Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Tine
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von Tine »

Liebe Edeltraud,

gerade habe ich auf einen deiner Beiträge in einem anderen thread geantwortet.
Deine Idee, dem Thema 'auftauchen' einen eigenen thread zu widmen finde ich nicht schlecht.
Liebe Grüße, pass auf dich auf
Tine
Tine
Beiträge: 214
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von Tine »

Lieber Karoshi,
kannst du denn weinen, wenn es dir besser geht? Klingt etwas komisch, ja. Aber mit besser gehen meine ich ja nicht 'gut gehen.'
(Nur zur Erklärung um Missverständnissen vorzubeugen)
Du hast beschrieben, dass es Klick macht, wenn du dich für eine Zeit aus der Depression ausklinken kannst.
Spürst du dies bewusst? Ich meine damit, denkst du dann: Jetzt geht es mir gerade besser, das könnte ein Zeichen für das Ende der depressiven Phase sein.
Oder merkst du erst, wenn alles vorbei ist, dass du für Momente eine Erleichterung empfunden hast?
In den Momenten, in denen es 'klick' macht, kannst du dann deine gesamte Situation reflektieren, oder sind es nur Augenblicke, in denen es dir gerade etwas wohler geht?
Kannst du dann aktiv etwas tun um dir selber zu helfen?
Ich hoffe, dir durch meine Fragerei nicht zu nahe getreten zu sein. Das möchte ich auf keinen Fall. Ich klammere mich nur an jeden Strohhalm, der mir helfen könnte zu verstehen.
Du musst auch nicht antworten, ich könnte es nachempfinden.
Liebe Grüße, Tine
Micaela
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von Micaela »

Hallo Tine

Ich will Dir nur sagen, es ist schön, wie du dich um Deinen Freund kümmerst. Ich hatte selber 5 Jahre lang Depressionen und wusste auch nicht ob ich aus diesem Tief je wieder rauskomme. Aber nachdem ich andere Tabletten bekam ging es sehr schnell. Innerhalb von 2 Wochen kam meine Freude langsam wieder zurück. So das ich es selber nicht glauben konnte, weil ich dieses Gefühl lange nicht mehr erlebt hatte, sich freuen, arbeiten, und vor allem wieder weinen zu können. Deshalb würde ich Dir raten, dein Freund müsste unbedingt ärztlichen Rat einholen. Denn ohne die richtigen Medikament sehe ich da keine Chance darin, das er wieder gesund werden kann. Mein Mann hat mich auch in eine Schocktherapie versetzt, indem er mir gedroht hatte die Scheidung einzureichen, wenn ich mich nicht zusammenreiße. Nur leider wirkt dies in den meisten Fällen nicht, da man ja sowieso keine Gefühle für den Partner übrig hat. Man nimmt es zwar wahr, aber man glaubt sowieso nicht daran. Da Glaube und Gefühle außer Fecht gesetzt sind. Auch mit dem Satz Reiß Dich doch mal zusammnen und arbeite was geht nichts vorwärts, denn man kann nicht. Wie wenn einer der den Fuß gebrochen hat, dann kann er auch nicht laufen. Ich kann Dir nur den Rat geben, dich an einen Arzt zu wenden und ihn irgendwie mit zu schleppen, denn wenn man Depressionen hat sieht man es selber sowieso nicht ein in eine ärztliche Behandlung zu gehen, da man es sich selber nicht eingestehen will, selber diese Depressionen zu haben und man als verrückt abgestempelt wird. Ich hoffe, Dir ein wenig geholfen zu haben

Viele Grüße
Andrea
Tine
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von Tine »

Liebe Grüße an alle die lesen, besonders an diejenigen, die auch schon geschrieben haben.

Heute habe ich mit meiner Therapeutin über das Verhalten meines Freundes gesprochen. Sie sagte, dass sie natürlich nicht weiß, wie schlecht es meinem Freund geht, aber dass sein Verhalten mir gegenüber im Grunde nicht zu entschuldigen sei. Es sei egoistisch, sich ohne jede Erklärung aus einer Beziehung zu verabschieden, sich nicht mehr zu melden, obwohl man wisse, wie sehr der andere leidet. Die Tatsache, dass er zeitweise SMS verschicken konnte, würde doch zeigen, dass er kann. Auch jemand der krank sei, sei nicht von aller Verpflichtung entbunden gegenüber den Menschen, die ihm nahestehen. Dies zumal mein Freund immer noch in der Lage ist, seinem Beruf gewissenhaft nachzugehen, sich seinen Kindern zu widmen und seinen alten Eltern.
Seit vier Tagen keinerlei Kontakt zwischen uns, ich habe mich wirklich um ihn bemüht und er weiß, dass ich leide wie ein Hund. Dennoch lässt er mich einfach hängen. Ich muss schon gestehen, dass es mir schwer fällt noch Verständnis aufzubringen und ich frage mich auch, ob es klug ist.

Liebe, verzweifelte Grüße
Tine
Emily
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von Emily »

Liebe Tine,

schon lange habe ich deinen Kampf um deine Beziehung hier im Forum mitverfolgt. Du hast gesagt, dir wurde schon oft geraten, dich zu trennen. Ist dieser Satz nicht ein bisschen schnell dahergesagt? Wir würden diejenigen, die das sagen, reagieren, wenn sie selbst von solch einer schweren Krankheit betroffen wären? Ist ein depr. Mensch ein "Teil", das man möglichst schnell "entsorgen" muss? Wenn man manche heute so reden hört, könnte man es fast annehmen.

ABER - es gibt auch eine Kehrseite der Medaille. Nach Jahren eigener Betroffenheit von der Krankheit sehe ich diese Sache heute so:
Wenn ein Depressiver auch über lange Zeiträume hinweg nicht bereit ist, trotz der eigenen Erkenntnis der Krankheit ärztliche oder therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, dann ist das in meinen Augen für den Partner einfach unzumutbar. Denn dadurch verschieben sich ja die Zeiträume, in denen man nur aushalten, aushalten und nochmal aushalten muss, noch viel weiter in eine noch unüberschaubarere Zukunft. Das soll nicht heißen, dass es nicht durchaus länger dauern kann, bis man sich die eigene Betroffenheit von der Krankheit wirklich eingesteht. Aber wenn man es erkennt hat, dann ist man in meinen Augen einfach verpflichtet, Hilfe in Anspruch zu nehmen, um auch dem Partner wieder eine Perspektive zu geben.
Tut man das nicht, muss man sich nicht wundern, wenn bei dem Partner der Verdacht immer stärker wird, dass dem Kranken nichts mehr an der Beziehung liegt.

Noch ein ABER:
Wenn der (noch) gesunde Partner durch das ganze Mitleiden und Mittragen so stark erschöpft ist, dass er selbst in Gefahr gerät zu erkranken, dann muss er sich in meinen Augen schützen und muss notfalls auch Grenzen ziehen. Wem wäre denn auch damit gedient, wenn noch einer mehr an Depris erkrankt?

Liebe Tine, ich meine mich zu erinnern, dass du an anderer Stelle mal gesagt hast, du möchtest keine schwereren Fehler machen in der Beziehung und in der Einschätzung ihrer Problematik. Ich glaube, das geht gar nicht. Die Fehler werden unweigerlich gemacht, das lässt sich auch durch noch so viel Nachdenken und durch noch so viel Bemühen gar nicht verhindern. Sie sind vielleicht sogar notwendig, damit man die richtigen Lehren daraus zu ziehen lernt.

Du kannst nicht mehr tun, als dich um die derzeit bestmöglich scheinende Lösung zu bemühen. Mehr geht einfach nicht. Die Zeit wird erst zeigen, ob sie richtig oder halbrichtig oder falsch war.

Lieber Gruß,
Emily
Tine
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von Tine »

Liebe Emily,

der Besuch bei meiner Therapeutin, die Tatsache, dass es mir immer schlechter geht und nicht zuletzt auch dein Brief haben mir gezeigt, dass ich um meiner selbst willen nicht länger untätig sein darf. Ich bin auf dem besten Weg krank zu werden. Ich habe das schon einmal erlebt.
Sicher hast du recht, wenn du sagst, man kann Fehler nicht von vornherein aussschalten. Man kann sich bemühen, aber sicher sein kann man nicht. Weil ich keine Fehler machen wollte habe ich nichts getan.
Heute Morgen habe ich meinem Liebsten also einen langen Brief geschrieben.
Ich habe ihm darin versucht klar zu machen, dass er nun einmal nicht alleine auf der Welt lebt, sondern dass er für andere auch Verantwortung trägt. Die Tatsache, dass er sich mit seinen Hochs und Tiefs einfach abgefunden hat, ist keine Lösung, da er sein gesamtes Umfeld mitzieht. Es ist auch falsch zu glauben, dass er dies durch Isolation verhindern kann. Ich habe ihm also gesagt, dass er den Kampf aufnehmen muss, dass er so wie er lebt, es einfach geschehen lässt, was keine Lösung ist.
Ich habe ihm versucht deutlich zu machen, dass es auch keine Lösung ist, auf menschliche Kontakte ganz zu verzichten, da auch er sie braucht, wie unsere gemeinsame Vergangenheit zeigt. Dann habe ich ihn daran erinnert, dass er auch mir gegenüber eine Verantwortung trägt, die er nicht einfach ablegen kann, zumindest nicht ohne Erklärung. Ich habe ihm beschrieben, dass es mir wirklich schlecht geht.
Am Ende meines Briefes habe ich ihm klargemacht, dass er mir nach wie vor am Herzen liegt und ich gerne an unserer Beziehung arbeiten möchte, dass ich aber zur Zeit keine Kraft habe auf ihn zuzugehen. Wenn er also an einem Gespräch interessiert sei, solle er einfach zu mir kommen.

Weißt du, ich habe versucht einfühlsame, aber klare Worte zu finden. Zu verlieren hatte ich vermutlich eh nichts mehr. Ich will ihm nach wie vor helfen, aber mehr als diesen Brief schreiben konnte ich nicht tun.
Nun sitze ich auf glühenden Kohlen und warte. Ich kann ja nicht einmal sicher sein, dass er ihn liest.
Also, Daumen drücken.
Liebe, aufgeregte Grüße von
Tine
Emily
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von Emily »

Liebe Tine,

die Worte, die du in den Brief geschrieben hast, waren wirklich sehr einfühlsame Worte, das stimmt auf jeden Fall. Und ich denke, du hast die Dinge auf den Punkt getroffen. Du hast deine Position geschildert, klar und deutlich, nun ist er am Zug. Du hast ihm ja alle Wege offengelassen. Hoffentlich erkennt er rechtzeitig, was er an dir hat....
Wenn nicht, hast du dein Möglichstes getan. Mehr kann man von niemandem erwarten. Er auch nicht.

Lieber Gruß,
Emily
Edeltraud
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von Edeltraud »

Hallo Tine,

das mit dem Brief finde ich eine SUPER Idee von dir.
Er verschafft sicherlich euch beiden mehr Klarheit.

Viele Grüße
Edeltraud
Tine
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von Tine »

Hallo Edeltraud, hallo Emily,

mein Liebster hat sich noch am gleichen Tag bei mir gemeldet und am nächsten Tag haben wir uns getroffen. Dabei haben wir über seine Probleme gesprochen und zum ersten Mal hat er eingeräumt, depressiv zu sein. Mein Wissen, dass ich mir durch all eure Beiträge angeeignet habe, hat mir sehr dabei geholfen, weil ich manche Dinge ansprechen konnte, die ich durch euch wusste, so hat er sich doch verstanden gefühlt.
Sehr schnell war klar, dass wir zusammen sein wollen und große Sehnsucht nacheinander hatten. Er hat mir erklärt, dass für ihn manchmal die Probleme, die er hat, so groß sind, dass er sonst nichts mehr sieht. Eine dunkle Wolke, die sich ihm näherte, würde seinen ganzen Himmel verdunkeln und es sei nur noch schwarz um ihn. Er würde mich dann schon vermissen, wollte aber irgendwie nicht daran denken und würde versuchen, es zu verdrängen. Über unsere Beziehung selbst haben wir noch wirklich gesprochen, dazu hat die Kraft noch nicht gereicht. Ich glaube, dass ich sehr sensibel vorgehen muss, um ihn nicht gleich wieder zu erschrecken. Zunächst einmal werde ich versuchen, die Situation zu stabilisieren, dann, werde ich mit ihm bestimmte feste Vereinbarungen treffen, was wir beide tun wollen, wenn es ihm wieder schlecht geht. Selbstverständlich werde ich weiter darauf hinarbeiten, dass er sich Hilfe sucht. Aber ich glaube, da habe ich sehr schlechte Karten. Vielleicht ist der erste Schritt aber auch schon getan.
Ich habe auch verstanden, dass ich ihm mehr Verantwortung für unsere Beziehung übertragen muss. Es ist auch irgendwie seltsam, er ist wirklich hochsensibel, aber wenn er in diesen Tiefphasen steckt, muss man ihm alle Emotionen, die man selber hat, überdeutlich zeigen, sonst merkt er sie nicht. Es gibt bestimmt noch sehr viel zu tun. Der Weg ist sehr hart und ich hoffe, dass wir ihn zusammen gehen werden.
Ich habe hier im Forum sehr viel gelernt und möchte noch mehr lernen. Danke an alle, die mir dabei helfen.
Liebe Grüße
Tine
anodano
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von anodano »

ja, das gefühl hab ich manchmal auch, daß ich selbst dabei depressiv werden könnte, aber ich glaube, der entscheidene unterschied ist, meine (und deine!) grübeleien und melancholie sind sehr emotional und bei depressiven scheint gerade das nicht der fall zu sein, oder *diebetroffenenfrag*???
doubty
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von doubty »

Liebe Tine!
Herzlichen Glückwunsch, das finde ich ja toll, das ihr Euch ausgesprochen habt.


Ehrlichgesagt, bei manchem , was Du geschrieben hast, konnte ich nicht mehr so klar auseinander halten, was die Krankheit von ihm ist und was Beziehungsprobleme.
Manchmal hat er sich so abweisend verhalten, dass ich dachte, Krankheit hin oder her, vielleicht will er die Beziehung nicht mehr.
Aber dass er so schnell reagiert hat , das sprich ja für sich.

Bestimmt geht es dir jetzt etwas besser und ihm vielleicht auch , das freut mich.

Ich wünsche Euch weiterhin alles Gute.
Liebe Grüsse
Anna
doubty
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von doubty »

Hallo Viola!

Wollte nur sagen, dass Grübeleien bei Depressiven sehr emtional sein können.

Ich z.B. bin ein sehr von Emotionen geleiter Mensch, wie viele Depressive und muß meine Ratio züchten.

Dass man unfähig ist, Gefühle zu zeigen, ist was anderes.

Liebe Grüsse
Anna
Edeltraud
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von Edeltraud »

Hallo Tine,

vielleicht weist du deinen Partner mal darauf hin, dass die Depressivität auch körperliche Ursachen (z.B. Schilddrüsenfunktionsstörung) haben kann.
Und dies ärztlich abgeklärt werden sollte.

"er ist wirklich hochsensibel, aber wenn er in diesen Tiefphasen steckt, muss man ihm alle Emotionen, die man selber hat, überdeutlich zeigen, sonst merkt er sie nicht"
Dann geht´s ihm wohl gerade sehr schlecht und ist damit beschäftigt die Qualen ertragen zu können.
Das ist wie bei großen Schmerzen - da kann man sich auch kaum oder gar nicht (je nach Schwere der Schmerzen) noch zusätzlich um die Emotionen der anderen kümmern.

Viele Grüße
Edeltraud
anodano
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von anodano »

liebe anna,
mhm, ich, bzw mein mann stehen in gewisser weise ja noch am anfang (obwohl es aus heutiger sicht schon ewig geht). ich glaube auch nicht, daß mein mann irgendwann mal gefühlLOS ist, aber eben so völlig in seiner welt.
was mich in gewisser weise beruhigt zu lesen, ist, daß ihr schreibt, sogar mimik ist zuviel, das erklärt, daß mein mann oft so versteinert ist.

vielleicht kann mir noch jemand erklären, was es mit dieser gereiztheit auf sich hat? kleines beispiel: vorhin hat er plastikmüll klein gemacht und dabei geflucht, als würden die verpackungen sich derart sträuben und wehren, daß es ihm unmöglich ist, sie zu entsorgen. ich saß nun auch noch direkt neben dem mülleimer und fühlte mich prompt schuldig und wütend war ich auch

vielleicht magst du meinen thread im angehörigen-forum lesen (ich hab solche angst) und vielleicht hast du aus der sicht "der anderen seite" einen gedanken dazu?
Edeltraud
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von Edeltraud »

Hallo Viola,

zum Thema "Gereiztheit":

Ich mache meine Arbeit auch oft fluchend - nicht weil ich nicht mag, sondern wegen dem mangelhaften Antrieb. Und doch muss ich mir immer wieder eingestehen, dass mich meine Wut gegen die Krankheit und damit gegen mich (die Krankheit ist ja irgendwie ein Teil von mir) nicht weiterbringt - im Gegenteil: warscheinlich bekomm ich noch mal einen Herzinfarkt oder sonstirgendwas, wenn ich so schlecht mit mir umgehe. Meine Wut aktiviert manchmal etwas Restenergie - oft lebe ich am Limit meiner Energie.

Versuch mal mit sehr hohem Fieber den Plastikmüll klein zu machen - es geht kaum - und verlangt dir sehr viel ab und raubt dir den Rest deiner Energie.

Natürlich ist man gereizt auf sich selbst bzw. auf die Krankheit, wenn man sieht zu wieviel wenig man noch in der Lage ist.

Es zeugt doch davon, wieviel sich dein Mann selbst unter Druck setzt irgendetwas sinnvolles zu tun, wenn es auch für Außenstehende nur Kleinigkeiten sind.
Seine Gereiztheit richtet sich doch nicht gegen dich.

Ist dein Mann in ärztlicher Behandlung?

Viele Grüße
Edeltraud
anodano
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von anodano »

liebe anna,
mein mann ist noch nicht in behandlung, eigentlich haben wir ES erst letzte woche erkannt, bzw ich und hab es ihm dann direkt gesagt, daß er hilfe braucht. er wird zum arzt gehen *sicherbin*, nur da sind noch ein paar organisatorische dinge, die momentan im weg stehen.

ich muß jetzt noch was arbeiten, aber ich glaube, ich hab noch einige fragen, dazu später noch mehr.

danke anna!
anodano
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von anodano »

liebe anna,
nun bin ich wieder da.
doch, die gereiztheit richtet sich dann schon auch gegen mich, bzw gegen jeden, der ihn entweder an etwas hindert oder ihm im weg steht oder etwas verlangt (ganz schlimm). gestern saß ich im weg und er gestand es mir hinterher (warum mußtest du auch gerade in dem moment dort sitzen und schreiben? (blöde situation, wir rauchen im gästebad und ich sitz dort während dessen auf der toilette, der plastikmülleimer steht dahinter in einer ecke.)
oft ist es ihm wirklich zuviel, wenn ich ihn anspreche, aber ich kann das ja vorher nicht ahnen und dann flucht er mich an. ich versuche mir ja jetzt einzureden, daß es nichts mit mir zu tun hat, aber es verletzt mich einfach. ich kann ihm doch nicht immer alles abnehmen, ihn völlig ignorieren und völlig aus unserem leben ausgrenzen...???????? wir haben drei kinder und ich bin berufstätig, es geht nicht ohne ihn. bzw wenn, dann erfordert das eine menge organisation, zb wenn er in die klinik müßte, ließe sich das organisieren, aber so mitten drin im alltag, wenn er sich da einfach mal eben ausklingt ohne vorwarnung...
ich fühl mich dann auch völlig überfordert, ich kann nicht von einer sekunde auf die nächste seine "rolle" mit übernehmen.
kannst du mir ungefähr versuchen zu sagen, was in ihm vorgeht, er kann es nicht.
wie schon gesagt, mehr dazu steht im angehörigenforum unter meinem namen...
gruß viola
Tine
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von Tine »

Liebe Viola,

auch die Gereiztheit, die du an deinem Mann bemerkst, kenne ich von meinem Freund.
Vermutlich ist die Situation so belastend, dass dies ein Ventil ist, so wie bei uns auch, wenn wir total überfordert sind.
Natürlich kannst du nicht wissen, was in den nächsten Minuten auf dich zukommt und wie du dich verhalten solltest. Irgendjemand in diesem thread hat mir einmal geantwortet, dass für den Depressiven sowieso alles falsch wirkt, deshalb kann man eigentlich gar nichts falsch machen, weil das was falsch ist nicht in dem was du tust liegt, sondern in dem wie er es auffasst. Mir hat das geholfen, weil ich einen Teil der Verantwortung loswurde. Zurück bleibt natürlich die Hilflosigkeit, nie zu wissen, auf welchen Menschen man trifft. Mein Freund und ich wir leben nicht zusammen, ich weiß nie, wer mir die Tür öffnet. Natürlich ist es immer er, aber ich weiß nie, in welcher Stimmung. Die einzige Lösung für uns Angehörige liegt vermutlich in der Chance, uns unempfindlicher zu machen gegen bestimmte Reaktionen. Denn wir sind nicht gemeint.
Liebe Grüße
Tine
anodano
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Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von anodano »

liebe tine,
das ist doch aber nicht anders, wenn man zusammen lebt, jeden morgen oder eigentlich immer, wenn wir uns gegenüber stehen, muß ich meine antennen ausfahren und spüren, "wer" er jetzt ist (guter vergleich, wie du das nennst).
in unserer beziehung gibt es aber eben auch den alltag, im prinzip kann keiner von uns weg. er flüchtet schon irgendwie, aber ich kann nicht einfach gehen, da sind ja immer noch die kinder!
tommi
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Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von tommi »

Liebe Tine, liebe Viola,

die Gereiztheit an Sachen auszulassen und dabei zu Fluchen kenne ich auch. Ich gebe dir Recht Tine, es ist nicht nur als Überforderung zu beachten, sondern als Ventil. Hier habe ich gute Erfahrungen gemacht, wenn ich mit einem Witz reagiert habe. Z.B ging es mal um Tupperware, die mal wieder nicht in den Schrank passen wollte. Ich sagte zu ihr: Du sollst die Tuppa nicht umbreinge, sondern wegpacken. Daraufhin lachte sie sogar. Soll nicht heißen, dass es auf alle Situationen angewendet wird, aber ich mußte nach dem Beitrag von Viola spontan daran denken.
Viola, natürlich sollst du ihn nicht ausgrenzen. Ich finde, dass du auch ruhig darauf reagieren solltest, wenn er dich angreift. Denn es ist ihm vielleicht garnicht bewußt. Wenn du nicht reagierst, kann das den Eindruck erwecken, dass dir es egal ist, wie es ihm geht, oder was er tut.
Gruß
Tom
Tine
Beiträge: 214
Registriert: 11. Okt 2004, 19:57

Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von Tine »

Lieber Tom, liebe Viola,

ich glaube ja, dass ich einiges gelernt habe in den letzten Wochen. Dazu gehört auch, dass ich festgestellt habe, dass ich meinem Partner deutlich zeigen muss, was sein Verhalten mit mir tut. Deutlich heißt, ich muss es ihm sagen. Er ist in diesen schlimmen Phasen so sehr bei sich selbst, dass ihm der Blick verloren geht für die Auswirkungen seines Tuns. Manches, so hat er mir erklärt, sieht er zwar, aber er will es nicht wahrhaben. Ich habe mir also vorgenommen, nicht mehr so viel kommentarlos einzustecken, d.h. ich will ihm ruhig beschreiben und erklären, was mit mir passiert, wenn mir etwas passiert, was ich so nicht aushalten kann oder will. Bislang habe ich viel zu viel zurückgesteckt, um ihn nicht noch mehr zu belasten, um sein schlechtes Gewissen nicht zu verstärken. Aber vielleicht schwäche ich ihn gar nicht, wenn ich mich mitteile, sondern gebe ihm damit auch eine neue Chance sich selbst zu spiegeln und zwar in mir und nicht in sich selbst, wo sich alles im Kreis dreht.
Bislang hatte ich ja noch nicht die Gelegenheit, so viel Neues auszuprobieren, die Zeit der Nähe ist ja noch jung. Aber ich bin gespannt.
Eine Feststellung habe ich auch früher schon gemacht, ähnlich wie du Tom. Mit Humor lassen sich manche Situationen retten und manchmal sogar eine Wende vollziehen, denn Lachen hat wie Weinen eine befreiende Wirkung.
Liebe Grüße,
Tine
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von tommi »

Liebe Tine,

du bist auf dem richtigen Weg, mit deinem Freund ein gutes Miteinander zu finden. Was ich in mehreren Postings schon geschrieben habe ist, dass Beziehungen davon leben, sich gegenseitig ihre Gefühle zeigen. Das ist wohl allgemein gültig. Wenn es mir zuviel wird, muß mein Partner dieses auch wissen. Man sollte nicht den Weg des geringsten Widerstands gehen. Man hat zwar im Moment Ruhe, aber es staut sich so etwas auf, was hinterher zur Explosion führt. Hinzu kommt, dass der Partner alles garnicht so empfindet und daher sich über sein Tun keinerlei Gedanken macht. Rücksichtnahme ist wichtig, aber nicht bis zur Selbstaufgabe.
Gruß
Tom
doubty
Beiträge: 77
Registriert: 25. Mai 2004, 20:02

Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von doubty »

Liebe Viola, liebe Tine, hallo Mitleser!

Habe mir Deinen Beitrag im thread Angehörige durchgelesen, Viola.
Aber es ist so umfangreich, was mir dazu einfällt,hab grade nur kurz Zeit.
Werde mich zu einem späteren Zeitpunkt dazu äußern.
Gereiztheit kenne ich auch sehr gut. Am schlimmsten tritt sie aber bei Personen auf, die in ähnlichen Problemen stecken.
Meine Mutter z.B. hat auch Depressionen. Obwohl sie dann schwach ist, reagiere ich auf sie gereizt.
Es ist so, als wenn mir ein Spiegel vorgehalten würde. Das mag ich gar nicht in einer Depression.
Gut klar komme ich hingegen mit psychsich Gesunden, die mir selbstbewußt gegenüber treten. Sie wirken dann ausgleichend und stabilisierend auf mich. Auch regiere ich auf sie weniger gereizt.
warum das so ist, kann ich nicht erklären.

Vielleicht ist es eine Eigenart bei mir.

Was mir noch zu Dir und Deiner Lebenssituation einfiel, Tine, ist, dass ihr einen großen Vorteil habt.
Für mich war es in der Krankheit immer sehr wichtig, eine Rückzugsmöglichkeit zu haben.
Ein Zimmer in einer gemeinsamen Wohung würde vielleicht ausreichen, aber eine eigene Wohnung empfinde ich als Depressive als beste Lösung.
Als ich vor 5 Jahren hierher zog, hatte ich anfangs große Schwierigkeiten mit dem Alleinsein.
Aber mittlerweile hat es sich mit Besuch und Hobbies so eingependelt, dass ich mich nicht mehr allein fühle, außer in wenigen Situationen.
Und wenn man eben ,um den Kreis zu schließen, sehr gereizt ist, dann ist es manchmal einfach besser , allein zu sein.
Die anderen müssen ja nicht unbedingt mitbekommen, wenn man sich wie Rumpelstilzchen am liebsten selber in der Luft zerreißen würde.

Liebe Grüsse
Anna
Uschi
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Registriert: 13. Nov 2004, 21:52

Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von Uschi »

Liebe Tine
Ich habe heute diesen ganzen Thread durch gelesen und dabei ist mir sehr wohl aufgefallen, dass du in grosser Gefahr stehst, selbst krank zu werden. Gib auf dich acht!!! Wie sich die Dinge entwickelt haben, bin ich allerdings zuversichtlich, dass du die 'Kurve kriegst'.
Etwas Weiteres glaube ich herausgespürt zu haben: dein Freund ist ein sehr verantwortungbewusster und hilfsbereiter Mensch. Will heissen, sobald DU Hilfe brauchst reagiert er. Du könntest das nun einsetzen um Reaktionen/Antworten von ihm zu erhalten. Ein klein Bisschen rate ich dir auch dazu (sag ihm, dass du ihn brauchst (das ist doch so? möchte dir nicht zu nahe treten), nicht nur, dass du ihm helfen willst (was ich absolut grossartig finde!!)), jedoch nur in dem Sinne, wie du dich schon entschlossen hast, es zu tun. Nämlich ihm Rückmeldungen zu geben, wie sein Verhalten auf dich wirkt und ihm auch sagen, wenns DIR mies geht. Aber wenn du zu viel auf dieser 'Ich-brauch-deine-Hilfe-Klaviatur' spielst, wird es ihn überfordern und dann kommt wieder der Rückzug - es ist eine Gratwanderung! Wenn du jedoch schreibst, dass er seinem Beruf nachgehen kann und seine Verpflichtungen gegenüber Eltern und Kindern wahrnimmt, dann kann er auch dir gegenüber 'etwas zuverlässiger' sein. Ich würde fast vermuten, da steckt eher Bindungsangst dahinter als depressives Nicht-Tun/Wollen-Können, möchte mir hier allerdings kein Urteil erlauben. Vielleicht kannst du dich da in euren Gesprächen sachte und sorgsam an diesen Punkt herantasten.
A pro-pos Gespräche, was spricht denn eigentlich dagegen, des Öfteren einfach nur zu plaudern?? Klar, in einer Beziehung möchte/braucht mann/frau auch Tiefgründiges, aber wenn das in seinen schlechten Phasen schlecht geht, kannst du das vielleicht auf die guten Phasen verschieben und in den miesen Zeiten über die 'Oberflächlichkeit' die Nähe suchen ?
In einem Punkt gehe ich mit all den anderen Betroffenen (zu denen ich leider auch gehöre) und Angehörigen einig: ER BRAUCHT UNBEDINGT EINE THERAPIE. Doch die Idee, ihn 'gewaltsam' da hin zu schleppen, halte ich für keine gute. Er muss es einsehen und Ja sagen dazu, alles andere bringt nix.
Ich möchte nochmals auf deine anfänglichen Fragen zum Helfen können zurück kommen. Zusätzlich zu den vielen guten Ratschlägen, die du schon erhalten hast, kann ich noch aus eigener Erfahrung anführen, wie mir eine gute Freundin (die Einzige, die noch Zugang zu mir hatte) geholfen hat. Oft ist sie stundenlang bei mir gesessen und hat nur meine Hand oder meinen Arm gehalten oder ihren Arm über meine Schulter gelegt, ohne etwas zu sprechen. Ich weiss nicht, ob dein Freund den körperlichen Kontakt in diesen Situationen mag oder eher nicht. Vielleicht hast du ja da schon herausgefunden?
Oft berichten Betroffene, dass sie sich nach körperlicher Aktivität besser fühlen (Endorphin-Ausschüttung), mir ging es auch so, nur hatte ich nicht die Kraft, mich zu körperlicher Aktivität aufzuraffen. Die Appelle von wohlmeinenden Angehörigen bringen da auch nichts. Meine Freundin hat mich oft einfach bei der Hand genommen und hat gesagt, komm, wir gehen spazieren; mit sanftem Druck aber ohne Diskussionen oder gar 'Kampf'. Gegen diese Weise hab ich mich (fast) nie gewehrt und der Spaziergang im nahen Wald hat mir immer Erleichterung verschafft.
Einen letzten Punkt möchte ich noch erwähnen: ich hab den Erfahrungsbericht von Elfriede I. [kompetenznet-depressionFür BetroffeneErfahrungsbericht] durchgelesen und fand ihn sehr informativ. Würd ich dir empfehlen, falls dus nicht schon gemacht hast. Sie empfiehlt und erläutert ganz am Schluss ein Buch "Depressionen überwinden". Vielleicht wäre das auch etwas für dich, da dort u.a. auch gezeigt wird, wie Gespräche mit Betroffenen geführt werden können. Ich werd mir das Buch sicherlich auch besorgen.
Ich hoffe, dass ich mich einigermassen verständlich ausgedrückt habe, vor allem bezüglich des ich-brauch-auch-Hilfe-Themas. Wenn nicht, lass es mich wissen, ich versuch dann, es besser zu erklären.
Ich wünsche dir von ganzem Herzen viel Kraft, diesen schwierigen Weg weiter zu gehen und will es nochmals erwähnen: ich finde es grossartig, wie du dich bemühst, deinen Freund zu verstehen. Ich hoffe sehr, dass ihr zwei es schafft, eine tragfähige Beziehung aufzubauen und vor allem hoffe ich, dass er in eine Therapie einwilligt und dass bald ein Weg gefunden wird, dass es ihm besser geht.
Alles Liebe
Uschi

Sorry, das wurde lang - ist halt eine Antwort auf den ganzen Thread
Tine
Beiträge: 214
Registriert: 11. Okt 2004, 19:57

Re: Nicht-Tun-Können; Nicht-Wollen-Können

Beitrag von Tine »

Liebe Uschi,

ich danke dir für deine sehr ausführliche, differenzierte Antwort.
In der Tat war ich in den letzten Wochen hart an der Grenze selbst krank zu werden. Die Tatsache, dass ich selbst seit eineinhalb Jahren in Therapie bin, zeigt ja auch, dass ich selber nicht ganz im Lot bin.
Manchmal glaube ich, dass es genau das ist, was meinen Freund und mich wie Magneten aneinander zog. Zwei Ver(w)irrte, die sich einander erkennen.

Du hast recht, wo du von einer Gratwanderung sprichst. Mein Freund ist immer sehr bemüht, allen Ansprüche, die an ihn gestellt werden, gerecht zu werden. Dann, wenn es zuviel wird, fängt er an Abstriche zu machen. Der Rotstift wird dann als erstes an der Beziehung angesetzt. Hier sieht er auch seine größte emotionale Belastung. Er hat nicht verstanden, dass eine Beziehung eine Hilfe sein kann. Er versteht nicht, dass man in einer Partnerschaft auch einmal schwach sein darf. Seine Erfahrung (gescheiterte Ehe mit grausamer Trennung)hat ihn dies wohl gelehrt. Er will nicht, dass ich ihn sehe, wenn es ihm nicht gut geht. Er hat Angst davor, sich dann so zu verhalten, dass ich es erschreckend finden könnte. Irgendwie versteht er nicht, dass die Distanz für mich das Schlimmste ist. Dazu kommt noch, dass er Angst hat, sich auf jemanden zu verlassen. Die Rückzüge, die er startet, kommen mir manchmal auch wie der Versuch vor, sich selbst zu zeigen, dass er auch ohne mich gut auskommt. Wenn er das dann spürt, geht es ihm wohl wieder besser. Er weiß sehr wohl, dass ich ihn liebe, aber irgendwie muss er dies wohl auf die Probe stellen.
Das ist aber immer nur dann der Fall, wenn die Welt um ihn dunkel wird. Zum ersten Mal seit ich ihn kenne hat er das Wort 'Depression' überhaupt in den Mund genommen. Ich habe richtig gespürt, wie schwer ihm das gefallen ist. Ich habe jetzt den Vorschlag von Edeltraud aufgegriffen und habe ihm gesagt, er solle seinen Hausarzt (ein Freund von ihm) aufsuchen und ihm alle seine Symptome aufzählen, pysische wie psychische. Ich hoffe, dass der Arzt dann die richtigen Schlüsse zieht. Bis ich ihn zu diesem Besuch überredet habe, wird es noch dauern.
Meine Therapeutin hat mir auch dazu geraten, ihm ganz deutlich zu machen, dass mich diese Phasen des Rückzuges immer mehr schwächen und dass meine Kraft nicht reichen wird, dies noch öfter mitzumachen. Das heißt also, ihn mehr fordern Verantwortung zu übernehmen.
Du hast dies selber auch geschrieben. Er kann sich für so viele Dinge verantwortlich zeigen, dann muss er es auch mir gegenüber versuchen.
Es bleibt nach wie vor schwer. Ich muss jetzt die gute Zeit nutzen, mehr zu mir selbst zu finden. Ich suche mich zu sehr in ihm. Nur wenn ich stärker werde, kann ich uns beiden helfen.
Noch einmal Dank für deine Antwort.
Liebe Grüße
Tine
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