Ich kann nicht mehr- wütende Depression

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Harmonie19
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Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Harmonie19 »

Liebes Forum,
ich habe mich nun aus lauter Verzweiflung als Angehörige eines depressiven Menschen angemeldet.

Zu meiner Geschichte:
Ich kenne meinen (Ex-)Partner nun seit über 6 Jahren, seit 5 Jahren leben wir zusammen in einem Haushalt. Ich wusste von Anfang an, dass immer mal depressive Episoden bei ihm auftreten, aber seit 2024 ist es besonders schlimm. Auch unsere Beziehung verlief nicht immer einfach.
Im Dezember hatten wir einen sehr großen Streit, bei dem ich ihn sehr angeschrien habe, weil ich seine abweisende Art einfach nicht mehr ausgehalten habe. Die Weihnachtstage haben wir dann getrennt verbracht und als ich dann zurück nach Hause kam, sagte er mir, er könne nicht mehr mit mir zusammen sein. Plötzlich war von Depression keine Rede mehr, ich allein sei Schuld, dass die Beziehung gescheitert sei. Eine Zeitlang bin ich dann woanders untergekommen. Seit Februar leben wir wieder in einem Haushalt, allerdings unter dem Deckmantel WG.

Ich hab jetzt wirklich viel versucht: Ablenkung, Gespräche, Unterstützungsangebote, ihn ganz in Ruhe lassen, Druck rausnehmen. Zwischendurch lief es auch mal besser und er fragte an, ob wir nicht wieder in Beziehung sein wollen. 2 Wochen später leugnete er, sowas gesagt zu haben. So ist es hier immer, ein Wechselbad der Gefühle.

Gestern Abend ist dann hier die Bombe geplatz. Beim Abendessen erzählte er wie beiläufig, dass er am liebsten tot sei, dann hätte auch ich endlich meine Ruhe. Er ist oft sehr provokant und aggressiv mir gegenüber und sagt auch "An wem soll ich es denn sonst auslassen?!"

Auf der Arbeit bringt er so viel Energie auf, damit ihm keiner was anmerkt und zu Hause klappt er dann quasi zusammen.

Auf jeden Fall konnte ich das gestern nicht so stehen lassen und habe ihm deutlich und auch etwas aufgebracht erklärt, was solche Sätze bei mir auslösen: Angst und Trauer. Und ich möchte, dass er eine Therapie macht, weil es sonst nicht so weitergeht. Ich werde ausziehem.
Ich weiß natürlich, dass ich ihn zu nichts zwingen kann und Drohungen auch nicht hilfreich sind. Manchmal denke ich, es juckt ihn eh nicht, wenn ich ausziehe, weil er gar nicht mehr in der Lage scheint, etwas zu fühlen.

Ich merke nur, ich kann nicht mehr.

Ich danke euch fürs Lesen meines Textes und wäre so dankbar, wenn ich mich austauschen könnte. Ich bin wirklich verzweifelt.

Herzlichst, Harmonie
Stefan7979
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Stefan7979 »

Hallo Harmonie,

aktuell kann ich nicht mehr für Dich tun als das Gefühl zu geben, dass Du nicht alleine bist.Ich kenne das auch: zwar kann der Partner nicht leugnen, dass etwas mit seiner Psyche nicht stimmt, trotzdem passt es in der Beziehung ja ohnehin nicht mehr. Und dass, nachdem 5 Tage zuvor noch dafür gedankt wurde, dass man da ist und sich so gut kümmert.

Ich bin verzweifelt, aber (noch) stark. Daher nimm Dir auch Unterstützung, wenn Du spürst, dass Du nicht mehr kannst.

Viele Grüße
Stefan
Harmonie19
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Harmonie19 »

Lieber Stefan,
danke für deine Nachricht. Es tut gut zu wissen, dass man nicht allein ist, auch wenn alles andere sehr sehr schmerzhaft ist.
Ja, so ist es: Einerseits wird mir gesagt, dass das Problem seit der Jugend besteht und nie richtig behandelt worden ist, andererseits sind mein Verhalten und ich jetzt Schuld, dass es ihm so schlecht geht. Es passt nicht mit uns, wir verstehen uns nicht-so die Aussagen.
Ich hab lange unterschätzt, wie schwer krank er ist. Nun ist er Mitte 40 und es kommen weitere Dinge dazu, die ihn fertig machen; Er wird alt, auf der Arbeit kommen immer Jüngere dazu, sein neuer Chef ist jünger als er, er hat nichts erreicht im Leben,…
Lebt ihr noch zusammen?
Herzliche Grüße!!
Nachtschatten
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Nachtschatten »

Liebe Harmonie,

es tut mir unendlich leid, in was für einer vertrackten Situation du bist. 6 Jahre Beziehung ist eine Hausnummer, das "opfert" man nicht so leicht, hier nur ein paar "red flags", die mich direkt aus deinem Text angesprungen haben und die ich persönlich nie tolerieren würde:
Im Dezember hatten wir einen sehr großen Streit, bei dem ich ihn sehr angeschrien habe, weil ich seine abweisende Art einfach nicht mehr ausgehalten habe.
Sobald Kommunikation mal diese Ebene erreicht hat, ist es extrem schwer, wieder auf fruchtbaren Boden anzukommen, wo man die andere Person auch erreicht und mit den eigenen Bedürfnissen und Wünschen nicht sofort an einer Mauer abprallt. Da würde ich daran arbeiten, gar nicht erst so weit zu kommen bzw. einen Plan B zu haben, sobald man mal dort ist, sofort die entstandenen Verletzungen zu verarzten.
Plötzlich war von Depression keine Rede mehr, ich allein sei Schuld, dass die Beziehung gescheitert sei.
Ich bin selbst Partnerin eines Betroffenen und auch er hat mir schon einige Sätze gesagt, bei denen mir die Spucke weggeblieben ist und bei denen ich davon ausgehen muss, dass sie stark von der Depression geprägt sind und sich nicht zu Herzen zu nehmen sind.
Was wir uns aber im Vorfeld ausgemacht haben, war, dass, sobald die andere Person sagt, sie wolle keine Beziehung mehr, ein toter Punkt erreicht ist. Wenn mir mein Partner das sagen würde, was dir dein Partner gesagt hat, dann wäre ich weg. Erstens, weil Schuldzuweisungen ein absolutes No-Go sind, und zweitens, sollte die Beziehung tatsächlich gescheitert sein, meine Arbeit hier quasi erledigt ist.

Worte haben Auswirkungen, Worte verletzen, darum sollten sie nie leichtfertig gesagt werden. Schon klar, die Depression färbt die Wahrnehmung, aber unterm Strich ist es die Person, die Handlungen setzt und Worte spricht. Zu sagen, die Aussage sei allein der Depression geschuldet und entbinde den Sprecher jeglicher Verantwortung, hinterlässt dich als Empfängerin in einer hilflosen Position, wenn du auf die Worte nicht adäquat reagieren kannst, solange sie nur auf die Depression geschoben werden.
Er ist oft sehr provokant und aggressiv mir gegenüber und sagt auch "An wem soll ich es denn sonst auslassen?!"
Nicht an dir. Angehörige sind keine punching bags, die das Nachsehen haben, weil sie aus Loyalität nicht das Weite gesucht haben. Auch diese Aussage und alles, was damit in Verbindung steht, ist eine Grenzüberschreitung, die Konsequenzen spüren muss. Er hat sich die Depression nicht ausgesucht, hat vermutlich Gedanken, die er lieber nicht hätte, aber sein Umgang damit, der ist selbst gewählt und ist nicht okay.
Ich weiß natürlich, dass ich ihn zu nichts zwingen kann und Drohungen auch nicht hilfreich sind.
Drohungen haben es an sich, ihre Wirkung zu verlieren, wenn ihnen keine Taten folgen. Ich drohe nicht, ich lasse die Menschen wissen, wie ich mich verhalten werde, wenn das oder jenes passiert. Für manche ist das eine Drohung, weil sie mir nicht glauben, dass ich es auch tue, aber im Endeffekt bekommen sie genau das, was ich angekündigt habe. Auf mich ist in dieser Hinsicht Verlass. Wenn es für dich wirklich untragbar ist, mit ihm zusammen zu wohnen (und nach allem, was ich hier gelesen habe, wäre es für mich auch sehr verständlich), dann ziehe die entsprechenden Konsequenzen.
Manchmal denke ich, es juckt ihn eh nicht, wenn ich ausziehe, weil er gar nicht mehr in der Lage scheint, etwas zu fühlen.
Würdest du nur ausziehen wollen, damit er mit entsprechenden Gefühlsäußerungen darauf reagiert, oder weil für dich der Zustand tatsächlich untragbar ist? Wir als Angehörige sind oft so nah an der Perspektive der depressiven Person dran (wobei wir dann unsere eigene Wahrnehmung vermengen und Verhalten von depressiven Menschen nach unserem eigenen Maßstab interpretieren), dass wir unsere eigene ganz vergessen. Das führt dann dazu, dass wir ausgelaugt sind und schlimmstenfalls selbst erkranken. Deine Verzweiflung ist spürbar. Sie ist aber nicht in Stein gemeißelt und muss auch nicht vom aktuellen Gesundheitszustandes deines (Ex-)Partners abhängig sein.

Genau, wie es in seiner Verantwortung liegt, seine Erkrankung behandeln zu lassen und wie er damit in seinem Umfeld umgeht, liegt es in deiner Verantwortung, wie du dich in deiner Beziehung behandeln lässt und welche Art von Beziehung du schlussendlich führst.

Ich wünschte, ich könnte dir aufbauendere Worte geben. Ich denke, zum jetzigen Zeitpunkt solltest du all deine Kräfte in dich investieren. Vielleicht schafft ihr es noch einmal, euch aufzuraffen und zueinander zu finden. Im Moment sehe ich nur nirgends in der Beziehung einen Menschen, der auf dich Rücksicht nimmt, und so kann eine Beziehung nicht funktionieren. Dieser Mensch solltest du sein.
Harmonie19
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Harmonie19 »

Liebe Nachtschatten,
ich danke dir ganz herzlich für deinen Beitrag, der mich sehr zum Nachdenken anregt.

Ich habe mich im Dezember selbst sehr über meine Wutattacke erschrocken und mich daraufhin um Hilfe gekümmert. Ich gehe regelmäßig zur Therapie und ergründe, woher diese Wut kommt. Meinen (Ex-)Partner hat dieser Streit in eine Erdspalte gestürzt, aus der er hin und wieder ein bisschen nach oben gekrabbelt kam. Er glaubt mir nicht, dass ich mich im Griff habe. Er sieht zwar, dass ich an mir arbeite, traut dem Braten aber nicht.

Zwischenzeitlich hatten wir uns wieder sehr angenähert. So sehr, dass er irgendwann anfragte, ob wir nicht wieder ein Paar sein wollen. Ich war leider zu überrumpelt und habe etwas ausweichend geantwortet. Danach verschwand er wieder in seiner Erdspalte und taucht nicht mehr auf.

Seine ständigen Attacken und verbalen Angriffe kann und will ich nicht mehr hinnehemn. Er selber nimmt das gar nicht wahr und meint, er sei doch ganz normal zu mir.

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich würde mir nicht wünschen, dass wir wieder zueinander finden und er irgendwann "wachgerüttelt" ist. Aber inzwischen bin ich da sehr pessimistisch, denn er hat sich in seiner Rolle gut eingefunden: Er hathalt Depressionen - na und?! Die hat er ja schon immer gehabt. Aber die Beziehung zu Harmonie und der Streit im Dezember sind Schuld daran, dass es ihm jetzt so viel schlechter geht.
Also bleibt mir nichts anderes übrig, als meine Ankündigung wahrzumachen: Wenn du nicht auch an dir arbeitest, dann bin ich weg. So wird es wohl geschehen.
Nachtschatten
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Nachtschatten »

Harmonie19 hat geschrieben: 4. Mai 2025, 09:54 Ich habe mich im Dezember selbst sehr über meine Wutattacke erschrocken und mich daraufhin um Hilfe gekümmert. Ich gehe regelmäßig zur Therapie und ergründe, woher diese Wut kommt.
Ich finde es super, dass du so proaktiv bist und dich gleich um Unterstützung bemüht hast!
Harmonie19 hat geschrieben: 4. Mai 2025, 09:54 Meinen (Ex-)Partner hat dieser Streit in eine Erdspalte gestürzt, aus der er hin und wieder ein bisschen nach oben gekrabbelt kam. Er glaubt mir nicht, dass ich mich im Griff habe. Er sieht zwar, dass ich an mir arbeite, traut dem Braten aber nicht.

Zwischenzeitlich hatten wir uns wieder sehr angenähert. So sehr, dass er irgendwann anfragte, ob wir nicht wieder ein Paar sein wollen. Ich war leider zu überrumpelt und habe etwas ausweichend geantwortet. Danach verschwand er wieder in seiner Erdspalte und taucht nicht mehr auf.
Ich verstehe euch beide hier.
Konflikte sind so in einer Phase gefühlt 1000x schlimmer und die Zuversicht fehlt, den Konflikt aus der Welt schaffen zu können, stattdessen kann so einer schon mal als der Weltuntergang selbst wahrgenommen werden.
Genauso ist es absolut nachvollziehbar, dass auch dein Vertrauen in ihn angeknackst ist und du nicht sofort springst, wenn er dir wieder grünes Licht gibt. Ihm scheint da die nötige Einsicht zu fehlen, dass auch auf deiner Seite Verletzungen passiert sind, die einmal versorgt werden müssen, bevor ihr (wie gehabt) weitermachen könnt.
Harmonie19 hat geschrieben: 4. Mai 2025, 09:54 Seine ständigen Attacken und verbalen Angriffe kann und will ich nicht mehr hinnehemn. Er selber nimmt das gar nicht wahr und meint, er sei doch ganz normal zu mir.
Und genau das ist das Problem, dass er destruktive Verhaltensmuster normalisiert und dir nicht zuhört bzw. dich nicht ernst nimmt, wenn du ihn darauf hinweist. Du wirst ihn da nicht ändern können, die Veränderung seines Verhaltens muss von ihm kommen. Du kannst ihm nur zeigen, was diese Verhaltensweisen bei dir auslösen und er kann sich dann entscheiden, ob er sie verändern will oder beibehalten will. Dann hast du wiederum die Wahl, wie du darauf reagierst.
Harmonie19 hat geschrieben: 4. Mai 2025, 09:54 Er hathalt Depressionen - na und?! Die hat er ja schon immer gehabt.
Mein Partner ist depressiv von klein auf. Er weiß genau, was das für ihn und sein Umfeld bedeutet. Wo er mehr Acht auf sich geben muss, welche Situationen er am besten meidet. Er verwendet seine Depression nicht als Ausrede, um sich asozial zu verhalten, sondern weiß, dass er aufgrund seiner Erkrankung zu schwierigen Verhaltensmustern neigt und versucht, diesen Herr zu werden. Ich hatte die Wahl, mich auf ihn einzulassen oder zu sagen Nein, danke. Gerade weil dein (Ex-)Partner weiß, wie es um ihn bestellt ist, ist das kein Freifahrtschein, um sich auf Kosten von anderen auszutoben, wie er will. Er kann sich immer als das Opfer der Erkrankung darstellen, aber dann muss er auch die Konsequenzen tragen, wenn er für sein Umfeld unerträglich wird.

Es tut mir leid, wenn ich hier zu hart klingen mag. Für mich sind persönliche Grenzen eine der wichtigsten Sachen, die geschützt werden müssen. Sobald diese überschritten werden, liegt zumeist schon so viel im Argen, dass der Weg zurück schier unvorstellbar erscheint. Bei euch habe ich das Gefühl, dass hier etliche Grenzen überschritten wurden, die erst einmal wieder zurückerobert werden müssen.
Harmonie19
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Harmonie19 »

Du bist überhaupt nicht zu hart und ich schätze deine Offenheit und Ehrlichkeit ungemein.
Du bringst die Dinge absolut auf den Punkt.

Es ist absolut richtig: Wir haben beide viel zu viele Grenzen des anderen überschritten - mal unbewusst, mal bewusst - und es ist ein absolutes Gewirr aus Gefühlen, Verletzungen,... - so dass es gerade wie ein unvorstellbarer Weg erscheint, da wieder auf Augenhöhe zu kommen.

Genau, mein (Ex-)Partner benimmt sich asozial und nimmt die Depression und dass er ja eh ein A...loch ist als Vorwand. In der Regel verhält er sich jedoch nur mir gegenüber so, bei anderen reißt er sich zusammen.
Ja, die Entscheidung liegt nun bei ihm. Ändere ich was oder lass ich es, weil ich mich ja gut eingereichtet habe?! Ich gehe ja davon aus, dass er nichts verändern möchte, weil er mich ja als Grund des Übels sieht und dann muss ich wiederum meine Entscheidung treffen.

Was bei ihm noch dazukommt, ist ein furchtbar schlechtes Verhältnis zu seinen Eltern, insbesondere zu seiner Mutter. Manchmal hat er mir Dinge vorgeworfen, bei denen ich dachte "Du strafst mich doch jetzt stellvertretend für deine Mutter ab". Aber das ist natürlich alles Küchenpsychologie....

Auffällig war auch, dass er mich stets bei jeder Begegnung gefragt hat "Hast du schlechte Laune?" - MICH alos so wahrnimmt, als hätte ich was und sich als völlig "normal" sieht.
Stefan7979
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Stefan7979 »

Lebt ihr noch zusammen?
Ja, siehe Nachbarthema mit der Verlobten.
Allerdings behandelt sie mich plötzlich wie einen Fremden und will die Trennung.

Liebe Grüße
Stefan
Harmonie19
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Harmonie19 »

Lieber Stefan, das tut mir so leid.
Ich werde mich noch näher in deine Geschichte einlesen.

Ich sitze hier auch gerade wieder sprachlos. Ich hatte meinen Expartner gebeten, mir heute seine Entscheidung mitzuteilen, ob er sich auf den Therapieweg machen will. Er ist gestern aus dem haus gegangen und noch nicht zurück. Manchmal hat er in letzter Zeit an den Wochenenden bei Freunden übernachtet. Ich denke, er will das Gespräch heute umgehen. Es tut alles einfach ziemlich weh!
Harmonie19
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Harmonie19 »

Guten Morgen Ihr Lieben,

puh, ich bin ganz schön fertig. Am Montag hatte ich ein ganz langes Gespräch mit meinem Expartner.
Er hat mir nochmal einen ganz tiefen Einblick in seine (depressiven) Gefühle und Gedanken gegeben, der mich sehr erschrocken hat, aber eine Therapie lehnt er ab. Er glaubt nicht daran, dass diese ihm helfen kann bzw. hat er Ängste, was dabei herauskommen könnte.

Ich habe versucht, ihm meine Lage klarzumachen und was das mit mir macht, wenn ich dauernd so aggressiv angegangen oder abgeblockt werde. Ich habe ihm meinen Wunsch mitgeteilt, dass wir gemeinsam einen Weg finden.

Seitdem geht er mir aus dem Weg, verbarrikadiert sich in seinem Zimmer. Fühlt sich vermutlich unter Druck gesetzt und emotional erpresst. Mir gehts gerade echt schlecht. Sehe sein Verhalten schon als Entscheidung, möchte ihn aber noch nicht aus der Verantwortung entlassen.
Nachtschatten
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Nachtschatten »

Hallo Harmonie,
Harmonie19 hat geschrieben: 9. Mai 2025, 08:08 Er hat mir nochmal einen ganz tiefen Einblick in seine (depressiven) Gefühle und Gedanken gegeben, der mich sehr erschrocken hat, aber eine Therapie lehnt er ab.
Auch wenn das Gespräch für dich vl nicht den erhofften Verlauf genommen hat, finde ich, dass seine Gesprächsbereitschaft ein gutes Zeichen ist. Gutes Zeichen wofür? Das kann ich aus der Ferne nicht explizit sagen, aber dass er dich an seinen Gedanken teilhaben bzw. die Kraft dazu findet, sie für dich auszuformulieren ist mMn schon sehr viel wert und gibt dir persönlich vermutlich auch mehr Input als Schweigen.

Ich finde es super, dass du auch einen Weg gefunden hast, deine Position ihm klarzumachen!
Harmonie19 hat geschrieben: 9. Mai 2025, 08:08 Seitdem geht er mir aus dem Weg, verbarrikadiert sich in seinem Zimmer.
Das ist ein Fakt.
Harmonie19 hat geschrieben: 9. Mai 2025, 08:08 Fühlt sich vermutlich unter Druck gesetzt und emotional erpresst.
Das nur eine Vermutung (sofern er das nicht explizit dir gegenüber geäußert hat). Darum würde ich mich auf das konzentrieren, was ein klarer Fakt ist und nicht, worüber nur Mutmaßungen angestellt werden können, die dann eine solide Basis für Missverständnisse und enttäuschte Erwartungshaltungen sind.
Harmonie19 hat geschrieben: 9. Mai 2025, 08:08 Sehe sein Verhalten schon als Entscheidung, möchte ihn aber noch nicht aus der Verantwortung entlassen.
Du interpretierst sein Verhalten, was aber nicht heißen muss, dass es auch so gemeint ist. Du kennst ihn besser als ich, meine Interpretation, basierend auf deinen Beiträgen, wäre: Ihn hat die (letzte) Konfrontation mit dir extrem geschlaucht, jetzt muss er sich einmal sammeln, um wieder zu Kräften kommen. Du hast ihm mit deiner Seite, deinem eigenen Leiden, deinen Bedürfnisse (zum ersten Mal?) geballt konfrontiert und sowas ist nie leicht zu verdauen - zeig mir einen Menschen, der super mit Kritik umgehen kann, ohne gesundheitlich angeschlagen zu sein, und jetzt zeig mir einen Menschen, der sich in einer Ausnahmesituation befindet und (gerechtfertigte) Kritik an seinem Verhalten aushalten muss. Zeig mir einen liebenden Menschen, der es einfach so wegsteckt, wenn di*er Partner*in ihm verklickert, dass er ihm*ihr schadet, und jetzt nochmal einen Menschen, der unter sich selbst leidet und nun mitbekommt, dass er der ihm liebste Mensch seinetwegen leidet.

So eine Kritik ist harter Tobak und braucht Zeit, um verarbeitet, angenommen und umgesetzt zu werden. Ich ahne, dass sich jeder Moment in deiner aktuellen Situation für dich wie ein Moment zu lange anfühlt, aber das ist etwas, was nicht beschleunigt und schon gar nicht erzwungen werden kann. Du hast ihn das wissen lassen, was du ihn wissen lassen wolltest und er hat zugehört. Gib ihm die Zeit, um das Gesagte auch zu verinnerlichen und sich entsprechend zu verhalten.

Ich würde dir wirklich dringend raten, jetzt auf dich zu schauen. Er weiß, woran er ist (auch du leidest, aber du bist an einer gemeinsamen Zukunft interessiert). Wenn er bereit ist, um auf dich zuzukommen, dann wird er das tun, aber mit Druck wirst du vermutlich nur das Gegenteil erreichen. Nimm ihn aus deinem Fokus und höre in dich rein, was du gerade brauchst (jaja, dass es ihm wieder besser geht und ihr wieder eine glückliche Beziehung haben könnt, aber leider geht so ein Wunsch nicht mit einem Schnipsen in Erfüllung).

Wann hast du das letzte Mal einen Film gesehen? Ein Buch genossen? Die Sonne bei einem Spaziergang deine Haut kitzeln gespürt? Einfach deine Gedanken schweifen lassen und an nichts gedacht?

Du existierst auch außerhalb dieser Beziehung, nur wenn du darauf vergisst, fühlt es sich so an, als wäre die Beziehung zu ihm das einzige, was dich ausmacht. Und wenn eure Wohnsituation ein wesentlicher Multiplikator deiner Belastung ist, dann würde ich über eine Änderung nachdenken. Ein getrennter Umzug muss nicht gleich bedeutend mit einer Trennung sein, wenn ihr die nötige Distanz braucht, um mal wieder zu einem klaren Gedanken zu kommen, ohne die ganze Zeit im Kampf-oder-Flucht-Modus zu sein.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft, für dich zu sorgen, der Rest regelt sich von alleine
Zuletzt geändert von Nachtschatten am 9. Mai 2025, 18:37, insgesamt 1-mal geändert.
Harmonie19
Beiträge: 13
Registriert: 2. Mai 2025, 17:44

Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Harmonie19 »

Liebe Nachtschatten, wow, was für ein Post! Vielen lieben Dank für deine Mühe und deine Gedanken, die so so hilfreich für mich waren. Wirklich!

Ich muss mich hier nochmal mehr mit dem Zitieren beschäftigen, aber du hast geschrieben, dass seine Gesprächsbereitschaft ein gutes Zeichen ist. Das stimmt, er sagt nie, dass er nicht sprechen will, hat aber generell Angst vor meinen Reaktionen, weil bei ihm das Gefühl geblieben ist, er hat mich IMMER enttäuscht oder wütend gemacht (er hat halt tatsächlich die prägnanten Streitsituationen der letzten 6 Jahre in Erinnerung und macht daraus IMMER). Er sieht aber durchaus, dass ich an mir arbeite und Dinge in Gesprächen ganz anders laufen. Aber er hat IMMEr Angst, etwas Falsches zu sagen.

Du hast auch Recht mit dem, dass es eine Menge zu verarbeiten gibt: Die Offenbahrung meiner Gefühle (von denen er geglaubt hatte, sie seien längst weg), die Klarheit, mit der ich gesagt habe, er müsse die Wohnung verlassen, wenn es keinen gemeinsamen konstruktiven Weg gibt (er verliert ja dann acu sein Zuhause), die Konfrontation mit seinem Verhalten, welches mir sehr zusetzt. Das braucht wohl wirklich Zeit bzw. bringt es nichts, da Entscheidungen beschleunigen zu wollen und Mutmaßungen anzuführen.

Ich bin jetzt gerade erstmal für ein paar tage in mein Elternhaus gefahren, um die angespannte Situation zu entzerren. Hier ist im Moment niemand und ich kann die Ruhe und die Natur genießen. Das tut schon mal ganz gut.
Es ist auch wahr, dass ich mich rund um die Uhr in Gedanken mit ihm beschäftige und das tut mir alles andere als gut.

Ich überlege gerade nur noch, ob ich ihn wissen lasse, wo ich bin und wie lange ich bleibe. Einfach, weil ich keine Lust mehr auf Spielchen habe und denke, es könnte ihm auch gut tun zu wissen, dass er ein paar Tage Raum und Zeit für sich hat. Was denkst du/ Was denkt ihr dazu?

Nachtschatten, ich danke dir einfach nochmal, weil deine Nachricht mich grad nochmal umdenken lässt, den Fokus wieder mehr auf mich zu richten.
Nachtschatten
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Nachtschatten »

Gerne, es freut mich, dass du damit etwas anfangen kannst. :D
Harmonie19 hat geschrieben: 9. Mai 2025, 18:04 Das stimmt, er sagt nie, dass er nicht sprechen will, hat aber generell Angst vor meinen Reaktionen, weil bei ihm das Gefühl geblieben ist, er hat mich IMMER enttäuscht oder wütend gemacht (er hat halt tatsächlich die prägnanten Streitsituationen der letzten 6 Jahre in Erinnerung und macht daraus IMMER).
Negatives bleibt viel besser in Erinnerungen, weil sich negative Emotionen prägnanter einprägen als positive (v.a. bei Menschen, die generell Probleme haben, positive Gefühle zu empfinden), da überrascht so eine verzerrte Wahrnehmung nicht. Du könntest versuchen, positive Momente zu verstärken, u.a. indem du explizit sagst, dass dich eine Geste von ihm freut, du dankbar dafür bist etc.

Aus meiner Erfahrung thematisieren wir Negatives viel eher und nehmen positive Sachen viel schneller als selbstverständlich hin. Ich zB versuche vermehrt, ein Danke in meinen Alltag einfließen zu lassen. Wenn ich eine Sache positiv an meinen Mitmenschen finde, dann spreche ich das auch direkt an, weil ich selbst weiß, wie leicht es ist, solche Kleinigkeiten zu übersehen und wie viel sie anderen Menschen aber bedeuten können. Wie oft hat das Lächeln einer fremden Person auf der Straße einen Selbstbewusstseinspush gegeben? Viel zu selten. ;)

Was halt zu beachten ist, dass, wenn so eine Verhaltensweise für dich nicht üblich ist, könnte es sein, dass du im ersten Moment nicht authentisch wirkst und sich dein Gegenüber (v.a. dein Partner, der nur alles negativ sehen will) gefrotzelt vorkommt. Da gilt es halt: Übung macht die*n Meister*in :)

Also wenn dein Partner etwas sagt oder macht, was dir Anlass zu hoffen gibt, was du schlichtweg gut findest, dann lass ihn das auch wissen. Ich an deiner Stelle hätte mich zB für das Gespräch bedankt, dafür, dass er die Kraft dafür gefunden hat und es sicher nicht leicht für ihn gewesen ist, aber ich das zu schätzen weiß und seine Bemühungen nicht unbemerkt an mir vorübergehen. Falls du das nicht gemacht hast, kannst du das ja noch im Nachhinein machen. :)

Generell wird Dankbarkeit im Alltag viel zu sehr unterschätzt. Wir im DACH-Raum raunzen tw. auf einem ziemlich hohen Niveau, wenn man sich den Rest der Welt anschaut. Auch wenn das Leben nicht perfekt ist, gilt der Ausspruch: Schlimmer geht immer. Aber weil wir ja uns im positiven Denken üben wollen, kann man den Spruch zu einem "Sei dankbar für die Dinge, die du hast" machen. Mir spendet es Kraft, wenn ich mich darauf besinne, was ich habe und was ich bis jetzt erreicht habe.
Harmonie19 hat geschrieben: 9. Mai 2025, 18:04 Ich bin jetzt gerade erstmal für ein paar tage in mein Elternhaus gefahren, um die angespannte Situation zu entzerren. Hier ist im Moment niemand und ich kann die Ruhe und die Natur genießen. Das tut schon mal ganz gut.
Spitzenplan und ich finde es schön, dass du sofort merkst, wie dir der Kulissenwechsel gut tut :)
Harmonie19 hat geschrieben: 9. Mai 2025, 18:04 Ich überlege gerade nur noch, ob ich ihn wissen lasse, wo ich bin und wie lange ich bleibe. Einfach, weil ich keine Lust mehr auf Spielchen habe und denke, es könnte ihm auch gut tun zu wissen, dass er ein paar Tage Raum und Zeit für sich hat. Was denkst du/ Was denkt ihr dazu?
Spielchen, sofern es keine Brettspiele sind, sind immer böse. :D

Lass ihn ruhig wissen, wo du bist und wann du wieder zurückkommst - wie würdest du dich fühlen, wenn er plötzlich weg wäre und dich im Unklaren lassen würde? Ich weiß nicht, wie es gerade um eure Kommunikation bestellt ist, aber mach das Ganze halt nicht in einer Nachricht a la "Da du dich ja in meiner Gegenwart nur unter Druck gesetzt fühlst, halte ich es für das Beste, wenn wir uns jetzt ein paar Tage nicht sehen. Solltest du was brauchen, erreichst du mich bei meinen Eltern, ansonsten bleib, wo der Pfeffer wächst". :lol: Ich weiß, sehr überspitzt, nur damit klar ist, worauf ich hinauswill: Keine Vorwürfe, keine Andeutungen, einfach nur eine sachliche Information, an die er sich die nächsten Tage halten kann, ohne sich Sorgen machen zu müssen. Vl noch die Hintergrundinfo, dass du jetzt selbst ausgelaugt bist und Zeit für dich brauchst, um deine Energiereserven aufzutanken.
Harmonie19 hat geschrieben: 9. Mai 2025, 18:04 Nachtschatten, ich danke dir einfach nochmal, weil deine Nachricht mich grad nochmal umdenken lässt, den Fokus wieder mehr auf mich zu richten.
Ich freue mich immer, wenn ich helfen kann und umso mehr wenn meine Ratschläge Früchte tragen :) Je nachdem wie lange du schon in diesem Erschöpfungszustand bist, wird es dauern, dich davon zu befreien. Gib nicht auf, wenn es länger ist, als dir lieb ist. Das alles braucht Zeit und auch wenn du jetzt meinst, dass dir so vieles fehlt, Zeit ist eine von den Sachen, die du zur Genüge hast. Sie läuft euch nicht davon. Wenn ihr den Weg gemeinsam gehen wollt, ist die jetzige Phase nur ein Stolperstein, der vor euch liegt, und der restliche Weg wartet darauf, von euch gegangen zu werden.

Alles Liebe dir

(Ps.: Wenn du beim Beitragverfassen auf die Fläche mit dem Editor klickst und dann Text in den Antworten der anderen unterhalb mit der Maus markierst und dann noch rechts oben am Ende des Kommentars die Anführungszeichen anklickst, zitierst du :))
Harmonie19
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Harmonie19 »

Liebe Nachtschatten,

dein letzter Beitrag hat mich mitten ins Herz getroffen (im positiven Sinne!) und mir Kraft gegeben.

Gerade ist gut bei mir angekommen, dass ich im Moment nur eine Verpflichtung habe und das ist, gut für mich zu sorgen. Der Tapetenwechsel tut mir gut und ich genieße die Ruhe, den Garten und den Sonnenschein in meinem Elternhaus. Heute Abend habe ich mich mit einer Freundin verabredet und ich habe gerade lauter leckere Dinge für mich eingekauft sowie ein neues Buch besorgt. Die Aussicht, hier ein paar Tage für mich zu verbringen, ohne ständig die Antennen ausfahren zu müssen, ist ein schöner Gedanke. Ich nehme diesen Wohlfühlmoment als ein Geschenk und arbeite daran, ihn auch weiter für mich zu bewahren.

Irgendwie tut es gut, zu wissen, dass ich alles getan habe und nun aufhören kann, zu "kämpfen". Ich versuche das Vertrauen zu entwickeln, dass alles so kommt, wie es kommen soll und dass ich nichts weiter tun kann/muss. Ich muss auch heute und morgen nichts entscheiden.

Ich habe ihn gestern noch kurz uns knapp informiert, wo ich bin und wann ich gedenke wiederzukommen. Es kam ein kurzer Dank zurück. Ich denke, diese Tage mit Abstand tun uns beiden ganz gut und er wird es zu schätzen wissen, dass ich nicht wie früher einfach abgehauen bin, ohne zu sagen, wo ich bin und wann ich wiederkomme. So kann er sich auch drauf einstellen.

Ich hoffe, ich kann diese positiven Gedanken mit in die kommende Zeit nehmen. Wie gesagt, gerade tut es gut, sich zurückzulehnen.
Hab nochmal vielen Dank für deine Worte.

Herzlichst, Harmonie

P.S.: Ich hab ja noch keine Ahnung, ob und wie es mit uns weitergeht, aber die schönen Momente und Gesten zu benennen und positiv hervorzuheben, wäre in jedem Fall etwas, was ich in den Alltag integrieren würde. Du hast Recht, oft ist man viel zu sehr auf die negativen Dinge fokussiert und das Wort Danke kommt oft zu kurz.
Nachtschatten
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Nachtschatten »

Guten Morgen,
Harmonie19 hat geschrieben: 10. Mai 2025, 15:33 dein letzter Beitrag hat mich mitten ins Herz getroffen (im positiven Sinne!) und mir Kraft gegeben.
Ich habe das "positiv" nicht gleich gelesen und hab mir schon das Schlimmste ausgemalt, na bin ich froh, dass du daraus Kraft schöpfen kannst. :D

Ich finde es sehr schön, dass du dich mit so vielen Dingen umgibst, die du genießen und neue Kraft daraus schöpfen kannst. Ich weiß nicht, wie lange du dir diese Situation genau so erhalten kannst, aber ich bin mir sicher, du kannst viel davon mitnehmen, dass du auch in weniger optimalen Settings davon zehren kannst. Suhl dich ruhig in deinem kleinen Paradies. :)
Harmonie19 hat geschrieben: 10. Mai 2025, 15:33 Irgendwie tut es gut, zu wissen, dass ich alles getan habe und nun aufhören kann, zu "kämpfen". Ich versuche das Vertrauen zu entwickeln, dass alles so kommt, wie es kommen soll und dass ich nichts weiter tun kann/muss. Ich muss auch heute und morgen nichts entscheiden.
Für mich ist der Ausdruck "kämpfen" immer so brachial und ich kann in Beziehungsangelegenheiten nur wenig damit anfangen. Als Teenager habe ich mir immer gedacht, wenn ich für jemanden kämpfen muss, ist die Person es dann überhaupt wert, bei ihr zu bleiben?

Auf die Situation einer Angehörigen einer depressiven Person umgelegt, könnte "Kämpfen" für "das Vertrauen in eine gemeinsame Zukunft nicht verlieren" stehen. Das absolute Gegenteil dazu wäre ja aufzugeben, zu sagen, das ist mir alles viel zu viel, ich suche mir eine andere Person, bei der diese Problematik (wahrscheinlich) nicht auftritt.

Kämpfen muss nicht bedeuten auf Biegen und Brechen etwas erzwingen zu wollen, sondern "einfach" Stärke zu beweisen. Stärke kann eben auch sein, sich auf sich selbst zu konzentrieren, auch wenn alle Impulse in einem schreien "ich muss die Depression meines Partners jetzt auf der Stelle heilen!" (der Satz ist bewusst polemisch und überspitzt formuliert). Für den depressiven Partner kann es eine Hilfe sein, wenn er darauf vertrauen kann, dass er sich keine Sorgen um die Gesundheit des nicht depressiven Partners machen muss und der auf sich selbst schauen kann, solange der depressive Partner nur Ressourcen für sich selbst hat.

Und ich denke, es ist sehr wohl eine Entscheidung von dir für deinen Partner, wenn du nicht die Trennung aussprichst. Auch wenn der depressive Partner während einer akuten Episode keine Entscheidungen treffen kann, heißt das ja nicht, dass das auch für die andere Person gilt. In der Partnerschaft zu bleiben, ist eine Entscheidung. Die Sachen nicht zu packen und sich nach einem neuen potentiellen Partner umzuschauen, ist eine Entscheidung. Auf dich zu schauen, um Kraft für dich und deinen Partner zu haben, ist eine Entscheidung.

Ich will jetzt keine Grundsatzdiskussion hinsichtlich "Was ist eine Entscheidung und was nicht" betreiben, ich will nur deutlich machen, dass wir als Angehörige nicht handlungsunfähiger Kollateralschaden der Depression der anderen Person sind. Anders als die depressive Person haben wir immer die Wahl, aufzustehen und zu gehen. Wenn wir bleiben, dann ist das unsere Entscheidung und unsere Verantwortung, das Beste aus der Situation zu machen und uns nicht nur den Launen der anderen Person auszuliefern.
Harmonie19 hat geschrieben: 10. Mai 2025, 15:33 Ich habe ihn gestern noch kurz uns knapp informiert, wo ich bin und wann ich gedenke wiederzukommen. Es kam ein kurzer Dank zurück. Ich denke, diese Tage mit Abstand tun uns beiden ganz gut und er wird es zu schätzen wissen, dass ich nicht wie früher einfach abgehauen bin, ohne zu sagen, wo ich bin und wann ich wiederkomme. So kann er sich auch drauf einstellen.
Das finde ich sehr schön. Auch wenn es für dich in der Situation womöglich als zu wenig anfühlt, empfinde ich jede Reaktion dieser Art als Balsam, weil imo dadurch ersichtlich wird, dass eine Aktion deinerseits zu ihm durchgedrungen ist und er die Kraft gefunden hat, dich das auch wissen zu lassen. Wenn du dir hier einige Beiträge von Betroffenen durchliest, wirst du erkennen, dass viele Handlungen, die für viele Nicht-Betroffene selbstverständlich sind und gar nicht richtig als solche vom Umfeld wahrgenommen werden, nur zuliebe der Angehörigen gesetzt werden, aber so viel Kraft kosten, die sie eigentlich für sich selbst bräuchten. Darum finde ich so ein "Echo" auf eine Aktion immer sehr bemerkenswert und ziehe für mich selbst auch wieder Kraft daraus.
Harmonie19 hat geschrieben: 10. Mai 2025, 15:33 aber die schönen Momente und Gesten zu benennen und positiv hervorzuheben, wäre in jedem Fall etwas, was ich in den Alltag integrieren würde. Du hast Recht, oft ist man viel zu sehr auf die negativen Dinge fokussiert und das Wort Danke kommt oft zu kurz.
Es bereichert das eigene Leben umso mehr. Der Tag hat nur 24h und jedes Mal, wenn ich mich auf eine positive Sache konzentriere, fehlt mir dieselbe Zeit dazu, um mich von etwas Negativem runterziehen zu lassen. Wenn man den Tag grafisch in "Wertschätzung der positiven Momente" und "Ärger über §$&/!!" aufschlüsselt, sieht man sehr gut, wie viel Lebenszeit auf Negatives verschwendet wird.
Den einen fällt es leichter, Dankbarkeit an Fremden zu erproben, den anderen bei vertrauten Personen. Das Problem ist halt, dass da in der Beziehung bereits Vorbelastungen bestehen können, die es erschweren, aufrichtig Dankbarkeit zu zeigen, während gerade jene Personen vermutlich aber am meisten die Dankbarkeit wertzuschätzen wüssten.

Ich nehme mir immer vor, mich kurzzuhalten und dann passiert das. :roll: :D

Ich wünsche dir noch einen tollen Sonntag,
alles Liebe
Harmonie19
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Harmonie19 »

Hallo Ihr Lieben!
Noch befinde ich mich bei meinen Eltern, werde aber morgen nach der Arbeit zurück in die Wohnung fahren.
Ich habe die letzten Nächte intensiv geträumt und insgesamt geht es mir besser und ich versuche mich auf alles einstellen zu können, was kommen könnte.
Von ihm kam nichts mehr und ich denke oft daran, dass unser Gespräch nun schon über eine Woche her.
Heute Morgen habe ich mich kurz bei ihm gemeldet, um zu sagen, dass ich heute nicht komme, damit er sich darauf einstellen kann. Da kam auch keine Reaktion drauf.
Für mich wirkt es gerade schon so wie eine Entscheidung, nämlich den Weg allein weitergehen zu wollen.
Denke auch oft darüber nach, ob es richtig war, ihm die Pistole auf die Brust zu setzen, aber für mich geht es so tatsächlich nicht weiter. Wenn er keine Perspektive mehr für uns sieht, mich aber gleichzeitig weiter so behandelt, wie es in den letzten Wochen der Fall war, dann funktioniert unsere "WG" leider nicht mehr. Frage mich jetzt halt, ob es egal ist, ob und wann ich komme.

Ach entschuldigt, heute ist nicht so ein guter Tag, kommen auch wieder bessere :)
Nachtschatten
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Nachtschatten »

Hallo Harmonie,

auch wenn der Tag nicht der beste gewesen ist, habe ich den Eindruck, dass du gefestigt und zuversichtlich wirkst, mit dem, was auch immer kommen mag, zurechtzuzukommen. :)
Harmonie19 hat geschrieben: 13. Mai 2025, 10:14 Für mich wirkt es gerade schon so wie eine Entscheidung, nämlich den Weg allein weitergehen zu wollen.
Ich persönlich wäre bei solchen Interpretationen ganz vorsichtig. Wenn ein Mensch sagt "Ich möchte mich trennen", dann ist wohl zu 99,9% klar, was damit gemeint ist. Bei nonverbalem Verhalten sieht die Sache anders aus. Du hast ihm die Nachricht geschickt, damit er sich auf darauf einstellen kann, dass du an dem Tag nicht zurückkommst. Vielleicht war er darüber enttäuscht und Schweigen war die bessere Antwort als seine Enttäuschung offen auszudrücken (v.a. da ihr keine optimale Streitkultur habt). Vielleicht aber war er auch ganz einfach mit sich selbst beschäftigt und sein Schweigen hat genau nichts mit dir zu tun. Mit anderen Worten: Wir wissen es nicht, und wenn etwas unklar ist, finde ich es schwierig, eine Entscheidung einer anderen Person, wie eine Trennung, aus einem Verhalten mit unterschiedlichen Hintergründen ableiten zu wollen.

Du zB bist in der Vergangenheit sang- und klanglos abgetaucht, ohne ihm zu sagen, wann du wiederkommen wirst. Hast du dich damals von ihm mit so einer Aktion getrennt? Er hätte sich da auch, wortwörtlich und metaphorisch, verlassen vorkommen können, dabei war es von dir vl gar nicht so gemeint und du wolltest einfach nur alleine sein, hast das aber nicht optimal kommuniziert.

Wenn du jetzt die Entscheidung triffst, dass die Situation für dich nicht mehr tragbar ist und du die Trennung willst, ist das absolut legitim. Sich aber für die Trennung zu entscheiden, weil du vermutest, sein Verhalten könnte als Trennung gemeint sein, halte ich für kontraproduktiv, v.a. wenn du eigentlich noch die Bereitschaft hättest, an der Beziehung festzuhalten.

Ich hoffe, dass heute einer der besseren Tage ist :)
Alles Liebe
Harmonie19
Beiträge: 13
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Harmonie19 »

Ich danke dir, liebe Nachtschatten!

Ich bin nun wieder zurück in der Wohnung, er ist noch im Büro.
Es war irgendwie komisch, wieder nach Hause zu kommen. Alles lag noch genauso da, wie ich es vor einigen Tagen zurück gelassen hab. Die Bananen sind inzwischen braun, der Kaffeefilter steckt noch in der Vorrichtung. Ein bisschen wirkt es so, als wäre er kaum hier gewesen.

Er scheint aber heute nach Hause zu kommen. Zumindest haben wir eine Verabredung, dass er Bescheid gibt, wenn er nicht hier übernachtet und daran hatte er sich bis zuletzt dran gehalten.
Auf meine Nachricht kam dann mittags noch ein "Ok, danke".

Ich bin wirklich gespannt, wie unser Zusammentreffen aussieht. Ob er wie zuletzt kurz grüßend in seinem Zimmer verschwindet? Ich weiß noch gar nicht so recht, wie ich dann reagieren soll. Zwischen uns steht ja irgendwie noch das "Wenn nicht ... dann ..."

Ich werde berichten :)
Harmonie19
Beiträge: 13
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Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Harmonie19 »

Ihr Lieben,
es war dann gestern so, dass er nach Hause kam und freundlich gegrüßt hat. Er ist dann in sein Zimmer, aber zum ersten mal seit langem hat er die Tür offen gelassen. Später kam er nochmal, hat gesagt, er würde einkaufen gehen und ob er mir was mitbringen soll.
Er ist noch ein paarmal an der offenen Wohnzimmertür vorbei und wir haben uns angeschaut.

Das sind alles keine bahnbrechenden Neuigkeiten, aber irgendwie war ich für das erste Zusammentreffen ganz zufrieden und hatte das Gefühl, dass er nicht völlig abblockt...

Ich hab ihn sonst erstmal ganz in Ruhe gelassen.
Nachtschatten
Beiträge: 46
Registriert: 2. Mai 2025, 20:56

Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Nachtschatten »

Hallo Harmonie,

wenn das nicht mal eine konfliktlose Interaktion war! Ich finde, das ist ruhig etwas, womit du zufrieden sein kannst :) Ich sehe darin durchaus seinen Willen, auf dich zuzukommen. Mir scheint, dass er sich deine Worte zur Brust genommen hat und, im Rahmen seiner Möglichkeiten, versucht, sie zu beherzigen.

Ich finde es auch schön, dass du ihn daraufhin nicht bedrängt hast, um noch "mehr" zu bekommen, sondern mit dem zufrieden bist, was du an Entgegenkommen von ihm bekommen hast. Es braucht seine Zeit. Stück für Stück geht es weiter.
Harmonie19 hat geschrieben: 14. Mai 2025, 16:28 Zwischen uns steht ja irgendwie noch das "Wenn nicht ... dann ..."
Das verstehe ich nicht ganz. Im Sinne von, wenn er das und das nicht tut, kommt es zur Trennung? Ich würde keine großen Gesten erwarten - im Grunde würde ich gar nichts erwarten, sondern euch beiden die Möglichkeit und Zeit geben einen konstruktiven, respektvollen und konfliktarmen Umgang zu erreichen. Versuche nicht, das Negative in seinem Verhalten zu sehen und daraus auf eine Trennung seinerseits zu schließen, sondern konzentriere dich auf das Positive in seinen Interaktion und ziehe daraus Zuversicht, dass auch er an einer Besserung der Beziehung zwischen euch interessiert ist.

Normalerweise empfehle ich keine Bücher, die ich noch nicht fertig gelesen habe, aber für dieses hier habe ich so viele Empfehlungen aufgeschnappt, dass ich den Tipp trotzdem da lasse: Getriggert. Wie wir unsere Beziehungen stärken, indem wir unsere Emotionen regulieren und gelassener kommunizieren. von Anouk Algermissen

Vielleicht hilft es dir/euch, an eurer Kommunikation zu feilen. :) Ich würde dir wirklich raten, mal hineinzuschauen und vielleicht erkennst du ja das eine oder andere Verhaltens-/Sprachmuster, das sich bei euch eingeschlichen hat und eine offene Kommunikation erschwert.

Ich freue mich über den nächsten Bericht. :)
Alles Liebe
Harmonie19
Beiträge: 13
Registriert: 2. Mai 2025, 17:44

Re: Ich kann nicht mehr- wütende Depression

Beitrag von Harmonie19 »

Guten Morgen :)

Erst einmal vielen Dank für deine Buchempfehlung, liebe Nachtschatten! Das klingt wirklich interessant.

Mit dem "Wenn nicht ... dann ..." habe ich Bezug zu unserem letzten Gespräch genommen. Da habe ich ja schon deutlich gemacht, dass wir uns räumlich trennen müssen (und dass er gehen müsste), wenn er wirklich absolut keine Chance mehr sieht, dass wir wieder einen gemeinsamen Weg finden. Daraufhin hat er sich ja ein paar tage in seinem Zimmer verkrochen und dann bin ich weggefahren.

So ist es jetzt die letzten Tage weitergegangen:
Das erste Aufeinandertreffen habe ich ja geschildert: Zimmertür blieb offen, freundliche Ansprache, Frage nach Einkauf.
Donnerstag haben wir uns nicht gesehen, weil ich anch der Arbeit direkt zu der Geburtstagsfeier meines Bruders gefahren bin. Als ich nach 22.00 nach Hause kam, war ich recht überrascht, weil ...
1. Er offensichtlich zu einem Treffen in der Nachbarschaft gegangen war, bei dem wieder unser alljährliches Straßenfest geplant wurde. Das hatte er bis vor kurzem stark abgelehnt und gesagt, dass er dieses Jahr garantiert nicht mit in der Planung ist, weil alle ihn nerven. Nun hing die Planungsliste sichtbar bei uns im Flur an der Pinnwand.
2. Er in seinem Zimmer online etwas spielte und sich dabei mit einem guten Freund "getroffen" hat (kam auch lange nicht vor)
3. Standen 2 Schnapsgläser mit einem geöffneten besonderen Schnaps in der Küche. Letztes Mal hatte er einem Nachbarn versprochen, ihn rüberzubitten, wenn der Schnaps da sei.

In unserem letzten Gespräch hatte er nochmal betont, wie sehr ihn unsere nachbarn, die Straße, einfach alle auf die Nerven gehen und nun scheint er sich doch wieder intergrieren zu wollen.

Freitagmorgen haben wir uns dann auch kurz gesehen, er hat wieder freundlich gegrüßt und ist dann mit einem weiteren nachbarn zum Sport (hat er auch lange nicht gemacht, weil ihn diese Interaktion am Morgen zu sehr gestresst hat).
Als ich gestern Mittag nach Hause kam, ist er zu mir gekommen und hat erzählt, dass er gleich zu einem Freund in den Garten fahre, um dort zu grillen, aber sooo spät würde es nicht werden. Ich habe ihm viel Spaß gewünscht.
Gestern Abend ist er dann aber wieder schnurstracks in sein Zimmer und hat die Tür geschlossen, heute Morgen sitzt er auch noch mit geschlossener Tür im Schlafzimmer.

In erster Linie freut es mich, dass er wieder mehr soziale Kontakte hat und die Interaktionen mit der nachbarschaft und die Planung des Straßenfestes im Spätsommer deuten für mich erstmal nicht daraufhin, dass er gern gehen möchte.
Mit mir spricht er bislang nur das Nötigste bzw. Organisatorisches. Andererseits freue ich mich auch über so Kleinigkeiten wie zum beispiel, dass er zu seinem Freund fährt, um zu grillen. Gab ja auch schon Zeiten, in denen er einfach abgehauen ist.

Ich gebe ihm weiter ein bisschen Zeit und Raum, zeige mich entspannt und freundlich und warte mal ab, was in nächster Zeit noch passiert.

Ganz liebe Grüße!!
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