Nach Medikation nun Abendtief?

Antworten
Undjetzt
Beiträge: 245
Registriert: 15. Feb 2024, 11:13

Nach Medikation nun Abendtief?

Beitrag von Undjetzt »

Hallo.
Hatte noch bis vor Wochen mit einem katastrophalen Morgentief zu kämpfen. Nachdem ich nun auf Sertralin und Mirtazapin eingestellt bin, sind diese Tiefs so ziemlich verschwunden, bzw. inzwischen sehr erträglich.
Nun habe ich jedoch, manchmal schon auf Arbeit, manchmal erst daheim, ziemlich "schwere" Momente. Wobei hier auf "schwer" die Betonung liegt. Mein Körper fühlt sich an, als sei er aus Blei. Ich kann mich nur mühsam aufraffen, auch nur kleine Dinge zu tun.
Anders als bei den Morgentiefs, finde ich nicht wirklich Gedanken, die ich habe, die mich demotivieren. Der Kopf ist quasi leer und mich bedrückt eine unheimliche Schwere. Das Ganze legt sich dann Nachts, was auch einfach am Mirtazapin liegen kann (?).

Kennt das jemand? Es sind unterschiedlich lange Zeiträume und kommt ziemlich ohne Ankündigung. Der oft beschriebene Druck in der Brust ist ebenso zu spüren.
Kennt das jemand, und was macht ihr da so?
Christopher
Beiträge: 38
Registriert: 17. Feb 2024, 20:13

Re: Nach Medikation nun Abendtief?

Beitrag von Christopher »

Hallo,

ja, ich kenne das. Allerdings wohl nur ähnlich. Genau Deinen Ablauf und die Emotion nachzufühlen wäre wohl anmaßend.

Ich benenne es ziemlich hart,- für mich wohlgemerkt, und das ist eigentlich unangemessen(ich nenne es Einschläge). Ich möchte eine eigene Situation beschreiben:

Ich arbeite in der Feinmechanik. Irgendwann war mein Kopf überlastet vom lesen von Zeichnungen und dem montieren von kleinsten Bauteilen.

Ich fing an leise zu weinen. Ohne sichtlichen Grund liefen die Tränen und ich war innerhalb von Sekunden arbeitsunfähig geworden. Ohne Ankündigung einfach so.
Diese Art der Einschl... kommt und ist vergleichbar mit dem besteigen eines 3000 er Berggipfel. Es verbraucht mehr Kraft als vorhanden ist, in Sekunden wird die gesamte Energie physisch und physisch abgesogen, wohin auch immer sie verschwindet,- und erschöpft mich zutiefst. Eine leere und kaum nachvollziehbare Erschöpfung.

Das sind meine schweren Momente, meine Begriff Einschl.... ist eigentlich auf die Geschwindigkeit des Erscheinens bezogen, es kommt aus dem Nichts. Ich kann dann nichts tun, es ist eine tiefe Hilflosigkeit, manchmal mit Zittern verbunden. Ich verstecke das, ich gehe dann sofort raus und auf die Toilette. und versuche zu Atmen, ruhig den Skill Zählen zu praktizieren und ruhig auf die Atmung zu achten.

Nun zu Deiner Frage was ich mache:

Wie schon gesagt, Atmen und zählen. Wenn es dann möglich ist, die erste Erschütterung hat sich gelegt, Wasser trinken, kaltes Wasser. So signalisiere ich dem Körper und der Seele, das KEIN lebensbedrohlicher Zustand herrscht, und ich in der Lage bin für die Grundbedürfnisse zu sorgen,- Ruhe-Atmen- Nahrung, also in dem Fall für Flüssigkeit zu sorgen.

Die Situation entspannt sich dann, ich schaffe es dann den Tag zu ende zu bringen, und schlafe unglaublich tief und fest. Am nächsten Tag schwingt die Erschöpfung nach, nach 2.-3 Tagen ist der "Normalzustand" wieder hergestellt. Ich mache alles, wirklich alles langsam und mit bedacht, achte darauf mich nicht zu verausgaben und meine Kräfte einzuteilen.

-/-

Ich habe da lange drüber über die Ursache nachgedacht und habe nur eine Erklärung bisher gefunden:

Ich merke nicht, wenn ich einen Erschöpfungszustand erreicht habe der zur Überlastung des Kopfes führt. Keine Vorwarnstufe sozusagen, die mich durch körperliche Symptome oder Schmerzen davor warnt, das ich in einen Bereich komme der die Psyche überlastet.

Genau DAS was Du beschreibst, SIND die Symptome. Es ist das Zeichen für Überlastung.
Das folgende Bild möchte ich beschreiben:
Ich möchte es vergleichen mit der Atmung wenn ich zu schnell laufe: erst ist die Atmung ruhig, dann wird sie schneller und tiefer, irgendwannn,- vielleicht kennst Du das, wird es unkontrolliert, hektisch, nicht mehr steuerbar und der Körper versucht hektisch sich so viel Sauerstoff einzuverleiben wie es geht: der Effekt ist gegenteilig, ja destruktiv, gleichzeitig versucht unser Wille uns noch schneller zum Ziel zu treiben, es ist ein Zielkonflikt aus dem Willen und der körperlichen Leistungsfähigkeit entstanden, im schlimmsten Fall, wenn die Selbstkontrolle zu langsamerer Gangart versagt,- werden wir kollabieren.

Unsere Seele hat andere Möglichkeiten uns zu Zeigen das etwas nicht stimmt. Meine hat eine Mauer oder Schranke durchbrochen im Laufe meines Lebens und ist nun für alle Zeit meines Daseins sichtbar geworden. Viele Menschen kommen nie an den Punkt das zu erleben, zu sehen oder wahrzunehmen. Es bleibt verborgen und damit nicht nachvollziehbar für nicht betroffene Menschen, eben hinter der besagten Mauer.

Das ist mein Erklärmodell, das ich mir entworfen habe, vielleicht wirr, oder schräg, darum ist meine Sichtweise auch exklusiv auf mich bezogen.

Ich kann nicht für andere Sprechen, es ist auch nicht als allgemein gültig zu verstehen. Was mir daran gut tut, ist das Greifbarmachen der Situation für mich, das erleichtert mir den Umgang. Das läuft dann in etwa so gedanklich ab:

"Ach, da gehts mal wieder los, nun gut dann mache ich jetzt Pause und werde erstmal was trinken gehen. Ich lasse dann mal besser die Arbeit liegen,
ich genehmige mir jetzt eine Pause......"

Das ist, wenn es heftig kommt, natürlich kaum zu machen in Ruhe darüber nachzudenken und eher ein WUNSCH, das ich noch so gelassen reagieren kann. Doch auch hier, wenn ich darüber schreibe, ist es ein Training sozusagen, beim nachsten Mal nicht obendrein panisch auf die Situation zu reagieren.

Meine Erfahrung ist: ES GEHT VORBEI. Ich weiß nicht genau, noch nicht jedenfalls, was genau es ist, aber es geht vorüber. Das macht in mir den Mut aus, die Situation zu ertragen und zu überstehen.

Wenn ich am Thema vorbeigeschrieben habe, zu schräg unterwegs war, entschuldige ich mich im Voraus dafür. Dann bitte ich meine Sichtweise nicht als Auslöser für ärgerliche Reaktionen zu begreifen. Es ist tatsächlich meine schräge Welt, und nicht als eventuelle Provokation zu verstehen. Vielen Dank dafür, an dieser Stelle.

Hier möchte ich freundlich enden. Eine anstrengende Schreiberei, nun werde ich einen Kaffee kochen und geniessen.

Dir Wünsche ich hiermit eine gute Zeit und einen angenehmen Tag.

Liebe Grüße
Christopher
Christopher
Schlosser.
Andere sagen ich sei krank.
Ich sage: Ich bin genau richtig wie ich bin.
Und:
Ich mache das es geht.
Warum?
Weil ich es kann.
Undjetzt
Beiträge: 245
Registriert: 15. Feb 2024, 11:13

Re: Nach Medikation nun Abendtief?

Beitrag von Undjetzt »

Hi Christopher,

deine Schilderungen erscheinen mir keineswegs wirr. Eher erkenne ich dahinter eine Logik, doe auch, in teil abgewandelter Form auf mich zutreffen konnte.
Ich bin derzeit noch sehr oft damit beschäftigt alles verstehen zu wollen. Das steht der Akzeptanz oftmals im Weg. Mit meinem Therapeuten erarbeite ich Stück für Stück einen Umgang mit allem.
Deine Beschreibung hilft mir ein Stück weit zu verstehen, zeigt mir, dass ich keineswegs alleine bin.
Bei mir, so scheint es, ist es der " harte Umgang" mit mir selbst- wie mein Therapeut es beschreibt. Bin ich überfordert, mit einer mir ehemals alltäglichen Situation, so gehe ich hart mit mir ins Gericht- fehlende Akzeptanz für den aktuellen Ist-Zustand , weil ich es mir nicht 100 prozentig erklären kann.

Ich danke dir vielmals. Das war sehr hilfreich. Auch dir wünsche ich alles Gute.
Undjetzt
Beiträge: 245
Registriert: 15. Feb 2024, 11:13

Re: Nach Medikation nun Abendtief?

Beitrag von Undjetzt »

Update, der Tipp von Christopher mit dem Wasser Trinken und Atmen funktioniert recht gut.
Nur gestern wollte es einfach nicht besser werden. Ich stand unter starken innerlichen Druck. Jedes noch so kleine Geräusch, jeder äußerliche Reiz wurde wahrgenommen und hat den Druck verstärkt. Bin dann heim gegangen, habe alle Fenster geschlossen, Augen zu gemacht und tief vor mich hingeatmet. Immer wieder langsam ein und aus. Dabei habe ich mich zu 100 Prozent aif die Atmung konzentriert. Der Druck verschwand lamgsam. Ich konnte im Homeoffice sogar noch ein paar Aufgaben abschließen. War dann gestern recht stolz auf mich. Dass ich am Ende sogar noch etwas geschafft habe.
Mayana
Beiträge: 278
Registriert: 11. Jun 2023, 01:16

Re: Nach Medikation nun Abendtief?

Beitrag von Mayana »

Hallo Undjetzt,
Vielleicht wären Techniken wie Achtsamkeit oder PMR etwas für dich? Gerade in der Achtsamkeit wird auch gerne mit der Atmung gearbeitet.
Du kannst zu Recht stolz sein, das geschafft zu haben.
Undjetzt
Beiträge: 245
Registriert: 15. Feb 2024, 11:13

Re: Nach Medikation nun Abendtief?

Beitrag von Undjetzt »

Hallo Mayana,

mit Achtsamkeit bin ich noch am Beginn. Denke aber auch, dass mir das helfen könnte.
Wobei ich gestern nicht einmal genau sagen kann, was da in meinem Kopf vorging. Es war halt einfach "overload" . Evtl. ist Vollzeit noch etwas zu viel für mich.
Mayana
Beiträge: 278
Registriert: 11. Jun 2023, 01:16

Re: Nach Medikation nun Abendtief?

Beitrag von Mayana »

Hallo Undjetzt,

Ich habe auch oft das Gefühl der Reizüberflutung. Alles zu laut, zu bunt, zu intensiv riechend… in kleinen Mengen ok, aber länger und mein Kopf macht dicht.
Undjetzt
Beiträge: 245
Registriert: 15. Feb 2024, 11:13

Re: Nach Medikation nun Abendtief?

Beitrag von Undjetzt »

Dicht ist der richtige Ausdruck. Es ist wirklich totaler Error.
Es ist aber immer wieder gut, wenn man liest "Das habe / kenne ich auch". Somit Tragen wir die Last nicht mehr ganz allein.
Danke dafür.
Mayana
Beiträge: 278
Registriert: 11. Jun 2023, 01:16

Re: Nach Medikation nun Abendtief?

Beitrag von Mayana »

Genau, komplettes Systemversagen. Früher konnte ich die positiven Seiten davon nutzen - die Farben eines Gemäldes richtig fühlen z.B. Aber das gelingt mir in der Depression leider nicht mehr.
Ja, es ist gut zu wissen, dass man nicht alleine ist!
Antworten