Rückfälle

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henneschen
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Registriert: 9. Jan 2016, 07:47

Rückfälle

Beitrag von henneschen »

Hallo zusammen, nach langer Zeit melde ich mich mal wieder im Forum, auch, weil ich weiß, dass ihr gute und hilfreiche Hinweise gebt.

Kurz zu mir: ich bin seit ca. 1,5 Jahren wegen Depression krank geschrieben. Ich habe in dieser Zeit einen Aufenthalt in der Psychiatrie und einen in der Reha hinter mir. Es ging in dieser Zeit fast immer bergauf, die depressiven Symptome schwächten sich deutlich ab.

Seit etwa einem Monat nun passiert das Gegenteil, ich rutsche wieder tiefer in die Depression hinein. Ich fühle wieder verstärkt eine innere Leere, vieles erscheint sinnlos, ich grüble viel über Vergangenes und bin wieder im Bereich der Selbstvorwürfe.

Ich glaube, der Anlass dafür ist, dass ich eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) bei der Diakonie begonnen habe. Vieles davon tut mir gut, zu.B. regelmäßig aufzustehen, andere Menschen zu treffen usw. Und doch stellen mich die Anforderungen vor große Herausforderungen, weil ich manches Mal total erschöpft bin. Meine Frau ist inzwischen an der Grenze der Belastbarkeit wegen meiner Depression angekommen und drängt mich schon dahin, dass doch jetzt endlich wieder alles normal sein müsste.

Problematisch empfinde ich, dass mein Umfeld nicht mitspielt. Familie, Ärzte, Psychologen - alle meinen, dass es weiter aufwärts geht, kaum einer erkennt, dass es mir wieder schlechter geht, obwohl ich meine Medikamente (Bupropion und Quetiapin) regelmäßig weiter nehme.

Meine Frage: kennt ihr solche (unerwarteten) Rückschläge? Wie geht ihr damit um? Habt ihr Menschen, mit denen ihr darüber reden könnt? Habt ihr Tipps für mich? Dafür schon einmal vielen Dank.


henneschen
SonneundDunkenheit
Beiträge: 805
Registriert: 25. Jul 2021, 09:24

Re: Rückfälle

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Hallo henneschen,

die weitere Einnahme der Medikamente ist ja zunächst kein Indikator für eine Verschlechterung sondern könnte auch Stabilisierung oder Weg nach "oben" bedeuten.

Eine LTA kostet Kraft und Energie und du darfst davon auch erschöpft sein. Wahrscheinlich geht es den anderen Teilnehmern ähnlich. Es sind jetzt wieder höhere Anforderungen als in der langen Zeit Zuhause.

Deine Frau ist offenbar an die Grenzen ihrer Belastbarkeit angekommen. Sie hat wahrscheinlich den "Laden am Laufen gehalten" und braucht/ wünscht sich Entlastung. Da müsstet ihr zusammen schauen, wie ihr an ihre und deine Bedürfnisse denken könnt.

"Das dein Umfeld nicht mitspielt " finde ich eine seltsame Formulierung. Sie sind ja keine Spielfiguren, die du nach "Belieben" setzen kannst.
Ich würde mich allerdings schon fragen warum meine also deine Wahrnehmung so eine andere ist als die vom Gegenüber.

Hast du einen guten Freund mit dem du dich austauschen kannst? Eigentlich wäre der Psychologe ja auch ein gutes Gegenüber für deine Gefühle und Gedanken.
Woran machen Ärzte und Psychologen fest, dass es dir gut gehen sollte und woran machst du fest, dass dem nach deinem Empfinden nicht so ist?
Suchende2
Beiträge: 1381
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Re: Rückfälle

Beitrag von Suchende2 »

Hallo henneschen,

hast Du mit der Diaknonie gesprochen?
Was sagen die?
Würde es Dir helfen, wenn die Anforderungen vorübergehend heruntergeschraubt würden?

Und ja, ich kenne es auch.
Bei mir war es aber anders. Meine Therapeutin wollte mich sofort in einer Klinik sehen, wußte aber, daß ich da nicht hingehe. Eine Krankschreibung ging zu dem Zeitpunkt auch nicht. Sie hat dann mit meiner Psychiaterin telefoniert und die beiden haben sich zusammenüberlegt wie sie mir helfen können.

Warum sind Deine Behandler der Meinung, daß es Dir besser geht, wo Du anderer Meinung bist?
Was kannst Du von den erlernten Methoden, z.B. wegen des Grübelns und der Selbstvorwürfe, anwenden?
Woran liegt es, wenn Du es nicht anwenden kannst?

Alles Gute,
Suchende
Katerle
Beiträge: 11375
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Rückfälle

Beitrag von Katerle »

Hallo henneschen,

ja sowas ist mir auch bekannt. Und zwar, als ich freiwillig eine G. vorrübergehend übernahm, stellte das mich auch vor neue Herausforderungen. Es machte auch sehr vielFreude, doch ließ sich das nicht auf Dauer umsetzen, weil ich das nicht mehr so schaffte. (da ich auch noch andere Verpflichtungen hatte) und ich nicht alles in der Nähe habe.
Meine P. versteht das und auch noch eine weitere P. Deshalb hatte ich mich auch wieder etwas zurückgenommen.

Alles Gute für dich,
Katerle
henneschen
Beiträge: 8
Registriert: 9. Jan 2016, 07:47

Re: Rückfälle

Beitrag von henneschen »

SonneundDunkenheit hat geschrieben: 18. Aug 2024, 12:24 Hallo henneschen,

die weitere Einnahme der Medikamente ist ja zunächst kein Indikator für eine Verschlechterung sondern könnte auch Stabilisierung oder Weg nach "oben" bedeuten.

Eine LTA kostet Kraft und Energie und du darfst davon auch erschöpft sein. Wahrscheinlich geht es den anderen Teilnehmern ähnlich. Es sind jetzt wieder höhere Anforderungen als in der langen Zeit Zuhause.

Deine Frau ist offenbar an die Grenzen ihrer Belastbarkeit angekommen. Sie hat wahrscheinlich den "Laden am Laufen gehalten" und braucht/ wünscht sich Entlastung. Da müsstet ihr zusammen schauen, wie ihr an ihre und deine Bedürfnisse denken könnt.

"Das dein Umfeld nicht mitspielt " finde ich eine seltsame Formulierung. Sie sind ja keine Spielfiguren, die du nach "Belieben" setzen kannst.
Ich würde mich allerdings schon fragen warum meine also deine Wahrnehmung so eine andere ist als die vom Gegenüber.

Hast du einen guten Freund mit dem du dich austauschen kannst? Eigentlich wäre der Psychologe ja auch ein gutes Gegenüber für deine Gefühle und Gedanken.
Woran machen Ärzte und Psychologen fest, dass es dir gut gehen sollte und woran machst du fest, dass dem nach deinem Empfinden nicht so ist?
Hallo,

Ich antworte mal direkt. Erst einmal Danke für die Antwort und die guten Hinweise. Ich glaube, dass es bei mir oft eine Scham gibt, meine wahren Gefühle nach außen hin zu zeigen. Dann entsteht bei anderen glaube ich der Eindruck, dass "alles okay ist." Und eigentlich müsste es wahrscheinlich so sein nach der Behandlung im Krankenhaus und der Therapie. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass Depression mit Traurigkeit verwechselt wird und ich mich "nicht so anstellen soll'.

Bei mir ist es im Moment so, dass viele Gedanken und Gefühle wieder da sind, die schon am Anfang der Depression da waren und jetzt wieder zurück kehren, z.B. auch, dass mir jeder auswärtige Termin große Mühe bereitet und ich mich dazu kaum aufraffen kann.

Aber ich habe einen sehr guten Freund, der noch dazu Soziale Arbeit studiert hat. Da kann ein Austausch bestimmt helfen.

Auch dir alles Gute,

henneschen
SonneundDunkenheit
Beiträge: 805
Registriert: 25. Jul 2021, 09:24

Re: Rückfälle

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Hallo henneschen,

das mit der Maske aufsetzen, kenne ich auch. Ich habe es als Selbstschutz gesehen und wäge oft ab, was im jeweiligen Moment für mich passt.

Ein guter Psychologe sollte dich aber "durchschauen" können bzw. an der Stelle wäre Ehrlichkeit notwendig sonst ist es "verschenkte" Zeit. Scham in Bezug auf bestimmte Themen kenne ich allerdings aus der Therapie auch.

Gibt es in der LTA psychologische Unterstützung?

Warum bereiten dir auswärtige Termine Probleme.... also was steht hinter dem Termin....was hindert dich?

Mit der Diagnose Depression kann nicht jeder etwas anfangen. Das ist leider so. Deine Frau und deine Behandler sollten allerdings nicht zu dieser Gruppe gehören.

Ich erlebe meine Therapeutin hin und wieder auch als ungeduldig. Sie möchte gerne Früchte ihrer Arbeit sehen, möchte , dass es mir besser geht....ich bin aber nicht so schnell...da hilft nur im Kontakt zu den unterschiedlichen Erwartungen/ Standpunkten zu bleiben.

Es ist gut, einen guten Freund zu haben, um Freud und Leid zu teilen. Ich persönlich versuche in Gesprächen mit Freunden der Depression nicht so viel Raum zu geben. Sie ist nur ein Teil meiner Persönlichkeit. Den Therapierahmen finde ich hingegen als gutes Übungsfeld/ Projektionsfläche, um Ängste zu zulassen, Unsicherheiten zu formulieren und vor allem um die Selbstwahrnehmung mit der des Gegenüber abzugleichen.

Es gibt ja die chronischen Depressionen und da gehören Rückfälle dazu. Gut ist, wenn man erkennt, dass Symptome wieder aufflammen und dann Handwerkszeug vorhanden ist, um größere Schäden zu vermeiden.

Bist du prinzipiell zufrieden mit der LTA und hast du den Eindruck wieder der Erwerbsfähigkeit gerecht werden zu können oder hast du eher Angst vor der beruflichen Zukunft?

Ich wünsche dir alles Gute
ich2101
Beiträge: 33
Registriert: 11. Feb 2024, 13:30

Re: Rückfälle

Beitrag von ich2101 »

Hallo henneschen,

ich habe vor 3 Wochen auch wieder angefangen zu arbeiten und merke auch, dass mir das Energie zieht. Entsprechend habe ich auch Tage, an denen die Psyche wieder aus dem Lot gerät. Mein Mann hat mich da an einem Tag aber gut aufgefangen. Er hat sich Zeit genommen mir zuzuhören und ich war in dem Moment auch offen und habe ihm erklärt, dass am Tag zuvor meine Stimmung immer weiter in den Keller gegangen ist und ich nun spüre, wie mein Selbstbewusstsein wieder angeschlagen ist. Das braucht ja jeder im Kontakt mit anderen Menschen - zumal wenn es wie bei deinem Neuanfang unbekannte Menschen sind.
Also vielleicht hilft es auch bei dir, wenn du deiner Frau sagen kannst, ein offenes Ohr in einer schwachen Stunde hilft schon viel weiter.
Ich drücke dir die Daumen, dass du den Rückschritt annehmen und danach wieder neue Kraft aktivieren kannst.

Viele Grüße
ardFR62
Beiträge: 32
Registriert: 21. Aug 2024, 17:08
Wohnort: Düsseldorf

Re: Rückfälle

Beitrag von ardFR62 »

Rückfälle versuche ich inzwischen einigermaßen zu akzeptieren,
da mir bewusst ist das diese Dämonen immer in mir wohnen, und
den ewigen Kampf im Grunde nur Gewinnen kann. Auch wenn es
an manchen Tagen verdammt schwer sein mag.... :roll:
Und diese Reise des Lebens
ist noch lange nicht zu Ende...
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