Depression und Aggression

tm
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Depression und Aggression

Beitrag von tm »

Hallo Zusammen.

Ich fühlte mich durch den Post eines anderen Users dazu animiert, diesen Thread zu starten, um ein Verhältnis zwischen Depression und Aggression zu erörtern.

Aggression muss sich nichtmal in Taten ausdrücken - ich kann mir auch aggressive Gedanken machen, z.B. jemandem Gewalt anzutun oder alles in Frage zu stellen indem ich die ganze Welt polemisiere, um damit vielleicht auch mir selbst gegenüber ein Ballanceakt auf dem Seidenfaden über dem Grand Canyon zu rechtfertigen. (schöner Vergleich aus einem anderen Thread) So nach dem Motto: Die Welt is schaisse - was soll ich dann noch hier? Oder: Die werden schon sehen, was sie davon haben, dann klink ich mich eben einfach aus, so!

An depressiven Tagen oder an Tagen davor, kann ich manchmal perfekt zynisch sein - ich könnte dann Bücher über die bitterböse Sicht der Dinge schreiben, an keinem und an nichts ein gutes Haar lassen..

Aggression schwingt mit in der Depression, da der Suizid bzw. dessen Absicht einen Kulminationspunkt des unerträglichen Schwermuts mit einem letalen Kontigent an Aggression markiert.

Ich selbst hatte schon oft aggressive Gedanken oder habe auch tätliche Gewalt an Objekten geübt. Nein, kein Vandalismus - es waren eigene Dinge, die ich in blinder Wut zerstörte. Hinterher tut es einem Leid - als hätte man eine Person geschlagen und eingesehen, dass es ein Fehler war. Ja und letztendlich die Tätlichkeit gegenüber sich selbst, die ja eigentlich auch nur eine Steigerungsform des sich-selbst-schlechtmachens ist. Ich bin nichts wert, ich kann nichts, ich bin ein schlechter Mensch etc....Man muss nicht zur Klinge greifen, um autoaggressiv zu sein - der Psychoterror, den man sich selbst macht, ist ebenso aggressiv-zerstörerisch, wie das probierende 'Anritzen'.

Wie sind Eure Erfahrungen zu diesem Thema - oder wie denkt Ihr über ein Verhältnis zwischen Depression und Aggression?

In Hoffnung auf einen informativen Diskurs, grüßend,
Thomas.
Leberwurst
Beiträge: 8
Registriert: 19. Jan 2005, 14:59

Re: Depression und Aggression

Beitrag von Leberwurst »

Hallo Thomas,

Dein Beitrag ist interessant, denn ähnliche Gedanken habe ich mir auch schon gemacht.
Ich habe zuletzt als Kind körperliche Aggression gegen mich selbst ausgeübt. (Mich gefesselt, gehauen, gebrannt usw.)
Seit die Kindertage vorbei sind, habe ich an schlechten Tagen "nur noch" die autoaggressiven Gedanken, die Du geschildert hast. "Ich tauge zu gar nichts", "ich mache sowieso immer alles falsch", "ich tue Anderen durch meine Existenz nur weh", "ich sollte am besten gar nicht auf der Welt sein". Kennen wohl fast Alle, die sich hier so tummeln.
Eine weitere Form der Autoaggression ist, denke ich, der während der schlechten Tage verstärkte Konsum von Drogen, bei mir beispielsweise Alkohol. Hat leider bisher meistens auch wirklich geholfen, das ist ja das Dumme an dem Zeug...
Geht es einem von Euch auch so? Dann sollten wir aufpassen, nicht auch noch zu allem Überfluss in den Alkoholismus abzudriften!
Thomas macht Sachen kaputt, ich bin unausstehlich fies, mache mich in Gedanken unerträglich schlecht und fange an zu saufen.
Welche schlechten Beispiele gibt es noch, mit Krisen umzugehen?
Meine Meinung ist: Der Hang zur Selbstzerstörung ist wohl im Menschen verankert, beim einen mehr, beim anderen weniger. Der Eine tut es abstrakt (politisches oder kriegerisches "Amokverhalten"), der andere ganz persönlich.
Depression könnte eine von vielen Ausdrucksformen davon sein.


Gruß
Eva
Tinalesekatze
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Re: Depression und Aggression

Beitrag von Tinalesekatze »

Hallo Thomas,
wirklich aggressiv werde ich zum Glück nicht, wenn ich eine depressive Phase habe. Wenn dann äußert sich die Aggression höchstens in Form von Nörglerei. Alles und jeder stört mich dann und letztendlich bekomme ich dann meistens Widerworte von meinem Gegenüber, die mich dann völlig schutzlos treffen und noch tiefer sinken lassen.
Ansonsten bin ich auch höchstens aggressiv mir selbst gegenüber. Entweder in diesen selbstzerstörerischen Selbstgesprächen - oder auch in Hingebungsvollem Fingernägelschneiden. Statt die Krallen zum Schutz auszufahren, kürze ich sie auf ein Minimum. Früher habe ich Fingernägel gekaut. Bis ich festgestellt habe, dass ich das nicht aus Nervosität nebenbei mache, sondern ganz gezielt in solchen Phasen in denen Selbstzweifel an mir nagen - habe ich an Fingernägeln genagt . Jetzt greife ich stattdessen gezielt zur Nagelschere. Also kann man bei mir an den Nägeln erkennen, wie lange ich keine depressive Phase mehr hatte.
Einen Traum hatte ich allerdings mal, da habe ich mir mit einer Schere mein Gesicht geritzt (obwohl ich so etwas oder was ähnliches niemals gemacht habe) und war dann ganz erstaunt, als alle die mir begegnet sind so entsetzt darüber waren. Dieser Traum hat mich damals ziemlich aus der Fassung gebracht.
Zur Zeit gehts mir recht gut, bis auf ein kleines Kloß-im-Hals-Gefühl und ich hoffe, dass es bei Dir und allen anderen auch immer wieder diese Aufs gibt.
Gruß Tina
Meine Träume heute, sind Erinnerungen an gestern und Hoffnungen auf morgen.
rilke
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Registriert: 17. Dez 2004, 19:33

Re: Depression und Aggression

Beitrag von rilke »

Hallo zusammen,

mir sind die diversen Formen der Autoaggression in depressiven Phasen auch durchaus bekannt. Ich gucke dann in den Spiegel und rede mich selber schlecht. Ich esse kaum noch etwas, weil ich *nichts verdient habe* und stelle mir vor meine Aggressionen auch an anderen abzulassen. Das habe ich aber noch nie getan. Solche Momente erschrecken mich dann, denn ich bin eigentlich ein friedliebender Mensch. Daraus resultieren häufig weitere Schuldgefühle...
Ein unangenehmer Kreis.
Liebe Grüße Gika
______________________________

Zwei Dinge sind unendlich:

Das Universum

und die menschliche Dummheit.

Aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.

(Albert Einstein)
herbstsonne
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Re: Depression und Aggression

Beitrag von herbstsonne »

hallo thomas,

ich finde gut, dass du das thema eröffnest. mir wurde leider von diversen therapeuten klar gemacht, dass ich ein problem mit der aggression habe. dass ich autoagressiv bin - haß- und wutgefühle auf mich, zerschneidungsphantasien, selbstabwertung und abzumal suizidgedanken -, weiss ich schon länger. aber scheinbar soll ich nicht merken, wenn ich auf andere wütend bin, die anderen allerdings schon. eine therapeutin hat mir da mal einen spiegel vors gesicht gehalten. das war nicht sehr angenehm. mein therapeut heute hat mir gesagt, dass selbst rückzüge bzw. kontaktabbrüche ebenfalls eine aggression gegenüber anderen darstellen (ich habe einfach die therapie mal einfach für sechs wochen unterbrochen, ohne ihm das mitzuteilen. der hatte sich schon arge gedanken über mich gemacht). also scheine ich ja ein sehr aggressiver mensch zu sein, obwohl ich körperliche gewalt anderen gegenüber total ablehne. allerdings kenne ich natürlich reichlich psychische gewalt, von meiner mutter aus hilfslosigkeit und überforderung ausgeübt, sodass mit der ambivalenz dieser thematik schon seit frühester kindheit vertraut bin. dieses thema wird mich die nächste zeit nicht verlassen. ich werde also öfter hier mal reinschauen.

liebe grüße antje


Liebe Grüße Antje
dasBöse

Re: Depression und Aggression

Beitrag von dasBöse »

... schade, daß bei allen bisherigen beiträgen bloß von autoaggression die rede ist. dürfen depris nur selbstaggressiv sein? oder ist es zur abwechslung auch mal erlaubt, andere anzugehen? denn das heißt "aggression" übersetzt: etwas oder jemanden "angehen".

desweiteren finde ich es falsch, wenn versucht wird, den begriff aggression mit "gewalt" gleichzusetzen.

sewi, die aggressive
tm
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Re: Depression und Aggression

Beitrag von tm »

Hallo Sewi.

Gewalt ist aber eine Ausdrucksform der Aggression. Und Gewalt muss dabei nichts körperliches sein - ich kann auch seelische Gewalt üben. Und Gewalt zieht wie die gelebte Aggression Schäden nach sich. Insofern würde ich Dir im Prinzip recht geben, da Aggression im Grunde nichts als eine Überbegrifflichkeit von dem sein muss, worunter wir auch Gewalt zusammengefasst wissen, da Gewalt wie Aggression auch zu Schäden führt.

Aber wenn es Dich beruhigt: Gib mir genügend ALkohol und ich fange an, andere Leute zu verprügeln - oder sie zumindest dazu zu bringen, sich mit mir prügeln zu wollen - weshalb ich mittlerweile auf Alkohol im Wirkungsquantum über 0.5 Promille vermeide. D.h. hin und wieder mal n Bierchen oder ein Wein bei einem Abend mit Freunden - besaufen kann ich mich nicht, da ich da zu einer Person werde, deren Typ ich normalerweise verabscheue. Und allein diese Abscheu ist auch schon wieder ein aggressives verhalten - obwohl sie der Einsicht folgt, dass Aggression, und das wozu sie unter anderem führt, nicht gut sein kann.

Gruß,
Thomas.
dasBöse

Re: Depression und Aggression

Beitrag von dasBöse »

lieber thomas,

ich kann deine aussage "daß gewalt wie auch aggression zu schäden führt" nicht für mich umsetzen. aus einem aggressionsgefühl heraus habe ich zum beispiel mein gerichtliches verfahren gegen eine person in die wege geleitet, welche mir weh getan hat. ich hatte und habe das gefühl, daß dies eine sache ist, die ich "angehen" muss, an der kein weg vorbeiführt. ich bezweifle, daß dieses verfahren offene gewalt meinerseits ist oder der beklagten person einen seelischen schaden zugefügt hat oder noch zufügen wird oder kann. für mich ist es nichts anderes als mein (wenn auch aggressiver) aufschrei nach gerechtigkeit.

ich finde es daher nicht richtig, zu behaupten, aggressives verhalten würde zwangsläufig schäden nach sich ziehen.

es wäre mal wichtig, den begriff "aggression" richtig zu erläutern. dieser ist ungangssprachlich meines erachtens nach zu unrecht von vornherein negativ besetzt. ich kann nichts negatives daran finden, etwas "angehen" (!) zu wollen.

oder soll ich deine aussage so verstehen, daß mein verhalten, zu prozessieren, ein autoaggressives ist? wenn ja, dann würde das erklären, warum ich mich, seit der prozess im gange ist, jeder lebenskraft beraubt fühle.

grüße

sewi
Edeltraud
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Re: Depression und Aggression

Beitrag von Edeltraud »

genaue Begriffserklärung von Aggression:

http://de.wikipedia.org/wiki/Aggression
dasBöse

Re: Depression und Aggression

Beitrag von dasBöse »

danke, trude für das wikipediaen.

aggression: lat. agressere (?) "etwas angehen" im sinne von angriff, feindseliges verhalten unter verletzung der interessen des gegenübers. das kann vieles sein, und wer sagt denn, daß die interessen des gegenübers immer eine berechtigte grundlage haben? vielleicht ist das einzige interesse meines gegenübers, in ruhe gelassen und nicht belangt zu werden, für das, was es getan hat? im gegensatz dazu "verteidigung", "welche ebenso aggressives verhalten darstellt" = ???. spätestens hier tun sich für mich mehrere große fragezeichen auf.

wahrscheinlich muss man zwischen erstmaliger gewalt und verteidigung (notwehr?) unterscheiden, um den begriff der aggression wirklich definieren zu können.

grüße und einen schönen tag

sewi
tm
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Re: Depression und Aggression

Beitrag von tm »

zitat:
ich finde es daher nicht richtig, zu behaupten, aggressives verhalten würde zwangsläufig schäden nach sich ziehen.

Liebe Sewi.

Ich finde es sehr richtig, wenn man ein aggressives Verhalten mal objektiviert, zielt es auf eigene Interessen zum Leidwesen anderer ab, egal welchen Motiven man dabei folgen mag und wie edel oder unedel diese sind.
Einfachste Form: Ich muss mich abreagieren, also verprügel ich jemanden. Dann gibt es da aber noch die viel subtileren Formen von aggressivem Verhalten, so wie zynismus, sarkasmus, politisches oder moralisches Amokverhalten (wurde schon ähnlich erwähnt) oder kompromissloser Wettbewerb in der Arbeitswelt u.a.
Es gibt auch aggressiven Ergeiz oder aggressiven Perfektionswahn. Sind beide Eigenschaften in Maßen eher positiv, werden sie durchs aggressive Attribut ins negative gezogen.

Prozesse führt man mit kühlem Kopf und nicht mit Aggression, da mich Aggression immer auch ein Stück meiner Objektivität beraubt (falls es so etwas überhaupt in seiner wahren Bedeutung des Wortes gibt).

Gruß,
Thomas.
dasBöse

Re: Depression und Aggression

Beitrag von dasBöse »

hallo thomas,

danke für deine ausführungen.

leider ist es mir nicht möglich, meinen prozess ausschließlich mit kühlem kopf zu führen. dazu müsste ich mir erst jede art von emotionalität abgewöhnen.

liebe grüße

sewi
Alina1
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Re: Depression und Aggression

Beitrag von Alina1 »

Hi,Leute

Ich habe bei mir schon des öfteren festgestellt,dass ich anderen Personen gegenüber immer dann aggressiv werde,wenn ich eigentlich Angst habe.Angst vor meinen "wirklichen" Gefühlen in der entsprechenden Situation.In dem Fall ist Aggressivität für mich ein Schutz,mit dem ich mein Interesse,nämlich mich zu schützen,wahre.
Aggression im Sinne von "etwas angehen" ist meiner Meinung nach überlebensnotwendig und damit durchaus positiv.Ich versuche inzwischen zu unterscheiden,ob mein aggressiver Schutzschild in einer bestimmten Situation noch gebraucht wird oder ob ich es mir erlauben kann,meine dahinterstehenden Gefühle anzusprechen.
Was Aggressionen in der Bedeutung von "etwas angehen" betrifft,möchte ich mir diese Art der Aggression gerne erhalten.

Friedvolle Grüße an alle von Antje
tm
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Re: Depression und Aggression

Beitrag von tm »

Hallo Sewi.


nochmal in Ergänzung: Ich sehe einen unterschied zwischen notwendiger Aggression und willentlicher Aggression. Wobei erstere Form (z.b. Verteidigungsverhalten) absolut legitimiert im Sinne eines Rechts auf Selbstverteidigung ist - jedoch nicht ohne meinen angesprochenen Schaden auskommt, ob die Person den nun verdient hat oder nicht. Wenn es darum ginge, gegenüber einem anderen Menschen mein Leben verteidigen zu müssen, würde ich (insofern Flucht keine alternative bietet) notfalls töten, um mein eigenes Leben zu erhalten. Den Schaden hat natürlich der, gegenüber dem ich mich verteidigt habe. Aber der Schaden ist vorhanden - die Gewalt hat gerichtet.

Gruß,
Thomas.
tm
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Re: Depression und Aggression

Beitrag von tm »

hehe - danke Antje, Du hattest ja nochmal angesprochen, was ich eigentlich noch mit meiner Ergänzung zu ergänzen versuchte.

Gruß,
Thomas.
dasBöse

Re: Depression und Aggression

Beitrag von dasBöse »

ok.

die krux an meiner persönlichen sache ist halt die, daß mir die gegenseite am liebsten ein schlechtes gewissen einreden würde dafür, diese sache überhaupt angegangen zu sein. auf meine bemühungen, mit der gegenseite in ein vernünftiges gespräch zu kommen, ernte ich nur lügen und ausflüchte derselben. das wiederum erzeugt bei mir neuerlich aggressivität. ich hoffe, irgendwann aus diesem sumpf meiner schlechten gefühle wieder herausfinden zu können.

jedenfalls schön, daß die anstehende frage trotzdem (unaggressiv) geklärt werden konnte. danke auch antje für ihr aussagekräftiges statement.

sewi
Maxiine
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Re: Depression und Aggression

Beitrag von Maxiine »

Hallo Thomas,

danke für die Ausführungen! Ich habe den Eindruck zu wissen, wie zu diesem Thema gekommen bist! Wenn ich depressiv bin, habe ich meist sehr große Aggressionen. Kommt meistens daher, dass ich mich unverstanden fühle bzw. nicht angenommen oder mißachtet. Ein Teil von mir hat ein Selbstzerstörungsprogramm, dass dann aktiviert ist und ich stoße den Menschen, die ich sehr gern habe schwer vor den Kopf. Hinterher muß ich dann Wiedergutmachung betreiben. Ist alles sehr müßig, weil ich das nicht möchte. Zum anderen bin ich Masochist und neige dazu mich selbst zu quälen psychisch (extrem Selbstzweifel, suche mir immer die schlimmsten Beispiele). Auf der anderen Seite bin ich ein Sadist und ein bereitet mir (wenn es auch abartig klingen mag) Freude andere zu quälen, was ich nicht unbedingt mit dem Bewußtsein dies tun zu wollen, mache. Ist ein wenig kompliziert, aber was ist schon einfach!?

Vielen Dank und Grüße

Ilona
Dendrit
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Re: Depression und Aggression

Beitrag von Dendrit »

Ja, Antje,

wenn ich so über Dein Posting und mein Verhalten nachdenke, stimmt’s für meinen Teil. Wenn ich (oder andere) ungerechtfertigt behandelt wurden/werden, wurde/werde ich unheimlich sarkastisch – sage aber lediglich meinen Mann, was ich am liebsten tun oder sagen würde. Bezieht sich’s auf mich, mach ich dann sowieso nichts, handelt sich’s um andere, kann ich mich – aber erst dann – ziemlich emotionslos reagieren. Das ist aber wiederum auch nur nach außen und so lange ich mit demjenigen rede. Innerlich koche ich, bin wütend, würde am liebsten aggressiv reagieren, um den Druck loszuwerden.

Meine Selbstbeherrschung verlor ich jedoch erst „richtig“ (für meine Begriffe), als ich auf Reboxetin eingestellt und nach ein paar Wochen aufdosiert bzw. umdosiert wurde. Nach einer „Themenrunde“ im KH zog ich den Schluss, dass Rechtfertigung, Aggression und Wut sehr nahe beieinander liegen oder sogar in manchen Fällen überlebenswichtig sind.

LG, Manuela
orangezimt
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Re: Depression und Aggression

Beitrag von orangezimt »

Hallo an alle (Auto-)(Nicht-)Aggressiven...

Es gibt eine Form von Selbstbehauptung, die vor der Grenze des Anderen haltmacht. Es gibt eine Form von Selbstbehauptung, die diese Grenze überschreitet. Man könnte beide Formen aggressiv nennen. Aber das Wort bedeutet dann Verschiedenes.

Es gibt eine Form der Anerkennung der (Ansprüche der) Anderen, die die eigene Grenze bewahrt. Es gibt eine Form der Anerkennung, die zur Zerstörung dieser Grenze führt. Das erste ist Respekt und Identifikation bis zu einem bestimmten Grad. Das zweite ist Selbstaufgabe.

Selbstbehauptung so hinbekommen, daß der Andere nicht zerstört wird. Anerkennung so hinbekommen, daß ich selbst erhalten bleibe. Mir scheint, daß ein Ungleichgewicht in dieser schweren Balance-Leistung zu Depressionen und zu anderen Störungen führen kann... Bzw. daß die Herstellung dieser Balance glücklicher macht..

Aber hilft diese Theorie weiter?

Viele Grüße,
orangezimt...
dasBöse

Re: Depression und Aggression

Beitrag von dasBöse »

hi liebe zimt,

naja... wenn jeder sie in die praxis umsetzt, sicher!

liebe grüße von

sewi
orangezimt
Beiträge: 57
Registriert: 27. Dez 2004, 19:40

Re: Depression und Aggression

Beitrag von orangezimt »

Liebe sewi!
Hm, das trifft es wohl....
Und: noch ein Problem: man muß diese "Grenzen" erst kennenlernen, dazu muß viel geredet werden. Sie sind variabel.
Liebe Grüße zurück,
o-zimt
Edeltraud
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Registriert: 22. Mai 2003, 16:49

Re: Depression und Aggression

Beitrag von Edeltraud »

Hallo Thomas,

diese Diskussion entstand ja aufgrund meiner Aussage in einem anderen Thread:

"Manchen hier scheint es rel. gut zu gehen...
Aggression ist keinesfalls ein SYMPTOM der Krankheit Depression, sagte mir mal ein Arzt.
Eher ist das Gegenteil der Fall: Mit Zunahme der Erkrankung: Aggressionshemmung GEGENÜBER ANDEREN mangels Energie."


Aufgrund der vielen Postings kann ich immer noch keinen direkten Zusammenhang (Aggression GEGENÜBER ANDEREN als SYMPTOM der Erkrankung) erkennen - wenn, dann nur als Folgeerscheinung.

Viele Grüße
Edeltraud
tm
Beiträge: 166
Registriert: 5. Jun 2006, 03:28

Re: Depression und Aggression

Beitrag von tm »

Hallo Edeltraud.

Dieser Thread diente auch keiner Überzeugungsarbeit Dir gegenüber, das Aggression nun doch etwas mit Depression zu tun haben muß, ich wollte lediglich ein Abgleich meiner Eigenheiten mit denen anderer anstreben - angeregt durch Dein Posting, das stimmt, da es auch einer weit verbreiteten Meinung folgt, dass, wer depressiv ist, nicht aggressiv sein kann.
Nenn es Folgeerscheinung oder Symptom. Ich hatte Probleme damit (z.B. verletzend durch Worte zu sein) und konnte es für mich in direkten Zusammenhang mit dem Auftreten depressiver Stimmungen bringen. Bei dem einen ist es eben so, bei dem anderen so - selbst wenn der Arzt, der Dir das gesagt hat, von etwas anderem überzeugt ist und Dich dahingehend scheinbar auch überzeugt hat. Ich will Dich auch gar nicht von etwas anderem Überzeugen aber mir auch ein eigenes Bild über meine Krankheit machen dürfen, indem ich grade Dinge zur Sprache bringe, die mich speziell interessieren.

Sehe den Thread also nicht in direktem Bezug auf eine Ansichtsverschiedenheit zwischen uns beiden - tatsächlich ist es ja sogar nur eine Begriffsverschiedenheit.

Gruß,
Thomas.
dasBöse

Re: Depression und Aggression

Beitrag von dasBöse »

hallo,

ich kann mich an eine mir sehr nahestehende, sehr liebe person erinnern, die, als sie depressiv geworden war (damals war ich selbst noch gesund), sich immer mehr zurückzog und sich ihren lieben gegenüber öfters gereizt verhielt. einmal schickte ich dieser person ein päckchen zum geburtstag, und dieses wurde von ihr umgehend per post an mich retourniert. ich kann mich erinnern, wie ich mich fühlte, als das päckchen zurückkam: verletzt und gekränkt. die beschenkte person hat die retournierung des päckchens durchaus mit der absicht vorgenommen, mir, dem schenkenden, schmerz zu bereiten. ich glaube, manchmal kann sogar, ein päckchen an den absender zu retournieren, eine form der aggression sein und dementsprechenden schaden anrichten. aber auch ein solches handeln kann man auch nur als hilfeschrei auffassen, und solche hilflosen, verzweifelten aufschreie eines menschen sollte man nicht verkennen. man kann den begriff aggression wirklich weit herholen, wenn man darüber nachdenkt.
(besagte person hat übrigens nach meinem guten zureden mein päckchen schließlich doch noch angenommen!)

grüße

sewi
deep
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Registriert: 27. Sep 2004, 12:13

Re: Depression und Aggression

Beitrag von deep »

Hallo,

ich bin lange um diesen Thread herumgeschlichen, das Thema ist irgendwie auch mein Thema, aber ein "Ausweichthema".

Ich denke, dass es sehr von der Persönlichkeit und von dem Erlernsten abhängt, ob man in oder im Laufe der Depression auch Aggressionen hat bzw. zeigt.

Ich für mich weiß heute, dass erhöhte Aggression, egal ob ich mit ihr nach aussen gehe oder nur vor mich hintobe, bei mir immer ein Zeichen dafür ist, dass irgendetwas mit mir nicht stimmt. Ein Zeichen für Unwohlsein, möglicherweise auch ein Zeichen, dass die Depri wiederkommt, wenn der Zustand länger andauert und ich bei Nichtigkeiten hochgehend immer ein schlechtes Gewissen mit mir rumtrage, das nicht vergehen will. Ursache ist wohl, dass ich mich immer durch "Angriff" aus misslichen Situationen befreit habe und das meine erlernte Strategie ist.
Erst wenn ich richtig tief in einer Depression drinstecke, bin ich nicht mehr in der Lage einerseits auf Aggresion zu reagieren und andererseits selbst aggressiv zu werden.

Aus dieser Erfahrung mit mir selbst heraus denke ich auch, dass Aggression durchaus etwas ist, das mit Depression zu tun hat. Und ich unterscheide da nicht zwischen Auto oder nicht Autoaggression.

Aber ich habe ein Problem mit dem Begriff an sich, der mir viel zu pauschal ist. Wenn ich es mit jemandem zu tun habe, der permanent und dauernd meine Grenzen verletzt, dann reagiere ich sicher aggressiv - aber was soll daran schlecht sein? Vielleicht ist es einfach eine Frage der derzeitigen gesellschaftlichen Verhältnisse, wie der Begriff interpretiert wird?

Liebe Grüße
Karin
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