Kein Ziel im Leben

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E32
Beiträge: 2
Registriert: 26. Mai 2024, 17:21

Kein Ziel im Leben

Beitrag von E32 »

Hallo zusammen.

Ich weiß nicht wo und wie ich anfangen soll, daher beim Anfang.

Ich nenne mich E32, bin männlich, 36 Jahre alt, ledig, ohne Beziehung, keine Kinder.
Seit vielen Jahren habe ich keinerlei Interessen, keine Ziele, keinen Elan mehr. Was mir früher Freude machte, macht es jetzt nicht mehr, früher konnte ich mir alles vorstellen, heute gar nichts mehr, mir ist alles egal, habe keinen An- und Auftrieb. Ich habe ein abgeschlossenes Studium, bin da aber ein Spätzünder (Abschluss erst mit 34). Einen Job in diesem Bereich habe ich bislang aber nicht gefunden und ich weiß auch einfach nicht, was ich will, wo mein Platz ist. Bin zwar arbeitslos, aber keineswegs untätig. Ich kümmere mich um verschiedene Dinge im Haushalt, inkl. administrative Aufgaben. Meine Mutter (70, geschieden) und ich wohnen in einem Haus, sie unten, ich oben. Auch das ist ein Punkt: ich möchte gar nicht ausziehen (warum? weil man das halt so macht?), da ich mich zuhause in meinem gewohnten Umfeld wohl fühle und ich keine Veränderungen will. Es ist gut, wie es ist. Allein der Gedanke vielleicht ein paar hundert Kilometer weg zu sein löst bei mir Panik aus (was vor 18-14 Jahren aber kein Problem war, da war ich alle 2 Wochen zuhause). Ich stehe am Morgen auf und erledige dann, was getan werden muss. Privatier wäre mein Traumjob!
Ein anderes Problem ist, dass ich mit nichts zufrieden bin. Wenn ich eine Reise plane freue ich mich darauf, aber wenn ich dann am Urlaubsort bin, will ich wieder zurück. Erst kürzlich habe ich eine Reise unternommen, auf die mich am Anfang wirklich gefreut hatte und als ich dort war hat mich nichts interessiert.
Der Verstand sagt mir, dass es so nicht weitergehen kann, schon aus finanziellen Gründen, aber wie gesagt: mich motiviert nichts, es gibt keine Interessen, keine Ziele. Ich fühle mich wohl, so wie es ist, meine Zeit frei bestimmen zu können, in keinen Zeitplan eingebunden zu sein, mein eigener Herr zu sein und mich nicht wo einordnen zu müssen.
Trotzdem macht mich die Situation fertig, auch weil in meinem Freundes- und Bekanntenkreis alles gut geht, "wie es sein soll" (sind alle/die meisten längst verheiratet, verdienen ihr Geld, gehen ihren Weg, nur ich dümpel vor mich hin), nur ich bin der Ausreißer. Und auch wenn ich mit 36 schon langsam auf 40 zugehe, fühle ich mich nicht wie 36, wie ein erwachsener Mann, sondern mehr wie ein Kind. Bin ich depressiv, weil ich keine Interessen und Ziele habe oder bin ich ziellos, weil ich depressiv bin? Bin ich hochsensibel? Liegt eine Störung in der Persönlichkeitsentwicklung vor? Mein Vater hat meine Mutter und uns Kinder verlassen, da war ich 4/5 Jahre alt. Wenn ich mein Leben und meine aktuelle Situation ansehe kommen mir die Tränen und manchmal liege ich nur im Bett und starre die Zimmerdecke an. Ich weiß einfach nicht mehr weiter. In ärztlicher Behandlung bin ich nicht, auch weil ich mir das bislang nicht eingestehen wollte.

Vielleicht geht es dem einen oder anderen hier ähnlich. Eure Erfahrungen zu hören würde mir vielleicht gut tun und vielleicht lassen sich Lösungsansätze entwickeln.

Danke für Eure Zeit!
Das zu schreiben hat mir schon irgendwie gut getan.
Muschelsammlerin
Beiträge: 206
Registriert: 18. Dez 2016, 18:34

Re: Kein Ziel im Leben

Beitrag von Muschelsammlerin »

Das hört sich für mich sehr nach Depression an.Es könnte auch sein, dass Du eine Art Sozialphobie oder eine Angststörung hast.
Das muss mal abgeklärt werden. Du solltest Dir Hilfe holen.
Entweder zum Hausarzt, falls Du da einen guten hast, dem Du vertraust.
Oder zum Psychiatrischen Dienst ...gibt es in vielen Städten, einfach mal googeln.
Möglich wäre auch eine Beratungsstelle, viele gemeinnützige Organisationen haben sowas, Caritas, ev.Kirche,Arbeiterwohlfahrt usw.
Hier bei uns gibt es auch die Arbeitslosenhilfe, die bietet regelrechte Programme zur beruflichen Wiedereingliederung an.
Du wirst nicht ewig als Privatier leben können....es sei denn , Du bist sehr vermögend.
Irgendwann wird Deine Mutter nicht mehr da sein, was dann?
**************************************************************************
Liebe Grüße von der Muschelsammlerin
Senif
Beiträge: 1417
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Kein Ziel im Leben

Beitrag von Senif »

Wobei das "ich fühle mich wohl, so wie es ist" - ich hab mich in meiner Depression sehr elendig gefühlt.
Die Zimmerdecke anstarren, Interesselosigkeit können Symptome sein, aber das abklären, kann nur ein Arzt - bestenfalls ein Facharzt.
Kannst du denn schlafen ?

LG Senif
E32
Beiträge: 2
Registriert: 26. Mai 2024, 17:21

Re: Kein Ziel im Leben

Beitrag von E32 »

@Senif
"Ich fühle mich wohl, so wie es ist" bezieht sich auf meinen "Dolce fa niente"-Stil, nicht auf meine Apathie, die in der Tat elend ist. Schlafen geht mal so, mal so. Manchmal schlafe ich tatsächlich durch, manchmal wache ich 2-3x pro Nacht auf. Aber auch die Apathie (an die Decke starren) kommt nicht ständig vor, oft ist wochenlang nichts.
Deheteleef
Beiträge: 612
Registriert: 7. Nov 2022, 17:01

Re: Kein Ziel im Leben

Beitrag von Deheteleef »

Hallo E32,

du bist also ein Spätzünder, wie du schreibst.

Was macht denn das Liebesleben? Hattest du schonmal eine Freundin oder festen Freund?
Urlaub alleine ist auch nur ein halber Urlaub.

Was sagt denn deine Mutter zu deinen Zuständen? Ist sie froh, dass du nicht ausziehen willst?
MÜDIGKEIT IST EINE MEINER KERNKOMPETENZEN! ;)
mime
Beiträge: 1281
Registriert: 6. Sep 2013, 13:28

Re: Kein Ziel im Leben

Beitrag von mime »

Hallo E32,
ich finde es gut, dass du den Mut gefunden hast, hier einmal zusammenfassend zu schreiben, was dich beschäftigt. Im Rückblick (du schreibst, dass es dir seit vielen Jahren schon so geht) erkennt man manches besser als wenn man mittendrin steckt. Gratulation zum bestandenen Studium. Es ist leider oft so, dass man nicht unbedingt in seinem Studienfach einen Job findet (ging mir damals auch so).
Manchmal nagt es dauerhaft am Selbstbewusstsein, wenn man arbeitslos ist bzw. es ist ebenfalls eine belastende Situation.

Was deine Lebenslage betrifft: ich kann nachempfinden, was du so schreibst. Ich meine, wenn du famlienlos und als Single zufrieden und sicher durchs Leben stapfen würdest, wäre das etwas anderes, aber du leidest ja an deiner Situation.
Dass bei Freunden (scheinbar) alles funktioniert; man vergleicht sich mit anderen und stellt fest, dass man selbst irgendwie anders ist. Das muss allerdings nicht schlechter sein, wenn da nicht die Begleitumstände wären, die du erwähnst, dass dir nichts Freude macht, der Urlaub keine Erholung bringt (weil du wieder heim möchtest) usw.

Du könntest dich niederschwellig erst einmal deinem Hausarzt anvertrauen, wie hier schon einige schrieben. Was die seelische Verfassung betrifft könnte dir ggf. ein therapeutisches Erstgespräch helfen, mal zu schauen, ob dein Zustand in Richtung depressive Episode oder in eine andere Richtung geht. Dass sich deine Eltern in frühen Jahren getrennt haben, kann schon ein einschneidendes Erlebnis gewesen sein, das dich auch im Hinblick auf das Erwachsenendasein, Beziehungen usw. geprägt hat (wie gesagt, es kann sein, muss aber nicht).

Du könntest dich ggf. mal an deine Krankenkasse wenden, wenn es um eine psychotherapeutische Ersteinschätzung geht. Dass du an nichts Interesse und Freude hast wären schon mal Kriterien, die man sich beispielsweise näher anschauen könnte.

Was Hochsensibilität angeht: vieles ist in dem Bereich möglich, es kann allerdings auch sein, dass man grundsätzlich etwas dünnhäutiger und empfindsamer durchs Leben geht, ohne gleich hochsensibel zu sein. (Bei mir liegt sie wahrscheinlich vor, aber das zu wissen, bringt mich auch nicht weiter - meine Therapeutin hatte mir damals ein Buch empfohlen, das "Zart besaitet" (Autor: Georg Parlow) - außer, dass man sich etwas mehr schützende "Puffer" einbauen kann ins Leben, weil man weiß, wie man tickt).

Mehr weiß ich jetzt auch nicht zu schreiben. Ich wünsche dir hier einen guten Austausch und dass du Möglichkeiten findest, wie es dir etwas besser gehen kann (manchmal hilft der erste Schritt in eine bestimmte Richtung, dass sich etwas bewegt im Leben).
LG Mime
Wir müssen lernen,
die Menschen weniger auf das, was sie tun und unterlassen,
als auf das, was sie erleiden, anzusehen.

(Dietrich Bonhoeffer)
urmselchen
Beiträge: 15
Registriert: 15. Mai 2024, 08:16

Re: Kein Ziel im Leben

Beitrag von urmselchen »

Sinnloses Leben?! Ich habe mich früher wsl.auch mit falschen Dingen zuviel befasst, die Schule eben nur mit drei abgeschlossen: die normale POS in der damaligen DDR wie auch die Berufsschule, auch noch DDR. Studium versucht nach zu holen, funktionierte nicht, eben wegen der fehlenden Kenntnisse in Mathe, Physik, vor allem in diesen Fächern! Mein Sohn erlebte es, wie es ist, wenn man eben zu dolle Lernprobleme hat: wegen Matheschwäche Besuch einer Förderschule nötig geworden.Und Matheprüfung selbst da in den Sand gesetzt?! Aber er fing nie von sich aus an, neu zu lernen zu versuchen, träumt jetzt wohl nur vom Besuch einer Abendschule, die bezahlt werden muss. ICH werde ihm das nicht bezahlen, er wollte nie lernen zu sparen, nun spart seine Betreuung für ihn an...Mein Ziel war es mal: eine glückliche Familie zu haben, ein Leben innerhalb dieser eigenen Familie. Nun habe ich seit 2003 meinen Freund, lebe mit ihm und den Angehörigen seiner Familie.Vom über 90 Jahre alten Vater meines Freundes bis zur jüngsten Enkelin, noch keine 5 Monate: im ach so wilden Westen ( in Pfungstadt, was im Gebiet der alten Bundesländer liegt). Meine Ziele haben sich also bissel verschoben.Muss es Ziele geben? Man sollte das eigene Leben in 1.Linie zu schätzen und zu lieben lernen, dann kommen Ideen von selbst, was man noch so vorhat: Umschulung, neuen Job, oder zurück in den alten Job, Rente usw., man möge sich doch über angebliche Ziele, die jeder so zu erreichen hat, Null-Gedanken machen. Jeder hat seine ganz eigene Biographie, andere Fähigkeiten, Talente, das ausbauen und man kann auch Künstler werden. Wieviel Geld man dann verdient, steht ja auch in den Sternen...Jedes Leben hat irgendeinen Sinn, aber ich sage: kein Gott hat das je festgelegt...
lt.cable
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Re: Kein Ziel im Leben

Beitrag von lt.cable »

Ahoi, E32!

Ganz wichtig wäre aus meiner Sicht: Die Lage endlich einmal ärztlich abklären lassen. Ansonsten bleibt vieles Spekulation, treffende Ratschläge zu geben wird so etwas schwierig. Natürlich sind Diagnosen nicht alles, aber sie können hilfreich sein, um die Probleme dann auch angehen zu können. Fachleute, die dich persönlich sehen und mit dir reden können, sind zudem deutlich besser dazu in der Lage einzuschätzen, was davon nun behandlungsbedürftig ist.

Alles Gute!

Es grüßt

lt.cable
Ein Nilpferd wollte zum Ballett
als schönster aller Schwäne.
Nur war es fürs Ballett zu fett.
So scheitern viele Pläne.
- Charles Lewinsky
Topo
Beiträge: 81
Registriert: 15. Sep 2021, 22:32

Re: Kein Ziel im Leben

Beitrag von Topo »

Hi E32,

ich würde auch zustimmen, das ärztlich abklären zu lassen. All die Lebenstipps hier bringen zu wenig, wenn du eine richtige Depression hast. Deine Situation klingt für mich wie die klassische Situation, wo eine (Verhaltens-) Therapie gut hilft. Aber das muss ein Fachmann/ -frau sagen.

LG
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