Hallo Mayana,
ich hatte auch nie ein besonders hohen Selbstwert, und 2009 hatte ich eine schwere Episode, aus der ich nur langsam herauskam und in abgeschwächter Form verchronifiziert war. Ich hatte auch immer das Gefühl, alles ist schwer, und mir fehlt die Energie. Ich war sogar im betreuten Wohnen, weil ich nichts mehr gebacken bekommen habe. Als ich in eine eigene Wohnung zog, das war Ende 2019 veränderte sich allmählich was. Mit Hilfe eines Pflegedienstes baute ich mir wieder eine gewisse Selbstfürsorge auf, ich holte mir 2 liebe Kater, die mir sehr viel geben und gegeben haben (mein kleiner ist leider im November verstorben mit nur 3 Jahren). Ich hatte mich ja früher überhaupt nicht mehr um mich gekümmert, weder duschen, noch Wohnung, noch Essen kochen - ich übte ungelogen das Duschen. Jemand gesundes kann sich das gar nicht vorstellen.
Vor 2 Jahren legte sich irgendwie ein Schalter um. Ich hatte eine nie dagewesene Hochphase, in der ich dachte ich werde manisch. Also rief ich meinen Arzt an, und wollte, dass wir das Escitalopram absetzen. Er beruhigte mich, dass das nicht selten ist, wenn man aus der Depression auftaucht. Er sollte Recht behalten.
Heute kümmere ich mich erst um mich, wenn dann noch Ressourcen übrig sind, kümmer ich mich um andere. Aber nicht mehr umgekehrt. Ich begann mehr und mehr das Positive abzuspeichern, was die Selbstfürsorge mit sich brachte - und ich wurde stärker. Stärkend für meine innere Mitte fand ich auch den Sport.
Aber irgendwie drehte sich auch mein Denken. Das war vielleicht eine Folge. Früher war alles so schwer, und ich immer dachte ich, ich habe nur Pech und ich kann nichts tun. Jetzt merke ich, dass ich was tun kann und das ich mein Leben wieder in der Hand habe. Das gibt mir einen positiven Antrieb für Aktionen. Auch weil ich merke, dass es mir schlechter geht, wenn ich nur zu Hause im Bett liege. Diese berühmte Selbstwirksamkeit ist hart erkämpft in der Depression, aber diese mehr und mehr zu spüren bestärkte mich auch.
Ich erkannte, dass vieles an meinen Bewertungen lag, die viel zu oft viel zu negativ waren. z.B. wenn ich in die Küche kam und den Abwasch sah, war die erste Reaktion, ach du Schande, das schaff ich nie, das ist viel zu viel, da brauche ich ewig usw .... das hat den Berg noch größer erscheinen lassen. Heute sage ich mir, das dauert höchstens 30 min, das geht schon und etwas zusammen gestellt, ist es auch nicht mehr so groß in der Fläche usw... das mache ich mit vielen Dingen.
Das alles ist eine Entwicklung über Jahre und sehr kleinschrittig. Der Weg, sein Leben nach so einer Erkrankung wieder in die Hand zu nehmen mit allem drum und dran ist kein einfacher.
![winken :hello:](./images/smilies/icon_e_winke.gif)
LG Senif