt es so nicht mehr. Das ist wahrscheinlich das Ergebnis meiner Therapien und der dadurch entstandenen seelischen Umbauprozesse. Vor allem denke ich, dass das Annehmen der Veranlagung, schwermütig, still, nicht leistungsorientiert zu sein, dafür aber nachdenklich, hinterfragend und offen für alles Menschliche, der entscheidende Schritt war. Ich musste in vielen Dingen umdenken, mein Verhalten überdenken und vor allem meine Beziehung zu mir selbst. Heute habe ich wieder einen festen Kern und lebe gerne. Die Krankheit existiert neben mir und fühlt sich ganz anders an. Ich nehme meine Medis dagegen, von mir aus ein Leben lang. Vielleicht verschwindet sie eines Tages ganz, vielleicht aber auch nicht- ich könnte damit leben. Hast du mal den Film "A beautiful mind" gesehen? Die wahre Geschichte eine genialen Mathematikers, der schizophren wurde und sich sozusagen am eigenen Schopf aus der Krankheit zog, indem er immer wieder seine Realität überprüfte, um herauszufinden, ob das, was er erlebte, real oder wahnhaft war. Menschen, die nicht alterten z.B., erkannte er so als Trugbilder und entzog diesen seine Aufmerksamkeit, bis sie verschwanden. So wurde seine Krankheit zu etwas ganz anderem, etwas, mit dem er umgehen und leben konnte. Fazit: Ob die Depression jemals ganz verschwinden wird, ist unsicher. Aber man kann sehr viel dazu tun, ihre Bedeutung selbst zu bestimmen und man kann ihr die Kontrolle über das eigene Leben entziehen und auf diese Weise verändern, wie sie sich anfühlt. Das kann gelingen und damit gelingt etwas sehr Wesentliches. Ob das immer geht, weiß ich nicht. Es mag sehr körperliche Formen geben, die therapieresistent sind und nur über Medis kontroliert werden können, aber das ist eher selten. Alle Formen, die aus dem sozialen Bereich heraus entstanden sind, sind meiner Meinug nach beeinflussbar- auch nach vielen Jahren noch. Herzlicher Gruß von Thomas
Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von Emily »

Hallo, liebe Gretchen. Du fragst mich, ob ich 8 J. lang in Behandlung war, und ob ich jetzt wirklich wieder okay bin. Ich war natürlich nicht die ganzen 8 Jahre in Behandlung, sondern "nur" insgesamt ca. 3 Jahre davon. Nachdem ich am Anfang meiner Erkrankung 3 sinn- und hirnlose Therapien hinter mich gebracht hatte, die alles noch viel schlimmer machten, als es ohnehin war, dachte ich, ich käme niemals wieder aus diesem Loch heraus. Dann habe ich so vor mich hinvegetiert, immer auf der Suche nach einer neuen, besseren Therapie, jedoch sehr lange erfolglos. Schließlich bin ich durch einen Zufall auf den Therapeuten gestoßen, der mich dann in ca. zweieinhalb Jahren mühsamster Kleinarbeit geheilt hat. Wie ich es geschafft habe, dagegen anzukämpfen? Liebe Gretchen, ich könnte ganze Romane schreiben über mein Dasein in dieser Zeit. Im Nachhinein hört es sich vielleicht so an, als ob das alles doch noch recht einfach gewesen wäre. Aber das war es bei Gott nicht. Ich habe mir meinen Alltag in allerkleinste Schrittchen eingeteilt, z.B. am Morgen, wenn ich aufstand, mich erst einmal nur auf die Herrichtung des Frühstücks konzentriert. Danach musste ich dieses Frühstück mit meiner Familie am Tisch zusammen hinter mich bekommen. Dann habe ich mir z.B. vorgenommen, dass ich die Betten machte, usw. usw. So ging es den ganzen Tag in einem fort, und das jahrelang. Nur aufgrund dieser Einteilung meines Alltags in winzigste Schrittchen habe ich das irgendwie überstanden. Ich musste sämtliche Zukunftspläne etc. aufgeben. Es ging nicht anders! Ich denke heute, wenn ich nicht vor meiner Krankheit ein so positiver, lebensfroher Mensch gewesen wäre, dann hätte ich das niemals geschafft. Was mir manchmal ein wenig Kraft gegeben hat, war die bewusste Erinnerung an die Zeit vor meiner Krankheit, an meine Zufriedenheits- und Glücksgefühle damals. Und diese waren echt gewesen, nicht unecht. Außerdem musste ich irgendwie für meine Kinder dasein. Wenn sie nicht gewesen wären, hätte ich nicht mehr eingesehen, weshalb ich morgens denn überhaupt noch aufstehen sollte. Wie gesagt, ich könnte Bücher füllen mit Geschichten aus dieser Zeit. Ins Bad zu gehen, mich zu duschen und anzuziehen, war eine unvorstellbare Kraftanstrengung! Der Leidensdruck war immens! Dennoch bin ich heute wieder okay. Ich würde es nicht sagen, wenn es nicht so wäre. Mein Leben wird, glaube ich, nie wieder so sein, wie es vor diesem schweren Einschnitt war. Es ist heute ein anderes Leben, das akzeptiere ich. Es ist aber kein schlechteres Leben, sondern ein Leben unter neuen Gesichtspunkten, mit neuen Vorzeichen. Gib die Hoffnung nicht auf! Ich finde, der Dichter des folgenden Spruches hat nicht unrecht: "Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum!" Und wenn es dein Traum ist, wieder gesund zu werden - und davon gehe ich mal aus - dann tue alles für die Realisierung dieses Traums. Liebe Grüße von Emily.
Uta
Beiträge: 396
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von Uta »

Ihr Lieben, ich weiss jetzt,dass es nicht der richtige Weg ist,gegen die Depri zu kämpfen,sondern sich mit ihr in irgendeiner Form zu arrangieren. Schluck...hab`ich das gerade gesagt?? Ja,es war ein super schwerer und ein gaaaanz weiter Weg bis zu dieser Erkenntnis,aber sie tut mir jetzt gut. Die Depri ist ein Teil von mir.Ich muss das akzeptieren... Liebe Grüsse Uta
susan
Beiträge: 2551
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von susan »

Liebe Emily was du schreibst, kommt mir sehr bekannt vor. Den Tag irgendwie rumkriegen, sich kleine Ziele zu stecken, froh zu sein, ein Essen für die Familie gekocht zu haben..... Das fiel mir am Anfang sehr schwer, damit fertig zu werden, denn ich erkannte mich nicht wieder. Wollte immer mehr schaffen, das tun, was auch sonst selbstverständlich war. Doch das ging einfach nicht mehr, da konnte ich mich noch so sehr anstrengen. Zum einem legten mich die AD's ganz schön lahm, und auf der anderen Seite schien mir alles unüberwindlich, auch die kleinsten Tätigkeiten strengten mich an. Kann nun sagen, das das ein ganzes, langes Jahr so war. Ich fing an, das irgendwann zu akzeptieren. Auch meine Familie versuchte dies, verstanden haben sie es jedoch nicht, oder nur in sehr geringem Maße. Das war wieder etwas ,was ich begreifen mußte, das mein Umfeld mich nicht 100%ig verstehen konnte. So sehr ich mich danach sehnte, um so weniger funktionierte es. Nun, da ich versuche, das Verständnis, was sie mir entgegenbringen, als etwas Wertvolles, etwas Besonderes zu sehen, ist es ein schönes Gefühl. Nicht nur die Erwartungen an andere waren zu hoch, auch die, die ich an mich selbst stellte, konnte ich eigentlich gar nicht erreichen. Ich merke immer mehr, wie gut es tut, auch die "kleinen Dinge" zu beachten, sich dran zu erfreuen. Und ich stimme dir zu, wenn du sagst, man ist nicht mehr der/dieselbe. Und ehrlich gesagt, da will ich auch gar nicht mehr hin, ich will versuchen, den Weg zu finden, ein für mich annehmbares Leben zu führen, in dem ich MIT meinen Bedürfnissen einen großen Platz einnehmen. Das heißt nicht, das ich an andere nicht denke, oder nichts für sie tue, im Gegenteil, ich kann nun viel mehr tun, weil ich es will, nicht weil sie es von mir verlangen. Wenn ich bei der Depri von Heilung spreche, dann bedeutet das für mich, in erster Linie mich annehmen lernen, mit allen Schwächen und Stärken, mich nicht für etwas schämen, was zu mir gehört, sondern dazu stehen und stolz zu sein auf das, was ich bin, wie ich bin..... Lieber Gruß an dich Susan


Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von Emily »

Hi, liebe Susan, *freu* danke für deine Mails. Tja, es ist eben so, wenn man lange Zeit sehr gut und "problemlos funktioniert" hat (hört sich an wie ein Auto!), dann meint man, das geht immer und ewig so weiter. Wenn dann auf einmal gar nichts mehr geht, dann kann man es nicht fassen. Und dennoch muss man irgendwie damit klarkommen, ganz egal, wie schwer es ist. Ich denke, dass viele Menschen dazu neigen, die Erwartungen an sich selbst sehr hoch anzusetzen. Wenn man diesen Erwartungen irgendwann nicht mehr gerecht werden kann, ist der 1. Gedanke, den man hat, dass man ein Versager ist. Dass diese Erwartungen vielleicht unrealistisch hoch waren, muss man sich als Erkenntnis erst mühsam erarbeiten. Komisch, kein Mensch erwartet von einem Auto, dass es jeden Tag läuft, jahrelang, jahrzehntelang, komplikationslos, immer in die richtige Richtung, quasi möglichst auch noch ohne aufzutanken! Von uns selbst erwarten wir das ganz selbstverständlich! Kleinere Reparaturen gestehen wir uns ja noch zu, aber wehe, wenn es nach "Totalschaden" aussieht! Nicht wahr, du empfindest es auch so, dass die Depris einen sehr verändern? Das entnehme ich dem Schluss deines Mails. Seltsam, dass man erst so einen weiten, steinigen und dornigen Weg gehen muss, bis man wirklich weiß und akzeptiert, dass man für sich selbst mindestens genauso gut sorgen muss wie für alle anderen! Ich hoffe, dass ich dies wenigstens meinen Kindern mit auf den Weg geben kann ..... Ich wünsche dir einen schönen Abend. Liebe Grüße von Emily.
Sarah
Beiträge: 496
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

" ***** "

Beitrag von Sarah »

susan
Beiträge: 2551
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von susan »

Liebe Emily ich finde schon, das die Depression mit Veränderung zusammenhängt. Wir verändern uns, das heißt für mich nicht, das ich jetzt völlig anders bin. Es bedeutet eher, das ich "verschüttete" Seiten von mir entdecke, die für mich neu sind, weil ich sie bisher nicht wahrgenommen haben, bezw. nicht wahrnehmen durfte. Sie gehören zu mir, aber sie müssen nicht unbedingt "gut" sein. Ich habe viele Seiten, gute und weniger gute, und es ist nicht mehr mein Ziel - war es jahrelang - mein Umfeld " zufriedenzustellen". Meine Bedürfnisse erkennen und sie leben dürfen, das ist neu für mich - aber auch für die anderen. Natürlich wäre es für alle um mich herum leichter, wenn ich wieder die "Alte" bin, die sich nach ihren Bedürfnissen und Wünschen gerichtet hat. Doch das hat mich viel zu viel Kraft gekostet, es jedem Recht machen zu wollen. Ein Arzt hat mal zu mir gesagt, das die Depression mit Entscheidung zu tun hat. So empfinde ich das auch. Ich habe in vielen Bereichen Entscheidungen treffen müssen, habe Abschied genommen und bin dabei, Wege zu finden, damit es mir besser geht. Das "alte-vertraute" war nicht unbedingt auch das mir "gut-tuende". Und so ein Abschied tut immer weh, weil es nicht nur diese schlechte Seite gab. Wenn mir eine Beziehung, egal ob auf privater oder beruflicher Ebene, mehr schadet als sie mir gut tut, mich sogar krank macht, so wird es notwendig, das ich darüber nachdenke, ob es da nicht eine für mich bessere Lösung gibt. Entscheidungen brauchen Zeit, sie müssen auch stimmig sein, mit meinen Gefühlen und meine Kraft muss ausreichen, um auch den Schmerz, den diese Entscheidung oft mit sich bringt, auszuhalten. Lieber Gruß an dich Susan


caroline

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von caroline »

Liebe Susan, und alle andern Entscheidungen treffen, ja das ist so mit das schwierigste, was ein Depressiver bewältigen muß. Und auch ganz allgemein tun sehr viel menschen sich damit schwer. Aber von dem Moment an, wo man das schafft, geht man weiter auf seinem Lebensweg. Man entwickelt sich, und das ist für mich eigentlich ein Zauberwort in diesem Zusammenhang, ob ich nun anders, neu oder alt bin, wie auch immer, es ist in meinen Augen für mich wesentlich, dass ich mich weiter entwickle. Euch einen schönen Sonntag und liebe Grüße von Caroline
susan
Beiträge: 2551
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von susan »

Liebe Caro schön, von dir zu "lesen" :-)))) Ich denke nicht, das es nur Depressive sind, die sich schwer damit tun, Entscheidungen zu treffen ;-) aber......ich sehe das inzwischen auch positiv - war nicht immer so! - das ich an den Punkt gekommen bin, mein Leben zu "überdenken", abzuwägen, was ich beibehalten möchte und sein-lassen, was mir schadet. Wieviele Menschen gibt es, die sich nicht "wohlfühlen" in IHRER Haut, die aber an den Punkt nie kommen.... Lieber wäre es mir gewesen und sicher bin ich damit nicht alleine, diese Entscheidungen auch treffen zu können, ohne depressiv zu werden, aber wem erzähle ich das .... Dir einen lieben Gruß Susan


susan
Beiträge: 2551
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von susan »

Liebe Sarah ich kann mir gut vorstellen, das du ungeduldig bist, wenn es schon seit 7 Jahren SO geht. Sich immer wieder sagen, das es irgendwann besser wird, immer wieder Hoffnung haben, das die Krankheit "weg" ist und Kraft haben für das was kommt....nicht einfach, aber du kannst es schaffen, wenn du es "lässt". Du MUSST das hier nicht alles lesen, es geht halt nicht immer. Dann nimm das, was du schaffst und mehr geht im Moment nicht. Sicherlich hast du Recht, das die Weihnachtszeit eine sehr schwere Zeit ist, um das zu realisieren. Lass dir Zeit, wenn du hier nur lesen kannst, ist das auch okay. Ich bin mir inzwischen sicher, das es hier weitaus mehr Menschen gibt, die "nur" mitlesen als solche, die hier schreiben. Es ist wichtig ,das es dir gut tut und das du dich nicht unter Druck setzt, etwas tun zu müssen. Dir ganz liebe Grüße Susan


Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von Emily »

Liebe Susan, der Arzt, der dir gesagt hat, dass Depris etwas mit Entscheidungen zu tun haben, hat wohl sehr recht gehabt. In der Depression steht man manchmal vor Entscheidungen, die eine so große Tragweite haben, dass man es gar nicht fassen kann. Und dann fühlt man sich nur noch wie ein Häufchen Elend, weil man absolut nicht die geringste Ahnung hat, was man denn nun eigentlich tun soll. Man möchte dann so gerne eine Art Absicherung haben, irgendein Sicherungsseil, an das man sich halten kann, und das einen doch sicher über den Abgrund bringt. Und dieses Seil gibt es leider in solchen Situationen nicht. Man muss etwas tun, oder man geht sowieso unter. Also tut man es irgendwann. Im Nachhinein erkennt man, dass diese Entscheidung eine große Bedeutung hatte, und dass es über kurz oder lang im alten Stil sowieso nicht mehr weitergegangen wäre. Tja, wie sagte mal ein anderer Schlauer: Lebenskunst ist auch die Kunst des Loslassen-Könnens. Man will oft an dem Althergebrachten festhalten, weil es schon immer so war, und das gibt einem Gefühl des Vertrautseins. Aber man muss sich weiterentwickeln. Und dann beginnt ein neuer Drahtseilakt, aber wenn es hinterher besser ist als vorher, dann hat der ganze, umständliche, schwierige Kampf vielleicht doch einen Sinn gehabt. Liebe Grüße von Emily.
Tiglia
Beiträge: 182
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von Tiglia »

Liebe Susan, was ich hier lese über das Entscheidungen treffen - das trifft mich gerade mitten ins Herz. Ich weiß ganz genau, ich müsste einige sehr schmerzhafte Entscheidungen treffen, vielleicht auch anderen wehtun damit? Und mir schnürts alles ab vor Angst. Ich weiß ja nicht, wie es danach weitergehen wird. hast Du es denn irgendwann geschafft, wichtige entscheidungen zu treffen? Was hat dir geholfen dabei? viele Grüße - auch Dir, Emily, ich fühl mich gerade als wär ich kurz vorm Springen, und ich weiß, es wird kein Seil da sein um mich zu halten. Aber vielleicht werde ich dafür irgendwann mal landen wer weiß?? Ich werde springen das weiß ich nur im Moment hab ich noch so Angst davor. liebe Grüße Silke
susan
Beiträge: 2551
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von susan »

Liebe Emily, liebe Silke Es ist ein ungeheuer schwerer Schritt, das "alte" loszulassen und den Schmerz nimmt einem niemand ab. Das hinterläßt auch Wunden und die brauchen Zeit, um zu verheilen. Das Neue, auf das wir uns einlassen, von dem wir noch nicht einmal wissen, ob es gut oder schlecht für uns ist, macht uns unsicher. Ich habe Abschied genommen von Gewohntem, habe mich distanziert von Freunden, die keine waren. Ich war auf einmal sehr einsam und ich konnte mir gar nicht vorstellen, das es ein "Morgen" gibt. Und ich fange nun ganz langsam an, wieder Leben zu spüren, wieder Menschen wahrzunehmen, mich ihnen zu nähern. Ich hätte diese Entscheidungen nicht getroffen, wenn die Depression mir nicht ganz deutlich gezeigt hätte, das es nicht mehr so weiter geht, auch mein Körper wollte nicht mehr. Und ich bin am Anfang gar nicht darauf gekommen, das ich etwas ändern müßte. Habe Tabletten eingenommen, mich Untersuchungen unterzogen, bin von Arzt zu Arzt gerannt, um herauszufinden, was mit mir nicht stimmt. Doch der Weg führte nur "über" meinen Körper. Diese Signale habe ich nur nicht verstanden. Was hat mir geholfen? Meine Familie, das Forum, Menschen, die mich verstehen, meine Therapie, die AD's...alles war mir eine große "Stütze", ohne die ich noch nicht so weit wäre. Die Therapie hat mich oft an den Rand der Entscheidung geführt - springen mußte ich jedoch alleine und den Halt, den ich nach dem Loslassen brauchte, fand ich bei den wenigen Menschen, die mich wirklich verstehen, die mich so akzeptieren, wie ich bin. Es ist nicht einfach, zu jemand zu sagen "so, spring jetzt...und entscheide dich!" Wann es so weit ist, fühlst du am besten. Wenn das, was dir nicht gut tut, dich so sehr ausfüllt, das du daran kaputt gehst, wenn der Punkt gekommen ist, an dem du merkst, das du nur gibst, dich total verausgabst, ohne etwas zu bekommen...das könnte der richtige Moment sein... Lieber Gruß euch Beiden Susan


Sarah
Beiträge: 496
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

" ***** "

Beitrag von Sarah »

Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von Emily »

Liebe Sarah, ich freue mich für dich, dass du dein momentanes Leben so siehst. Es muss sehr schwer gewesen sein, eine solche Entscheidung hinsichtlich deines Berufes zu fällen. Aber manchmal muss man in der Depri solche weitreichenden Entscheidungen einfach treffen, oder man geht kaputt. Wenn du deinen Beruf aufgegeben hast, ohne in Rente zu gehen, dann steht einem späteren Wiedereinstieg im Prinzip nichts entgegen, sofern du dich wieder dementsprechend gesund fühlst. Als mich die Krankheit voll im Griff hatte, habe ich mich beurlauben lassen, auch alles ohne Krankschreibung etc. In Rente gehen wollte ich auch nicht! Mir war jedoch klar, dass meine Krankheit für lange Zeit anhalten würde. Dem war auch so, aber alles im Leben hat einmal ein Ende, auch eine sehr schlechte Phase. Es geht mir heute wieder gut, und ich gehe wieder arbeiten, und die Arbeit macht mir wirklich viel Spaß. Jeder Mensch hat in seinem Leben irgendwann irgendeine schwere Krise. Ich glaube heute nicht mehr - so wie ich das lange Zeit geglaubt habe - dass man an allen Fallstricken etc. im Leben vorbeikommen kann, sofern man nur gut genug aufpasst. Es gibt Situationen, die überrollen einen dermaßen, da nutzt einem auch die beste Aufpasserei einfach nichts mehr. Für mich stellt sich heute nicht mehr so sehr die Frage, wie hätte ich diese schlimme Situation in meinem Leben vermeiden können, sondern die Frage lautet heute eher: Wozu war das gut, was lerne ich daraus, was muss ich zukünftig anders machen? Du musst keine Angst haben, dass du nicht später doch wieder in das Berufsleben zurückkehren könntest. Wenn man wieder stabil ist, kann man auch wieder arbeiten. Sehr wichtig finde ich, dass einem diese Arbeit Freude macht. Das baut ja auch auf, motiviert, bringt einen wieder weiter. Außerdem habe ich es so erlebt, dass man vor dem Wiedereinstieg zwar logischerweise viel Angst hat, dass sich aber diese Angst eigentlich als unbegründet herausstellt. Vieles läuft um einiges besser, als man vorher gemeint hat. Fehler macht man, klar, aber die anderen sind ja auch nicht fehlerfrei. Im Moment brauchst du ein anderes Leben, und dieses hat seine absolute Berechtigung. Nimm dir diese Zeit, alle anderen Optionen kannst du dir einfach offenhalten. Liebe Grüße, auch an Susan und Silke, von Emily.
Sarah
Beiträge: 496
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

" ***** "

Beitrag von Sarah »

sybille
Beiträge: 11
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von sybille »

Hallo, liebes Gretchen, ich bin die mit den 17 Jahren Antidepressiva. Ich wünsche Dir, daß Du Dich nicht so viele Jahre mit Depressionen quälen mußt! Endlich mal jemand, der auch aus Berlin ist ... Könntest Du mir mal Namen und Adresse Deiner Psychiaterin per e-Mail senden? Meine Ärztin schließt demnächst aus Altersgründen ihre Praxis und ich brauche dringend jemanden vom Fach, der sich gut mit Antidepressiva auskennt. In welche Klinik solltest Du im Sommer? Meine Erfahrungen mit der stationären Psychiatrie sind nicht gerade überwältigend (Moabit). Welches Medikament nimmst Du, und wie kommst Du damit zurecht? Bei mir ist die Depression eine Familienkrankheit, Mutter und beide Schwestern. Aber ich werde weiterkämpfen, genau wie Du und alle anderen im Forum. Liebe Grüße Sybille
Gretchen
Beiträge: 359
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von Gretchen »

Liebe Sybille! Gerade heute ist einer dieser Tage an denen ich überhaupt nicht kämpfen kann, ich bin noch nicht einmal fähig Dir etwas vernünftiges aufzuschreiben... Ich werd mich gegen Abend oder morgen noch mal melden... gerade geht alles rund in meinem Kopf, völliges Chaos. Kennst Du ja bestimmt. Aber danke für Dein liebes Posting, Sybille, soetwas gibt Kraft... also, ich meld mich! Alles Liebe das erschöpfte Gretchen
Kathrin
Beiträge: 23
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von Kathrin »

HALLO HERR NIEDERMEIER; und alle anderen ... Ich brauche Rat: ... mein Freund ist manisch-depressiver Alkoholiker mit mehreren Suizidversuchen (nach dem letzten wurde er mit dem Notfall-Hubschrauber in die Berliner Charitee gebracht, Winter 2001). Er hat viele Therapien (auch schon in der DDR) und Entzug (u.a. Oberbergklinik) hinter sich gebracht - alles ohne Erfolg. Es hat ihn zur Einsicht gebracht, dass doch alles nichts hilft und er traut keinem Arzt oder Therapeuten mehr eine Hilfe zu. Nachdem nun ber die Feiertage das Ganze wieder kollabiert ist, mu§te ich den Psychosozialen Krisendienst (Prenzlauer Berg, Dr. Nolte) und die Polizei zu Hilfe holen. Doch er mochte nicht mitgehen, weil er panische Angst vor diesem Eingesperrtsein hat (er sa§ wegen R-Flucht im Stasie-Knast). Nach langem Reden hat er sich vorgenommen, zu den anonymen Alkoholikern zu gehen. Hat hier jemand Erfahrung mit diesen und mit Erfolgen? Ich habe Angst, da§ er wieder anfngt zu trinken, wenn er in die nchste depressive Phase kommt. Wie kann ich ihn untersttzen durchzuhalten und welche Art des Vorgehens (Reihenfolge ua.) sind sinnvoll? Vielen Dank fr eure Hilfe! Es ist sehr akut ... Kathrin
Muriel
Beiträge: 421
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Gibt es berhaupt Heilungschancen?!

Beitrag von Muriel »

Liebe Sybille, ich las gerade, dass du auch aus Berlin bist und einen guten Psychiater suchst. Ich habe seit über einem Jahr einen empfehlenswerten männlichen Psychiater, der fachlich sehr kompetent ist. Wenn du magst, gebe ich dir gerne seine Adresse. Melde dich doch einfach nochmal kurz hier. Einen lieben Gruss Muriel
Wer zugleich seinen Schatten und sein Licht wahrnimmt,

sieht sich von zwei Seiten,

und steht somit in der Mitte.
Antworten