Tiefes Tal und Teufelskreis

Herd04
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Herd04 »

Liebe Katerle und liebe "alle",

nun ist schon ein Monat seit vergangen, seitdem du mir geschrieben hattest, liebe Katerle. Ich hoffe, du nimmst mir meine ziemlich späte Reaktion nicht übel. Aber so, wie ich dich hier kennengelernt habe, machst du das bestimmt nicht.

Ich möchte dir und natürlich allen, die bisher gedanklich an meiner Seite waren, ein Update geben.

Seit 2 Wochen bekommt mein Mann eine Krebstherapie, dir darin besteht, dass er aller 2 Wochen eine Infusion mit Antikörpern bekommt und täglich 8 Tabletten eines relativ neuen Medikamentts einnehmen muss. Das ist keine Chemotherapie.
Wie schon vom behandelnden Onkologen "angekündigt", reagiert mein Mann mit einem starken Ausschlag, den er aber tapfer erträgt.

An meiner Situation hat sich nichts geändert. Ich funktioniere ...und meine Gefühle schwanken zwischen Hoffnung und großer Angst.
Hoffnungsvoll stimmt mich , dass mein Mann zielstrebig den Umbau der ehemaligen Wohnung meiner Mutter in unserem Haus plant und organisiert. Ich hatte erst große Zweifel, ob es gut ist, dieses Vorhaben jetzt in Angriff zu nehmen. Geplant war es ja schon seit langem. Ich habe immer wieder gezögert , weil ich ja meine Belastungsgrenze kenne. Nach Gesprächen mit dem Arzt und einer Psychoonkologin , vor allem aber mit unseren Kindern
glaube ich jetzt, dass wir es angehen sollten.
Für meinen Mann ist es eine große Motivation. .
Egal, was passiert, ich möchte mal in unserem Haus, das ja mein Elternhaus ist, wohnen bleiben. Für mich verbessert sich die Wohnqualitöt auf alle Fälle. Bisher haben wir in unserem Haus zwei verschiedene Heizsysteme. Dass die auf eins umgestellt werden, ist für mich auch ganz wichtig.

Angst habe ich aber vor dem ganzen "Drumherum". Dafür brauche ich wirklich die Unterstützung von den Kindern und von Freunden.

Sehr belastend ist es für mich, dass mein Mann mit mir gar nicht über seine Krankheit sprechen will. Habe ich auch anderweitig Bedenken, wimmelt er diese auch ab . Eigentlich sollte ich am besten immer gutgelaunt sein .
Das kann ich aber kaum. Insofern ist es immer noch von Vorteil, dass ich mich zurückziehen kann.
Wenn dann gebaut wird, wird es schwieriger. Da wir aber "nur" aus zwei kleineren einen größeren Raum machen und die Küche etwas verändern werden, dauert die Bauphase vermutlich nicht so lange.

Nach wie vor frage ich mich sehr oft, woher ich noch Kraft nehmen soll. Aber irgendwie geht' s immer weiter.

Wie ich schon geschrieben habe, hatte ich ein Gespräch mit einer Psychoonkologin . Das tat schon mal gut. Sie empfahl mir aber, doch wieder meine Therapeutin um Gespräche zu bitten .Die wollte ich auf keinen Fall übergehen. Aber ich hatte gedacht, dass es speziell in der Psychoonkologie neue Ansätze gibt.

Ich habe jetzt nur von mir und meinen Problemen erzählt. Aber natürlich hoffe ich, dass ihr alle nicht allzuviel Sorgen habt.

Ich vermisse hier im Forum immer noch Brigitte und Anna sehr.

Liebe Grüße, Edda
Maxegon
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Maxegon »

Hallo Edda,

ich glaube, wenn dein Mann eine Aufgabe, ein Ziel hat und merkt, dass er auch ernst genommen wird, ist das, wenn nicht die beste, aber doch eine sehr gute Medizin.

Egal, wie krank man ist, "darf" man am Leben teilhaben, wird eingebunden, stärkt das nicht nur die Lebensfreude, sondern auch die Psyche und auch das Immunsystem.

Die meisten alten und/bzw. kranken Leute versauern (!) doch erst so richtig, wenn sie kein Ziel oder keine Aufgabe mehr haben und die Frage nach dem "Warum" unbeantwortet bleibt.

Bei meiner Mama (Krebspatientin) war das auch so, immer wenn es noch etwas zu werkel gab oder sich einmischen konnte, ihre Meinung gefragt war, bühte sie auf.
Man sah förmlich, dass es ihr gut ging, zumindest besser.
Erst als sie nichts mehr zu tun hatte, sie nicht mehr gefragt war, gings rapide bergab mit ihr - der Krebs streute und wucherte, da half auch keine Chemo.

Ich wage sogar zu behaupten, je mehr und heftigere Medikamente sie bekam, desto mehr schwächte es sie - der Krebs wurde zwar verzögert, doch die Mama wurde langsam ... wie soll ich's sagen ... immer wirrer, unzufriedener, motivationsloser bis hin zu teilnahmslos, desinterssiert, welches mit Sichheit ihren Gesundheitszustand = Gemütszustand wesentlich bestimmte.

Diese Beobachtung machte mir (!) große Angst!

Oft unterschätzen wir, wie wichtig es ist, ein Teil der Gesellschaft/Familie zu sein und akzeptiert zu werden, eingebunden zu sein/ werden.

Auch mir ging damals die "kränkelnde" Mama sehr oft auf den Keks, es überforderte mich, nervte mich ... alles wurde mir oft zu viel und ich musste mich arg zusammenreißen, mich förmlich zwingen.


Ja, ich weiß, ein unschönes Thema, was jeder gern verdrängt, gerade wenn ...

Edda, ich find's toll, wie du dich um deinen Gatten kümmerst.
Gib' was du geben kannst und vergiss' dich dabei nicht!
:hello:
Katerle
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Katerle »

Guten abend liebe Edda,

nein, mach dir keine Gedanken, das ist schon ok, erst jetzt zu antworten, zumal es mir ja auch nicht so gut ging. Und kann mich da Maxegon nur anschließen, was er geschrieben hatte an dich.

Dankefür dein Update. Halte es auch für positiv, dass dein Mann trotz seiner Krebstherapie motiviert ist mit eurem Vorhaben. Und kann auch deine Befindlichkeit weiter nachvollziehen.

Trotzdem Ziele zu haben, wenn es einem nicht gut geht, ist eine riesen Herausforderung.

Und du bist auch weiterhin für deinen Mann da, so wie es dir geht und vergiss dich auch dabei nicht.

Lieber Maxegon, das mit deiner Mutter tut mir sehr leid... und auch verständlich, dass es dir dabei auch nicht so gut ging damit.

Meine Schwester hatte auch Brustkrebs und ich versuchte weiter für sie da zu sein, sie zu unterstützen und auch nur so, wie es auch meine Kräfte weiter zuließen. Bald hat sie ihren runden Geburtstag und wir wollen uns einen schönen Tag machen, wünscht sie sich.

Seid ganz lieb gegrüßt von mir und umarmt,
Katerle
Herd04
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Herd04 »

Hallo Maxegon und Katerle,

ich hoffe, dass mir das Internet heute Vesper gesonnen ist als gestern . Gleich zweimal waren meine Texte weg, was mich sehr frustrierte.
Heute versuche ich es von Neuem, und das nach einem sehr ereignisreichen Tag. Eine meiner Töchter war gekommen. Wir wollten nur mal nach Möbeln schauen.
Mit meinem Mann hatte es schon früh einen heftigen Streit gegeben. Ich war nicht unschuldig daran. Leider kann mein Mann auch jetzt noch so einen Streit aussitzen. Das jetzt ausführlich zu schreiben, würde den Rahmen sprengen. Auf alle Fälle wollte er den ganzen Umvbu abblasen. Das hat mir batürlich sehr zu schaffen gemacht. Naxegon, du hast recht, der geplante Umbau ist besser als jede Medizin.
Auf seinen bissigen Komnentar, wieso ich denn nach Möbeln schauen will,:wenn mir ohnehin alles zu viel ist und er sowieso nicht baut , habe ich geantwortet, dass es mir egal ist, ob er mitbaut oder nicht und dass ich zwar oft weine, aber trotzdem stark bin. Ich werde mich auf alle Fälle um den Umbau kümmern und dann eben nach Möbeln schauen, die nur mir gefallen.

Gegenwind in der Art war mein Mann nicht gewohnt. Er hielt mir die Hand zur Versöhnung hin und hat sich dann sogar zum Mirkomnen entschlossen.

Maxegon, was du über den Umgang mit deiner Mutter geschrieben hast, beruhigt mich schon. Der Kranke/ die Kranke darf einem schon mal auf den Keks gehen ,und man darf auch mal genervt sein.
Aber trotzdem vergesse ich auch nicht, dass es wichtig ist, für den Partner, die Mutter, die Schwester da zu sein, so gut es geht. Dass das für dich , liebe Katerle, immer eine Selbstverständlichkeit ist, weiß ich ja.

Ich versuche auch, mich selbst nicht ganz aus den Augen zu verlieren. Gestern zum Beispiel hatte die Tochter, die in der Nähe wohnt, für Abwechslung für mich gesorgt. Ich habe meine 6-jährige Enkeltochter und ihre Freundin zum Traiining in der Rhythmischen Sportgymnastik gefahren und durfte dabei zuschauen. Ich fand die Auszeit richtig schön.

Richtig schön wäre es , wenn ich bei allem entspannter sein könnte. Das klappt aber nie so richtig.

Ich wünsche euch einen schönen Sonntag.

LG, Edda
Katerle
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Katerle »

Nun liebe Edda, Streit kommt halt auch manchmal vor. Wir sind uns auch nicht immer einig. Aber positiv, dass du auch deinen Standpunkt klargemacht hattest.

Und positiv ist auch, dass du dich nicht aus den Augen verlierst. Achte auch auf mich, nur bin ich auch nicht so entspannt dabei, wie ich es mir eigentlich wünsche, wegen der A...

Einen schönen Sonntagabend noch und liebe Grüße
Katerle
Herd04
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Herd04 »

Liebe Katerle,

diir geht es also auch wir mir und wie sicher vielen anderen hier.Selbstfürsorge und Entspannung zur gleichen Zeit funktionieren (meistens) nicht.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich fast jeden Tag auf mein Bett abends freue. Ich schlafe auch relativ gut.
Aber jeden Abend und vor allem morgens beim Aufwachen fühle ich mich sehr einsam. Ich weiß, dass es viele Paare gibt, die aus den verschiedensten Gründen getrennt schlafen. Wir wollten und hatten es nicht so Leider habe ich immer mal wieder von meiner schlimmen ersten Ehe geträumt. Bin ich dann aufgewacht, fühlte ich mich gleich wieder sicher, denn mein Mann lag ja jeben mir.
Das fehlt mir so. Ob es wieder so sein kann? Ich weiß es nicht.

Sehr zu schaffen machen mir meine Ängste. Mit denen habe ich ja ohnehin oft zu tun. Jetzt steht bei meinem Mann die Auswertung des Schädel - MRTs in der Neurochirurgie an. Dass es eine Stelle gibt, die nicht so gut aussieht, beunruhigt mich sehr. Wir wissen davon, weil mein Mann den Befund dem Onkologen gezeigt hat. Der sagte aber , dass die Neurochirurgen die bessere Einschätzung abgeben können, weil sie ja den Gesantverlauf nach der Schädel-OP im Blick haben.
Wir können nur abwarten.

LG, Edda
Maxegon
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Maxegon »

Hallo Edda,

es ist bestimmt sehr schwer, diesen Spagat hinzubekommen, zwischen für den anderen dasein, sich sorgen und sich selbst entspannen ... sich auch mal völlig 'rauszunehmen aus der ganzen Situation und nur etwas für sich zu tun, abschalten ... sich etwas Gutes tun.
Schwingt doch immer, im Hinterkopf, die Sorge mit, an die kranke Person.

Angst machte mir immer - was ist wenn ...?
Was mache ich, wenn es dann richtig bergab geht?
Selbst wenn ich diesen Gedanken immer verdrängen wollte, gelang es mir nie!

Ich versuchte mich immer auf's Heute, Hier und Jetzt zu konzentrieren, was mehr schlecht, als recht funktionierte.

Doch was blieb mir anderes übrig?

Ja, ich weiß, darüber spricht man nicht oder sehr ungern (todkranke Person), man macht sich etwas vor, verdrängt bzw. versucht es, schwelgt in Hoffnung ... "ja, vielleicht ...". Was alles nur noch schlimmer macht.

Ich versuchte, bei meiner Mama, einfach nur für sie da zu sein, ich wusste, sie wird sterben (Krebs), irgendwann.

Ich gestand mir ein, mir auch mal freizunehmen, denn wen nützte es, wenn ich mich selber fertig machte?
Erstens veränderte es die Situation nicht im geringsten und zweitens schadetet ich mir nicht nur selbst, sondern auch meiner Mutter, wenn ich mir alles so zu Herzen nahm.
Stimmt, ein Kampf zwischen nüchterner Vernunft und meinem emotionalen ... Jammer/Hilflosigkeit.

Da gibt's leider kein Rezept oder ein Handbuch für derartige Situationen und (!) da muss man durch, ob man will oder nicht.

Mir half viel, mit anderen Menschen darüber zu sprechen, dass erleichtert nicht nur, sondern macht auch den Kopf frei, zu mindest etwas freier.
Und (!) mir öfter mal "frei" zunehmen.

:hello:
Herd04
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Herd04 »

Hallo Maxegon,

bevor ich weiter "rumeiere" , frage ich mal lieber , ob du DER Maxegon oder DIE Magegon bist Eigentlich klingt der Name eher nach einem Mann , aber Winfried hier im Forum ist eben auch eine Frau.

Du sprichst mir sehr aus dem Herzen. Jeden deiner Sätze habe ich in Gedanken mit "Genauso ist es " kommentiert.

Mein Mann hat große Pläne...Wohnungsumbau, Garten....und ich weiß nicht, ob er wirklich daran glaubt, dass sich sein Gesundheitszustand verbessert. Natürlich frage ich ihn nicht danach.
Mir blutet förmlich das Herz, wenn ich auf der einen Seite seinen Enthusiasmus, auf der anderen aber seine körperliche Schwäche und seine Hilflosigkeit sehe.

Du hast recht, es gibt keinen Leitfaden dafür, wie man solche schweren Lebenssituationen meistern kann.

Schon so oft wurde mir gesagt, ich wäre stark. Ich war mit ihm stark.Gemensam haben wir Krisen ausgehalten und gemeistert.
In unserer Ehe gab es nie eine ernstzunehmende Krise.

Aber durch sämtliche Phasen meiner Depressionen mit allen Facetten sind wir gemeinsam gegangen. Die unfassbaren Sorgen um unseren "Sonnenstrahl" , unserer jetzt 11-jährigen Enkeltochter, die einen so schweren Start ins Leben hatte, konnten wir zusammen ertragen...und wurden mehr als belohnt dafür.

Obwohl mein Mann da ist, fühle ich mich so allein. Ich schäme mich für so.manche Gedanken, die aber vermutlich auch normal sind. Und ich fühle mich einfach nur schwach.

Ja, auch mir hilft es , darüber zu reden. Dadurch wird der Kopf etwas freier. Aber die Ängste bleiben, Ängste vor jedem Weg, den wir gehen müssen, egal, ob er kurz oder länger ist.

Nachdem ich letzte Woche in der Uniklinik ein Gespräch mit einer Psychoonkologin hatte und die mir empfahl, meine Therapeutin um Hilfe zu bitten ( die eigentliche Therapie ist beendet), werde ich das nun auch tun.

Hattest du denn Hilfe von außen?

LG, Edda
Katerle
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Katerle »

Hallo Edda und Maxegon,

@ Maxegon

Ja das ist wirklich nicht einfach, dieses Spagat hinzubekommen, für den anderen da zu sein und auch für sich zu sorgen, sich zu entspannen. Es ist wie du schreibst.

Tja wie soll ich sagen, jeder Tag ist für mich ein Geschenk und das schon sehr lange... Und seit gestern ging es mir auch mal wieder besser. Es schwankt halt...

Zur Zeit habe ich so gut wie jeden Tag Kopfschmerzen, neben den anderen Schmerzen und das werde ich wohl beim Nächstenmal mit meiner Neurologin besprechen.

Jedenfalls hatten wir (meine S. und ich) gestern uns einen schönen Tag gemacht (nach unseren Möglichkeiten). (sie hatte es sich so gewünscht) Danach waren wir glücklich und zufrieden nach Hause gegangen. :)

Heute werde ich mich mehr entspannen und auch rausgehen,

wünsche euch einen angenehmen Tag,

herzlichst Katerle
Herd04
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Herd04 »

Hallo Katerle und Maxegon,

wie zermürbend Schmerzen sein können , weiß ich auch. Dass du trotzdem sehr aktiv bist, allein oder auch mit anderen gemeinsam,finde ich immer wieder bemerkenswert.

Vor Corona und vor der Erkrankung meines Mannes haben wir recht viel unternommen , nur wir zwei oder mit Freunden zusammen. Wir haben Tagesausflüge -oft im die Sächsische Schweiz - gemacht oder sind einfach nur mal Kaffee trinken gefahren.
Natürlich muss ich häufig daran denken. Dann freue ich mich darüber, oder ich weine, weil es so nicht mehr möglich ist.

Ich hätte jetzt immer noch viele Möglichkeiten, allein oder mit Freundinnen was zu machen. Dazu fehlt mir fast immer der Elan.

Gerade heute bin ich sehr niedergeschlagen, und jeder noch so kleine Schritt strengt an. Vielleicht setze ich mich dann mal an mein DiamondPainting -Bild. Das habe ich neu für mich entdeckt.
Ich weiß nicht, ob ich das fertige Bild mal irgendwo aufhänge. Aber das Kleben der Steinchen beruhigt mich.

Wahrscheinlich geht es mir auch deshalb nicht gut, weil ich große Angst vor dem Termin am Freitag in der Neurochirurgie habe.
Mit meinem Mann kann ich darüber nicht sprechen.

Jetzt habe ich an dich , Maxegon, paar Fragen, die mir natürlich auch alle anderen in einer vergleichbaren Situation beantworten dürfen.

Wie kann es gelingen, die Angst vor weiteren schlechten Diagnosen in Schach zu halten ? Und wie gelingt es, mit der erkrankten Person realistisch über das eventuell schlechte Ergebnis zu sprechen, wenn die das nicht will?
Mein Mann plant nicht nur den Umbau. Jetzt fängt er an, über anstehende Aufgaben im Garten zu sprechen und was er noch wo anbauen will. Mir wird himmelangst. Zumindest hat er zur Kenntnis genommen, dass er an mich denken soll und nichts in die Wege leiten soll, was ich nicht schaffen kann.

Es ist ja ganz gut, wenn er durch die Vorhaben optimistisch bleibt.
Aber ich glaube eher, er möchte die Krankheit durch Aktionismus verdrängen.

Ich bin für jeden Tipp seh dankbar.

Liebe Grüße, Edda
Reve
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Reve »

Hallo liebe Edda,

ich bin immer ganz betroffen, wenn ich das alles so lese. Das ist schon sehr hart.
Und vor allem jetzt wieder der neueste Termin in der Neurochirurgie.

Auf jeden Fall finde ich das sehr gut mit dem Painting Bild. Das alles beruhigt doch bisschen und macht es vielleicht ein klitzekleines bisschen besser.

Aber im schlimmsten Fall, sollte da was Gravierendes sein, kann man das doch dann auch behandeln, oder? So ähnlich würde ich mich zumindest beruhigen.
Derzeit sind ja so viele Neuerungen und Fortschritte in der K. Behandlung.

Muss man alles so realistisch sehen? Es spielen doch so viele Faktoren noch mit rein.
Mein GG bekommt derzeit zur Prophylaxe ein nicht zu gelassenes Medikament... weil das andere "Probleme" bereitet hat, gelinde ausgedrückt.
Es läuft gut, sage ich. Mehr möchte ich doch jetzt gar nicht wissen.

Auch wir renovieren immer wieder und das ist doch auch was Schönes, auch wenns mit vie Aufwand verbunden ist.
Bei uns vor allem, weil wir so Angst um unsere Prinzessin (Katze) haben, die ja nur an der Leine raus darf..... und wenn dann der Krach im Haus ist. Aber sie ist dann im Wohnzimmer und verbringt viel Zeit unter der Couch....

Und das mit seinen Anbauplänen im Garten ist doch toll. Der Mensch braucht doch Hoffnung und Ziele.
War es nicht so, dass dein GG wenig wissen wollte von am "da Draußen" und jetzt plant er in meinen Augen zumindest schöne Sachen.
Klar, wenn dann vieles davon an dir hängen bleiben würde....Aber jetzt beim Gemüse (oder möchte er noch was anderes anbauen.. :) )kann doch nicht so viel passieren, im schlimmsten Fall wächst es dann aus.

Ich möchte dir deine Sorgen aber keinesfalls klein- oder ausreden, sie sind leider bittere Realität, ich hoffe, du kannst wirklich wieder bei einer Therapeutin Hilfe finden.

LG und toi, toi, toi für Freitag.
Carin
Katerle
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Katerle »

Liebe Edda,

danke dir, naja versuche halt auch weiter das Beste draus zu machen, wie e smir halt auch möglich ist...

Kann ich gut nachvollziehen, dass du eure Unternehmungen zusammen vermisst, ist ja auch nicht einfach. Nun, mein Mann kommt nach der Arbeit heim, meines Erachtens ist das noch viel zu lange, was er unterwegs ist... für seinen Gesundheitszustand... Und dann isst er und legt sich dann auf die Couch und schläft ein. Habe da auch Verständnis dafür, aber nur bis zu einem gewissen Punkt...
Ich meine, meinen Alltag bewältige ich schon seit vielen Jahren und abnds wenn er dann daheim ist, bleibe ich eigentlich auch nur allein und beschäftige mich. Deshalb versuche ich auch am Tag so gut wie es geht aktiv zu bleiben, gehe unter Leute und mache meine Entspannungsübungen, neben dem Haushalt (wo ich mir eher einen kleineren Haushalt vorstellen könnte) und lieber das Haus verkaufen würde, damit ich nicht mehr so weite Wege habe (zu Ärzten, oder überhaupt, wenn es was zu erledigen gibt). Auch meine Bekannten sind weiter weg, aber es geht noch.

Und nur daheim möchte ich nicht bleiben und im Bett schon garnicht. Meine Mutter sagte damals öfters, "Im Bette sterben die meisten Leute"... Und das will ich auch nicht...

Das liest sich ja echt toll mit dem Bild, sowas würde mich sicher auch sehr anstrengen, mit den kleinen Steinchen.

Verstehe, dass du Angst hast vor dem Neurochirurgen- Termin. Mir würde das auch so gehen. Drücke euch die Daumen, dass es nichts Ernsthafteres weiter ist. Ansonsten ist der Tipp von von Carin echt gut, dass du dich damit beruhigen könntest, dass es behandelt werden könnte, falls doch was Gravierendes dabei raus kommt.

Finde auch ein paar Ziele und Hoffnungen gut, auch wenns einen nicht so gut geht.
Dennoch besteht auch die Gefahr des Verdrängens...

Liebe Grüße
Katerle
Maxegon
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Maxegon »

Herd04 hat geschrieben: 7. Feb 2024, 11:59
Wie kann es gelingen, die Angst vor weiteren schlechten Diagnosen in Schach zu halten ? Und wie gelingt es, mit der erkrankten Person realistisch über das eventuell schlechte Ergebnis zu sprechen, wenn die das nicht will?
Hallo Edda,

zu deiner brennenden Frage: ich bin ein Mann. :o

Der Angst vor schlechten Diagnosen kann man leider nicht aus dem Weg gehen.
Nur wie gehe ich mit diesen Diagnosen um?
Ich kann die Diagnosen nicht beeinflussen, nur akzeptieren oder versuche ich, sie zu verdrängen.
Letzteres erzeugt mehr Angst, lähmt noch mehr, macht noch hilfloser, bis hin zur Verzeilfelung.

Nun wissen wir alle, Verzweifelung ist ein schlechter Ratgeber.

Als es meiner Mutter merklich schlechter ging, wusste ich, dass sie sterben wird.
Eigentlich wissen wir das ja alle, verdrängen nur, dass es uns bzw. unsere Liebsten auch einmal betrifft.

Natürlich war ich erstmal völlig hilflos, angsterfüllt und wollte, ich bliebe davon verschont - wurde ich aber nicht!

Mir blieb nur übrig, mich langsam an den Gedanken zu gewöhnen und das Beste daraus zu machen - jetzt, wo ich noch etwas machen konnte: ich half, so gut ich konnte, ohne (!) mich selbst aus den Augen zu verlieren.

Ich sprach mit meiner Mama über ihr eventuelles, mögliches Ableben als sie noch fit war, die Krebserkrankung noch in weiter Ferne.
Wenn es dann soweit ist, ist es bestimmt er unmöglichste Zeitpunkt überhaupt.

Da überwiegt die Angst. Da klammert sich der Erkrankte an alles, was er bekommen kann, manchmal auch an übertriebenen Aktionismus.
-> ich versuchte, so tolerant wie möglich zu sein.
Zum Schluss konnte ich nichts mehr verändern, ich konnte nur noch Verständnis aufbringen, versuchen zu lindern und hoffen, ich für mich, der Leidensweg möge kein langer sein.
Herd04
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Herd04 »

Liebe Carin, liebe Katerle und lieber Maxegon,

mal sehen, ob ich das Internet heute überlisten kann und ob der Text heute bei mir bliebt. Ich hatte gestern Abend geschrieben...doch dann hat jemand meinen Text "geklaut".
Nun gut, jetzt weiß ich wenigstens, wie ich dich, Maxegon, anreden kann.

Danke, dass ihr mir mit guten Gedanken und Erfahrungen helft und danke für die guten Wünsche für morgen.

Liebe Katerle, in meiner jetzigen Situation möchte ich deinem Mann gern raten, sich trotz seiner Arbeit viel mehr Zeit für dich
zu nehmen . Wie schnell das vorbei sein kann, erlebe ich jetzt.
Ich bin froh, dass wir sehr viel gemeinsam unternommen haben..
bis Corona kam.

Liebe Carin, mein Mann ist derjenige von uns beiden, dessen "Revier" die Gärten und der Hof sind, jetzt leider nur theoretisch Manchmal hat er mich damit aufgezogen, dass ich zwar om Dorf aufgewachsen bin, aber von Garten usw. absolut keine Ahnung habe. Und da es stimmt, konnte ich auch nicht widersprechen.
Ich glaube, das macht ihm jetzt besonders viele Sorgen.
So, wie es jetzt aussieht, wird er ganz bestimmt in den nächsten Monaten nichts im Garten machen können. Deshalb möchte ich nichts anbauen, worum ich mich nicht kümmern kann.

Gar nicht infrage kommt für mich ( im Moment), das Haus zu verkaufen. Es ist mein Elternhaus, an dem ich unheimlich sehr hänge. Geplant war, dass wir in diesem Haus mal zusammen alt werden wollen und dass wir dann unseren Kindern die Entscheidung überlassen, was sie mal später damit machen wollen. So war der Plan....

Lieber Maxegon, alles , was du schreibst, trifft auf mich und meinen Mann zu.
Leider lässt er so gar nicht in sein Inneres gucken. Ich ahne aber, dass er mich damit schützen will.
So weiß ich eben auch nicht , ob er mit seinen Plänen verdrängen möchte, wie schlimm und vor allem unheilbar krank er ist.
Doch eigentlich kenne ich ihn so gut . Ganz sicher möchte er zwar seinen Traum von der schönen Wohnung erfüllen, das aber in erster Linie auch für mich.

Nun hoffe ich wirklich sehr, dass es auch mit einem sehr wahrscheinlich nicht so gutem Ergebnis trotzdem Möglichkeiten in der modernen Medizin gibt, die ihm helfen können.

Drückt uns bitte die Daumen.

Liebe Grüße, Edda
Herd04
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Herd04 »

Ihr Lieben,

leider hat sich meine Befürchtung bestätigt. Die auffällige Stelle im Kopf meines Mannes ist nicht harmlos. Das wäre auch zu schön gewesen. So wie ich es verstanden habe, ist da aus dem Restmetastasengewebe "etwas" gewachsen . Da es nur eine Stelle ist, kann es operiert werden. Ist das nun eine gute Nachricht? Am Montag geht mein Mann in die Klinik, und dann heißt es wieder hoffen und abwarten.

LG, Edda
Maxegon
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Maxegon »

Liebe Edda,

ich habe eine wage Vorstellung, wie es dir geht.
Ich kann mich erinnern, wie es mir damals ging ...

... man versucht Gefühle in Worte zu fassen, für die es eigentlich keine Worte gibt.
Man schwebt zwischen Hoffnung und purer Angst, man betet plötzlich zu einem Gott, an den man nie so richtig glaubte, die Verzweiflung ist allgegenwärtig ... so war's bei mir.

Man versucht sich auf etwas vorzubereiten, auf das man sich nicht vorbereiten kann.
Am liebsten möchte man sich wegbeamen, wie bei Raumschiff Enterprise.
Man mag Sätze wie "Alles wird gut." nicht hören, auch Hiobsbotschaften nicht.

Alte Kacke, da muss man durch.

Ganz wichtig: rede mit Familie und Freunden darüber, friss nicht alles in dich 'rein!
Katerle
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Katerle »

Oje liebe Edda, auch das noch. Schließe mich da Maxegon voll und ganz an...
Herd04
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Herd04 »

Liebe Katerle und lieber Maxegon,

danke für euren Beistand.
Obwohl wir mit Sicherheit einer neuerlichen Hiobsbotschaft rechnen mussten, sitzt mein Schock noch sehr tief. Mein Mann sagt, er ist froh, dass operiert werden kann.

Wir können nur hoffen, dass alles gutgeht und dass jetzt auch die spezielle Antikörpertherapie verbunden mit einem sehr neuen Krebsmedikament, das auch im Kopf wirken soll, wirklich Gutes tut .
Als das letzte MRT gemacht wurde, hatte mein Mann gerade erst mit der Therapie begonnen.

Liebe Grüße, Edda
Maxegon
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Maxegon »

Herd04 hat geschrieben: 10. Feb 2024, 15:17
Wir können nur hoffen, ...
Liebe Edda,

ja leider, mehr kannst du nicht tun.

Doch begib' dich, bitte unter Menschen, rede mit ihnen, lenke, dich ab, unternehme etwas!
Auch wenn es anfangs schwer fällt.

Du hilfst niemanden, wenn du zu Hause hockst und alles in dich hineinfrisst, im Gegenteil.
Alleinesein ist der beste Nährboden für die Angst, die dann die Seele auffrisst.

In Gedanken bei Dir ... viele Grüße
Katerle
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Katerle »

Ja liebe Edda, das ist sehr verständlich... und bleibt nur zu hoffen... Bin auch in Gedanken bei dir...

LG Katerle
Herd04
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Herd04 »

Liebe Katerle und lieber Maxegon,

ich glaube fast, ich bin manchmal zu dumm, etwas zu schreiben und abzuschicken. Gestern verschwand mein Text zweimal...
Vielleicht geht der Sonntag gnädiger mit mir um.

Die Idee, unter Menschen zu gehen und zu reden, versuche ich, so oft wie möglich umzusetzen. Allerdings hindern mich die Depressionen manchmal daran. Dann ist die Situation ziemlich schlimm für mich. Dann ertrage ich die Ängste kaum, kann mich aber kaum aufraffen, rauszugehen, zu meiner Schwester oder zu meiner Tochter zu fahren.
Was aber dann meistens noch geht, ist Telefonieren. Ich habe liebe Freundinnen, die nicht gleich um die Ecke wohnen, die ich jederzeit anrufen kann. Oder sie rufen mich an.

Mein Mann möchte es auch unbedingt, dass ich etwas unternehme. Unsere tolle Gaststätte hatte eine noch tollere Idee.
Immer donnerstags gibt es da ab 12.00 Uhr einen Plaudertisch.
Da muss man nicht reservieren. Er ist für Leute gedacht, die allein sind oder die einfach mal rauswollen aus dem täglichen Trott . Man kann da Leute kennenlernen, die man vorher eben noch nicht konnte.
Einmal war ich schon dort, und es gefiel mir sehr gut. Das werde ich auch wiederholen.

Natürlich beschäftigt mich die neue OP meines Mannes sehr , und es fällt mir schwer, die kreisenden Gedanken in eine positive Richtung zu lenken . Aber wieder hilft nur Abwarten.

Ich wünsche euch einen schönen Sonntag.

Edda
Katerle
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Re: Tiefes Tal und Teufelskreis

Beitrag von Katerle »

Liebe Edda,

erstmal möchte ich mich entschuldigen, dass ich erst jetzt antworte. Ich hatte meinen Enkel bis heute und da hatte ich leider keine Kraft mehr fürs Forum. Aber es war sehr schön mit meinem Schatz und wir hatten auch Spaß. :) Es hatte ihm sehr bei mir gefallen. Hatte ich ja auch wieder mehr die Hauptverantwortung. Meinem Mann gehts nicht so gut, dennoch war er arbeiten und an Hausverkauf ist leider nicht zu denken. Ich beiße da auf Granit und nun möchte ich auch dieses Thema nicht mehr erwähnen. Am Ende bin ich noch schuld daran, dass ich zu sehr genervt hatte... Und ich muss mich damit abfinden, dass ich weiterhin einen großen Haushalt zu bewältigen habe... Schade, dass darauf keinerlei Rücksicht genommen wird. Ausserdem hätte ich auch kürzere Wege zu allem... Nun gut, ich will es jetzt dabei belassen...

Wie geht es denn inzwischen deinem Mann?

Nun zu dir liebe Edda. Es ist schön, dass du Freundinnen hast, die du jederzeit anrufen kannst. Ein paar wenige Leute habe ich auch, nur aufgrund meiner Ängste usw. ist telefonieren nicht so meine Stärke.
Und toll, dass du weiter versuchst unter Leute zu gehen, ich mache das auch.
Super mit dem Plaudertisch bei euch in der Nähe.

Sei ganz lieb gedrückt,
Katerle
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