Entschuldigung nach verletzenden Aussagen

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lama03
Beiträge: 6
Registriert: 6. Jun 2024, 23:56

Entschuldigung nach verletzenden Aussagen

Beitrag von lama03 »

Hallo zusammen!

Mein Freund leidet unter einer mittelschweren rezidivierenden Depression und das wohl schon seit mehreren Jahren (5-8). Er war und ist theoretisch in Behandlung, war aber schon lange nicht mehr bei seiner Ärztin und hat den letzten Termin versäumt. Seine Antidepressiva wirken nicht und ihm wurde Therapie empfohlen, die lehnt er aber ab, weil sie ihm nichts helfen würde.
Ich hab neulich versucht das anzusprechen, dass da eine andere Lösung her muss und erstmal hatten wir dann einen riesigen Streit um ein ganz anderes Thema. Am nächsten Tag hab ich’s nochmal versucht und sein Outcome war, dass er die Tabletten absetzten möchte und keine Therapie - aber ich könne wohl mal mit zu seiner Ärztin. Also nicht das, was ich mir erhofft habe, aber immerhin ist er mal offen für meinen Vorschlag gewesen, dass ich mitkomme.
Jetzt eine andere Frage: wir streiten uns ganz oft über unnötige Sachen, weil er vieles auf sich bezieht und Kritik und Vorwürfe reininterpretiert, was vielleicht gar nicht so gemeint ist. Auch sieht er vieles oft viel schlimmer als ich und hat hoch emotionale Reaktionen, oft mit sehr viel Wut. Das kann ich nicht wirklich nachvollziehen, ich bin generell kein sehr wütender Mensch und kann mit Wut auch nicht gut umgehen. Auf jeden Fall kommen da immer wieder mal sehr verletzende Aussagen oder auch (meiner Meinung nach) ungerechte Vorwürfe mir gegenüber, ich wäre ja nicht sein Seelenpartner und würde nicht an seiner Seite stehen, ich wäre unfassbar naiv/dumm, sowas.
In guten Momenten verstehen wir uns normal wieder und es passt soweit alles, aber wir sprechen nicht über diese Situationen und Vorfälle. Und von ihm kommt auch nie eine Entschuldigung. Und das knabbert ganz schön an mir…
MySun
Beiträge: 637
Registriert: 4. Jul 2022, 09:45

Re: Entschuldigung nach verletzenden Aussagen

Beitrag von MySun »

Hallo und herzlich willkommen,
lama03 hat geschrieben: 28. Aug 2024, 07:42 wir streiten uns ganz oft über unnötige Sachen, weil er vieles auf sich bezieht und Kritik und Vorwürfe reininterpretiert, was vielleicht gar nicht so gemeint ist. Auch sieht er vieles oft viel schlimmer als ich und hat hoch emotionale Reaktionen, oft mit sehr viel Wut. Das kann ich nicht wirklich nachvollziehen,
Die Übersensibilität meines Partners, ist ein Symptom seiner Depressionserkrankung.
Sie tritt bei ihm in jeder Episode auf. Sie gehört bei ihm zur Erkrankung, wie auch "eine laufende Nase zur Erkältung“ gehört.

Es ist eine große Herausforderung, mit einem depressiv erkrankten Menschen zusammenzuleben, es ist sehr anstrengend und erfordert viel Kraft.
Anfangs fehlte mir das Wissen über das Wesen einer Depression und ich dachte, die Situation kontrollieren zu können....
Ich musste jedoch schmerzlich erfahren, dass es nicht funktionierte.

Durch den Austausch mit anderen betroffenen Angehörigen und durch lesen von Büchern, die zum Thema berichteten, gewann ich mehr Klarheit über mein Verhalten in meiner Partnerschaft und im Verhältnis zu meiner Tochter - die beide an einer Depression leiden.

Um selbst psychisch stabil zu bleiben brauche ich viel Selbstfürsorge.
Ich muss den Kontakt zu mir selbst und zu meinen Bedürfnissen, zu meinen Empfindungen und zu meinen Kraftquellen wahren, um die Grenzen meiner Verantwortung besser spüren zu können.
Mein Handeln orientiert sich dann im Tun, Nichttun und Akzeptieren.


Ich wollte für dich da sein – und ich habe gemacht.
Ich wollte für dich sorgen – und ich habe gemacht.
Ich wollte auf dich achtgeben – und ich habe gemacht.

Dann konnte ich nicht mehr:
Ich konnte nicht länger machen.

Das änderte viel.
Ich lernte, für mich da zu sein – und dich zu sehen.
Ich lernte, für mich zu sorgen – und dich zu hören.
Ich lernte auf mich achtzugeben – und dich zu fühlen.
Ich brachte mich zurück aus dem Schatten.

In kleinen Schritten.
Zu mir. Zu dir. Zu uns.


Zitat: Dirk Biermann
"Viele Menschen sind zwar am Leben, berühren aber nicht das Wunder, am Leben zu sein.“-ThichNhatHanh-

Von Herzen
MySun
lama03
Beiträge: 6
Registriert: 6. Jun 2024, 23:56

Re: Entschuldigung nach verletzenden Aussagen

Beitrag von lama03 »

Danke für die lieben Worte.
Ich versteh das sehr gut und du hast mein größtes Mitgefühl und auch meinen Respekt dafür, dass du das so gut mitmacht und „aushalten“ kannst. Ich habe aktuell das Gefühl etwas daran zu zerbrechen. Mir fehlt die Unterstützung und Anerkennung in unserer Beziehung und das geht los dabei, das er mir oft sehr neutrale manchmal auch kritische Nachrichten schickt, generell nur sehr kurz und oft auf meine gar nicht eingeht, sie nicht mal liest. Er antwortet aber Freunden und seiner Familie. Generell kann ich gerade mit den ganzen Sorgen und der Belastung nicht gut umgehen, ich habe niemanden mit dem ich sie teilen kann. Ich hab das Gefühl ich kann nichts ansprechen, ohne dass wir einen Streit haben werden. Und die ganzen kleinen Verletzungen in der Vergangenheit summieren sich wahrscheinlich, da es nie eine Entschuldigung gab.

Wenn denn wenigstens eine Hoffnung auf eine Besserung da wäre, aber aktuell und mit dem Hintergrund, dass er eine Therapie ablehnt und die Tabletten nicht ändern sondern maximal absetzten will…
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