was hab ich eigentlich getan???

chimera

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von chimera »

Okay, Jessi, wenn es Dir so heftig beschissen geht, wie Du es gerade schilderst, benötigst Du dringend Hilfe, die Dir wirklich hilft. Hört sich ziemlich nach Notfall an... Du brauchst einen Ansprechpartner, zu dem Du so viel Vertrauen hast, daß Du genau das schilderst, was in Dir vorgeht. Es bringt nichts, dem Thera etwas vorzumachen, das ist fatal. Ich denke somit, daß es nicht der richtige Thera für Dich ist, wenn Du Dich bei ihm nicht öffnen kannst. Und Du solltest Dir dafür keinen Vorwurf machen, es fällt nicht nur Dir verdammt schwer, die unausprechlichen Gedanken auszusprechen... Wenn die zwischenmenschliche Basis zwischen Behandler und Patient nicht so richtig stimmt, schafft man es eben nicht, sich so zu zeigen, wie man sich wirklich fühlt.

Könntest Du Dir vorstellen, Dir noch zusätzliche Hilfe zu holen?
Jessi02
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Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von Jessi02 »

hallo chimera,

meinen thera wechseln? ich muss glaub ich ehrlich eingestehen, daß ihn keine schuld trifft. er ist mir sehr symphatisch und ich weiß, ich könnte mich ihm anvertrauen. aber ich habe das nie gelernt. ich kanns nichtmal erklären, warum ich mich nicht öffnen kann. ich war schon immer ein "einzelkämpfer", was meine sorgen, nöte, probleme angeht. ich versuche mich mitzuteilen, aber die worte, die ich spreche können nicht annähernd wiederspiegeln, was ich meine. ich versuche es immer und immer wieder.
es ist einfach nur meine schuld. ich bin nicht fähig, zu erklären, was in mir vorgeht. ich schäme mich, daß ich mein leben nicht auf reihe bekomme.
es ist so schwer, meine gedanken in sprache auszudrücken, schriftlich krieg ich es noch einigermaßen hin, weil ich da genauer reflektieren kann, ob es das ist, oder nicht das ist, aber es trifft auch schriftlich nicht das, was ich eigentlich meine.
letztens hatte ich mit meinem therapeuten ein etwas abwägiges gespräch über organspende, wir sind leicht abgewichen und bei so einem thema ist mir dann rausgerutscht: naja, vielleicht häng ich einfach nicht so sehr an meinem leben, daß es mir egal ist, wenn man mir die organe entfernt, obwohl ich eventuell noch ne chance hätte. da wurde er schon hellhörig und hat versucht, näher darauf einzugehen. und plötzlich ist da dieses unwohle gefühl etwas gesagt zu haben, was niemanden etwas angeht, etwas, was ich nicht erklären kann und ich habe mich in die ecke gedrängt gefühlt. weißt du, was ich meine? ich weiche automatisch aus.
ebenfalls geht es mir mit dem thema tod allgemein so. als jetzt in meiner familie jemand gestorben ist und ich das erzählt habe, ist er näher darauf eingegangen und ich habe mich gewunden wie ein aal. im nachhinein ärger ich mich, daß ich nicht schaffe über dinge, die mich beschäftigen, mehr zu erzählen, aber in dem moment fällt ne klappe und es geht einfach nicht.
vielleicht ist mir einfach nicht zu helfen. keine ahnung.

wie könnte denn zusätzliche hilfe aussehen?
Data

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von Data »

Hallo Jessie,

wie wäre es mit Thread ausdrucken und dem Psychologen zeigen?

Du schreibst weiter oben, deine Gedanken machen dir Angst vor dir selbst. Wovor genau? Dass du erkennen musst, du bist ganz anders als du sein möchtest? Dass du Gedanken denken könntest, die du eigentlich verurteilst, gar als verabscheuungswürdig empfindest? Oder dass du völlig die Kontrolle verlierst und, dich umbringen willst oder wahnsinnig wirst?

>>> "eigentlich will ich leben...
...weil du Vorstellungen und Träume hast, wie schön es sein könnte?
>>> "und dennoch ist meine größte sehnsucht, daß endlich alles vorbei ist...
...weil du keine Hoffnung hast, dass deine schönen Träume sich jemals erfüllen könnten?
Ist dies der Widerspruch?

Und grübel mal bitte darüber nach, weshalb bei dir immer eine Klappe fällt, wenn's ans Eingemachte geht. Hast du Angst, auch von anderen die Schuld zugewiesen zu bekommen und verurteilt zu werden dafür, dass du dein Leben nicht auf die Reihe kriegst? Oder schämst du dich für irgendwas? Und mal ganz ehrlich: Glaubst/Erwartest du eigentlich, dass dein Therapeut dir helfen kann? Oder erhoffst du es dir nur so ein bisschen, glaubst aber nicht daran?

So, genug gelabert. Viele Grüße!

Data
chimera

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von chimera »

Hallo Jessi,

schlag Dir bitte aus dem Kopf, daß es Deine Schuld ist. Von Dir zu erwarten, daß Du Deine Gefühle und Deine Problematik mündlich so easy anderen Menschen schildern kannst, ist eine total überzogene Erwartungshaltung. Es fällt viel leichter, sie zu schreiben, als sie zu sagen, das hat absolut gar nichts mit Unfähigkeit zu tun. Ebenso brauchst Du Dich nicht zu schämen, daß Du Dein Leben nicht auf die Reihe bekommst. Es geht Dir eben sehr schlecht, Du führst einen inneren Kampf, der Dir alle Energie entzieht und Dich gleichzeitig innerlich auffrißt. So wie ich das sehe, hast Du eben das tiefe Bedürfnis, ehrlich zu sein, kannst Deine Zweifel und vielen Fragen nicht überdecken. Das ist nichts Negatives, im Gegenteil, es überfordert Dich nur. Gefühle exakt in Wort oder Schrift auszudrücken ist wahnsinnig schwer, auch hier überforderst Du Dich, das schaffen auch andere intelligente Menschen nicht. Es ist auch völlig normal, daß Du Blockaden hast, die Du nur sehr mühevoll überwinden kannst, daß die Klappe dann fällt, und Du nicht mehr darüber reden kannst. Die menschliche Psyche ist eben sehr sensibel und macht zu, wenn sie etwas nicht verkraften kann. Auch das ist nicht Deine "Schuld".

Deine allgemeinen Schwierigkeiten, Dich zu öffnen, sind auch total verständlich. Was gibt es schlimmeres, als sich zu öffnen, seine Verletzbarkeit, seine Schwäche, seine Nöte preiszugeben und sich dann entweder nicht verstanden oder nicht wirklich respektiert zu fühlen. Das ist die totale Hölle, tut verdammt weh, und es ist absolut okay, daß Du Dich davor schützen möchtest. Wenn man es - entgegen aller Widerstände - wagt, sich zu öffnen, und dann nicht das bekommt, was man benötigen würde, ist es total schlimm. Wir sind da eben sehr sensibel. Dies führt mich wieder zum Therapeuten: Ich behaupte nicht, daß es ein schlechter Therapeut ist, ich denke nur, daß er Dir vielleicht nicht das geben kann, was Du brauchst: Das Gefühl des totalen Vertrauens, das Gefühl so sein zu können, wie Du bist. Ich hatte auch einen Thera, den ich sehr schätze, konnte meine Schwäche aber nicht zeigen, bei einem anderen konnte ich dies jedoch, weil er eher eine Vaterfigur darstellte, weil ich bei ihm keine Fassade aufrechterhalten mußte. So meine ich das, ganz wertungsfrei. Und ich denke, daß Du automatisch immer Dir eine Schuld gibst, daß Du immer sagst: "Ich müßte ja eigentlich können..." Das stimmt aber nicht. Wenn Du nicht kannst, dann kannst Du eben nicht, und es bringt nichts, Dir dafür Vorwürfe zu machen.

Auf die Idee, daß Du zusätzliche Hilfe benötigen würdest, kam ich, weil ich weiß, das nicht automatisch alles okay ist, wenn man sich in Behandlung befindet. Die Aufgabe, den geeigneten Thera zu finden, ist sehr schwierig zu bewerkstelligen, wenn man keine Unterstützung hat. Wenn es Dir so schlecht geht, daß Du Suizidgedanken hast, könntest Du eventuell Kontakt mit einen Verein zur Suizidprävention aufnehmen, dort gibt es Krisenberater, die sensibel mit diesem Thema umgehen können, und Dich eventuell durch diese schwere Zeit begleiten könnten. Die zweite Möglichkeit wäre, noch zu einem anderen Arzt zu gehen, vielleicht schaffst Du es dort mehr, Dich zu öffnen, das kann je nach Individuum, das Dir gegenübersitzt und der momentanen Stimmung recht unterschiedlich sein. Wenn Du möchtest kann ich auch Kontakt zu einem Menschen aus dem Forum aufnehmen, der selbst Krisenbegleiter für Suizidgefährdete ist, und Dir eventuell noch weiterhelfen könnte. Ich vermute, daß Dir das unangenehm sein könnte, aber es ist wirklich wichtig, sich einzugestehen, daß man manchmal viel Hilfe benötigt.

Finde es einfach wichtig, daß Du aus dem Kreislauf der Selbstvorwürfe rauskommst. Es geht Dir schlecht und die Situation überfordert Dich, that's all...


Liebe Grüße,
Chimera
Jessi02
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Registriert: 31. Mär 2004, 01:57

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von Jessi02 »

Hallo Data,

hm, warum mir meine gedanken angst machen? weil sie so irrational, wirr und selbst für mich manchmal nicht nachvollziehbar sind. weil ich nicht weiß woher sie kommen, weil ich nicht weiß, wie ich damit umgehen soll.
das ich nicht so bin, wie ich gern sein möchte, daß weiß ich schon sehr lange, ich verabscheue mein wahres ich, kann damit nicht leben, will damit nicht leben, aber muss damit leben. ich stelle mir fragen im leben, aus die ich nicht herauskomme. meine gedanken sind voller hass gegen alles um mich herum und gegen mich selbst, obwohl ich weiß, daß sie nicht gut sind. Wenn meine gefühle für einen augenblick überhand gewinnen, dann stellen ich mir in gedanken vor, wie es ist zu sterben, wie einfach sterben sein kann. ich habe das gefühl, meine gedanken machen mich irgendwann komplett wahnsinnig. manchmal frag ich mich, ob das was ich denke realität ist oder nur blödsinn, kann manchmal nicht mehr unterscheiden, habe angst davor, irgendwann die gefühle, die in mir sind, nicht mehr unter kontrolle zu haben. gott sei dank gibt es aber noch einen Teil in meinen kopf, der denkt, der über das gefühl, was in mir ist, nachdenkt, es kategorisiert und als irrational abstempeln kann. was ist, wenn dieser teil meines hirns irgendwann aufhört zu denken?

der widerspruch in mir ist der, daß ich eigentlich leben will, aber es keine träume und wünsche in meinem leben gibt. daß ich mein leben lang ohne diese ziele gelebt habe, was mir heute bewußt wird aber es ist einfach nichts da, wofür ich leben möchte. ein wille ist da, aber kein grund. und zu hören: jessi, für dich sollst du leben, denn du bist wichtig! das reicht mir irgendwie nicht, denn ich sehe mich nicht als wichtig, naja, wichtig indem sinne, weil ich mensch bin und jeder mensch wichtig ist, aber ansonsten irgendwie nichts da. Was ist ein leben ohne wünsche, ohne ziele, ohne vorstellung? Genau dieses thema haben ich auch gerade in meiner therapie am wickel und ich verzweifel daran, weil ich vorsichtig suchen soll nach kleinigkeiten, was ich mir wünschen würde, was anders sein könnte, aber nicht immer in die richtung denken soll, was will ich nicht, sondern was will ich… und da hängts… ich weiß genau, was ich nicht will, aber nicht, was ich will…..
hm, warum bei mir eine klappe fällt? Ja, es ist mir unangenehm, dass ich so unfähig bin, es ist mir unangenehm, vor anderen einzugestehen, dass ich nix hinbekomme. Ich war immer diejenige, die keine sorgen gemacht hat, ich war immer pflegeleicht, habe meinen weg gemacht, habe einen guten job, habe eine tolle wohnung, zwei liebe katzen. Jeder fehler, den ich mache, sei es privat oder dienstlich, wird mir unter die nase gerieben. Es ist schwer unter den ganzen anschuldigungen und „reiß dich mal zusammen“ sprüchen ehrlich zu sein und zu sagen so und so siehts aus. Mein vater meinte letztens zu mir als ich zu besuch war: man jessi, siehst du scheiße aus. Es kam keine frage wieso weshalb, es wurde gleich auf „zu extremer lebensstil“ geschoben. Ich habe genug von rechtfertigungen, das habe ich mein leben lang getan, habe mich ständig entschuldigt für alles, für alles einen grund gesucht, ich habe einfach die sch**** voll davon. Also lächle ich und stimme zu.
Ja, ich hoffe, dass mir der therapeut helfen kann und ich gebe wirklich mein bestes, weil ich weiß, dass es größtenteils an mir liegt, ob es funktioniert. Ich bemüh mich bei jeder sitzung aufs neue, ehrlich und offen zu sein, ich will endlich wieder einen sinn sehen. Der wille ist da, vielleicht hilft das schon ein wenig.

@ chimera:

weißt du, mein therapeut weiß mehr über mich, als jeder andere in meinem umfeld, ich vertraue ihm sehr viel an, was mich enorme überwindung gekostet hat. Es ist mir z.b. sehr sehr schwer gefallen, ihm von dem tod meines bruders zu erzählen, vor allem, wie es mein leben verändert hat (nicht unbedingt zum positiven) mein wesen verändert hat (auch nicht zum positiven) und wie schwierig es wird, damit zu leben dass ich bin, wie ich bin. Ich weiß sehr wohl, was du meinst, dass er vielleicht nicht der richtige ist, aber ich denke schon, dass er der richtige für mich ist, denn genau diese emotionale distanz zu einer person brauch ich, um überhaupt erzählen zu können, eine vaterfigur oder ähnliches, wie du es geschrieben hast, würde für mich mehr unsicherheit bringen. Das ist auch der grund, warum mir anonym im i-net vieles leichter fällt, weil es kein gesicht dazu gibt, keine gesten, indenen ich dass gefühl bekomme, abgelehnt zu werden mit meinen gedanken. Aber er hat es geschafft, mehr aus mir herauszukitzeln, als ich nach außen hin scheine, nur bei vielen themen, wie z.b. meine suizidgedanken (bitte nicht falsch verstehen, ich werde mich nicht im nächsten moment vom balkon stürzen, auch wenn ich gern wollte) kann ich nicht erzählen, da könne vor mir sitzen wer will. Es ist, wie du schon sagtest nicht leicht, zu erklären, was in einem vor geht.
Puh, ich schreibe gerade romane, tut mir leid, will dich eigentlich gar nicht damit zutexten, bin unendlich dankbar für die zeit, die du und alle anderen hier, für mich opfert. Ich kenne dies in meinem realen leben nicht. Ich weiß, dass ich mega schwierig bin, umsomehr freut es mich zu sehen, dass ihr noch weiter dran bleibt und nicht aufgebt, mir tipps zu geben. Hm, suizidprävention, was ist das genau? Wie nimmt man kontakt auf? Wie gesagt, es ist sehr schwer für mich, diese dinge zu erklären irgendwie.

Noch mal vielen dank für die zeit, die ihr euch nehmt.

Gruss
Jessi
deep
Beiträge: 207
Registriert: 27. Sep 2004, 12:13

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von deep »

Hallo Jessi,

entschuldige, dass ich mich jetzt erst wieder melde, war die letzten Tage nicht so... na ja.

Deine Gedanken kann ich durchaus nachvollziehen, ich kenne diese Gefühle, es ging und geht mir oft immer noch ähnlich.
Da hat man nach außen hin alles mögliche geschafft, war immer tough und "pflegeleicht", da kann man doch nur selbst schuld sein, wenn man zusammenbricht...

Ich habe schmerzhaft lernen müssen, dass mich die ganze Welt mit diesen Schuldgefühlen vollgestopft hat und sich das Alles so automatisiert hat, dass ich mir das Schuldgefühl einfach selber mache und dann irgendwann an der Welt und mir im Besonderen verzweifle, weil ich mir nichts mehr erklären kann. Es denkt und denkt und weil ich ja gelernt habe, dass ich sowieso immer schuld bin, denkt es weiter und weiter. Der Gedanke, wie es wohl sein könnte, wenn ich nicht mehr bin, wird immer stärker, auch wenn das Tun nie in Frage käme. Und es denkt und denkt und denkt...

Dabei haben wir viel hinbekommen, wir haben nach außen hin doch so vieles geschafft und zumindestdarauf das Recht, stolz zu sein. Zugegeben, ist erst einmal eine oberflächliche Sicht, aber es ist etwas wert! Das ist uns nicht geschenkt worden, wir haben dafür auf Vieles verzichtet, nämlich auf die Pflege unseres Inneren, auf unsere seelische Gesundheit.

Auch bei mir sind die Träume aufder Strecke geblieben, aber es ist mir gelungen, mich wieder an meine Träume zu erinnern, die ich vor 20, 30 Jahre hatte (mit Hilfe von Tagebüchern) und dann habe ich aussortiert, manchen Traum verwirklicht, andere ad acta gelegt, den ein oder anderen angefangen zu realisieren... und siehe da, plötzlich kamen wieder Träume, kleine zunächst (z.B. anstatt den Haushalt zu machen einfach nur im Cafe in der Sonne zu sitzen, also wirklich Banales!) und nur sehr wenige, aber sie kamen und kommen. Und ganz langsam kristallisieren sich auch "echte" Ziele (was immer das heißen soll) heraus.

Du kannst sicher nicht das Leben von jetzt auf gleich aus den Angeln heben, aber ganz langsam in Bewegung setzen.

Ich glaub, jetzt laber ich... bitte nicht böse sein

Karin
chimera

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von chimera »

Hallo Jessi,

Du scheinst inmitten eines blutigen, verzweifelten und schmerzhaften Kampfes zu sein, und ich sehe es so, daß dieser Kampf Deinem "wahren ich" dazu dient, sich gegenüber Deiner Fassade, Deinem Anspruchsdenken, Deinen Selbstanklagen und den Dingen, die Du verstecken willst, durchzusetzen. Mögen die Gedanken auch irrational und wirr sein, sie sind absolut berechtigt, sie sind nicht schlecht und auch nicht unterdrückungswürdig. Dein Unterbewußtsein äußert sich, und das tut es zurecht. Natürlich tut es das nicht rational, weil es das gar nicht kann. Aber nicht alles, was nicht rational ist, ist doch gleich falsch, oder? Sind Träume rational, ist Liebe rational? Ben hat es ja sehr gut beschrieben, daß der Verstand Aufgaben an sich reißt, für die er nicht zuständig ist. Gerade Menschen, die einen starken Drang zum Verstehen haben, fällt es sehr schwer den rational nicht erklärbaren Sachverhalten einfach Gültigkeit einzuräumen.

Daß Du nur noch eine Art Lebenswillen, jedoch keine Form von freudvoller Lebensenergie mehr verspüren kannst, kann ich sehr gut verstehen, weil es mir genauso geht. Könnte es daran liegen, daß Du in Deinem Leben bisher noch gar nicht erspüren konntest, welche Bedürfnisse Du überhaupt hast? Ich denke, wir verlieren den Kontakt zu wichtigen Teilen unseres Wesens, wenn wir zu sehr in unserer Fassade leben. Du hast es ja beschrieben, daß Du zum Teil nur funktioniert hast, und nun wehrt sich etwas in Dir, will nicht mehr funktionieren. Und das ist berechtigt, auch wenn es Dir die Erfüllung Deiner Verpflichtungen im Moment fast unmöglich macht. Depression ist auch seelischer Streß und Streß entsteht, wenn wir mehr von uns erwarten, als wir leisten können. (Ich wiederhole mich wahrscheinlich, aber ich halte es eben für wichtig.)

Wenn Du das Gefühl hast, daß Dein Therapeut okay ist, dann will ich Dir das gar nicht ausreden. Nur Du selbst hast die Möglichkeit zu erfühlen, was Du brauchst. Ich möchte nur, daß Du Dir den selbstgemachten Druck ein wenig nimmst. Wie bist Du in den Therapiestunden denn eigentlich drauf? Berühren Dich die Sitzungen, kommen Gefühle in Dir hoch, mußt Du eventuell auch heulen, oder erzählst Du eher rational von Deinen Problemen? Ich habe die Erfahrung gemacht, daß Sitzungen, die mich emotional nicht erschütterten, mich eben auch nicht weitergebracht haben.

Beim Thema Suizidprävention bin ich selbst nicht sonderlich kompetent, ich möchte Deine Suizidgedanken einfach ernst nehmen, ohne Dir zu unterstellen, daß Du derartige Absichten wirklich hast. Es ist ja leider auch schwierig, solche Themen im Forum zu besprechen, da man Gefahr läuft, gelöscht zu werden. Welche Anlaufstelle die Richtige ist, hängt wohl auch von dem Bundesland ab, in dem Du lebst. Wie gesagt, wenn Du es möchtest, kann ich bei der Person im Forum, die sich damit sehr gut auskennt, nachfragen. Weiß nicht, ob er in diesem Thread mitliest. Kannst mir auch eine kurze E-Mail schicken (mein Profil ist offen). Bräuchte Dir nicht unangenehm sein, ich habe hier auch schon viel Hilfe erfahren, und habe das Forum schon endlos zugetextet. Also, wenn es Dir ein klein wenig helfen sollte, hier Romane zu schreiben, dann tu es bitte...


Grüße,
Chimera
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von ben1 »

Hallo Chimera, hallo Jesse

Vielen Dank für das letzte Posting, Chimera - der Kampf zwischen dem "wirklichen Ich" und der "Fassade" ist meiner Meinung nach der Auslöser für sehr viele Arten der Depression - so wars auch bei mir. Und um ein bißchen Hoffnung zu machen - ich habe diesen Kampf damals auch gekämpft (würde mich mittlerweile als gesund bezeichnen) und hatte eine wahnsinnige Angst, mich auf dieses unbekannte "ich" einzulassen, das ich bin (und immer schon war, das nur nebenbei). Die Engergie, die uns dieser Kampf kostet, entsteht nur dadurch, das wir an der Fassade unter allen Umständen festhalten wollen. Und ein Wechsel "von heute auf morgen" ist auch beinahe undurchführbar, da einfach mit einer zu großen (und existenziellen (daher auch die Suizidgedanken) Angst besetzt. Ich habe damals versuchtm zweigelisig zu fahren, also mir erstens einmal zu vergegenwärtigen, was ich wirklich bin (ist ein Prozess, der ein Leben lang dauert, also kein Endergebnis erwarten) und diese Anteile schrittweise zu integrieren - und dann immer mehr Erfahrungen mit meinen "wirklichen" Anteilen machen zu können und erkennen zu können, das das nicht den Untergang bedeutet.

Um diesen Weg zu gehen, war es für mich wichtig, erst mal zuzugeben, das ich keine Ahnung hatte, wer oder was ich wirklich war oder wollte (das kennt vielleiht der eine oder die andere auch). Es ist ungefähr som wie die Festplatte des Computers zu formatieren und sich vorher zu überlegen, welche Programme man wirklich braucht und welche man nur mitzieht, weil sie irgendwann mal gebraucht worden sind. Da nimmt man ein paar mit, die die "Grundversorgung" sichern (war bei mir z.B. meinen Job weiterhin zu erldeigen (wenn auch mit weit weniger Perfektionismu als vorher) und wieder Platz auf der Festplatte zu machen, um mal zu gucken, welche Programme der Computer von sich aus generiert (der ist nämlich schlauer, als wir meinen).

Es ist so, wie imn eigenen Schrebergarten mit größter Mühe Bananen gezüchtet zu haben und plötzlich merkt man, das da nix passt - das Klima, der Ertrag usw. und das man damit als Hobbygärtner überfordert ist. Also weg mit den Bananen und gucken, was da so wächst (da sind genug Samen im Boden, die bisher ob der Bananenpräsenz nicht zum Zug gekommen sind). Da ist auch Unkraut dabei - aber wer definiert schon "Unkraut" und "Nutzpflanze". Warten und achtsam (und auch ein bißchen demütig) gucken, was da wachsen will, was zum Klima und zum Boden passt. Wenn Du Dich auf diesen Prozess einlassen kannst, wirst Du wieder LEBEN, mit all Deinen Löwenzahn und Sonnenblumen usw. Das braucht eine gehörige Portion Mut und auch etwas Geduld (bis "Deine" Samen auch aufgehen), aber es lohnt sich! Und wie gesagt - einen kleinen Fleck in Deinem Schrebergarten kannst Du weiterhin erstmal den Bananen zugestehen - das ist schon in Ordnung.

Ich spreche gerne in Bildern (weil wir da an die Grenze des Verstandes kommen, s.o.) aber ich finde das einen sehr guten Weg!

Ben
ben1
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von ben1 »

Ganz kurz noch zu den Suizidgedanken

Ich möchte die Forumsregeln unbedingt einhalten - daher die Bitte an die Moderatoren, falls etwas in meinem Posting nicht passt, bitte löschen!

Auch ich hatte Suizidgedanken - und kann sie im nachhinein wirklich nur so interpretieren, das da ein ich in mir sterben mußte (nämlich mein gemachtes ich, meine Fassade), um Platz für mein eigentliches Ich zu machen. Und das geht natürlich nicht durch Selbstmord, sondern nur dadurch, sich bewußt für die alternative (das echte im sinne von wirklich zu mir passende) Leben zu entscheiden. Da unser Verstand 8in all seiner Begrenztheit und Manipuliertheit) aber die Fassade gleich dem "Ich" setzt, entsteht dieses unglaubliche (und völlig destruktive) Missverständnis.

"Ich kann so nicht weiterleben" heist eigentlich nur "meine Fassade kann so nicht weiterleben" - eine sehr wichtige Erkenntnis für die persönliche Entwickklung.

Es liegt mir sehr fern (und ich hoffe, ich werde nicht falsch verstanden) das Thema "Suizidalität" zu bagatelisieren - ich kann Euch hier nur meine Erfahrungen schildern, die ich (wie so oft im Leben) auch nur rückwirkend machen kann - vielleicht hilft sie dem einen oder der anderen.

Ben
chimera

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von chimera »

Jessis Postings triggern mich gerade ohne Ende, sind teilweise wie ein Spiegel für mich.

[[[...das ich nicht so bin, wie ich gern sein möchte, daß weiß ich schon sehr lange, ich verabscheue mein wahres ich, kann damit nicht leben, will damit nicht leben, aber muss damit leben. ich stelle mir fragen im leben, aus die ich nicht herauskomme. meine gedanken sind voller hass gegen alles um mich herum und gegen mich selbst, obwohl ich weiß, daß sie nicht gut sind.]]]

Mit ähnlichen Gedanken begann auch meine Alptraumphase. Nicht zu kontrollierende Haßgedanken, für die ich mich zutiefst schäme. Ich begann auf einmal, Menschen mit einem haßerfüllten Blick anzuschauen, begann unaussprechliche Gedanken zu denken. Und ich wehre mich und wehre mich und schaffe es nicht dagegen anzukommen. Ebenso das ständige, schreiende "NEIN" in mir, das mich an den Rand des Wahnsinns treibt. Und zu allem Überfluß noch diese fucking Vorwürfe, daß es so ist.

Und zugleich weiß ich, daß die einzige Lösung darin besteht, sich zu ergeben. Es funktioniert nicht, sich an Strohhalme zu klammern, sie knicken sofort ein, halten unserem Gewicht nicht stand.

Es ist grausam, von sich zu wissen, daß man ein Mensch mit hohen Moralvorstellungen und verdammt viel Idealismus, mit einer eigentlich positiven und friedlichen Ausstrahlung ist, und dann diesen unbändigen Haß und diese Dunkelheit in sich fühlt, diese Gefühle aber nicht unter Kontrolle bringen kann, weil es einfach nicht geht. Haßgefühle *durfte* es in mir nie geben. Ich bin Idealist, ein reiner Mensch, verzeihend, großmütig, unverletzbar, über den Dingen stehend, stets für das Gute und Reine kämpfend... Und in mir toben Haßgefühle, das erschüttert mich zutiefst. Könnte der selbstgestellte Anspruch, ein Übermensch zu sein, etwa realitätsfremd gewesen sein?

Ich glaube nach wie vor daran, daß das alles ein Zeichen für eine Weiterentwicklung ist, das gibt mir Mut. Sorry für die widersprüchlichen Postings, ich suche eben auch verzweifelt nach einem Weg und zugleich schaut es nicht so prickelnd in mir aus...

@ Ben: Wieder einmal vielen Dank für Deine Postings. Werde mich noch intensiv damit befassen...
deep
Beiträge: 207
Registriert: 27. Sep 2004, 12:13

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von deep »

Ben, Deine Ausführungen sind sehr klug und ich empfinde sie auch als sehr richtig. Mich freut es wirklich, dass es endlich jemand mal in Worte bringt, die mir bislang gefehlt haben. Vielen, vielen Dank dafür.

@Chimera
Aber ist es nicht auch so, dass diese Wut, dieser Zorn, den Du Hass nennst, einfach irgendwo zum Leben gehören? Ich denke manchmal, dass diese destruktiven Gefühle anderen Menschen gegenüber (die ich auch empfinde und ebenfalls ablehne an mir) "nur" deshalb so groß sind, weil sie jahrelang unterdrückt wurden, sich anstauten und sich deshalb jetzt so unglaublich massiv Bahn brechen.

Karin
Jessi02
Beiträge: 32
Registriert: 31. Mär 2004, 01:57

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von Jessi02 »

*cancel* cancel* cancel*

ich habe mir die ganze nacht gedanken gemacht, hatte auch bereits einen neuen roman geschrieben, den ich hier reinsetzen wollte. aber ich habe nur gelöscht. sind eben einfach nur worte von mir, wiederholungen und ... ach was weiß ich.
tut mir leid, bin etwas abgekämpft heute von der schlaflosen nacht. ich melde mich wieder.
gruss
jessi
chimera

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von chimera »

Hallo Karin,

Du hast vollkommen recht. Mich schockieren sie eben deswegen so sehr, weil ich mir eingestehen muß, daß ich nicht der selbstlose Idealist sein kann, der ich immer sein wollte. Das ist wohl der Kampf zwischen "wirklichem Ich" und "Ideal-Ich". Aber ich weiß nicht, wie das "wirkliche Ich" sein kann, weil es von höllischem Anspruchdenken blockiert ist, weil es von Verboten, Verpflichtungen und Moralvorstellungen beengt ist. Und ich denke, daß man durch diese Einengung den Kontakt zur Lust und zu den eigenen Bedürfnissen verliert und die Zwangsgedanken den Ausbruchsversuch aus diesem Gefängnis darstellen. Das "ich muß" ist uns wahrscheinlich viel näher als das "ich will".


Grüße,
Chimera
deep
Beiträge: 207
Registriert: 27. Sep 2004, 12:13

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von deep »

Liebe Cimera,

auch wenn es Jessis Thread ist, eine Frage:

Stehst Du dem Buddhismus nahe?

Ich will Dir mit dieser Frage nich zu nahe treten, es schoß mir nur eben durch den Kopf.

Grüße
Karin
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von ben1 »

Hallo

viel Wahres und Weises steht hier geschrieben - wenn nicht die Umsetzung so schwer wäre. Ein paar Fragen dazu

Sind die unerwünschten Verhaltensweisen per se unnütz? Destruktivität bringt Erneuerung, Hass setzt eine unglaubliche Energie frei, Egoismus ist ab und zu gut für mich usw.

Ich denke, wie schon ganz richtig geschrieben wurde, das die Intensität der "bösen" Gefühle die Intensität der "guten" Gefühle wiederspiegelt (wer nur ein bißchen Gut ist, braucht auch nur ein bißchen Böse sein - wie auf einer Balkenwaage) - und das geht nicht anders, denn um in einem perfektionistischen Gutmenschen gehört zu werden, muss der Zorn oder Hass sich schon ganz schön bemühen, um nicht runtergedrückt zu werden und sich überhaupt (und erstmals) Gehör zu verschaffen.

Um wieder zu dem zu werden, was wir eigentlich sind, denke ich ist es unerläßlich, vor uns selber (wenn auch unter einem echten Trauern) zuzugeben, das wir nicht so gut sind, wie wir bisher dachten. Wir müssen uns wieder in die "Normalbürgerschaft" einreihen, wieder Menschen werden mit guten und bösen Seiten, die alle gelebt werden wollen. Das wirkt übrigens auf unsere Mitmenschen nicht in der Weise, das sich alle Abwenden, wenn wir nicht mehr "nur gut" sind, sondern ganz im Gegenteil, man wird als echter und authentischer wahrgenommen und die Leute freuen sich, das sie keinem Übermenschen mehr begegnen (das ist nämlich für deren Selbstwertgefühl auch nicht das Beste).

Wichtig finde ich auch, die ganzen Ge-und Verbote, die uns so durch den Tag begleiten, mal anzugucken, mal nachzusehen, wo die herkommen (die hatten mal einen Sinn!) und ob die heute noch gebraucht werden. Und dann sollte man mal mit dem "inneren Bewacher" sprechen, der die Einhaltung der Gebote so unerbittlich einfordert, sollte ganz konkret sagen "Ich weis, das Du nur das Beste für mich willst, aber so kanns nicht weitergehen. Lass uns gemeinsam nach neuen Wegen suchen". Hoffe, das war nicht zu abgespact (Ist eine Methode, die ich sehr zu schätzen gelernt habe, Voice-Dialog - wer mehr dazu lesen möchte, hier ein guter Link)

http://www.zeitzuleben.de/inhalte/pe/vo ... alog1.html

Ben
deep
Beiträge: 207
Registriert: 27. Sep 2004, 12:13

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von deep »

Also unnütz... ich weiß nicht, einerseits sind sie schrecklich für mich und andere, andererseits glaube ich für mich, dass sie sich Bahn brechen, um sich Gehör zu verschaffen und das mit Recht. Weil ich aber so taub bin, müssen sie sehr laut werden.

Also zum Beispiel brülle ich rum, weil ich viel zu oft meine Stimme nicht erhoben habe und das genau in diesem Moment nachhole - der Situation völlig unangemessen, aber in der Logik der (meiner) Geschichte wichtig.
Oder ich werde superaggressiv, weil ich mich nie wirklich gewehrt habe...usw usw - da gibt es sicher viele Beispiele.

Aber weil heftige Reaktionen bei uns, also in unserer Gesellschaft, immer sanktioniert werden, bekomme ich ein schlechtes Gewissen, mit der fatalen Folge, dass ich mir einrede, nie etwas laut sagen zu dürfen, mich nie wehren zu dürfen usw.

Was die Intensität der Gefühle angeht, würde ich persönlich lieber von Möglichkeiten sprechen, also die Intensität meiner schlechten Gefühle spiegelt meine Möglichkeit guter Gefühle wieder. Es gibt ja immer wieder Phasen, wo man keine guten Gefühle hat, sondern nur noch schlechte...

Ich hoffe, dass das verständlich ist...

Ach ja, wir sollten uns aber auch bewußt werden, dass wir bei weitem nicht so schlecht sind, wie wir immer wieder denken! Es gehört Beides dazu, eine realistischere Einschätzung von uns selbst zu bekommen und ein ausgewogenes zufriedenstellendes Leben zu führen.

Da fällt mir gerade auf: zufriedenstellend - uns so zu stellen, dass wir zu Frieden kommen mit uns selbst... klingt irgendwie spannend... mhm, da muss ich noch mal drüber nachdenken...

Sehr beschäftigt

Karin
Alina1
Beiträge: 418
Registriert: 29. Mär 2004, 14:08

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von Alina1 »

Hallo,Ben!
Ich finde deine Bildsprache sehr ausdrucksvoll.Was kann ich tun,wenn ich schon seit langer Zeit darauf warte,dass ich erkenne,welche Programme auf meinem PC wichtig bzw. unwichtig sind.Ich werde das Gefühl nicht los,es wurde bei mir die Software komplett vergessen,kann das sein? Ich besitze noch nicht einmal einen Garten,in dem ich etwas heranwachsen sehen könnte.Klar,vor meiner Tür gibt es einen Garten,aber in mir ist kein Raum,in dem ich etwas wachsen spüre! Wo fängt man an,wenn man schon immer tot war?

Antje
chimera

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von chimera »

Nein, Jessi, das sind nicht nur Worte und Wiederholungen, das ist Deine innere Welt, Deine innere Realität. Das ist nicht "nur", das ist einfach so. Was für ein Schwachsinn, wenn wir diese innere Welt nicht ernstnehmen, sie bestimmt doch unser Leben, und sie formt unsere äußere Realität. Aber die innere Welt hat ihre eigenen Naturgesetze und wir können sie nur verändern, wenn wir uns nicht gegen diese Naturgesetze auflehnen.
chimera

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von chimera »

Hallo Ben,

toller Link! Kann Deinem Posting nur zustimmen... Habe auch schon viele Stunden damit verbracht, mir anzuhören, was meine verschiedenen ICHs so zu sagen haben. Der freundschaftliche Umgang mit uns selbst ist die Grundvorrausetzung dafür, um mit den verschiedenen Personen umgehen zu können, weil sie sonst sehr bockig werden. Wir müssen einen freundlichen Integrator, einen Boss erschaffen...

@ all: Kann gerade nur sehr eingeschränkt mitlesen und antworten...

@ Jessi: Ich hoffe, Du bist nicht böse, daß wir uns in Deinem Thread unterhalten, aber ich denke, die Diskussion könnte für Dich recht hilfreich sein...


Liebe Grüße,
Chimera
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von ben1 »

Danke Euch allen für die Rückmeldungen! Ich freue mich, wenn ein paar Brocken dabei sind, die zum nachdenken und weitergehen einladen.

Besonders betroffen gemacht hat mich Dein Posting, Antje.

"Wo fängt man an,wenn man schon immer tot war?"

Ich denke, das es bei vielem Menschen das Problem schlechthin ist, das sie sich selbst aus der Fühlung verloren haben. Wir haben früh lernen müssen, das nicht unser Weg der "richtige" ist, sondern der unserer Eltern, Lehrer, der Gesellschaft o.ä. Wir haben also nicht mehr getan "was uns gut tut", sondern "was die anderen Erwarten", in der Hoffnung, das wir uns dann gut fühlen dürfen. Dadurch entsteht eine unglaubliche Abhängigkeit. Wer sich selbst aus dem Gespür verloren hat, lebt nicht, er wird gelebt. Wie kommt man aus diesme Teufelskreis raus? Eine gute und vielleicht die wichtigste Frage im Leben! Ich denke, wir spüren nach wie vor - nur hatte unser Gefühl lange Zeit einfach keine Bedeutung, war kein Indikator, war einfach unwichtig, und so verblasst auch unsere Aufnahmefähigkeit. Es gibt viele Verzweifelte Versuche von Menschen, sich wieder zu spüren (indem sie sich selbst verletzen, in die Sucht fliehen oder (beinahe) zu Tode hungern zum Beispiel) - alles nur verzweifelte Versuche, wieder mit sich in Kontakt zu kommen. Wir müssen wieder lernen, mit uns in Fühlung zu kommen, und zwar möglichst ohne die oben beschriebenen destruktiven Verhaltensweisen. Das geht (aber es dauert) meiner Meinung nach auch über eine bewußte Aufmerksamkeit im ganz alltäglichen Leben, ein innehalten und nachspüren, in sich hineinhorchen - ein paar Beispiele

- beim Duschen die Härte des Wasserstrahls fühlen, die Abwechslung zwischen kaltem und warmen Wasser

- im Job auch mal unsere Aufgeregtheit spüren (sich wieder spüren beinhaltet ja leider nicht nur angenehme Gefühle)

- den Hunger spüren

- Wärme und Kälte bewußt spüren

- die Anstrengung beim Sport oder einem Herbstspaziergang spüren

- mit einem vertrauten Menschen sprechen und sich mal weniger auf den Inhalt der Diskussion konzentrieren, als auf die Stimmung achten usw.

Über diesen Weg öffnen wir sozusagen langsam wieder eine Schleuse zu unserem Befinden.

Ben
Jessi02
Beiträge: 32
Registriert: 31. Mär 2004, 01:57

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von Jessi02 »

hallo ihr lieben,

ich muss ehrlich gestehen, ich kann dem ganzen im moment nicht so folgen, bin irgendwo hängen geblieben und befinde mich gerade in einem gedanklichen loch, bin müde und ausgelaugt und schaff es nicht, die dinge, die ihr hier schreibt, überhaupt zu verinnerlichen. wahrscheinlich bin ich einfach nur ein wenig zu dumm dazu im moment. werd mich die tage aber gern wieder einklinken, sobald ich wieder klar denken kann.

bin im moment so entscheidungsunfreudig, daß ist nicht auszuhalten. und gerade jetzt, wo es mir so besch... geht muß ich eine wichtige entscheidung treffen, weiß nicht, wie ich ansetzen soll um keinen fehler zu machen. es ist zum verzweifeln, vor 2 jahren hätte ich sofort ja gesagt, heute weiß ich gar nichts. grummel.

ach ja, ich finde es übrigens schön, wenn ihr hier weiterschreiben würdet, ich verfolge jeden beitrag, sofern ich es schaffe und nicht die wörter vor meinen augen hin und hertanzen aus lauter unvermögen *grins*

vielen dank nochmal
gruss
jessi
chimera

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von chimera »

Lieber Ben, liebe Antje...

>>> Es gibt viele Verzweifelte Versuche von Menschen, sich wieder zu spüren (indem sie sich selbst verletzen, in die Sucht fliehen oder (beinahe) zu Tode hungern zum Beispiel) - alles nur verzweifelte Versuche, wieder mit sich in Kontakt zu kommen.

Ich unternehme solch verzweifelte Versuche zwar nicht, aber ich kann es sehr gut nachvollzuziehen, da auch ich mich von Geburt an schon tot fühle, weil ich mir - zutiefst von meiner Unwertigekeit überzeugt - nie die Erlaubnis geben konnte, zu leben. Wenn man so ein schlechtes Grundgefühl mit sich herumträgt, dann kann man es wohl nicht aushalten, sich zu spüren, weil es in höchstem Maße mit Schmerz besetzt ist. Dieses Grundgefühl der Unwertigkeit tragen wir die ganze Zeit mit uns herum, auch wenn sich unsere Persönlichkeit schon längst weiterentwickelt hat...

Ja, ich kann es mir sehr gut vorstellen, daß man sich nicht spüren kann, weil man es nicht nicht aushält. Das geht dann so lange, bis man dieses Sich-nicht-spüren-können nicht mehr aushält und dann diese verzweifelten Versuche unternimmt. Ist nicht auch Suizid ein verzweifelter Versuch, über den Tod wieder mit dem Leben in Kontakt zu kommen? Erinnert mich die Konfrontation mit dem Tod daran, daß ich lebe?

@ Antje: Könnte es nicht auch bei Dir der Fall sein, daß Du frühkindliche Traumata mit Dir herumträgst, an die Du Dich - verständlicherweise - nicht herantraust?


Viele Grüße,
Chimera
chimera

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von chimera »

Liebe Karin,

Du trittst mir mit dieser Frage nicht zu nahe... Ja, ich vermute schon, daß ich dem Buddhismus zugeneigt bin, aber ich kann es nicht seriös beurteilen, da ich mich noch nicht ernsthaft damit auseinandergesetzt habe...


Viele Grüße,
Chimera
Alina1
Beiträge: 418
Registriert: 29. Mär 2004, 14:08

Re: was hab ich eigentlich getan???

Beitrag von Alina1 »

Hallo,chimera!
Ich mache eine Therapie und habe auch schon einiges erfahren,was meinen Zustand begründen würde.Es bleibt alles im Kopf hängen,kommt nicht im Herzen an.Aber gerade da muß das "Wissen" doch hin,um zu einer Veränderung zu führen!Wann und wodurch springt der Funke über,der mich endlich leben läßt.So lange ich atme,werde ich nach einer Leidenschaft suchen.Sollte ich jemals aufhören,danach zu suchen,werde ich mich auf der Stelle umbringen.Ich weiß ja nicht mal,wonach ich suche,aber diese leichte unbestimmte Ahnung ist vielleicht ein Rest von Gefühl,welches noch nicht ganz abgestorben ist.Da muß doch noch was sein......
Hast du nicht auch noch eine ganz leise Hoffnung in dir,trotz Tod und Trauer um uns,chimera?

LG,
Antje
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