Erfahrungen Streit mit depressiven Partner

bvs
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Registriert: 3. Jul 2023, 15:44

Re: Erfahrungen Streit mit depressiven Partner

Beitrag von bvs »

Im Allgemeinen streiten wir wirklich massiv weniger, als noch vor einem (oder gar halben) Jahr.
Es ist normal schon "ok" und liebevoll, wie wir wieder miteinander umgehen.

Gestern Abend war ich echt müde, und hatte eine Situation, wo ich nicht so recht weiß, ob ich zu picky war.
Meine Frau hatte draußen überdacht Wäsche getrocknet, war aber den ganzen Tag in der Stadt unterwegs (hatte da u.a. einen psychotermin und es sich dann gut gehen lassen). Ich holte sie dann von der Bahn ab (fuhr da einfach 20 Minuten, um ihr 45 Minuten Wartezeit am Bahnhof zu ersparen), und hatte da schon so ein Gefühl, dass ich ausgenutzt werde und "ob sich das wohl lohnt?". Ich hätte lieber was für mich gemacht und im worst-case einfach entspannt.
Jedenfalls als wir heimkamen schlug ich einen kleinen Spaziergang vor, das taten wir auch und war schön. Als wir dann Zuhause ankamen, meinte sie "sie muss noch die Wäche kurz runterholen" (es war nicht viel, und bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich auch nicht, dass sie sie dort trocknet. Die Maschine war gestern wohl erst nach Mitternacht fertig, als ich schon im Bett war; normalerweise starten solche Maschinen so, dass sie in der Früh fertig sind). Sie fragte, ob ich noch mit zur überdachten Stelle gehe, ich sagte "ja, muss nur vorher kurz auf Toilette".
Als ich dann da war, war sie fast fertig. wir sagten "hallo" zueinander und dann wendete sie sich ihrer Arbeit zu. Ich stand daneben, weil kein Platz war für zwei zu arbeiten. Nach drei Minuten Schweigen wollte ich mich einfach nur noch setzen, und ging zu unserer Bank (5 Meter weiter), und als ich schon fast da war, rief sie mir nach, ob ich nicht den Waschkorb reintragen könnte. Ich war zu dem Zeitpunkt wigentlich wirklich durch, und raffte mich aber nochmal auf, ihn zu holen. Ich fragte (in meinen Augen höflich), warum sie mich das erst fragt, wenn ich schon weg bin?
Die Antwort war es dann, was mich verletzt hat; sie machte Schuldumkehr und sagte "wenn ich zu früh weg gehe??". Das war mir dann zu viel und ich bin gegangen. Hab das im Nachgang nochmal hochgeholt, weil es mich nicht in Frieden gelassen hat.
Aber diese Schuldumkehr, das nervt mich wirklich. Ich verstehe nicht, warum sie nicht z.B. sagt "bitte entschuldige, ich war so beschäftigt und habs nicht mitbekommen, dass du schon weg bist".
Sie sagte, sie hätte sich in der Situation durch meine frage angegriffen gefühlt. Aber selbst wenn, muss ich doch nicht direkt aus dem Kalten raus zurück angreifen!?

Bin ich da zu dünnhäutig?
ist es OK, zu sagen, "ich hole dich nicht ab, ich bin zu müde"?
Oder "Ich trage ihn nicht hinunter, ich bin zu müde?"
aber dann ist sie wieder enttäuscht, und dann bekomme ich an anderer Stelle solche Schuldumkehr; halt dann da, wo es stattdessen platzt.
ich verstehe, dass sie sich Hilfe gewünscht hätte. Es kam auch "Mental Load" zur Sprache, aber Wäsche war schon immer ihr Kerngebiet, ich sehe ehrlich gesagt nicht ein, dass ich das jetzt auch noch übernehmen soll. ich arbeite Vollzeit, sie 16 Std. die Woche. Sie hat jede Woche zwei Tage frei. ansonsten teilen wir uns den Haushalt in meinen Augen fair. ich habe den Eindruck, sie versucht, noch mehr "Freizeit" für sich rauszuquetschen - aus mir.
o_Tara_o
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Registriert: 5. Aug 2023, 08:19

Re: Erfahrungen Streit mit depressiven Partner

Beitrag von o_Tara_o »

Hallo zusammen
Es ist absurd, es ist irgendwie ein schwacher Trost zu lesen, dass auch andere Depressive haltlose Behauptungen und Vorwürfe von sich geben.
Das heisst, ich bin nicht alleine, ich bin nicht verrückt...

Ist dieses Verhalten Teil der Depression? Ist das ein narzisstisches Verhalten, "Gaslighting", das vielleicht einfach ein Persönlichkeitsmerkmal ist?
Mir weht so feindseliges Verhalten entgegen. Aus dem Nichts.

Ich bin gerade ratlos und kraftlos. Liebe Grüsse, Tara
Regen Nacht
Beiträge: 4
Registriert: 18. Jul 2024, 16:36

Re: Erfahrungen Streit mit depressiven Partner

Beitrag von Regen Nacht »

Bin ich da zu dünnhäutig?
ist es OK, zu sagen, "ich hole dich nicht ab, ich bin zu müde"?
Oder "Ich trage ihn nicht hinunter, ich bin zu müde?"
aber dann ist sie wieder enttäuscht, und dann bekomme ich an anderer Stelle solche Schuldumkehr; halt dann da, wo es stattdessen platzt.
Hallo, ich bin neu hier und möchte mich gerne auf Deine Frage hin beteiligen, da es dabei um ein Thema geht, das mich aktuell auch betrifft.
Bisher habe ich einige Zeit einfach still bei manchen Beiträgen mitgelesen und natürlich auch selber in verschiedenen Büchern gelesen. Meine Freundin verhält sich mir gegenüber manchmal ähnlich wie Du es beschreibst und ich habe ähnliche und noch weitere Gedanken. Bei allem, was ich bisher weiß, geht es darum, (auch) auf sich selbst zu achten.

Zurzeit meine ich, dass es nicht zu dünnhäutig ist, wenn man so etwas sagt. Ich glaube, als Angehörige(r) muss man auch sich Acht geben und die eigene Müdigkeit weist auf ein grundlegendes Bedürfnis hin, das nicht vernachlässigt werden sollte. Ich für meinen Teil merke, dass es mir im wahrsten Sinne manchmal den Schlaf raubt und das dadurch aber die Beziehung nicht besser wird. Ich bin ausgeglichener, wenn ich genug geschlafen und gegessen habe und habe dann auch das Gefühl, besser kommunizieren zu können.

Ich frage mich, ob es für mich funktioniert, wenn ich bestimmte Grenzen definiere, bei denen ich ganz klar sage: Das ist mein Bedürfnis und das sollte erfüllt sein. Andere Bedürfnisse wiederum lassen sich vielleicht aufschieben, verhandeln. Ich versuche selber gerade einzuüben, da deutlicher auf mich zu hören und manchmal - am besten ohne Angst/Sorge vor negativen Konsequenzen - auch mehr auf meine grundlegenden Bedürnisse zu hören.

Enttäuschung bei ihr ist halt auch so ein Ding: Das kenne ich auch. Und auch Schuldumkehr. Als Angriff empfundene Äußerungen oder Handlungen sind echt schwierig. Ich muss wohl immer sehr sensibel und "leise" sein. Das geht nicht immer gut. Ausschlafen ist aber dafür aus meiner Sicht ganz wichtig.

Beste Grüße vom Regen
J_Ku
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Registriert: 27. Jul 2024, 21:38
Wohnort: Burgwald

Re: Erfahrungen Streit mit depressiven Partner

Beitrag von J_Ku »

Ich kenne das Problem leider auch...meine Frau möchte gerne Verständnis für meine Erkrankung haben, aber oft regt sie es auf wenn ich mich trotz Tabletten zu nichts motivieren kann. Es geht häufig beim Aufstehen los. Ich komme nicht aus dem Bett ohne einen guten Grund und meine Frau möchte mich gerne wecken. Außerdem hat sie viel Stress auf der Arbeit und zuhause reißt der Stress nicht ab, weil sie sich über mich aufregen muss. Vereinbartes wurde von mir nicht eingehalten, weil ich mich oft nicht mal mehr daran erinnern kann. Auch wenn ich mir Zettel schreibe, vergesse ich wo ich sie hingelegt habe...
Fast jedes Gespräch endet im Streit um Kleinigkeiten, worüber man sich normalerweise gar nicht streiten müsste. Ich fühle mich auch schuldig, weil ich meistens etwas verbockt habe. Leider kann ich es aber nicht abschalten...
Inzwischen gehen wir regelmäßig gemeinsam zur Therapie. Das hilft meiner Frau auch, mich und meine Welt besser verstehen zu können.
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