Forum - Positver/negativer Aspekt für mich

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emriye
Beiträge: 631
Registriert: 15. Okt 2003, 15:00

Forum - Positver/negativer Aspekt für mich

Beitrag von emriye »

Hallo zusammen,

ich denke grad darüber nach, was tut mir an diesem Forum gut und was schadet mir eher. Der Austausch hier ist mir ja schon sehr wichtig. Ich kann mich mit Leuten unterhalten, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und es verstehen, was es heißt an einer Depression zu leiden oder gelitten haben.

Man setzt sich mit vielen Themen auseinander und auch durch das Lesen bekommt man neue hilfreiche Erkenntnisse. Zum anderen sind es auch viele Menschen, die ein Gesicht bekommen haben, die man kennengelernt hat und einem wichtig sind.

Nun ja, aber ein Forum hat auch seine negativen Seiten. Man kann mit Dingen konfrontiert werden, in einer Häufigkeit, die ich in meinem realen Leben hier draußen nicht hätte. Die mir aber in meinem Leben im Alltag zusetzen.

Eigentlich hat man ja genug an der Backe um alles geregelt zu bekommen, dann schlägt man sich noch mit Idioten rum, die meinen ihre pathologischen Gedanken hier rein setzen zu müssen.

Und das ist die Gefahr für mich an einem Forum. Mir wäre es echt peinlich, wenn mich eine Freundin fragen würde, wie es mir geht und ich dann sagen müsste...mir geht durch Dinge die ich im Forum gelesen habe schlecht!!!

So was blödes!!! Ich komme mir da echt ein bißchen beknackt vor, dass mich das so beeinflussen kann.
liebe Grüße
emriye
Martina71
Beiträge: 315
Registriert: 27. Jun 2003, 01:35
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Re: Forum - Positver/negativer Aspekt für mich

Beitrag von Martina71 »

Hi Emryie,

also du musst dir da echt nicht "beknackt" vorkommen, ich glaub es geht noch mehr Leuten so.
Mich hat das Forum auch schon "runtergezogen" und ich denk das ist in unserer psychischen Situation relativ normal, das wir darauf sensibel reagieren.

Sicherlich ist es auch schwierig, einen Mittelweg zu finden für die Häufigkeit der Anwesenheit. Ich kenn das von mir, es gibt Tage, da könnt ich den ganzen Tag hier lesen und schreiben und chatten und dann wieder will ich gar nichts davon wissen. Wobei ich die letzten Wochen (in denen ich nicht hier war) oft daran gedacht habe, was wird jetzt wohl im Forum los sein. Aber ich wollt nicht rein, weils mir eben nicht gut ging. Die Angst davor, noch weiter runtergezogen zu werden, war bei mir da. So wie du es beschreibst, das man mit Dingen konfrontiert wird, die man im realen Leben nicht hätte.

Zum Thema beeinflussen kann ich dir noch ne Episode aus meinem früheren Arbeitsleben geben, ich hab in ner Apotheke gearbeitet und da hat man ja überwiegend mit kranken Menschen zu tun. Es waren auch viele schwerkranke bzw todkranke dabei, und sowas ging mir immer total nach. Wenn ich gesehen habe, wie es mit den Leuten "bergab" ging und es klar war, das sie keine Chance hatten, das hat mir immer zugesetzt. Irgendwann kam dann die Nachricht vom Tod, da gings mir dann total mies. Meine Kollegen haben das locker weggesteckt, ich konnt das nicht. Sowas ging mir tagelang nach- und da kam ich mir auch immer doof vor.
Deshalb kann ich das gut nachvollziehen wie es dir geht.

Ich denke einfach, man muss für sich den richtigen "Forumskonsum" finden, ist sicher nicht ganz einfach, weils schon was ist, woran man sich zum Teil auch klammert, aber irgendwie ist es ja auch hilfreich hier, weil die meisten einen verstehen und ernst nehmen, was im persönlichen Umfeld ja nicht oft der Fall ist... leider!

Wenn ich beim lesen im Forum bin und merke, das mir ein Beitrag in irgendeiner Weise zusetzt, dann hör ich auf zu lesen.
Wie geht es dir bei sowas? Liest du dann weiter?

Ob ich dir jetzt irgedwie damit weiterhelfen konnt, weiss ich nicht.
Hoffe für dich, das du deinen Mittelweg findest und das Forum für dich letztendlich mehr Hilfe als Schaden bringt!

Wir sehen uns (bzw lesen uns) hier oder im Chat.

bis dahin machs gut und liebe Grüße
Martina
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Das menschliche Dasein ist zu beschwerlich, darum will man es wenigstens in der Phantasie abschütteln!



(Franz Kafka)
emriye
Beiträge: 631
Registriert: 15. Okt 2003, 15:00

Re: Forum - Positver/negativer Aspekt für mich

Beitrag von emriye »

Liebe Martina,

klar hast du mir helfen können, danke für deine Gedanken und Erfahrungen.

Ich denke mal, das Positive überwiegt bei mir ganz klar. Abr es gibt einfach auch Gefahren in einem Forum und ich wunderte mich schon oft, wenn Leute hier schreiben und dachten, gerade hier sowas wie eine heile Welt zu finden.

Denn die findet man in einem öffentlichen Forum bestimmt nicht und deshalb trifft man hier halt auch öfters auf Themen, mit denen man sich in seinem privaten Alltag nicht rumschlagen müßte.

Und da sehe ich die Gefahr(halt eben für mich), denn ich konnte bei diesem letzten Thread, der mich so runtergezogen hat - keinen Abstand mehr nehmen.

Und ich habe mir vorgenommen nur noch die Beiträge zu lesen, die mich ansprechen oder die Beiträge von Usern die mir gut tun.

Mich würde es ja noch interessieren, wie es anderen damit geht??

Liebe Grüße
emriye
doubty
Beiträge: 77
Registriert: 25. Mai 2004, 20:02

Re: Forum - Positver/negativer Aspekt für mich

Beitrag von doubty »

Liebe Emriye!

Bevor ich Deine Artikel las, habe ich einen im Forum gelesen, der mich total runtergezogen hat.
Warum ich weitergelesen habe, weiß ich selber nicht.
Manchmal hat man eine Seite so schnell überflogen.

Ich versuche bei so etwas, sofort mit Lesen aufzuhören.

Das Postive am Forum ist, dass man sich mit seiner Krankheit weniger wie ein Außerirdischer vorkommt, für mich ist das ganz wichtig.

Wie andere ihr Leben gestalten, ist für mich auch ziemlich interessant.
was halt geht und wo die Grenzen sind.

So, das war´s an Gedanken, dazu...

Einen schönen Schneetag
wünscht
Anna
feuerfisch
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Registriert: 15. Jan 2005, 01:45
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Re: Forum - Positver/negativer Aspekt für mich

Beitrag von feuerfisch »

Hai Emriye

Tja, weisst du, kalt lässt mich das auch nicht was ich hier lese. Aber ich hab´nen anderen Weg dafür gefunden. Wenn ich merke das mich das, was ich hier oder anderswo lese/höre,runterzieht so zieh´ ich eine Art Bremse. Meist sind es Themen die mich berühren weil ich ähnliches erlebt habe, aber ich versuche dann mich daran zu erinnern wie ich damals damit fertig geworden bin. ODER - und darin liegt für mich auch ein Nutzen dieses Forums - ich bekomme dadurch erst Erinnerungen zurück von denen ich gar nichts mehr gewußt habe und so kann ich mich dann mit den damaligen Geschehnissen auseinander setzen und versuchen zu verarbeiten.
Allerdings musste ich heute auch feststellen das das so nicht immer funktioniert. Eine Frau erzählte von ihrer Kindheit (im RL übrigens) und ihre Geschichte war meiner so verflixt ähnlich das es einfach zu viel auf einmal für mich war. Das hat mich zwar runter gezogen und beschäftigt mich auch jetzt noch, doch konnte ich auch im Dialog mit ihr das Gute darin sehen - ich fand einen Austausch mit ihr über Dinge bei denen ich nur immer meinte das nur ich falsch reagiere. Ihr erging es ähnlich, und so haben wir beide erfahren dürfen das das wohl in unserer Erziehung begründet ist und nicht eine dumme Eigenschaft von uns ist.
Und klar, auf diese Art findet der Gedankenaustausch ja auch hier statt...auch ein Vorteil eines Forums - zu sehen man ist nicht alleine.

In diesem Sinne liebe Grüße

feuerfisch
Es gibt 1000 Gründe alles beim Alten zu lassen und nur einen einzigen etwas zu ändern - DU HÄLTST ES EINFACH NICHT MEHR AUS!
emriye
Beiträge: 631
Registriert: 15. Okt 2003, 15:00

Re: Forum - Positver/negativer Aspekt für mich

Beitrag von emriye »

Hi Feuerfisch,

so sehe ich es eigentlich auch, mich haben hier schon sehr viele Dinge weitergebracht und mir geholfen über mich nachzudenken.

Meine Gefahr besteht eher darin, dass ich, jetzt schon das 2. Mal einen Thread weiter verfolgte, obwohl er mir überhaupt nicht gut tat und die Ansichten des Schreibers mir eigentlich nur zuwider und ekelerregend waren.

Das zog mich runter und ich fragte mich, warum tu ich mir das an??? Warum hab ich nicht gleich ein Stop für mich gezogen??!! Und das ist die Seite des Forums, die mir halt nicht gut tut. Dass ich mich dann mit Dingen beschäftige, die mir im realen Alltag nicht so schnell begegnen würden(z.b die Auseinandersetzung mit einem Pädo).

Aber die Verantwortung liegt nicht beim Forum, sondern bei mir und deshalb will ich in Zunkunft mich gleich aus Threads raushalten, die mir nicht gut tun und mir sowieso nichts bringen.

Das habe ich dabei gelernt und so hat es auch was positives, die Erkenntnis, dass ich mich in gewissen Bereichen noch mehr schützen muß...

liebe Grüße
emriye

P.S schön, dass du im Austausch mit deiner Freundin eine Erkenntis gewinnen konntest. Denn viele Reaktionen sind wirklich Dinge die den Menschen geprägt haben und nicht nur eine blöde Marotte. Klar macht einen das nachdenklich und traurig, aber es tut sehr gut zu wissen nicht alleine zu sein. Das sind alles Dinge die ich damit garnicht meinte...
Lee
Beiträge: 1074
Registriert: 5. Jul 2004, 16:42

Re: Forum - Positver/negativer Aspekt für mich

Beitrag von Lee »

Hi Emriye!

Ich habe festgestellt, dass ich mich auch regelrecht in die Depression hineinschreiben oder -hören kann. D.h., je mehr ich mich mit ihr beschäftige, desto größer wird ihr Sog. Manchmal denke ich sogar, es ist eine Sucht: Fange ich an, davon zu trinken, kann ich nur sehr schlecht wieder aufhören.

Ich habe mir daher angewöhnt, nur noch eine begrenzte Zeit in Selbsthilfeforen mitzuarbeiten - und mir manche Dinge in Kino oder Fernsehen einfach nicht mehr anzuschauen, weil ich weiß, dass ich davon Albträume kriege. Wenn man sensibel ist, kann man dazu stehen, finde ich. Warum sollte es dir peinlich sein, deiner Freundin zu erzählen, dass dich Sachen aus dem Forum bedrücken? Du bist ein Mensch?

Vorteile des Forums sind für mich, dass man sieht, anderen geht es genauso, man ist nicht "verrückt" und dass man, je nach Erkenntnisstand dazulernen oder seine Erfahrungen wiederholend festigen kann.

Außerdem kann man lernen, sich abzugrenzen und zu üben, seine Gefühle zu identifizieren und auszudrücken. Dieses "Runterziehen" wird nicht von anderen, sondern von uns selber verursacht... Gefühle haben immer was mit Bedürfniserfüllung zu tun. Und andere sind nicht auf der Welt, um unsere Bedürfnisse zu erfüllen. Wenn sie's tun, toll, wenn nicht, ist der Ball wieder bei uns: Eigenverantwortung und Achtsamkeit können wir hier lernen. Bitte, versteh mich jetzt nicht falsch, ich bin kein Deut "besser" in dieser Beziehung. Mein Beitrag gehört wohl in die Kategorie: wiederholen, was ich dazulernen möchte...

Und dann fand ich es klasse, was Emily in einem anderen Thread zum Thema "Retraumatisierung durch das Forum" geschrieben hat: Man kann sich in kleinen Dosen immer wieder alten Traumata annähern und es so bewältigen. Wenn man möchte.

Viele Grüße
Lee
Bellasus
Beiträge: 1628
Registriert: 10. Jun 2004, 21:41

Re: Forum - Positver/negativer Aspekt für mich

Beitrag von Bellasus »

Lee
alle,

ich kann mich einigem hier geschriebenen nur anschließen und habe inzwischen meinen Weg gefunden, damit mir das Forum guttut, insbesondere indem ich

- nicht mehr lese, was mir nicht gut tut. Das sind z.B. manche Threads mit Endlos-Privat-Auseinandersetzungen, aber auch solche, die meine wichtigsten Themen beinhalten, bei deren Lesen ich aber zu schnell wieder abrutsche (momentan alles, was mit innerem Kind zu tun hat).
- mich nur äußere, wenn mir wirklich danach ist, und versuche, kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich jemandem, dem es schlecht geht, nicht antworte. Dies fällt mir am allerschwersten, nachdem mir hier schon so viel geholfen wurde.
- das Forum auch als Übungsfeld sehe, wo ich Eigenverantwortung lernen kann, genau wie Lee schreibt
- mir erlaube, wenn ich im Katzenjammer stecke, einfach nur zu lesen, um zu spüren, dass ich nicht alleine bin.

Das Forum ist ein geniales Angebot, das jeder auf seine ganz individuelle Weise nutzen kann. Für mich betrachte ich es als Zeichen der Besserung, das ich es jetzt weniger benötige als letztes Jahr. Und noch besser geht es mir, wenn ich mich irgendwann an Diskussionen beteiligen kann, die mich sehr ansprechen, mich aber z.Zt. überfordern.

viele Grüße
Annette




www.depressionsliga.de

- Betroffene für Betroffene -
Lee
Beiträge: 1074
Registriert: 5. Jul 2004, 16:42

Re: Forum - Positver/negativer Aspekt für mich

Beitrag von Lee »

tm
Beiträge: 166
Registriert: 5. Jun 2006, 03:28

Re: Forum - Positver/negativer Aspekt für mich

Beitrag von tm »



...im Großen und Ganzen kann ich mich dem bereits Gesagten anschließen.

Eindeutig positiv bewerte ich mein inneres Vorankommen in Bezug auf die Auseinandersetzung mit meiner Angst und meiner Depression. Auch zu lesen, dass bestimmte Gedanken, die einen verwirren auch andere verwirren, bestätigt, entschärft, entwirrt sozusagen..
In Kontrast zu dem, was Lee sagte, geht es mir besser, wenn ich mich auf analytischer Ebene mit Angst & Depression auseinandersetze, als wenn ich sie körperlich erfahren muss - kein Gedanke an das Reinsteigern oder gar Heraufbeschwören der negativen Gefühle. Das ständige Rekursiv der Reflektion eigener Gedanken und Handlungen hilft mir zu verstehen, wie Dinge funktionieren, die mir das Leben schwer machen - und halt schon schwerer machten, als es im moment der Fall ist. Ich denke ich habe schon etwas gelernt
Weiterhin äußerst positiv, sind die vielen überwiegend netten Menschen, die man hier antrifft. Worte sind Balsam auf der Seele, wenn sie einer gewissen Sensibilität entspringen, die eine hervorragende Qualität sozialer Interaktion ist.

Negativ...mh..ich bin Negativ - zumindest kann ich es sein. Triggereien, Streitereien, Dissereien, Überheblichkeiten, ungeklärte Unstimmigkeiten und banale Unzulänglichkeiten...Wenn mich etwas nervt, dann wird das auch zugleich immer ein Spießrutenlauf zwischen Verhältnismäßigkeit und Etiquette.

herzliche Grüße,
Thomas.
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