Wie geht es weiter nach der Klinik

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Mariesa
Beiträge: 6
Registriert: 21. Apr 2024, 23:28

Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Mariesa »

Guten Abend,
ich bin ein neues Mitglied in diesem Forum 👋🏼
Letzten Sommer bekam ich die Diagnose schwere Depression. Bis dahin hatte ich angenommen, das ich noch in einer Trauer Phase bin und dadurch nichts mehr hinbekam...
Seit einer Woche bin ich nach einem achtwöchigen Aufenthalt in der Psychiatrie wieder zu Hause. Es war die beste Entscheidung für mich, ich habe viel erreicht und gelernt über diese Krankheit.
Jetzt bin ich krank geschrieben, habe leider noch keinen sicheren Therapieplatz und halte mich mit der ambulanten Versorgung über Wasser.
Ich versuche all das anzuwenden, was ich gelernt habe. Mache das, was mir gut tut und natürlich versuche ich auch, den Haushalt zu bewältigen, ohne große Ansprüche.
Eigentlich klappt alles gut. Aber...
Tatsächlich habe ich Angst, das diese Gefühle der Leere und Bodenlosigkeit wieder kommen. Ich habe Angst abends ins Bett zu gehen und aufzuwachen mit dieser Gefühllosigkeit. Ich habe Angst, diesem Geschehen wieder hilflos ausgeliefert zu sein.Ich habe Angst, vor dem was sein könnte und werde ganz klein...
Es ging mir schon viel viel schlechter, aber ich vertraue mir nicht, vertraue meinem Kopf nicht.
Ich freue mich über Erfahrungen und Ideen von Euch 🙏🏼
Senif
Beiträge: 1182
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Senif »

Hallo Mariesa,

willkommen hier.
Tatsächlich braucht das viel Zeit. Ich musste mir eine gewissen Sicherheit auch erst wieder zurück erkämpfen. Das Vertrauen in meinen Körper und meine Psyche war komplett weg.
Ich versuche noch heute meine innere Mitte zu stärken durch Sport. Ich habe viele Jahre gar nichts gemacht und bin immer schwächer geworden. Und jetzt kann ich wieder aktiv was machen. Weiterhin versuche ich zu erkennen, wann mir Dinge zu viel werden und ich definitiv eine Pause brauche. Das ist immer noch schwierig für mich, weil ich die Grenze meist erst bemerke, wenn ich schon platt bin. Aber früher hab ich sie gar nicht registriert, jetzt kann ich dann zumindest gegensteuern. Achtsamkeit mir und meinem Körper gegenüber.
Früher dachte ich immer, ich bin egoistisch, wenn ich zuerst an mich denke. Heute weiß ich, dass ich mich damit immer runter gemacht habe. Wenn ich genügend Kraft habe, gebe ich gern ab, aber wenn ich merke, ich brauche die Kraft für mich selber, dann investiere ich auch nur in mich ohne schlechtes Gewissen. Ich versuche auf meine Bedürfnisse zu achten.

:hello: LG Senif
Franzi_2
Beiträge: 14
Registriert: 8. Jan 2024, 22:21

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Franzi_2 »

Liebe Mariesa,
es dauert. Ich bin selber gerade in dieser Phase. War letzten Herbst 8 Wochen in der Klinik. Das Vertrauen in dich musst du erst langsam wieder erarbeiten. Es wird Höhen und auch Tiefen geben. In meiner Selbsthilfegruppe wurde auch von ganz tiefen Tiefen berichtet. Lass dich davon nicht entmutigen!
Wir schaffen das! Mit ganz viel Geduld und ganz viel Selbstliebe!
Mariesa
Beiträge: 6
Registriert: 21. Apr 2024, 23:28

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Mariesa »

Vielen Dank für Eure Rückmeldungen. Tatsächlich habe ich das Gefühl, mein Körper und meine Seele wurden auf fast Null gesetzt und ich fange von vorn an. Gestern hatte ich einen anstrengenden Tag, musste zum Arzt, und in die Apotheke. Außerdem habe ich das Badezimmer geputzt und einigen Schriftkram erledigt. Es ging alles so leicht... Und heute- bin ich erledigt. Schlecht geschlafen, ich fühle mich wie ein ausgelutschter Drops. Keine Power, null. Ich muss wohl lernen, mir das einzuteilen. Irgendwie. Bin ein Genie im Organisieren gewesen, vor dem Neustart. Alles ist jetzt anders. Ich sage nicht, alles ist schlecht. Nö. Aber anders. Langsamer. Weniger. Bedächtiger.
Mikado83
Beiträge: 70
Registriert: 30. Mär 2023, 20:13

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Mikado83 »

Hallo Liebe Mariesa,

es ist normal, dass nach einem längeren Klinikaufenthalt erstmal ein tief folgt. man ist nicht mehr unter der Beschützten Glocke, sondern dort wo man funktionieren muss.

ich hatte das auch insbesondere nach meinem ersten Klinikaufenthalt.

versuche das umzusetzen was du gelernt hast.

Bin gerade auch wieder in einem tief. In die Klinik will ich aber noch nicht.
Mariesa
Beiträge: 6
Registriert: 21. Apr 2024, 23:28

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Mariesa »

Vielen Dank für Deine Antwort, trotzdem es Dir schlecht geht @Mikado83. Jedes Wort hilft mir, und ich wünsche auch Dir alles Gute.
Ich war am Wochenende bei meiner Tochter zum Babysitten. Es war schön,aber unheimlich anstrengend. Ich brauchte jeweils ein Mittagsschläfchen.
Heute bin ich so furchtbar kaputt, ich habe das Gefühl mein Körper will gar nix mehr. Das nervt mich sehr.
Morgens war ich zumindest bei einer Therapeutin, ich hoffe dort auf einen Platz. Die Chemie stimmt schon mal. Dann habe ich mir zur Belohnung eine Bluse gekauft, war noch Lebensmittel einkaufen und habe dann ne Stunde geschlafen. Hab mich gefühlt wie nach einem langen Arbeitstag. In der Klinik war das nicht so...
Und ich vermisse meine Freude. Die, die bis in den Bauch geht...
Franzi_2
Beiträge: 14
Registriert: 8. Jan 2024, 22:21

Re: Wie geht es weiter nach der Klinik

Beitrag von Franzi_2 »

Liebe Mariesa,
das mit der Freude bis in den Bauch kann ich sehr nachfühlen. Ich habe in den letzten Tagen in der Klinik so viele Gefühle so intensiv gefühlt und darunter ua diese Freude im ganzen Körper. Ich habe das Gefühl die letzten Jahre so vermisst und auch nach der Klinik ist es wieder weg. Aber manchmal kann ich es ein kleines bisschen wieder erahnen und ich bin froh, dass ich noch fühlen kann und das nicht ganz weg ist. Also irgendwann wird es wieder kommen. Da glaube ich ganz fest dran. (Und dennoch habe ich natürlich schlechte Tage, an denen mich die Hoffnungslosigkeit voll im Griff hat).

Wenn du über deine Aktivitäten schreibst, dann wirkt es, als ob du nicht anerkennen kannst, dass du echt viel leistest.

Thema Babysitten: puh, ganz ehrlich? So ein Baby IST anstrengend! Man denkt vlt, ach das schläft doch meistens oder spielt auf seiner Decke. Aber die ganze Zeit ist man am schauen, ist angespannt, vlt auch, ob man es beruhigen kann, wenn es weint, Interaktion etc. Also wenn meine Tochter nicht in der Kita ist, dann brauch ich auch ohne Depression nen Mittagschlaf 🙈 und ich wünsche dir, dass du so ehrliche Omas kennenlernen darfst, die so ehrlich sind und zugeben, dass es sie auch anstrengt.

Therapeutengespräch inkl schon wieder seine Geschichte erzählen, auf sein Bauchgefühl wegen der Chemie achten, spontan, Fragen beantworten, Kleidung kaufen, durch die Regale laufen, Reizüberflutung, entscheiden was einem gefällt, ausziehen, anziehen, entscheiden, ob einem das Geld für die Bluse jetzt wert ist, Lebensmittel einkaufen, völlige Reizüberflutung, andere Menschen, Musik im Hintergrund, vlt noch Düfte, den Kopf benutzen, um die richtigen Sachen einzukaufen, entscheiden, ob diese oder jene Marke in den Wagen kommt, mit Karte oder bar zahlen, Rückgeld zählen, die Sachen so verstauen, dass man sie transportieren kann, irgendwie mit den Einkäufen nach Hause kommen.
Puh also nach einem Kindertag dann dein Pensum würde mir auch zu schaffen machen. Du darfst jede einzelne Aktivität und deren individuelle Anstrengung anerkennen.
Akzeptiere, dass es gerade so ist und erkenne an, dass du dennoch viel geschafft hast.

Ein Satz hat mir bei der Akzeptanz sehr geholfen (also nicht, dass ich durch den Prozess schon durch wäre, aber er hilft mir immer wieder von Neuem):
Von deinen alten 120 % sind aktuell nur 30 % deiner neuen 100 % übrig.
Ich hoffe, du verstehst, wie es gemeint ist.

Ganz liebe Grüße und nimm dir die Auszeiten und Mittagsschläfchen ohne schlechtes Gewissen. DU darfst für DICH sorgen. Selbstfürsorge ist keine Faulheit!
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