Antidepressiva wirken nicht (im Gegenteil) – Eure Erfahrung

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Hans-Juergen
Beiträge: 8
Registriert: 18. Jan 2024, 10:11

Antidepressiva wirken nicht (im Gegenteil) – Eure Erfahrung

Beitrag von Hans-Juergen »

Hallo Zusammen,

da ich langsam an mir selbst zweifel, wollte ich auf diesem Wege ein paar andere Erfahrungen hören. Ist es so außergewöhnlich, dass ADs nicht wirken?

Die Depression begleitet mich schon seit ca. 15 Jahren und seit ca. 1,5 Jahren habe ich eine sehr schwere Episode.

Insgesamt habe ich über einen Zeitraum von ca. 2,5 Jahren ADs genommen (insgesamt 8 + Quetiapin – 3 davon musste ich wegen den Nebenwirkungen vorzeitig absetzen). Alle ohne positive Wirkung. Im Gegenteil, mit den Medikamenten ging es mir noch schlechter.

Wenn man Berichte über das Thema liest, dann ist es anscheinend nicht so ungewöhnlich:
https://www.quarks.de/gesellschaft/psyc ... h-wirksam/

Allerdings beruht diese Erkenntnis auf Studien und Ärzte haben in der Praxis anscheinend andere (bessere) Erfahrungen gemacht.

Zum Thema positive Erfahrung gibt es hier wohl genügend Threads, aber wie schaut es mit komplett gegenteiligen Erfahrungen aus?

Bevor jemand etwas falsch verstehen sollte: Mir geht es nicht darum ADs zu kritisieren.
mr_fresh
Beiträge: 90
Registriert: 23. Aug 2021, 15:04

Re: Antidepressiva wirken nicht (im Gegenteil) – Eure Erfahrung

Beitrag von mr_fresh »

Hallo Hans-Jürgen,

ich habe fast zwei Jahre gebraucht, bis ich das richtige AD hatte - die Zeit bis dahin war die Hölle. Meine Liste (in Reihenfolge der Versuche):
- Opipramol (kein wirkliches AD, hat anfangs gut funktioniert, dann nicht mehr)
- Mirtazapin (hat theoretisch funktioniert, aber ich war quasi nicht mehr arbeitsfähig und habe zugenommen)
- Sertralin (hat nichts gebracht, nach Dosiserhöhung Verschlimmerung)
- Citalopram mit Quetiapin (wie bei Sertralin, Gewichtszunahme)
- Doxepin (hat nicht gewirkt)
- Agomelatin (hat nicht gewirkt)
- Johanniskraut (hat nicht gewirkt)
- nochmal Citalopram (hat nicht gewirkt)
- Bupropion (hat nicht gewirkt, nur aggressiv gemacht)
- Tianeptin (hat nicht gewirkt)
- NN (ich weiß den Namen nicht mehr, ich habe es wegen der angekündigten Nebenwirkungen erst gar nicht genommen)

Dann aus Verzweiflung gar nichts mehr genommen, mit Rosenwurz, Ginseng etc. experimentier = keine Wirkung, dann rapide Verschlimmerung.

Ich habe dann zuletzt einen letzten Versuch gestartet (ich dachte, wenn das nicht hilft, dann habe ich keinen Bock mehr): Fluoxetin - bäm! Seitdem geht es mir wirklich gut. Zur Nacht nehme ich noch Trazodon (50mg) und wenige Tropfen Promethazin zum Schlafen.

Also: Nicht aufgeben! Auch wenn es nervt: weiter machen. Ggf. mit Arzt/Ärztin über Augmentation, Lithium oder Ketamin sprechen!

Alles Gute!
Bauchtänzer
Beiträge: 391
Registriert: 13. Jul 2019, 20:38

Re: Antidepressiva wirken nicht (im Gegenteil) – Eure Erfahrung

Beitrag von Bauchtänzer »

"... quarks.de ... " Interessanter, gut verständlicher Link.

Bei mir hat vor langen Jahren gleich das 1. SSRI, Citalopram, hinreichend gut angeschlagen. Bin vor 2 Jahren auf 75 mg Venlafaxin gewechselt, da ich u.a. antriebsloser wurde.

Wie hat denn sich denn bei dir Psychotherapie ausgewirkt? Wie lange hattest du? Welche Art?

Grüsse,
Bauchtänzer
Mayana
Beiträge: 272
Registriert: 11. Jun 2023, 01:16

Re: Antidepressiva wirken nicht (im Gegenteil) – Eure Erfahrung

Beitrag von Mayana »

Hallo Hans-Jürgen,

Bei mir schlagen auch fast keine AD an. Mit Depression zu tun habe ich schon mehr als 20 Jahre, meine jetzige Episode habe ich seit etwas mehr als zwei Jahren, in fachärztlicher Behandlung bin ich seit ca. acht Jahren.
Ich hatte bei den meisten AD keine Wirkung, aber als dann doch einmal eins angeschlagen hat, war direkt alles etwas einfacher zu ertragen und zu managen. Das habe ich auch trotz Nebenwirkung der Gewichtszunahme weiter genommen.
Hans-Juergen
Beiträge: 8
Registriert: 18. Jan 2024, 10:11

Re: Antidepressiva wirken nicht (im Gegenteil) – Eure Erfahrung

Beitrag von Hans-Juergen »

Vielen Dank für Eure Rückmeldungen!

Wenn es nur ums Ausprobieren gehen würde, also mit erträglichen Nebenwirkungen, wäre es für mich ja nicht so schlimm. Nebenwirkungen wie Verstopfungen, trockener Mund, Gewichtszunahme oder Libidoverlust würde ich schon gar nicht mehr erwähnen. Bei mir sind es Nebenwirkungen wie absolute Trägheit, sehr starkes Schlafbedürfnis, den ganzen Tag neben der Spur sein, Herzklopfen und noch stärkere Angstgefühle. Das sind Dinge, unter denen ich aufgrund meiner Depression sowieso schon leide, aber durch die Medikamente verstärkt werden. Hinzu kommen die „Kollateralschäden“, die diese Verschlechterungen mit sich bringen. Man bewegt sich quasi in einer Abwärtsspirale.

Psychotherapie und Klinikaufenthalte haben mir geholfen. Auch die Maßnahmen, die man dort beigebracht bekommt. Bergab ging es immer, sobald es mit den Medikamenten los ging.

Aktuell habe ich seit einem Jahr Verhaltenstherapie und im letzten Jahr zwei Klinikaufenthalte.

Aus der Erinnerung heraus hatte ich folgende Medikamente (alle ohne positive Wirkung):
- Opipramol (weder Wirkung noch Nebenwirkungen)
- Cipralex (hatte mich extrem müde und träge gemacht, starke Gewichtszunahme)
- Eine trizyklisches AD (Namen vergessen) – Wirkung wie Cipralex
- Venlafaxin (absolute Trägheit und starke Gewichtszunahme)
- Paroxetin-Hormosan (wegen Unverträglichkeit vorzeitig abgesetzt)
- Bupropion (nach einer Woche starke Angstattacke, deshalb abgesetzt)
- Quetiapin (Wirkung wie K.-o.-Tropfen und ich wurde immer Antriebs- und Kraftloser)
- Sertralin (wegen Unverträglichkeit vorzeitig abgesetzt)
- Amineurin. Das schlimmste überhaupt für mich (Herzklopfen, nur geschlafen und gelegen, starkes Angstgefühl und den ganzen Tag benommen).

Liebe Grüße
Hans-Jürgen
Bittermandel
Beiträge: 2281
Registriert: 10. Apr 2021, 09:32

Re: Antidepressiva wirken nicht (im Gegenteil) – Eure Erfahrung

Beitrag von Bittermandel »

Hallo Hans-Jürgen

Leider ist es oft schwierig das passende AD zu finden. Ich habe gute Erfahrungen mit Fluoxetin, Venlafaxin und Duloxetin gemacht. Ich nehme Duloxetin und habe keine Nebenwirkungen. Vielleicht einfach weiter probieren und nicht aufgeben.

Liebe Grüße Bittermandel
BadewanneVollGeld
Beiträge: 86
Registriert: 7. Okt 2015, 11:34

Re: Antidepressiva wirken nicht (im Gegenteil) – Eure Erfahrung

Beitrag von BadewanneVollGeld »

Hallo Hans-Jürgen,

ich kann mich den anderen anschließen, bei mir hat es auch einige Jahre gedauert bis ich mal ein Medikament gefunden habe, das bei mir gewirkt hat. Bei mir war es Amisulprid, das war von der Wirkung her echt super, leider war die Nebenwirkung inakzeptabel. Ich habe glücklichweise später noch ein anderes gefunden, das bei mir wirkt (Moclobemid, allerdings nicht stimmungsaufhellend sondern "nur" antriebssteigernd).
Die meisten ADs, die ich ausprobiert habe, hatten kaum Wirkung, aber schnell starke Nebenwirkungen wenn ich versucht habe die Dosis zu erhöhen. Manche hatten auch einfach gar keine Wirkung.
Eines musste ich nach nur einer Woche wieder absetzen, weil ich nicht mehr für mein Leben garantieren konnte. Vielleicht hätte es geholfen, wenn ich es weiter genommen hätte, aber das war mir zu riskant.
Manchmal habe ich auch erst sehr spät erkannt, dass die Wirkung fehlt. Immer wenn ich in eine Klinik kam, wurde mein Medikament geändert und wenn ich dann entlassen wurde, dachte ich oft es wäre das neue Medikament, das mir half. In Wirklichkeit waren es aber die Therapien in der Klinik und erst wenn es mir nach ein paar Monaten wieder schlechter ging, wurde mir das klar.

Ich kann deine Frustration gut verstehen. Es ist sooo schade, dass nicht alle Medikamente bei allen Leuten funktionieren. So muss jeder selbst (zum Teil jahrelang) rumprobieren, ohne überhaupt zu wissen, ob man irgendwann auf ein passendes Medikament stößt... Es gibt da ja keine Garantie.

Es freut mich aber zu hören, dass du wenigstens andere Dinge gefunden hast, die dir helfen (Therapie, Klinik).

Liebe Grüße
BvG
manu61
Beiträge: 4
Registriert: 6. Feb 2024, 16:48

Re: Antidepressiva wirken nicht (im Gegenteil) – Eure Erfahrung

Beitrag von manu61 »

hallo auch ich leide ganz plötzlich an schweren Depressionen.hatte vor 25 jahren schon mal welche und da hat mir Mirtazapin (damals noch remergil genannt) sehr geholfen.Aber erst nach einem Klinikauffenthalt und Therapie ging es mir super.danach 20 jahre selbständig gewesen.dann in den letzten 5Jahren ein Schiksallsschlag nach dem anderen gehabt.Die ganzen Jahre davor Mirtazapin15mg als Vorsorge mit Unterbrechung genommen.Alles gut.jetzt ist mein LEBEN KOMMPLETT im dez23 aus den Fugen geraten.Habe dann am4.1 Mirtazapin 30mg nehmen müssen und es wurde immer schlimmer statt besser zu guter Letzt Promethazin 25mg 3x Täglich.wegen Nervenzusammenbruch,hat am ersten Tag auch geholfen.Dann wurde es Tag für Tag schlimmer.nehme es jetzt 5 tage und heute morgen bin ich sooo agresiv und unruhig gewesen,das ich mich schon in eine Nervenklinik einweisen wollt Puls bei 100 .gottseidank Blutdruck einigermaßen. Solche Gefühle hatte ich noch nie.Jetzt über Tag weggelassen zack waren die Gefühle weg. Klar bin ich noch innerlich unruhig aber das versuche ich mit Baldrian hinzukriegen. Warum schreibe ich das Alles?? Ich glaube,wenn ich zu viele Medikamente nehme und auch noch hochdosieren soll geht es mir wesentlich schlechter. Mal ganz zuschweigen von den massiven Schlafstörungen.Sicher braucht ein Medikament Zeit um zu wirken.Doch jezt ist es 15.00 und es geht mir viel besser als gestern um diese Zeit.Ich nehme die Beruhigungspillen nicht mehr und werde Mirta auf 22,5 setzen.also schlechter als heute morgen kanns nicht mehr werden.Und werde nach anderen Heilmittel ausschau halten.Ich wünsche uns allen eine baldige Genesung,denn für mich ist jeder Tag ein Kampf
manu61
Beiträge: 4
Registriert: 6. Feb 2024, 16:48

Re: Antidepressiva wirken nicht (im Gegenteil) – Eure Erfahrung

Beitrag von manu61 »

Was ich noch dazufügen möchte das die Beruhigungspillen die ersten 3tage ein büschen gewirkt haben aber ich war soooo emphatielos und abgestumpf.Hätte gerne mal geweint um Gefühle rauszulassen,aber ging gaaarnicht.Denn jeder der mich als soo lebenslustig,fröhlich und emphatisch kennt,wäre geschockt mich soo zu sehen,selbst mein kleines Patenkind,das mein Herz immer geöffnet hat wollte ich nicht mehr sehen.DEPRESSION ist sooo teuflisch
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