Spiritualität und Depression VI

chimera

Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von chimera »

Spiritualität ist: Das Leben zu lieben, weil es nie so ist, wie wir meinen, daß es sein sollte.

@ Ben: Vielen lieben Dank für Dein Posting. Eine Antwort werde ich erst morgen zustandebringen.
albert
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von albert »

Hallo Lisetta,
ich finde du hast da ein schönes Bild oder anders gesagt, Bildergeschichte für deinen Weg gebraucht. Sind diese Bilder einfach so entstanden oder aus einem Tagtraum, oder sonstwie? Mir fallen Bildergeschichten bei allen möglichen Gelegenheiten ein. Ich denke in Bildern und die Bilder sprechen für sich.
Du schreibst von deiner Schwierigkeit, die großen Steine aufzuheben. Könntest du auch Werkzeuge benutzen, um mit den Steinen zu arbeiten, also sie an die gewünschte Stelle zu bringen und aufeinander zu schichten? Die alten hatten einfache Werkzeuge, z. B. Hebel aus Holz oder Metall und Rollen und die haben tonnenschwere Steine bewegt. Du hast doch sicher Bilder gesehen von Stonehenge, von Megalithgräbern oder von der Osterinsel? Diese Monumente wurden allesamt mit relativ einfachen Mitteln gebaut. Also lass den Mut nicht sinken. Not macht erfinderisch.
Du weißt nicht, mit welchen Steinen du beginnen sollst. Und gleich darauf schreibst du vom fehlenden Vertrauen in deine Fähigkeiten.
Bist du eigentlich in Therapie? Oder gäbe es Möglichkeiten für dich, deinen Selbstwert zu heben?
Auch deine Frage, welche Steine du zuerst aufheben sollst, weist in die gleiche Richtung: Unsicherheit durch fehlenden Selbstwert.
Ich wünsche dir, dass du Lösungen dafür finden kannst und ich schicke dir noch etwas Kraft dazu.
Herzliche Grüße
Albert
ben1
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von ben1 »

Hallo Sternenkind

hab den "baum der Erkenntnis" auch gelesen und finde die Erkenntnisse mehr als bemerkenswert - und Deine Schlüsse draus fürs praktische Leben sind brilliant!

Danke

Ben
tomroerich
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von tomroerich »

Hallo Sternenkind und Taubenfeder,

hmhmm, schöne, poetische Namen , wollte euch mal Guten Tag sagen und dass ich mich freue, euch hier zu sehen. Dass wir unsere Welt selber konstruieren, ist eine wahnsinnig aufregende Möglichkeit! Und sehr vieles über unser Leben würde dadurch klarer und verständlicher werden. Was Schicksal ist z.B. und was Karma. Eine universellere Gerechtigkeit kann man sich kaum denken als die, dass alles mit allem verknüpft ist. Ein Gewebe, in dem alles gleich wichtig ist und in dem nichts geschehen kann, ohne alles andere zu beeinflussen. Niemand müsste sich jemals mehr ausgeschlossen und einsam fühlen, egal wie klein und unbedeutend er sich auch vorkommt.

Ich erzähle jetzt mal was, das habe ich noch niemandem erzählt, weil ich es so schwer erklären kann. Manchmal kommt es vor, dass ich so etwas wie einen Mangel fühle, als würde etwas fehlen in meinem momentanen Leben. Es könnte so etwas wie z.B. ein Mangel an Zuwendung sein. Oder dass ich feststelle, dass mein Verhältnis zur Natur arm geworden ist. Und sowie ich das erkenne, verändert sich mein Leben wie von selbst. Ich muss nicht mehr tun, als wünschen und es verändert sich. Das, was fehlt, ist dann da. Aber es kommt nicht neu hinzu, es war immer schon da, weil ich ja mit allem verbunden bin. Es kommt zu mir, weil ich daran glauben kann.

Gruß von

Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
Lisetta
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von Lisetta »

Hallo Albert,

deine Idee, Werkzeuge zu benutzen beschäftigt mich, seitdem ich deinen Beitrag gelesen habe. Damit hast du mir einen wichtigen Denkanstoß gegeben, denn darauf bin ich tatsächlich noch nie gekommen - wohl deshalb, weil ich denke, mir nicht helfen lassen zu dürfen/ können und immer alles allein schaffen zu müssen. Nun überlege ich die ganze Zeit, woher ich die Werkzeuge bekomme; ob ich sie mir selbst hole oder baue, ob sie mir jemand geben oder bauen kann oder ob ich einfach nur aufmerksam um mich blicken muss, weil sie vielleicht schon da liegen und ich sie übersehen habe.

Diese Bilder entstehen manchmal, wenn ich versuche, jemandem oder mir selbst zu erklären, wie es mir geht. Normalerweise denke ich eher in Worten.
Ich bin in Therapie; noch nicht lange und auch (noch) nicht zufrieden. Über Möglichkeiten, das Selbstwertgefühl zu verbessern denke ich schon lange nach. Aber ich bin viel zu gefangen in meinem Denken und meinen Ängsten. Aber ein chinesisches Sprichwort besagt:
" Auf einem langen Weg gibt es keine leichten Lasten."
Sehr wahr.

Liebe Grüße,
Taubenfeder
Lisetta
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von Lisetta »

Guten Tag Thomas,

danke für deine Begrüßung .
Die Konstruktion der Welt finde ich auch sehr spannend. Allein schon die Tatsache: So wie ich einen Stuhl sehe, musst du ihn noch lange nicht sehen. Dein Stuhl ist nicht mein Stuhl, obwohl es doch der gleiche Stuhl ist. Aber er existiert nur in unserer eigenen Wirklichkeit und nicht in einer übergeordneten. Außerhalb unserer Weltkonstruktion existiert er also nicht, d. h., wenn wir ihn nicht sehen und bezeichnen würden, gäbe es ihn nicht. Oder doch?! Das können wir eigentlich gar nicht wissen, weil wir uns nicht in eine übergeordnete Wirklichkeit versetzen können, vorausgesetzt, es gibt sie. Diese Verbindung von allem mit allem ist eine faszinierende Vorstellung und wenn man sie verinnerlichen würde, wenn man daran glauben könnte, wenn man im Innersten überzeugt davon wäre, dass es tatsächlich so ist - dann bräuchte man sich tatsächlich nie mehr ausgeschlossen und einsam fühlen. Man wäre aufgefangen in einem Netz, das nicht zerreißen kann, weil es ein universelles Gesetz ist. Ich stell mir gerade vor, wie von meinen Fingerspitzen, von meinem Kopf, meinen Füßen usw. feine silbrige Fäden in die Welt hinausgehen und dort mit vielen anderen Dingen verbunden sind, die ich nicht alle erkennen kann. Die Fäden sind ganz zart und gewellt, manche sind mit anderen verschlungen und sie sind dehnbar. Sie halten mich und geben mir zugleich Freiraum.
Es ist vielleicht tatsächlich immer schon alles da, nur wir sehen es nicht. Und wenn man seinen Blick schärft, durch Offenheit, durch Glauben und Wünschen, so wie du es in deinem letzten Absatz beschreibst,dann können wir sehen, was vorher im Dunkeln verborgen lag. Es kommt vielleicht zu uns, weil wir ihm Aufmerksamkeit schenken, weil es gebraucht wird, weil es weiß, dass wir genau das brauchen. Was immer auch dieses Es ist und auf welche Weise auch immer es von uns weiß...

Einen schönen Tag wünscht

Taubenfeder.
Sternenkind
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von Sternenkind »

Hallo Thomas

-kursiv:--Das, was fehlt, ist dann da. Aber es kommt nicht neu hinzu, es war immer schon da, weil ich ja mit allem verbunden bin. Es kommt zu mir, weil ich daran glauben kann.---

JAAAA. Ich glaube auch ganz fest daran: Es ist alles schon da und es geht 'einfach' nur darum, zu erkennen was ist. Die Verbindung ist. Aber es ist eben alles so komlex, dass es nicht so leicht zu fassen ist.
Wir können es unmittelbar mit dem Herzen fühlen. Wir können im Dialog mit den anderen eine Ahnung davon entwickeln. Wir können uns 'ihm' nähern, aber 'es' nie fassen. Dieses 'es' ist letztendlich die göttliche Kraft,
die uns alle Leben lässt, der Ursprung von allem. Jede Gesellschaft versucht, dieses 'es' zu erklären. Wir im Abendland haben die Christliche Religion, die uns einen Zugang zu unseren Wurzeln, zu unser Verwurzelung in dem
Nichtbenennbaren, zeigt. Inwieweit die Christliche Religion heute noch trägt kann man diskutieren, als Weltreligion sollte man sie auf jedenfall ernst nehmen. Für mich spannend sind zwei Weiterentwicklungen: Was liegt (zeitlich)
hinter dem Christentum, können wir wieder die Wurzeln zu der alten Weisheit der Kelten, zu den Naturreligionen erlangen. Und: Was können wir von der Buddhistische Weisheit lernen?

Meine These: Da uns unsere Wurzeln verloren gegangen sind, verwundert es nicht, dass immer mehr Menschen psychisch erkranken. Eine Heilung kann nur gelingen, indem wir uns wieder 'verwurzeln'.

Und da ist dann eben der Systemgedanke wieder sehr spannend: wir selbst konstruieren unsere Welt, d.h. jeder Einzelne hat die Möglichkeit und auch die Verantwortung für sich selbst die Frage nach seinen Wurzeln zu klären.
Und: da wir eingebettet sind in eine Umwelt, das System wiederum unser Handeln beeinflusst, ist es auch wichtig die Verhältnisse zu verändern. Beides muß Hand in Hand gehen. Und beides braucht Zeit!

Liebe Grüße
Sternenkind
Sternenkind
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von Sternenkind »

Hallo Taubenfeder,

da sind wir gerade gleichzeitig am Schreiben gewesen

Ich spüre die zarten, gewellten Fäden.

Einen schönen Tag
Sternenkind
paradiddler
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von paradiddler »

Hallo Taubenfeder,

schon mal Kant gelesen?

Gruß,
Stefan


---

Der Kampf gegen den Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.
ben1
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von ben1 »

Ja, wie kommt Kant denn hier her?

Ich hab mal die "Kritik der reinen Vernunft" gelesen (wohl das Standardwerk von Kollegen Kant). Für alle, die dieses Mamutwerk nicht verschlungen haben (wofür ich vollstes Verständnis habe) hier eine kurze Zusammenfassung von Ben

Kant versucht (und das ziemlich eindrucksvoll, das sei ihm zugestanden) zu erklären, warum wir manche Sachen überhaupt verstehen können und gibt klare Kriterien an, wann von "Wissen" überhaupt gesprochen werden kann. Das war zu seiner Zeit revolutionär! Er macht den Paradigmenwechsel perfekt, indem er das Individuum als den Erkennenden erkennt und gleichzeitig zur einzigen Quelle wahren Wissens macht. Da scheiden ein paar Sachen quasi von selbst aus (z.B. Gott). Laut Kant kann Gott nicht bewiesen werden (er führt sämtliche Gottesbeweise ad absurdum), aber es kann auch die Nicht-Existenz von Gott nicht bewiesen werden (wie tröstlich).
Wenn jetzt jemand denkt, so wie Kant zu denken sei das Nonplusultra, der solle sich mal mit dem Menschen Kant beschäftigen (ein solches Leben möchte ich nicht geschenkt!) Wenn sich einer nur und ausschließlich auf den Verstand verlässt, kann er mit Sicherheit tolle Erkenntnisse gewinnen - aber er wird irgendwie leer bleiben.
Kant bietet exzellente Erklärungen für die "Denkwelt" - die Welt des Fühlens, Spürens und intuitiven Wissens bleibt ihm leider gänzlich verschlosseen. So fände ich es spannend, den "Kant in mir" zu entdecken, mich über seine Möglichkeiten zu freuen und sie zu nutzen, gleichzeitig aber seine Grenzen zu kennen und über diese Grenzen hinauszugehen.

Ben
butterfly7
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Registriert: 8. Jul 2004, 17:35

Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von butterfly7 »

hi,
etwas banales, für mich wichtiges, weil hintergrund/zeitraum nicht so einfach erklärbar. habe die letzten zwei tage "hinter" mich gebracht.
keine weiteren erklärungen.
nur tipp ( nicht jedermanns/frau sache):
morgen 20.15 VOX "brokedown palace-die hoffnung stirbt zuletzt" . diese cd mit vielen anderen songs liegt oft in meinem player....
habe die EPI- krise im norddt. raum mit albtäumen verschlafen!!!!
(ist das im süddt.raum eingentlich/überhaupt
angekommen, das hier ein ein erdbeben auf der richterskala von 4,5 gemessen wurde)
liebe grüße
dust
pferdediebin
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von pferdediebin »

hy folks!


ich hab heute beschlossen,beim thema "depression und spiritualität" nägel mit köpfen zu machen.keine theorie mehr!nachdem mein bruder heute bei mir im laden unbedingt die "bestellungen ans universum" haben wollte,ist mir in den sinn gekommen,wie gut das doch funktioniert hat,damals...und,das ich mir in der form,wie wir das damals gemacht haben,noch nie gewünscht habe,gesund zu werden.ich hab heut einen immensen widerwillen verspürt,diese krankheit loszulassen,denn sie bietet mir ja eigentlich massenhaft sicherheit.in meiner ganzen vielschichtigkeit ist auf sie verlaß,sie ist meine bremse und mein (scheißegal-)fallschirm.und als beglaubigte depressive hab ich die beste ausrede der welt(höramal,dös is ma jetz zuvü schdress)(und dös is gifd füa mi).
aber ich möcht trotzdem wieder wissen,wie sich gesundheit anfühlt,also hab ich nachgedacht,welche rituale wir damals gemacht haben.ich hab vorsichtshalber ein bad mit einem halben kilo atlantik-meersalz genommen,weil das die aura so schön reinigt,um mich herum stehen kerzerln in allen möglichen orientalischen behältnissen.es riecht nach bergamotte+rose,und das engelsbuch,weil das haben wir damals auch genommen,um irgendetwas feierliches von uns zu geben.tja,dann hab ich mir noch einen coolen engel,der genau dafür zuständig ist,rausgesucht,mit dem unaussprechlichen namen habuhiah,besonders mit dem letzten "h" hab ich mir schwer getan,und da war noch dieses nette gebet...

habuhiah,mach das mein glaube fruchtbar sei,mach daß dein licht das in meinem innersten angehäuft ist,so intensiv,daß es mir erlaubt die krankheit zu heilen.mach,daß die versuchungen,die mir das leben anbietet meinen glauben verstärken,und mir helfen,ein höheres bewußtsein der ereignisse zu erreichen.engel habuhiah,gib mir die kraft der wagnis,gib mir den mut,gefahren gegenüber zu stehen.gib mir dein licht,um die dunkelheit und die angst zu besiegen.führe mich mit sicherer hand gegen reiche der wahrheit und spirtualität;mach aus mir einen bürger deiner welt,wo keine zweifel mehr existieren,dort wo der erfolg offensichtlich ist.lass mich für die anderen,und für mich selbst,eine quelle der gesundheit und der freude,der liebe und des überflusses sein.
währenddessen hab ich mein wunschzetterl verbrannt.und jetzt konzentriere ich mich darauf,zu glauben wie ein kind,in aller unschuld daran,daß alles möglich ist.und dann werde ich es vergessen,und einfach weitermachen,als wär nix gewesen ...den rest machen die da oben,wie auch immer,wann auch immer,durch wen auch immer...es wird geschehen!


pferdediebin *anscheinendeinenmessiaskollergekriegthatnachdemsichdieganzenforumsgöttervertschüssthaben*


you think i'm crazy?
it's not as though i don't know that condition...
"Die Stimme des Fleisches verlangt: nicht hungern,nicht dürsten,nicht frieren.Wer dies erreicht und hoffen darf,auch künftig zu erreichen,kann sich selbst mit Zeus im Glücke messen"



Epikur





Lisetta
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von Lisetta »

Hallo Stefan,

Kant habe ich bisher nur zwangs- und auszugsweise im Studium gelesen. Hat mich jedoch nicht ermutigt, mehr von ihm kennen lernen zu wollen. Was meinst du - welches Werk und warum sollte ich es lesen? Vielleicht kann ich mich ja doch noch damit anfreunden. Bisher aber sehe ich das ähnlich wie Ben - Kant ist mir zu verstandesbetont.

Taubenfeder
Alina1
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von Alina1 »

Wie ein Kind daran zu glauben,dass alles möglich ist....Genau das ist mir abhanden gekommen.Nach diesem Glauben suche ich.Ich werde dafür sorgen,nach MEINEN Bedingungen leben zu können!

Antje
paradiddler
Beiträge: 237
Registriert: 19. Sep 2003, 08:21

Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von paradiddler »

Hi Taubenfeder,

im Zweifelsfall "Die Kritik der reinen Vernunft".

Aber ich bin auch kein Experte; frag mal Ben1 oder so, der scheint den Plan zu haben.

Gruß,
Stefan


---

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ben1
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von ben1 »

Hallo Stefan

als Kant-Experte sehe ich mich nicht - aber danke für die Blumen

Ich würde gerne über einen anderen Begriff, der mit Spiritualität zu tun hat, mit Euch diskutieren, nämlich den des MUTES

Ich denke, das Depressionen bei vielen Menschen in Phasen auftauchen oder sich verstärkt zeigen, die mit Umbruch und Neugestaltung zu tun haben (die Midlifecrisis, aber auch "Neu entdeckt" die Quarterlifecrisis) - Phasen, die den Mut erfordern, sich auf neues (oder sich selbst?) einzulassen und die den Mut fordern, vertrautes Gelände zu verlassen und Neuland zu betreten. Ich denke, unser Verstand spielt uns hier wieder einen üblen Streich - nämlich den, das alles, was ich nicht kontrollieren kann, zwangsläufig in einer Katastrophe enden muß, ja, das es manchmal sogar besser sei, kontrollierbares Elend zu ertragen als sich auf Neues einzulassen. Was hat das mit Spiritualität zu tun? Ich denke, Spiritualität kommt dann ins Spiel, wenn ich mich von einem gewohnten ich verabschiede(n muß), um dann (vermeintlich) vor dem nichts zu stehen.

Wenn ich mein Ich als erfolgreicher Geschäftsmann und Treusorgender Vater aufgebaut habe, und plötzlich stehe ich vor der Pensionierung und die Kinder werden flügge, was bleibt dann von mir? Irgendwie stirbt da ein Ich, und das tut weh und will betrauert werden, aber auf der anderen Seite ist es eben eine Bedingung des Lebens, das wir die Sicherheit nicht in der Gestaltung unserer Umwelt finden (zumindest nicht auf lange Sicht), sondern nur im Einschwingen mit dem Wechsel, mit dem Strom des Lebens. Man kann im Lebens nichts festhalten, alles fliest, vergeht, entsteht neu - und Siritualität bedeutet für mich, sich auf diesen Strom einzulassen, mitzutreiben, bewußt wahrzunehmen, was passiert und dann einzugreifen, wenns nötig ist (so einfache Worte, so schwer in die Tat umzusetzen)

Ben
chimera

Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von chimera »

Hallo Ben,

habe mich ja schon so ziemlich aus diesem Forum verabschiedet, mir jedoch die Option offengelassen, mich in diesem Thread noch zu äußern, da er mir wirklich viel bedeutet. Möchte mich an dieser Stelle noch entschuldigen, daß es mir im Moment nicht möglich ist, auf Deine Postings so einzugehen, wie sie es verdient hätten. Aber ich trage sie im Herzen...

Mit dem Begriff MUT hast Du wieder voll ins Schwarze getroffen. Mir kommt da immer wieder die Weisheit der Sprache in den Sinn: Armut = Arm an Mut. Insofern bedeutet Spiritualität für mich eben immer wieder: VERTRAUEN... Was wiederum bedeutet, ein wenig auf Sicherheit (=Mißtrauen) zu verzichten. Depression bedeutet für mich auch "Verhindern des Wechsels, blockieren des Stroms des Lebens" und insofern sehe ich für mich nur in der Spiritualität eine Antwort auf die Depression... Wobei es mir - aufgrund eigenen Erlebens - bewußt ist, daß dies auch bedeuten kann, so ziemlich alles aufzugeben, was einem bisher im eigenen Leben wichtig war, und das macht es so schwierig...

In der Retrospektive entdecke ich eben immer wieder, daß mich Mangel an Mut und auch Angst in die Depression geführt haben, hingegen hat sich Mut immer "ausgezahlt"... Nicht in Form von barer Münze, sondern in Form von Ent-wicklung, in Form von Lebendigkeit...

Dazu paßt vielleicht noch, daß ich von verschiedenen erfolgreichen Menschen immer wieder gesagt bekam: "Man sollte keine Möglichkeit auslassen, sich zu blamieren..."

Danke, liebe Pferdethiefin...


Viele liebe Grüße,
Chimera
maggy
Beiträge: 1150
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von maggy »

Hallo Ben und Chimera,

wenn ich den Begriff MUT höre fällt mir immer der Spruch ein, den ich jahrelang an meiner Pinwand pappen hatte:

"Mutiger als das Unbekannte zu erforschen, kann es sein, das Bekannte zu bezweifeln!"

Ich weiß nicht mehr wer den Spruch kreiert hat, aber ich habe ihn gelebt (zum leidwesen vieler meiner Mitmenschen ).
Ich habe ihn so rauf und runter gelebt, dass in meinem Leben fast kein Stein mehr auf dem anderen stand. Das gute daran war, dass auch irgendwann die ganzen Glaubenssätze dran kamen:

"Du kannst machen, was Du willst, es wird sowieso nichts"
"Du bist ja verrückt"
"Schuster bleib bei deinen Leisten"
"Lieber arm und gesund, als reich und krank"

...und viele, viele andere Glaubenssätze, durch die ich mir habe meinen Mut nehmen lassen.

Ich hab ihn wieder, den Mut und wenn er mir mal wieder abhanden kommt, lache ich und erinnere mich dran, dass es ihn gibt.

Alles Liebe
von
Maggy
-------------------------------------------

Depression ist die Fähigkeit mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren
ben1
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von ben1 »

Hallo Chimera

freut mich, das die Postings den Weg in Dein Herz gefunden haben - davon habe ich nicht ausgehen können - Danke!

Den Begriff MUT auch in Armut zu entdecken, trifft den Nagel auf den Kopf! Ich denke, das aufgeben der Sicherheit kann dann besser gelingen, wenn man sich mal vergegnwärtigt, wie sicher diese Sicherheit wirklich ist (man denke z.B. aktuell an Karstadt oder Opel - sichere Arbeitsplätze in großen Konzernen - so meinte auch ich). Sicherheit findet man nicht in der Außenwelt, sondern (paradoxer Weise!) indem man diese vermeintliche Sicherheiten als soche durchschaut und somit wieder beweglich wird! Auch ich habe meine Krankenversicherung und meine Absicherung für den Lebensabend geplant, und ich denke, das ist auch ein Stück weit völlig in Ordnung. Problematisch wirds, wenn unser Klammern an Sicherheit uns von unseren eigentlichen (Entwicklungs)aufgaben abhält. Wenn ich mir einen Schritt dreimal überlege, obwohls da eigentlich nichts zu überlegen gibt (das "Erwachsenwerden" zum Beispiel - war bei mir unheimlich angstbesetzt (Verantwortung übernehmen, mich von der Jugend und meinen Allmachtsphantasien zu verabschieden bzw. sie zu relativieren) - und dann meine Form des Erwachsenwerdens finde und lebe. Hier habe ich wirklich eine Menge Gestaltungsspielraum und kann mit Hilfe meiner Kreativität meinen Weg gestalten. Wie Du schon ganz richtig sagst - rückblickend haben Entscheidungen, die ich mit Mut gefällt habe, immer einen Wert - und so wird das auch für die Zukunft sein - aber das werden wir wieder nur aus der Retrospektive erkennen können. Hab dazu mal ein schönes Zitat gelesen "Eine Katastrophe ist nur dann eine Katastrophe, wenn man sie nach sieben Jahren immer noch als Katastrophe bezeichnet" - und so haben viele Tiefschläge und Krisen in meinem Leben im Nachhinein imemr einen Sinn ergeben.
Wenn wir uns an die Sicherheiten klammern und sie mitnehmen wollen, wird unser Handlungsspielraum immer eingeschränkter, unser leben immer mühevoller. Es ist, wie mit einem Rucksack eine Weltreise machen zu wollen, und alles, was an schönem vorgefunden wird, in den Rucksack zu stopfen ("könnt ich ja noch mal brauchen", "hat mir gute Dienste geleistet" usw.) Und irgendwann ist der Rucksack so schwer, das man nicht mehr gehen kann! Vielleicht könnte man das eine oder andere aus dem Rucksack nehmen, vielleicht noch ein Foto davon machen (wenn man sich später mal dran erinnern will) und mit leichtem Gepäck weiterreisen.

Oder?

Ben
butterfly7
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von butterfly7 »

pferdediebin
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von pferdediebin »

my dears!


in sachen mut ist mir noch ein wenig eingefallen.ja,die depression hat mir mein gefühl von sicherheit geraubt,ich konnte plötzlich hinter diese ganzen kulissen sehen,und was ich da gesehen habe,hat mir jegliche hoffnung geraubt.und ich habe mich damit abgefunden,habe meine hilflosigkeit und ohnmacht akzeptiert.
ich war eigentlich immer recht mutig im leben,meine schier unerschöpfliche energie hat viele fehlentscheidungen ausgehalten.ich wußte,ich würde niemals untergehen.
und,selbst als ich diese energie nicht mehr hatte,und auch nicht mehr diesen glauben,sogar als ich wirklich bereit war unterzugehen,ES IST NICHT PASSIERT...
ein reines wunder...und es dauerte auch noch einige zeit zu sehen,wo mich das hinführen sollte.mein un-mut leitete mich sanft aber beharrlich zu meinen mängeln.
und diese ganze zu-mut-ung rundherum hat mir meine grenzen aufgezeigt.und ich entwickelte den mut,zu dieser krankheit zu stehen,weil sie ein weiserer teil von mir selbst ist.den müssen nicht alle verstehen,aber ich muß mich auch nicht dafür schämen.
wo stehe ich jetzt ?
das leben läßt mich nicht im stich,es wird für mich gesorgt,und es entsteht kein schaden,wenn ich bereit bin die lektionen zu lernen.
mit unschuldigem mut lerne ich zu vertrauen...begreife das leben als spiel und abenteuer,vergesse aber nie meine pflichten zu erfüllen.
und ich habe eine andere art von glauben gefunden,der mich zum "fließen" gebracht hat.


wie sagt mein vater immer: das denken überlaß den pferden,die haben den größeren schädel


pferdediebin
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ben1
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von ben1 »

Das hast Du wunderbar gesagt!

"das leben läßt mich nicht im stich,es wird für mich gesorgt,und es entsteht kein schaden,wenn ich bereit bin die lektionen zu lernen.
mit unschuldigem mut lerne ich zu vertrauen...begreife das leben als spiel und abenteuer,vergesse aber nie meine pflichten zu erfüllen.
und ich habe eine andere art von glauben gefunden,der mich zum "fließen" gebracht hat."
pferdediebin
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von pferdediebin »



pferdediebin dankt dem coelho des forums...
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ben1
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Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von ben1 »

Da der Thread etwas einzuschlafen droht, hier noch ein (für mich) wichtiger Gedanke über das fühlen von Gefühlen von Da Avabhasa (der heist wirklich so)

"Die Suche nach Befreiung vom Leid ist selber eine Form von Leid. Sie ist nicht die Lösung des Problems! Der Grund, das Ihr so verstört seit angesichts der Gegebenheiten Eures Lebens, die Euch Ansgt, Trauer und Zorn einflösen besteht darin, dass ihr nie diese Gefühle vollständig fühlt! Wenn Ihr Euch nicht verkrampft und das Fühlen unbegrenzt wird, dann wird es zum Sein an sich ... Es ist Liebe, Glückseeligkeit ... die aus sich heraus existierende, strahlende, völlig ungehinderte Kraft des Daseins."

So isses

Ben
Cybill
Beiträge: 29
Registriert: 29. Okt 2004, 17:06

Re: Spiritualität und Depression VI

Beitrag von Cybill »

Hallo!
Wäre zu schade, wenn dieser Thread gerade jetzt einschlafen würde! Habe ihn gerade erst entdeckt und bin von den vielen Weisheiten und Gedankenanstößen, die da beim Lesen auf mich einstürmten, noch ganz benommen...

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll - kann mich aber der "Huldigung" von Pferdediebin in Richtung Ben anschließen.

Allerdings bist Du, liebe Pferdediebin, dann für mich die "Coelha" des Forums
Es gab da vieles, womit Du mir aus der Seele gesprochen hast - wenn ich es auch nicht so hätte formulieren können.
Auch ich spüre, dass ich vom Leben versorgt werde, und dass mir im Grunde nicht wirklich etwas passieren kann (wenn auch dieses Gefühl immer wieder von Angst, Trauer, Zorn, Trotz etc. vergraben wird!). Aber das Wissen darum bleibt trotzdem, und das hilft mir.
Du hast irgendwann mal von einem Märchen geschrieben, in dem ein Weiser das Leben mit einem kunstvoll geknüpften Teppich vergleicht. Gibt´s das in ausführlicherer Form? Hat mir sehr gefallen.

Aufzuzählen, was mich sonst noch sehr berührt und angesprochen hat, würde jetzt den Rahmen sprengen...

Dank und Gruß an alle "Vorredner",

Cybill
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