Schwester verweigert Hilfe beim Umzug

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maz
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Schwester verweigert Hilfe beim Umzug

Beitrag von maz »

Hallo! Vorweg, ich bin selbst Betroffener von Depressionen. Lange Geschichte, aufgewachsen in einer fundamentalistischen (homophoben, sexistischen, körperfeindlichen) christlichen Sekte/Hochkontrollgruppe mütterlicherseits, Alkohol/Missbrauch väterlicherseits, also genug Stoff. Meine drei Geschwister sind auch alle in unterschiedlichem Maß betroffen, meine Schwester besonders: Borderline, Depressionen, seit 20 Jahren frühverrentet.

Vor drei Jahren ist meine Mutter gestorben und hat uns das kleine Häuschen unserer Oma hinterlassen. Wir haben uns gemeinsam dafür entschieden, dass meine Schwester mit ihrem Kind, frisch getrennt, dort einzieht, mietfrei. Ein Jahr später hat sie uns gesagt, dass sie die Verantwortung in einem Haus zu leben nicht tragen kann. Im Januar dieses Jahr ist sie ausgezogen.

Und hat ein Riesenchaos hinterlassen. Bruder Nr. 1 mit dem guten Job hat ihr eine größere Summe Geld als Vorauszahlung für den Hausverkauf gegeben, damit sie entspannt umziehen kann. Davon hat sie anscheinend fast alles einfach neu gekauft (ich hab die neue Wohnung noch nicht gesehen) und ihren Hausstand fast komplett in Omas Häuschen zurückgelassen: Möbel, Kleidung (12 120-l-Säcke voll), Spielsachen, Geschirr, Fernseher, Kaffeemaschine, you name it. Alles war komplett verdreckt und vermüllt, es war wirklich absolut Messiehausen.

Ich habe ihr schonmal eine Wohnung komplett ausgeräumt und geputzt und renoviert, weil es ihr nicht gut ging. Dazu muss ich sagen, dass ich seit dreieinhalb Jahren Long-Covid-Betroffener bin, mit Fatigue/Erschöpfungssyndrom, deshalb bin ich arbeitslos und habe mit meinen eigenen Riesenhürden zu kämpfen. Ich war aber trotz Krankheit im ersten Jahr nach ihrer Trennung einmal in der Woche bei ihr, um mich um meine Nichte zu kümmern, damit sie zur Therapie kann. Ich hatte mit Freund*innen und Bruder 1 auch das Häuschen für sie fit gemacht, alles ausgeräumt und geputzt. Dann hatte ich auch lange Phasen, wo nichts ging mit meinem Zustand.

Bruder Nr. ist auch sehr stark von Depris betroffen, war zehn Jahre ausm Job. Hat inzwischen auch ein Kind. Er und meine Schwester sind der Meinung, dass Bruder 1 und ich sie nicht ausreichend unterstützen. Bruder 2 und Schwester sind ja so krank UND haben ein Kind, da könnten sie gar nichts machen, wir sollen das alles übernehmen. Ich würde sagen, dass beide trotz jahrelanger Therapien und stationären Aufenthalten leider nie gelernt haben, dass man für die Krankheit nichts kann, aber für den verantwortungsvollen Umgang damit.

Bruder 1 und ich haben inzwischen das Chaos sortiert und den Dreck entfernt und die ganzen Rechnungen (Gebäudeversicherung, Schornsteinfeger, Müllabfuhr, ...) bezahlt, die sie einfach ignoriert hatte. Jetzt warten wir seit Monaten darauf, dass meine Schwester sich äußert, was sie von ihren Sachen noch behalten will oder was damit passiert. Aber sie verweigert den Kontakt, weil wir ihr ihrer Meinung nach mit unseren Nachfragen gemeinerweise Stress bereiten, wo sie doch so, so krank ist. Mit Engelsgeduld hat Bruder 1 ihr Hilfe angeboten, in allen möglichen Formen, nichts kommt zurück. Sie kommuniziert nur noch per WhatsApp, und teilweise nur noch wenn wir über ihren Ex nochmal nachhaken, was auch eine bescheuerte Situation ist. Jetzt haben wir ein Haus mit dem halben Leben meiner Schwester drin, inklusive Kunstwerke von meiner Nichte, Mutter-Kind-Portraits, teure Kinder-Gartenmöbel, Spielsachen, hochwertiges Kinderbett, komplette Küchenausstattung, und wissen nicht, was wir damit tun sollen. Ich hatte sie gebeten, als niedrigschwelliges Angebot, mit einer Freundin alles zu sichten und eine Liste zu machen, und wir organisieren dann den Transport der Dinge, die sie noch behalten möchte. Nichts dazu.

Sie sagt seit Monaten, dass sie nicht will dass wir das putzen / sortieren, sondern einfach eine Entrümpelung beauftragen und das vom Hausverkauf abziehen. Die Nachbarn hätten ja auch das Haus samt Inhalt verkauft, dass sei doch alles kein Problem. (Detail dazu: die Nachbarn hatten einen Keller voller alter, sortierter Zeitschriftenjahrgänge zurückgelassen, keine dreckverschmierte, fliegenversuchte Sondermülldeponie auf zwei Stockwerken). Aber sie sagt nichts dazu, was sie noch behalten will. Mir als derzeit armen Menschen tut es in der Seele weh, so viel Wert einfach zu entsorgen.

Natürlich gibt es Optionen, wie alles per Kleinanzeige verkaufen, aber die Zeit und Energie dass alles zu sichten, reinigen(!), fotografieren, beschreiben und dann mit Dutzenden (hunderten?!) potenziellen Käufern zu verhandeln haben wir einfach nicht. Die Familien mit Kindern in meinem Umfeld haben auch alles was sie brauchen. Die Orgas, wo man Spenden abgeben kann, verlangen (aus gutem Grund), dass nur einwandfreie, vorsortierte und (bei Kleidung) gewaschene Dinge abgegeben werden, also hier auch Fehlanzeige, das kriegen wir nicht hin, oder es dauert noch Jahre, bis das Haus verkauft werden kann. Die Kosten für den laufenden Unterhalt vom Haus stemmt gerade Bruder 1.

Und die Stimmung zwischen Bruder 1 und mir und andererseits Bruder 2 und meiner Schwester (beide tun null was) ist superschlecht. Bruder 1 und ich sind supersauer und laufen aufm Zahnfleisch, aber haben auch Angst, dass wir wegen der blöden Situation z.B. unsere Nichten nicht mehr sehen können, weil wir aus Sicht von Bruder 2 und Schwester die Buhmänner sind. Da es uns nicht so schlecht geht wie ihnen und wir angeblich unmögliche Sachen verlangen. "Ihr habt ja keine Kinder" ist das Totschlagargument geworden, wenn wir nach igrendeiner Form von Beteiligung/Hilfe fragen.

Meine Schwester lehnt auch rigoros Einzelfall- oder Haushaltshilfe ab, sie will 'keine Fremden, die in ihrem Leben rumfuhrwerken''.

Ja, also da stehe ich jetzt. Bin kaputt, bin sauer und ausgelaugt. Das Haus kostet und kann so nicht verkauft werden. Ich weiß nicht, was wir da jetzt entscheiden sollen. Ich weiß, dass wir ihr mit der Vorauszahlung geholfen haben, sich ihrer Verantwortung zu entziehen und den Kopf in den Sand zu stecken, hinterher ist man immer schlauer. Puh.

P.S. Ich kann seit Long Covid manchmal nicht so gut komplexe Texte verfassen, ich hoffe es ist alles einigermaßen verständlich.
Freiwasser
Beiträge: 90
Registriert: 16. Jan 2024, 12:26

Re: Schwester verweigert Hilfe beim Umzug

Beitrag von Freiwasser »

Guten Morgen, maz,
Erst einmal meine Hochachtung für Dich und Bruder 1, dass Ihr Eurer Schwester so großzügig praktisch und finanziell geholfen habt. Schade, dass Eure Geschwister das nicht zu schätzen wissen und noch mehr von Euch verlangen. Die Begründung, dass sie jeweils ein Kind haben und Ihr anderen nicht, ist unfair. Es ist doch individuell, was jeder leisten kann und will.
Ihr habt jetzt folgende praktische Fragen zu klären:
1. Was passiert mit den Sachen, die noch wertvoll sind?
2. Wer räumt die Messiehölle auf?
3. Wann, wie, zu welchem Preis wird das Haus verkauft?
Zu 1 hast Du eine Antwort von Deiner Schwester erwartet, und sie hat ihre Meinung artikuliert: Entrümpler. Die Antwort gefällt Dir nicht, weil Du verständlicherweise keine Sachen verschwenden willst, und Du hast Alternativen gesucht, aber keine gefunden (Verkauf zu aufwendig, Spende nicht möglich). Jetzt kannst Du akzeptieren, dass die Sachen doch leider entrümpelt werden, oder noch weitere Alternativen suchen. Ich hatte noch die Idee, dass es ein Studentenjob o.ä. sein könnte, die Sachen zu verkaufen, und die Person bekommt dafür einen Teil des Geldes. Oder „Zu Verschenken“ bei Kleinanzeigen, da geht meiner Erfahrung nach fast alles weg. Aber ich kann verstehen, dass Du keine Kraft hast, Dich darum zu kümmern. Ich kann auch verstehen, dass Du das Verhalten Deiner Schwester ablehnst, vom Geld, das Ihr ihr besorgt habt, alles neu zu kaufen und sich nicht um die alten Sachen zu kümmern.
Zu 2: Von Euch Vieren kann/will niemand, drum muss der Profi ran.
Zu 3: Das klingt so, dass diese Aufgabe Bruder 1 zufällt. Was das erzielte Geld angeht, könnt Ihr es gleichmäßig aufteilen, und Deiner Schwester zieht Ihr den Vorschuss Deines Bruders und die Mehrkosten durch die Entrümpelung ab. Falls Deine Schwester dadurch ins Defizit kommt, wird es keinen Sinn haben von ihr zu fordern, dass sie etwas zurückzahlt.
Es ist schade, dass durch das Messie- und Kranksein Deiner Schwester so viel Mühe und finanzieller Verlust für Euch entstanden ist. Ihr habt versucht zu helfen, aber sie hat es nicht verwandelt und erkennt es noch nicht mal an. Und Du bist ausgelaugt davon.
Wenn Dir das liegt, kannst Du versuchen, es als eine Art „Lehrgeld“ zu betrachten. Es hat keinen Sinn, Deiner Schwester wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Sie kann damit nicht umgehen. Und wenn Du ihr Deine Kraft und Zuwendung schenkst, kannst Du keine Dankbarkeit erwarten. Jetzt ist es Zeit, auf Deine eigenen Kräfte zu schauen. Wenn Du wieder welche hast, kannst Du sie auch wieder Deiner Schwester schenken, vielleicht dem Kind zuliebe, mit realistischen Erwartungen, dass die Schwester es Dir wahrscheinlich nicht dankt.
Um das Kind mache ich mir allerdings Sorgen, da die Mutter Schwierigkeiten hat, eine adäquate Versorgung zu leisten, und keine Hilfe annimmt. Vielleicht solltest Du Dich da mal beraten lassen, an welchem Punkt man da eingreifen sollte, und was der korrekte Weg ist.
Liebe Grüße,
Freiwasser
maz
Beiträge: 2
Registriert: 23. Jul 2024, 06:43

Re: Schwester verweigert Hilfe beim Umzug

Beitrag von maz »

Danke für deinen Input! Ist alles so, wie ich auch schon drüber nachgedacht hatte. Mit den Studenten könnte man noch mal überlegen. Ich lass mal alles sacken. Schönen Tag dir!
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