wohin geht die Reise

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Lore
Beiträge: 101
Registriert: 17. Apr 2023, 20:20

wohin geht die Reise

Beitrag von Lore »

Moin zusammen
seit gut einer Woche bin ich nach meinem Rehaaufenthalt wieder zu Hause. Ich musste die Reha allerdings abbrechen, weil ich akut belastet war und landete nach einer wahren Odyssee schließlich auf einer Akut-Station für drei Wochen. Diese war längst nicht so schlimm wie die Psychiatrie in meinem Wohnort und dennoch gab es viele Einschränkungen.
Nun kam der Bericht der Reha und es ist so gekommen, wie ich es befürchtet habe:
-die Einschätzung ist so, dass ich nicht mehr arbeiten kann. Für 0-3 Stunden noch einsatzfähig , d.h. aber im Grunde, für nichts mehr zu gebrauchen
Ich sehe meinen Beruf aber mehr als nur Beruf, es ist eine Berufung und meine Lebensenergie geht vollends darin auf. Und jetzt kommen die großen
Fragen:
- was gibt meinem Leben noch einen Sinn?
- kann ich mir mein Leben noch leisten?
- wie kann ich damit umgehen, dass ich das, wodurch ich mich definiert habe, nicht mehr tun kann?
Es sind noch so viele Fragen und Unsicherheiten, ich bin sehr verzweifelt
Lore
Mayana
Beiträge: 265
Registriert: 11. Jun 2023, 01:16

Re: wohin geht die Reise

Beitrag von Mayana »

Hallo lore,
Das sind ja wirklich unschöne Dinge. Ich weiß nicht, wie es bei dir vor der Reha aussah, ob du arbeiten gegangen bist und wenn ja, wie viele Stunden. Aber grundsätzlich heißt deren Einschätzung ja nicht, dass du garnicht mehr arbeiten darfst, wenn du das möchtest kannst du es in einem gewissen Umfang auch tun. Wichtig ist dabei, die eigenen (Belastungs-)Grenzen zu kennen. Und es wäre klug, wie du es ja auch schon sagst, nicht die eigene Sinngebung vollständig in die Waagschale Arbeit zu werfen. Wie sieht es da aus, Stichpunkt Therapie?
Senif
Beiträge: 1147
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: wohin geht die Reise

Beitrag von Senif »

Hallo Lore,

also wirst du frühberentet. Damit lässt sich nicht üppig, aber leben ohne Druck. Was bei mir zu einer Verbesserung geführt hat.
- was gibt meinem Leben noch einen Sinn?
Das gilt es heraus zu finden. Wie wäre es, wenn allein das Gefühl der Freude, schon der Sinn des Lebens wäre ? Also fern ab von Arbeit und Verpflichtung ? Was machst du denn sonst noch so gerne ? Ich habe übrigens sehr viel ausprobiert, bis ich was für mich fand. Hat ne Weile gedauert, hat sich aber gelohnt.
kann ich mir mein Leben noch leisten?
Das Minimum wäre Bürgergeld-Niveau. Es etwas besser dann, Wohngeldniveau. Ich habe sehr lang im Hartz4 verbracht, und habe am Ende einen Weg gefunden, trotzdem an Kultur z.B. teilzunehmen. Bei uns gibt es die Kulturloge (gibt es in einigen dt. Städten), die ab und an Freikarten vergibt, dann auch in doppelter Ausführung. Ich war bei der Tafel, damit konnte ich auch noch etwas einsparen. Und ich war in einem Gemeinschaftsgarten, den es jetzt auch immer öfter in Städten gibt. Und bei der Gartenarbeit hat man auch das Gefühl etwas sinnvolles zu machen. (leider schaff ich das jetzt zeitlich nicht mehr).
Du könntest auch was ehrenamtliches machen. Oder einen Minijob, da kommt dann auch noch was in die Kasse. Ich hatte bis vor kurzem eine 8h Woche neben der Rente.
Es gibt da schon noch einige Möglichkeiten zum Ausprobieren, abhängig von deinen Interessen (die auch gegossen werden wollen wie zarte kleine Pflänzchen :) )
wie kann ich damit umgehen, dass ich das, wodurch ich mich definiert habe, nicht mehr tun kann?
Das erste ist die Akzeptanz dessen, was ist. Dann die Bewertung ändern. Du bist auch was wert, wenn du nichts arbeitstechnisches leistest. Und es gibt so viele Möglichkeiten. Diese entdecken und sich was neues aufbauen. Nenn es von mir aus persönliche Arbeit. Ein Investment in dich selbst Lerne zu genießen :)

LG Senif :hello:
Katerle
Beiträge: 11225
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: wohin geht die Reise

Beitrag von Katerle »

Hallo Lore,

ja das ist nicht so einfach, frühberentet zu werden und damit umzugehen. Vor allem wenn du vorher noch berufstätig warst und deinen Job auch sehr gerne gemacht hattest. Es braucht Zeit, die Situation so anzunehmen, wie sie ist. Erst dann lernst du zu akzeptieren.
Eine Bekannte von mir machte ne Therapie und auch weitere Therapien folgten, weil sie auch enorme Schwierigkeiten mit ihrem Umfeld hatte (nicht mit allen), sie mit der Situation überhaupt nicht umgehen konnten.
Auch wenn du nicht mehr berufstätig bist, bleibst du ein wertvoller Mensch. Meiner Bekannten wurde empfohlen, ehrenamtlich was zu machen, für so drei Stunden in der Woche. Auch das war nicht einfach für die Betroffene, doch sie erkannte auch, dass sie nicht mehr so belastbar war wie früher und lernte, ihre Grenzen zu akzeptieren. (Mit Hilfe von Therapien und Klinikaufenthalten).
Später begab sie sich in eine Sportgruppe ne gewisse Zeit und als sie dann nicht mehr dort war, ging sie in eine andere Gruppe. Später übernahm sie eine kleine Aufgabe in einer anderen Einrichtung und betreute junge Leute mit kreativ, was ihr auch sehr viel gab.
Zum Schluss leitete sie sogar vorrübergehend eine Gruppe, was ihr ebenfalls Freude machte.
Was sie auch lernte, für sich was Gutes zu tun, denn das war vor ihrer Erkrankung völlig abhanden gekommen. Heute freut sie sich auch über ihre Kinder und Enkel, wenn sie zusammen sind. Du siehst also, es geht immer weiter. Sie achtet auf die Balance zwischen Aktivität und Entspannung, indem sie auf ihre Grenzen achtet.

Alles Gute für dich und viel Kraft weiterhin bei deinem Weg,

LG Katerle
Lore
Beiträge: 101
Registriert: 17. Apr 2023, 20:20

Re: wohin geht die Reise

Beitrag von Lore »

Vielen Dank-
ja, es mag wohl irgendwie weiter gehen, aber ich bin unendlich traurig.
In der Reha habe ich sehr deutlich gespürt, dass meine Grenzen jetzt viel enger gesteckt sind als noch vor ein Jahren.-

Mein Verstand hat es begriffen- aber meine Seele hinkt hinterher. Ich glaube es braucht noch Zeit, gleichzeitig kommen aber auch Ängste auf:
- reicht die Rente für das tägliche Leben
.muss ich mir eine kleinere und günstigere Wohnung suchen.
- ich habe sehr viele Kontakte, aber fast nur beruflich

usw..
SonneundDunkenheit
Beiträge: 694
Registriert: 25. Jul 2021, 09:24

Re: wohin geht die Reise

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Liebe Lore,
zunächst muss die DRV ja der gleichen Meinung sein wie die Reha-Einrichtung bezüglich einer EMR.
Ich weiß nicht wie alt du bist, aber häufig wird zunächst befristet bewilligt.
Wie hoch deine Rente im Fall der Fälle ist, kannst du in etwa der letzten Renteninformation entnehmen.
Ich kann dich gut verstehen, habe auch mit Leib und Seele gearbeitet. Obwohl ich nun fast 4 Jahre zuhause bin, ist der Kontakt zu den Kollegen die mir am Herz liegen nicht abgebrochen, aber selten geworden. Ich habe mir über eine SHG neue Kontakte gesucht. Vielleicht ist das für dich auch eine Möglichkeit.
Auch jetzt hängt meine Seele dem Verstand hinterher, aber die Vernunft sagt eindeutig es geht nicht mehr. Meine Arbeitsleistung ist zu gering, um Geld zu verdienen. Ich bin sehr dankbar, dass es so etwas wie EMR gibt.
Wenn es dir gesundheitlich wieder besser geht, bleibt ja auch die Möglichkeit ehrenamtlich selbstwirksam zu werden.
Mir helfen meine Therapeutin, aber auch meine Familie und Freunde die Situation zu akzeptieren und auch die positiven Seiten der Verberentung zu sehen. Ich kann früh liegen bleiben, alles in meinem Tempo erledigen...
Ich wünsche dir alles Gute!
Katerle
Beiträge: 11225
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: wohin geht die Reise

Beitrag von Katerle »

Ja liebe Lore, dass braucht wirklich alles seine Zeit. Kann deine Ängste nachvollziehen. Ich hatte damals auch nur berufliche Kontakte, die dann mit der Zeit auch weniger wurden. Ein paar Kontakte hatte ich noch und auch wieder neue hinzugewonnen.
Und selbst ne kleinere Wohnung kann auch sehr schön sein. Eins nach dem anderen.

Liebe Grüße
Katerle
Lore
Beiträge: 101
Registriert: 17. Apr 2023, 20:20

Re: wohin geht die Reise

Beitrag von Lore »

Herausfinden, was ich sonst noch mag, es ist so schwer!! Jetzt, in der Karwoche, hätte ich eigentlich einen Höhepunkt in meinem Arbeitsjahr - und nun tut es mir nur weh, an den Dingen teilzunehmen und nur noch "Zuschauerin" zu sein.
Ich möchte aber nicht wegbleiben, denn dann fällt nochmal ein wichtiger Teil meines Lebens weg.
Mir ist nicht wie Ostern zumute- eher Karfreitag
Lore
Suchende2
Beiträge: 1207
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: wohin geht die Reise

Beitrag von Suchende2 »

Hallo Lore,

ich habe auch eine zeitlich befristete EMR.
Ich bin sehr froh, diese zu haben. Sie schenkt mir die Zeit, meine Leistungsfähigkeit in meinem Tempo zu steigern. Sie schenkt mir die Zeit, den richtigen Arbeitsplatz zu finden.

Auch ich habe immer gerne gearbeitet. Und ich kenne das Tief, anzuerkennen, daß es nicht so geht, wie ich es von mir erwarte und leben möchte.
Meine Kontakte habe ich allerdings wenig über die Arbeit.

Ich wünsche Dir, daß auch Du für Dich, wenn Du es verdaut hast, die Möglichkeiten siehst, die Dir geschenkt werden.
Du darfst Dich in Deinem Tempo ausprobieren.
Und wenn Du feststellst, daß Du wieder belastbar bist, darfst Du die Verrentung auch wieder beenden. Du mußt nicht die gesamte genehmigte Zeit nehmen, aber Du darfst.

Es ist in Ordnung, daß sich für Dich die Ostertage wie Karfreitag anfühlen.
Ich wünsche Dir, daß Du in Zukunft wieder Ostern anders feiern kannst, ein Neuanfang, eine Lebenswende.

Alles Gute,
Suchende
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