Wie geht es weiter nach der Klinik

Antworten
Mariesa
Beiträge: 28
Registriert: 21. Apr 2024, 23:28

Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Mariesa »

Guten Abend,
ich bin ein neues Mitglied in diesem Forum 👋🏼
Letzten Sommer bekam ich die Diagnose schwere Depression. Bis dahin hatte ich angenommen, das ich noch in einer Trauer Phase bin und dadurch nichts mehr hinbekam...
Seit einer Woche bin ich nach einem achtwöchigen Aufenthalt in der Psychiatrie wieder zu Hause. Es war die beste Entscheidung für mich, ich habe viel erreicht und gelernt über diese Krankheit.
Jetzt bin ich krank geschrieben, habe leider noch keinen sicheren Therapieplatz und halte mich mit der ambulanten Versorgung über Wasser.
Ich versuche all das anzuwenden, was ich gelernt habe. Mache das, was mir gut tut und natürlich versuche ich auch, den Haushalt zu bewältigen, ohne große Ansprüche.
Eigentlich klappt alles gut. Aber...
Tatsächlich habe ich Angst, das diese Gefühle der Leere und Bodenlosigkeit wieder kommen. Ich habe Angst abends ins Bett zu gehen und aufzuwachen mit dieser Gefühllosigkeit. Ich habe Angst, diesem Geschehen wieder hilflos ausgeliefert zu sein.Ich habe Angst, vor dem was sein könnte und werde ganz klein...
Es ging mir schon viel viel schlechter, aber ich vertraue mir nicht, vertraue meinem Kopf nicht.
Ich freue mich über Erfahrungen und Ideen von Euch 🙏🏼
Senif
Beiträge: 1812
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Senif »

Hallo Mariesa,

willkommen hier.
Tatsächlich braucht das viel Zeit. Ich musste mir eine gewissen Sicherheit auch erst wieder zurück erkämpfen. Das Vertrauen in meinen Körper und meine Psyche war komplett weg.
Ich versuche noch heute meine innere Mitte zu stärken durch Sport. Ich habe viele Jahre gar nichts gemacht und bin immer schwächer geworden. Und jetzt kann ich wieder aktiv was machen. Weiterhin versuche ich zu erkennen, wann mir Dinge zu viel werden und ich definitiv eine Pause brauche. Das ist immer noch schwierig für mich, weil ich die Grenze meist erst bemerke, wenn ich schon platt bin. Aber früher hab ich sie gar nicht registriert, jetzt kann ich dann zumindest gegensteuern. Achtsamkeit mir und meinem Körper gegenüber.
Früher dachte ich immer, ich bin egoistisch, wenn ich zuerst an mich denke. Heute weiß ich, dass ich mich damit immer runter gemacht habe. Wenn ich genügend Kraft habe, gebe ich gern ab, aber wenn ich merke, ich brauche die Kraft für mich selber, dann investiere ich auch nur in mich ohne schlechtes Gewissen. Ich versuche auf meine Bedürfnisse zu achten.

:hello: LG Senif
Franzi_2
Beiträge: 28
Registriert: 8. Jan 2024, 22:21

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Franzi_2 »

Liebe Mariesa,
es dauert. Ich bin selber gerade in dieser Phase. War letzten Herbst 8 Wochen in der Klinik. Das Vertrauen in dich musst du erst langsam wieder erarbeiten. Es wird Höhen und auch Tiefen geben. In meiner Selbsthilfegruppe wurde auch von ganz tiefen Tiefen berichtet. Lass dich davon nicht entmutigen!
Wir schaffen das! Mit ganz viel Geduld und ganz viel Selbstliebe!
Mariesa
Beiträge: 28
Registriert: 21. Apr 2024, 23:28

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Mariesa »

Vielen Dank für Eure Rückmeldungen. Tatsächlich habe ich das Gefühl, mein Körper und meine Seele wurden auf fast Null gesetzt und ich fange von vorn an. Gestern hatte ich einen anstrengenden Tag, musste zum Arzt, und in die Apotheke. Außerdem habe ich das Badezimmer geputzt und einigen Schriftkram erledigt. Es ging alles so leicht... Und heute- bin ich erledigt. Schlecht geschlafen, ich fühle mich wie ein ausgelutschter Drops. Keine Power, null. Ich muss wohl lernen, mir das einzuteilen. Irgendwie. Bin ein Genie im Organisieren gewesen, vor dem Neustart. Alles ist jetzt anders. Ich sage nicht, alles ist schlecht. Nö. Aber anders. Langsamer. Weniger. Bedächtiger.
Mikado83
Beiträge: 78
Registriert: 30. Mär 2023, 20:13

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Mikado83 »

Hallo Liebe Mariesa,

es ist normal, dass nach einem längeren Klinikaufenthalt erstmal ein tief folgt. man ist nicht mehr unter der Beschützten Glocke, sondern dort wo man funktionieren muss.

ich hatte das auch insbesondere nach meinem ersten Klinikaufenthalt.

versuche das umzusetzen was du gelernt hast.

Bin gerade auch wieder in einem tief. In die Klinik will ich aber noch nicht.
Mariesa
Beiträge: 28
Registriert: 21. Apr 2024, 23:28

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Mariesa »

Vielen Dank für Deine Antwort, trotzdem es Dir schlecht geht @Mikado83. Jedes Wort hilft mir, und ich wünsche auch Dir alles Gute.
Ich war am Wochenende bei meiner Tochter zum Babysitten. Es war schön,aber unheimlich anstrengend. Ich brauchte jeweils ein Mittagsschläfchen.
Heute bin ich so furchtbar kaputt, ich habe das Gefühl mein Körper will gar nix mehr. Das nervt mich sehr.
Morgens war ich zumindest bei einer Therapeutin, ich hoffe dort auf einen Platz. Die Chemie stimmt schon mal. Dann habe ich mir zur Belohnung eine Bluse gekauft, war noch Lebensmittel einkaufen und habe dann ne Stunde geschlafen. Hab mich gefühlt wie nach einem langen Arbeitstag. In der Klinik war das nicht so...
Und ich vermisse meine Freude. Die, die bis in den Bauch geht...
Franzi_2
Beiträge: 28
Registriert: 8. Jan 2024, 22:21

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Franzi_2 »

Liebe Mariesa,
das mit der Freude bis in den Bauch kann ich sehr nachfühlen. Ich habe in den letzten Tagen in der Klinik so viele Gefühle so intensiv gefühlt und darunter ua diese Freude im ganzen Körper. Ich habe das Gefühl die letzten Jahre so vermisst und auch nach der Klinik ist es wieder weg. Aber manchmal kann ich es ein kleines bisschen wieder erahnen und ich bin froh, dass ich noch fühlen kann und das nicht ganz weg ist. Also irgendwann wird es wieder kommen. Da glaube ich ganz fest dran. (Und dennoch habe ich natürlich schlechte Tage, an denen mich die Hoffnungslosigkeit voll im Griff hat).

Wenn du über deine Aktivitäten schreibst, dann wirkt es, als ob du nicht anerkennen kannst, dass du echt viel leistest.

Thema Babysitten: puh, ganz ehrlich? So ein Baby IST anstrengend! Man denkt vlt, ach das schläft doch meistens oder spielt auf seiner Decke. Aber die ganze Zeit ist man am schauen, ist angespannt, vlt auch, ob man es beruhigen kann, wenn es weint, Interaktion etc. Also wenn meine Tochter nicht in der Kita ist, dann brauch ich auch ohne Depression nen Mittagschlaf 🙈 und ich wünsche dir, dass du so ehrliche Omas kennenlernen darfst, die so ehrlich sind und zugeben, dass es sie auch anstrengt.

Therapeutengespräch inkl schon wieder seine Geschichte erzählen, auf sein Bauchgefühl wegen der Chemie achten, spontan, Fragen beantworten, Kleidung kaufen, durch die Regale laufen, Reizüberflutung, entscheiden was einem gefällt, ausziehen, anziehen, entscheiden, ob einem das Geld für die Bluse jetzt wert ist, Lebensmittel einkaufen, völlige Reizüberflutung, andere Menschen, Musik im Hintergrund, vlt noch Düfte, den Kopf benutzen, um die richtigen Sachen einzukaufen, entscheiden, ob diese oder jene Marke in den Wagen kommt, mit Karte oder bar zahlen, Rückgeld zählen, die Sachen so verstauen, dass man sie transportieren kann, irgendwie mit den Einkäufen nach Hause kommen.
Puh also nach einem Kindertag dann dein Pensum würde mir auch zu schaffen machen. Du darfst jede einzelne Aktivität und deren individuelle Anstrengung anerkennen.
Akzeptiere, dass es gerade so ist und erkenne an, dass du dennoch viel geschafft hast.

Ein Satz hat mir bei der Akzeptanz sehr geholfen (also nicht, dass ich durch den Prozess schon durch wäre, aber er hilft mir immer wieder von Neuem):
Von deinen alten 120 % sind aktuell nur 30 % deiner neuen 100 % übrig.
Ich hoffe, du verstehst, wie es gemeint ist.

Ganz liebe Grüße und nimm dir die Auszeiten und Mittagsschläfchen ohne schlechtes Gewissen. DU darfst für DICH sorgen. Selbstfürsorge ist keine Faulheit!
Mariesa
Beiträge: 28
Registriert: 21. Apr 2024, 23:28

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Mariesa »

Hallo, heute habe ich folgende Frage...
Habt Ihr Bekannte, Kollegen, Freunde usw., die sich aufgrund der Krankheit von Euch abgewandt haben ? Weil Ihr keine Verabredungen treffen könnt oder nur wenige, weil Ihr kurzfristig absagt, weil es manchmal eben einfach nicht geht. Weil ich eben krank bin.
Wie geht Ihr damit um ? Ich erlebe es seit meinem Klinikaufenthalt, keiner meldet sich mehr oder es wird weniger oder überhaupt nicht mehr. Ich bin ratlos. Ich kann nicht immer agieren...
Ich habe Angst, das bald alle Menschen aus meinem Umfeld verschwinden.
Mariesa
Franzi_2
Beiträge: 28
Registriert: 8. Jan 2024, 22:21

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Franzi_2 »

Liebe Mariesa,
ich kann deine Erfahrungen als kranke Person persönlich nicht teilen. Aber ich glaube, dass ich auch einen ganz besonderen Freundeskreis habe. Das weiß ich sehr zu schätzen und mir ist bewusst, dass das nicht die Norm ist.

Aber ich kann dir aus der anderen Perspektive von persönlichen Erfahrungen berichten.
Bevor ich krank wurde, habe ich mich von Menschen mit Schicksalen abgewandt. Nicht mit böser Absicht, sondern weil ich früher der Meinung war, dass diese Menschen Ruhe brauchen und keine Interaktion wünschen. Dumm, aber ich war überzeugt, dass ich das richtige tue.

Ich kann mal versuchen ein paar Tips zu geben, die ich damals als abwendende Person gebraucht hätte:
Suche dir ein paar Leute raus, die du wirklich nicht verlieren willst, die dir sehr wichtig sind und sei offen und ehrlich. Also sage, dass sie sich bitte regelmäßig melden sollen, dass dir das gut tut. Dass es nicht böse gemeint ist, wenn du nicht antwortest, dass sie es trotzdem regelmäßig weiter versuchen sollen und du dich über die Nachrichten freust, auch wenn du es nicht zeigen kannst.
Dass es keine böse Absicht ist, wenn du Verabredungen kurzfristig absagst, sondern du einfach zu schwach bist.
Dazu vlt noch ein Tipp aus meiner aktuellen Situation. Bevor ich mich mit jemandem verabrede, höre ich genau in mich rein, ob ich es überhaupt schaffen kann. Gucke im Kalender, was an dem Tag sonst noch ansteht und halte ihn mir möglichst frei. Auch frei von Haushalt etc. Seit ich so auf meine Ressourcen achte, muss ich viel weniger Verabredungen, die mir wichtig sind, absagen.
Fleckenstein
Beiträge: 20
Registriert: 22. Dez 2021, 15:38

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Fleckenstein »

Hallo,

ich bin nach meinem Klinikaufenthalt nach 3 Monaten zusätzlich in eine Reha (wurde direkt über die Klinik organisiert) und anschließend ins IRENA-Programm.

Gerade das einjährige Nachsorgeprogramm, wöchentliche Gesprächstherapie in einer kleinen Gruppe geführt von einem Psychologen/Therapeuten, hat mir den weiteren Weg aufgezeigt.

Meine Depressionen wurden nicht viel weniger, aber ich hab gelernt, im Alltag besser damit umzugehen, auf Warnzeichen zu achten… „nicht alles zu glauben, was ich denke“. Im Gegensatz zu vielen unmoderierten bzw. unbegleiteten Selbsthilfegruppen fand ich dieses Modell für mich sehr effektiv.
Suchende2
Beiträge: 1363
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Suchende2 »

Hallo Mariesa,

ja, einige Freundschaften habe ich durch die Erkrankung verloren.
Ich konnte diese inzwischen auch innerlich loslassen und weiß, daß wir eine gute gemeinsame Zeit zusammen hatten, aber diese Zeit nun vorbei ist. Menschen verändern sich halt. Und ich habe mich durch die Erkrankung verändert.

Die meisten Freunde habe ich behalten.
Ich habe aber auch sehr frühzeitig kommuniziert, daß ich eine Depression habe und was ich kann und was aktuell nicht. So haben die meisten meiner Freunde eine zeitlang den Kontakt zu mir aufrechterhalten. Ich habe aber auch interesse an deren Leben gezeigt (obwohl ich depressionsbedingt eigentlich kein Interesse hatte, von deren Leben zu hören). Ich stand für Fragen zur Erkrankung immer zur Verfügung und habe sogar ein paar spannende, mich weiterbringende Fragen von denen erhalten.
Verabredungen habe ich nicht kurzfristig abgesagt.
Aber ich habe mir mindestens den Tag vor und nach einer Verabredung freigehalten (als es mir schlecht ging), um eine gewisse Verläßlichkeit leben zu können. Es gab dann halt nur sehr wenige "reale" Treffen.
Und da haben meine Freunde auch auf mich Rücksicht genommen. Mit einer gehe ich zum Beispiel ab und zu Essen. In der Zeit haben wir uns bei ihr oder im Park zum spazieren getroffen. Bei Freundinnen mit Kindern sind wir häufig spazieren gegangen, damit ich nicht den Trubel des Familienlebens die ganze Zeit mitbekomme.
Das Weihnachtsbacken mit meinem Patenkind bei mir haben wir zu ihr verlegt (und Teig war schon vorbereitet).
Da hatte ich zwar den Weg, mußte die Wohnung aber nicht in einen passablen Zustand bringen.
Rede mit Deinen Freunden und wenn beide Seiten sich aufeinander einlassen und etwas kreativ sind, dann schafft Ihr das!

Alles Gute,
Suchende
Mariesa
Beiträge: 28
Registriert: 21. Apr 2024, 23:28

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Mariesa »

Danke für Eure Antworten. Den Tip, es einigen Personen zu erklären habe ich direkt angewendet. Mit mäßigem Erfolg. Aber vielleicht kommt ja noch was nach bei manchen 😉 Also Dankeschön...
Ich lese schon heraus, das ich Abstriche im Tempo machen muss. Was ich auch täglich merke.
Toll, das Ihr solche Freunde habt. Meine "beste" Freundin hat seit drei Tagen nicht mal auf meine Nachricht geantwortet. Und ich habe für sie immer alles gemacht. Ach man.
Aber, ich habe noch Kontakte aus der Klinik und da werde ich mich sehr bemühen, das diese halten.
Lavendel64
Beiträge: 552
Registriert: 27. Dez 2017, 14:44

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Lavendel64 »

Hallo Mariesa,

bei mir liegt die Klinik 10 Jahre zurück. Daher kann ich vielleicht etwas Langfristiges dazu beitragen. Wichtig war für mich etwas, das uns in der Klinik bereits gesagt wurde: wenn Ihr hier rauskommt, seid Ihr nicht gesund. Ihr habt gelernt, mit der Depression umzugehen, sie zu erkennen und seid nicht mehr hilflos.

Exakt das. Ich war noch weitere Wochen krank geschrieben und habe mich an den Rat der Ärztin der Klinikambulanz gehalten: gehen, nicht springen! Meine (neue) Therapeutin war gerade zwei Monate in Urlaub, so hat die Klinikambulanz die Betreuung übernommen. Ich bin noch immer in Behandlung (sowohl in der Ambulanz als auch bei der Therapeutin), aber in großen Abständen (einmal im Quartal).
Die Zeit nach der Klinik war eine Neuorientierung. Ich habe in meinem Leben etwas geändert, Stressoren soweit es ging ausgeschaltet. (Den Zweitjob aufgegeben) Und gelernt, auf mein Inneres zu achen. Jeden Morgen nach dem Aufwachen: "Wie geht es mir heute? Was liegt an ... wie sieht der Tag aus?" Wenn es nicht so gut ist, ich mich müde und erschöpft fühle, suche ich gezielt nach Pausen und schönen Momenten, die etwas ausgleichen können. Das kann eine Fernsehserie sein, oder ein tolles Essen. Kleine Dinge. Im Sommer eine halbe Stunde auf der Liege und die Wolken ziehen lasen.
Die erste Zeit nach der Klinik war nicht einfach, weil dieses Vertrauen in mich selbst fehlte. Das kam nach und nach. Ich lernte, auch Kraftgrenzen zu überschreiten, wenn es nicht anders geht. Kurzfristig ist das okay, mittel- und langfristig nicht.

Seit der Klinik kamen zwei weitere Krisen, eine sehr heftig, war aber begründet im persönlichen direkten Umfeld - da konnte ich nichts machen, ich musste funktionieren, obwohl ich wußte, dass es über meine Kraft geht. Das Ende war ein Rückfall, den ich aber allein ohne Klinik bewältigen konnte. Allerdings: 3 Monate AU. (Immerhin keine 9 wie beim ersten Mal). Im letzten Jahr ein ähnliches Tief, wo ich aber früh die Bremse treten konnte und mit 10 Tagen AU gut zurecht kam.

Selbst wenn es - wie bei mir - eine rezessive Depression ist, hat sie mir "geholfen", viel intensiver zu leben, auch kleine Dinge zu achten. Freunde sind gegangen (aber geschieht das nicht immer?) , dafür kamen Menschen in mein Leben, die genau paßten, mir helfen und mich unterstützen konnten. Ich mache nun Dinge, für die früher die Zeit fehlte: malen, stricken, gärtnern. Und: man kann nicht aus seiner Haut - es besteht immer die Gefahr, wieder zurückzufallen in alte Gewohnheiten. Nur: wenn es einem bewusst ist, kann man auch bewusst bremsen.

LG Lavendel
***Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen ***
GuntherBandel
Beiträge: 158
Registriert: 29. Dez 2020, 13:07

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von GuntherBandel »

Hallo,

ich war letztes Jahr heute vor gut einem Jahr 8 Wochen stationär und 8 Wochen Tagesklinik mit bisschen Wartezeit dazwischen.
Davor hat sich die Erkrankung schon während der Coronazeit schleichend eingenistet bei mir.
Die Klinikzeit hat mir aufgezeigt, dass ich diese Erkrankung irgendwie akzeptieren muss.
Gut ein Jahr danach bin ich in ambulanter Psychotherapie (tiefenpsychologisch fundiert) und habe seit letzten Montag in Rücksprache mit meiner Therapeutin die Medikamente vollständig ausgeschlichen (da ich für mich keine nachhaltige Wirkung ausmachen konnte), arbeite Vollzeit in meinem alten Team (die wissen von meiner Erkrankung), habe allerdings nach wie vor Eheprobleme. Wir haben drei Kinder (5, 12, 14) und meine Frau ist Lehrerin.
Nach meiner Wahrnehmung kommt meine Frau nicht mit meiner Erkrankung klar, was ich natürlich auch soweit verstehen kann.
Sie war auch während der Klinikzeit 2 Mal bei einem Gespräch mit den Therapeuten dabei.
Aber irgendwann müssen wir eine Entscheidung treffen, wo die Reise hingeht. Und das ist aus meiner Sicht mit dieser Diagnose und diesen Problemen
nicht so einfach. Wir sind fast 18 Jahre zusammen, haben fast jeden Tag zusammen verbracht. Da fällt es nicht leicht, das bisherige Leben loszulassen.
Zusammenfassend ist momentan meine größte Baustelle die Ehe. Ich hoffe, dass wir eine für alle gewinnbringende Entscheidung treffen können.

Viele Grüße
G.
Mariesa
Beiträge: 28
Registriert: 21. Apr 2024, 23:28

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Mariesa »

Vielen Dank für Eure Berichte :hello:
Ich hatte einen schleichenden Rückfall über die Wochen. Da habe ich so viel gehört über all das, alle persönlichen Anzeichen eines Rückfalls erlebt und es trotzdem erst sehr sehr spät gemerkt das es abwärts geht. Aber : ich habe es gemerkt und das hat mich so gefreut, das ich tatsächlich dann reagieren konnte. Und ich habe endlich verstanden, was uns gesagt wurde in der Klinik. Das sie uns dort nur den Weg zeigen und uns ein Stück begleiten, das wir aber dann allein gehen müssen. Im Prinzip, ich muss den Hintern allein hochbekommen und das habe ich endlich mal kapiert. Und getan. Mit kleinen Schritten, aber ich freue mich so unendlich über jeden noch so kleinen Erfolg. Endlich kann ich nämlich die Dinge erkennen ,die ich gemacht oder vieles eben nicht gemacht habe. Das macht mich echt fast ein bisschen glücklich und ich bin wahnsinnig stolz auf mich.
Meine Beziehung ging leider auch wegen meines Zustandes kaputt. Welcher Mann möchte eine ständig gereizte, müde, negative Stimmung verbreitende und ängstliche Frau. ( Also falls jemand so eine möchte, hier bin ich :D ) Jedenfalls habe ich mich in einer sehr schweren Phase getrennt. Dann bereut. Wir haben noch Kontakt, nicht mehr so oft. Er hat auch eine neue Bekannte, so nenne ich es mal. Ich bin oft noch traurig und frage mich, hätten wir es retten können wenn ich eher gewusst hätte, das es eine Depression ist und keine ständig schlechte Laune aus irgendwelchen anderen Gründen. Hätte hätte...ist gelaufen und ich akzeptiere es.
Vielleicht schafft Ihr lieber GuntherBandel, Eure Beziehung zu retten...
GuntherBandel
Beiträge: 158
Registriert: 29. Dez 2020, 13:07

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von GuntherBandel »

Hallo Mariesa,

danke Dir.

Freut mich, dass Du stolz auf Dich sein kannst. Das ist doch schon mal gut.

Ich habe auch das Gefühl, dass ich inzwischen immer mehr Dinge erkenne, die ich vor Monaten nicht wirklich erkannt habe oder bestenfalls verzerrt.
Meine Therapeutin spricht von einem Prozess, der in Gang gesetzt wurde und mit dem man sich auseinandersetzt.

Ich hoffe, dass ich durch diesen (Denk-)Prozess wieder mehr und mehr zu mir finde und einen Mittelweg zwischen Akzeptanz und Aufbruchstimmung
finde. Ich merke auch, wie mir auch auffällt, dass es meiner Frau auch nicht gut geht mit der Situation. Das konnte ich in Phasen, wo ich mich um mich selbst gedreht habe, nicht wirklich gut wahrnehmen.

Denn erst dann kann ich aus meiner Sicht meiner Frau auf Augenhöhe begegnen.
Alles bestimmt leichter gesagt als getan, aber nur wenn man halbwegs mit sich im Reinen ist, kann man
denke ich gute Entscheidungen treffen und dazu stehen.

Es bleibt spannend.

VG
G.
Mariesa
Beiträge: 28
Registriert: 21. Apr 2024, 23:28

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Mariesa »

Ich habe auch das Gefühl, das etwas in Gang gekommen ist. Endlich, oder doch oh nein ? In der Klinik meinte meine Therapeutin, ich sollte weiter so mutig voran gehen. Es würde schwer werden. Ich wusste nicht so richtig was sie meint, und jetzt stecke ich anscheinend mittendrin. Deshalb war mein Wort des Tages heute Mut 😁 Eben war ich draußen und bin etwas in Selbstmitleid verfallen. In gewissen Maße halte ich es für unbedenklich. Aber ich wollte gern richtig drin baden. Keine Ahnung weil schön ist es ja auch nicht. Gestern schrieb eine Freundin, ich sollte für mich Sorgen und Dinge tun die mir gefallen. So weit so gut. Nun habe ich vorhin gedanklich aufgezählt, was mir alles gefällt und ich das aber aus relevanten Gründen derzeit nicht machen kann. Ich hatte das Gefühl da bleibt dann nicht mehr so viel übrig. Und dann konnte ich mir zum ersten Mal in meinem Leben sagen, das ich eben dann auf die Dinge schaue die ich machen kann. Und habe mich auf ne Parkbank gesetzt und Schmetterlinge beobachtet. Ich möchte wenigstens das genießen was geht. Für mich ist das wieder ein enormer Schritt.
@Fleckenstein, was ist dieses IRENA Programm ? Möchtest Du etwas darüber schreiben oder soll ich lieber im Internet suchen ?
Antworten