Verwirrt im Umgang mit Partner

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Anni5120
Beiträge: 8
Registriert: 9. Jun 2025, 20:38

Verwirrt im Umgang mit Partner

Beitrag von Anni5120 »

Hallo allerseits,
ich kenne meinen Mann seit 25 Jahren und seit 15 Jahren sind wir ein Paar. Letztes Jahr hatte er schlimme Panikattacken und mit Hilfe eines Therapeuten hat er sie auch wieder in den Griff bekommen. Leider geht es ihm heute dennoch alles andere als gut. Es sind viele belastende Sachen in unserem Leben in den letzten Jahren passiert und irgendwann hat er – ich kann’s nicht anders nennen – einfach dicht gemacht.
Es gibt leider keine Diagnose, aber ich kann mir sein Verhalten nur mit Depressionen erklären. Er ist komplett antrieblos, von den kleinsten Sachen überfordert, hat Schlaf- und Konzentrationsprobleme. Mich macht es unendlich traurig ihn so sehen zu müssen.
Leider bin ich wegen den ganzen Geschehnissen auch angeschlagen und meine Abwehrkräfte sind nicht die besten. Doch während ich versuche möglichst viel rauszugehen, etwas zu erleben und neue Leute kennenzulernen, igelt er sich immer mehr ein. Wenn er doch mal Freunde trifft, scheint er alle Probleme auszublenden und „funktioniert“ einwandfrei. Ich kriege zu Hause dann die schlechte Laune ab.
Meine Zwickmühle ist im Moment: Er geht seit mehreren Wochen nicht mehr zu seinem Therapeuten und unternimmt auch sonst nichts mehr, was ihm gut tun würde (z.B. Meditation oder Sport). Wenn ich versuche mit ihm darüber zu sprechen, blockt er sofort ab, wie auch bei allen anderen ernsten Themen. Wenn ich dann versuche am Gespräch dran zu bleiben, wird er wütend und stellt alles in Frage. Vor ein paar Wochen, als ich stärker an ihm rütteln wollte, dass er doch wieder zu seinem Therapeuten soll und ich es auch nicht geschafft habe cool zu bleiben, war er drauf und dran die Beziehung zu beenden. Habe es gerade noch so abwenden können, habe gesagt, dass wir das nicht heute entscheiden müssen, aber das hat gesessen. Da es keine Diagnose gibt, ist es für mich so schwer damit umzugehen. Würde er zu seinem Therapeuten gehen und ich wüsste, er hat diese Erkrankung, wäre es für mich leichter.
Nur wenn ich hier zu Hause ein Bullerbü-Ambiente schaffe, einfach alles aufräume und putze ohne mich zu beklagen und immer nett zu ihm bleibe, taut er ein kleines bisschen auf. Dann ist er manchmal auch total lieb und anhänglich. Offensichtlich hat er nicht die Energie sich mit der Situation auseinander zu setzen. Für mich ist das super anstrengend, weil er sich ja nicht helfen lässt und das auf Dauer keine gesunde Beziehung ist. Ich nehm gerne Last von seinen Schultern, aber dass er selber nichts unternimmt, um sich zu helfen, macht mich manchmal echt wütend. Ich gehe dann raus, trage das mit mir selbst aus und geh erst wieder in die Wohnung, wenn ich es mit einem lächelnden Gesicht schaffe.
Ich trau mich nicht mehr das Thema Therapie anzusprechen, aus Angst dass er dann wieder die Beziehung in Frage stellt. Schlucke ich alles runter, krieg ich eher Zugang zu ihm, dann können wir wenigstens mal 15 Minuten über belanglose Themen reden und auch lachen.
Inzwischen fühle ich mich total ratlos. Was hilft ihm jetzt mehr? Dass ich ihn wieder damit „nerve“, dass er wieder zu seinem Therapeuten geht und professionelle Hilfe bekommt? Oder dass ich liebevoll und verständnisvoll für ihn da bin, egal wie antriebslos er ist und dafür keine professionelle Hilfe bekommt? Und was hilft mir selbst eigentlich? Ich bin nur noch verwirrt, wobei sich die zweite Variante für mich irgendwie richtiger anfühlt. Ich möchte ihn ja gerne unterstützen. Aber keine Ahnung wie lange ich das so durchhalten kann.
Ein riesiges Danke an alle, die das hier gelesen haben!
PingPing
Beiträge: 19
Registriert: 6. Apr 2025, 18:01

Re: Verwirrt im Umgang mit Partner

Beitrag von PingPing »

Liebe Anni,

Ich kann dir leider aus eigener Erfahrung sagen, dass Liebe und Verständnis die Depression nicht heilen oder besser machen, und du irgendwann durch diesen Eiertanz, dein ewiges Bemühen und die ständige Rücksichtnahme auf seine Bedürfnisse ausbrennen wirst. Man bemüht sich, man will dem anderen helfen - aber zu welchem Preis? Jedenfalls zu einem, den immer du zahlst.

Es ist selbstverständlich nichts gegen Rücksichtnahme und Verständnis einzuwenden, aber das sollte trotzdem keine Einbahnstraße sein. Das können kleine Schritte sein, die der depressive Partner setzt -manchmal geht nicht mehr - aber in seinem Fall wäre das, zB wieder zum Arzt oder Therapeuten zu gehen um den Status Quo zu verändern.

Was du über eure Beziehung schreibst, erinnert mich sehr stark an die Beziehung zu meinem Mann. Der blockt auch alles ab, will nicht reden, und stellt alles in Frage, wenn ich ein ernstes Gespräch führen möchte. Nur so funktioniert auf Dauer halt keine Beziehung. Die Depression alleine ist das nicht unbedingt, da spielt glaub ich auch sehr stark rein, welche Persönlichkeitsstruktur jemand von Haus aus hat. Aber vermutlich auch, wie schwer die Depression ist.

Das Problem ist, dass er sich nur selber helfen kann. Erst wenn er das tut, kannst du ihn dabei unterstützen.

Bis dahin musst du in erster Linie auf dich selber schauen und ihm klare Grenzen setzen. Bei mir war das die Aufforderung zum Auszug meines Mannes, die er auch bereitwillig angenommen hat. Das Problem beim Grenzen setzen ist immer, dass man leider nicht weiß, in welche Richtung sich der andere bewegen wird. Das tut weh, wenm er in die andere Richtung abbiegt, aber die eigenen Grenzen überschreiten lassen tut auch weh - es ist aber eher ein langsamer, sich einfressender Schmerz und nicht so ein akuter, jäher. Deswegen neigt man leider auch dazu, diesen Schmerz in Kauf zu nehmen und seine Grenzen zugunsten des anderen ewig weit auszudehnen. Aber es macht sich ja schon bemerkbar bei dir, weil du es als superanstrengend bezeichnest.

Du schreibst, dass es einfacher für dich wäre, wenn du wüsstest, welche Diagnose er hat. Aber das ist ein Trugschluss. Es hilft dir, besser zu verstehen, was eigentlich nicht zu verstehen ist, aber am Ende des Tages wird es deswegen nicht einfacher. Es bleibt ätzend und wird irgendwann unerträglich, wenn sich so ein abwehrendes, leugnendes Verhalten nicht ändert.

Ich weiß, wie schwer das alles ist, wenn man seinen Partner aufrichtig liebt und vor allem nach so langer Zeit. Ich hoffe, dein Mann zeigt Einsicht und wünsche dir alles Gute!
Anni5120
Beiträge: 8
Registriert: 9. Jun 2025, 20:38

Re: Verwirrt im Umgang mit Partner

Beitrag von Anni5120 »

Hallo, danke für deine unterstützenden Worte!

Du hast recht, die Persönlichkeit spielt da sicher mit rein. Er ist auch sonst kein großer Über-Probleme-Redner, aber normalerweise stört mich das nicht so. In besseren Zeiten kann man gut genug mit ihm reden, dass ich zufrieden damit bin. Er hat dann auch ein offenes Ohr für meine Sorgen.

Mit allem anderen hast du auch recht - leider. Wie schön wär's doch, wenn man jemandem wirklich einfach helfen könnte. Ich starte bald den Versuch über einen Brief meinen Standpunkt zu vermitteln, vielleicht liest er den ja und zeigt Einsehen, dass er Hilfe braucht.

Im Moment mag ich die Hoffnung noch nicht aufgeben. Wenn ich ihm alles aus dem Weg räume, ist er super lieb und anhänglich, nähebedürftig. Ich werd ihm klar machen müssen, dass ich diesen Modus nur beibehalten kann, wenn er sich professionelle Hilfe holt. Aber ich hab furchtbare Angst davor, was passiert, wenn er es nicht einsieht.
PingPing
Beiträge: 19
Registriert: 6. Apr 2025, 18:01

Re: Verwirrt im Umgang mit Partner

Beitrag von PingPing »

Liebe Anni,

Ein Brief ist eine gute Idee. Schriftliches kann oft leichter verarbeitet werden, weil der Druck, gleich antworten zu müssen, wegfällt.

Du wirst ihm auf Dauer nicht alles aus dem Weg räumen können. Das kann einer allein nicht bewältigen. Zu einer Beziehung gehören zwei und auch als Kranker muss er seinen Beitrag leisten.

Ich kann mir vorstellen, dass die Angst riesig ist. Das war sie bei mir auch. 1 Jahr Therapie, Lesen in diesem Forum und die ehrliche Auseinandersetzung mit der Beziehung (nicht mit der Frage, ob ich meinen Mann liebe!) haben diese Angst aber stark verringert. Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Der Punkt wird kommen, wo du es ansprechen WILLST. Das erfordert Mut, aber Mut zahlt sich immer aus!
Anni5120
Beiträge: 8
Registriert: 9. Jun 2025, 20:38

Re: Verwirrt im Umgang mit Partner

Beitrag von Anni5120 »

Wollte nur kurz die Rückmeldung geben, dass es ein kleiner Erfolg war, ihm meine Gedanken einmal schriftlich mitzuteilen während wir auch gar nicht am selben Ort sind. Für mich war's einfacher zu kommunizieren, dass ich mir Sorgen mache und ihm helfen möchte, ohne selbst in problematische Gesprächsmuster zu verfallen, wenn er grummelig abblockt. Habe ihm geschrieben, dass ich ihm helfen möchte, aber dass ich seine Mithilfe benötige und er wieder in Therapie muss. Sofort danach kam der Anruf wie leid ihm alles tut und dass er es einsieht.
Wie gut das dann in der Umsetzung klappt, werden wir sehen. Erstmal bin ich froh und dankbar über den kleinen Fortschritt.

Vielleicht hilft das ja einem der Mitlesenden, das ist der Grund warum ich davon berichte. Hab lange gezögert vor dem Abschicken meines Textes an ihn, Angst und Kopfkino vor allem, was passieren könnte. Aber eigentlich hatte ja auch nichts zu verlieren, der Zustand war so nicht mehr haltbar.

Ich wünsch euch alles Gute und viel Kraft!
DieNeue
Beiträge: 6265
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Verwirrt im Umgang mit Partner

Beitrag von DieNeue »

Hallo Anni,

das ist schön, das freut mich für dich :)

Liebe Grüße,
DieNeue
PingPing
Beiträge: 19
Registriert: 6. Apr 2025, 18:01

Re: Verwirrt im Umgang mit Partner

Beitrag von PingPing »

Ich halte die Daumen, denn das ist ein guter, erster Schritt!
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