ich habe mich belogen

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Jessi02
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ich habe mich belogen

Beitrag von Jessi02 »

hallo zusammen,

ich habe noch nicht wirklich viel hier geschrieben, naja, eigentlich habe ich mich bis jetzt nur vorgestellt und das ist auch schon ne weile her.
aber jetzt bin ich am ende meiner kräfte und wollte fragen, wie ihr gegen diese gedanken ankämpft.

ich möchte mich nie mehr selbst belügen, möchte nie mehr die augen vor mir und meinem wahren ich verschließen, ebensowenig vor dem leben. und dennoch habe ich es getan, ich habe mich seit wochen selbst belogen, habe geglaubt, daß es für mich einen sinn in diesem leben gibt, auch wenn ich ihn nur noch nicht gefunden habe und vielleicht auch niemals finden werde. aber dieses wochenende ist es über mich hereingebrochen wie ein sturm. ein todesfall in der familie hat es geschafft, daß ich meine augen öffne, sehe, daß ich unfähig bin, dieses leben normal zu leben. ich kann euch nicht erklären, wie das auf einmal kommt, ich habe gedacht, ich habe mich ein wenig gefangen, aber ich hab es nicht. ich habe mich nur belogen, weil ich unbedingt wollte, daß es mir besser geht. aber die welt verbessert keiner und mich auch nicht. ich bleibe immer ich, die, die nichts zustande bekommt, immer alles falsch macht, was man falsch machen kann, nicht fähig ist den anderen die unterstützung zu geben, die sie so dringend brauchen. im gegenzug habe ich gemerkt, daß auch ich alleine bin, einsam mit meinen gefühlen und gedanken stehe, kein mensch meine gedankengänge nachvollziehen kann, bzw. wahrscheinlich einfach nur nicht will, weil daß was ich denke eh nur vollkommenen humbug ist und wahrscheinlich nichtmal einen gedanken wert ist.
der tod ist eine sache, aber ich hasse mich dafür, daß soviel kälte in mir ist, daß ich selbst damit nicht umgehen kann. aber daß leid der anderen macht mich fertig, zu sehen, daß dort ein mensch in sich zusammenbricht und ich nicht helfen kann, frisst mich auf, begleitet mich.
ich hatte meine schlafstörungen etwas in griff bekommen, jetzt werde ich verfolgt von furchtbaren träumen, träume aus vergangenen zeiten, die alles in mir hervorholen, was ich so gut weggesteckt habe. ich will endlich alles vergessen, nicht immer und immer wieder in dieser gedankenschleife stecken.
sorry, ich heul zuviel rum, tut mir leid. ich weiss, daß diese gedanken, die ich hier gerade aufschreibe, schlecht sind für mich, aber auch wenn ich sie nicht aufschreibe, sie sind in mir, ich werde sie nicht los.
ich habe heute meinen mut irgendwo verloren und weiß nicht, ob ich ihn wiederfinden will.
mein therapeut sagt, ich solle lernen, mich so anzunehmen, wie ich bin. aber ich schaff es nur mit belügen, nur mit selbst belügen, denn ich bin das, was ich bin. Aber ich gefall mir nicht, da kann ich hin und her denken, es ändert nichts daran.
was soll ich denn machen, meine kraft ist irgendwie weg.

danke fürs lesen
gruss
jessi
este
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Re: ich habe mich belogen

Beitrag von este »

hallo Liebes,
ich kann es dir nachfühlen,jede zeile könnte von mir sein... manchmal denke auch ich, dass ich mich belüge, in beide richtungen... bin ich depressiv, dann denke ich, ich bilde mir nur alles ein, fühle ich mich gesund, stark, selbsbewußt, dann habe ich angst, dass ich einen rückfall erleide, versuche alle meine gedanken an eine depression zu verdrängen...und trotzdem, dass einzigste, was immer bleibt, sind visionen, dass ich unüberlegte handlungen vollziehe ....das ist meine größte angst... ich wünsche dir alles alles gute ESTE
Bellasus
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Registriert: 10. Jun 2004, 21:41

Re: ich habe mich belogen

Beitrag von Bellasus »

Liebe Jessi,

ich möchte dir ein bißchen Mut machen. Dieses Loch kenne ich sehr gut, da war ich auch drin am Anfang des Jahres. Auch ich habe mein ganzes Leben lang alles immer weggepackt und ignoriert (und da gibt es einiges), bis es anläßlich einer massiven Job-Krise an die Oberfläche durchgebrochen ist. Bei dir ist der Todesfall der Auslöser, das ignorieren funktioniert nicht mehr, weil deine Kraft nur begrenzt ist, der Tank ist leer, Motor steht. Ich weiß, das ist ein furchtbarer Zustand.

Du hast ja schon einen Therapeuten. Sicher hat er recht, dass man sich annehmen lernen soll. Aber in so einer akuten Krise hilft das herzlich wenig. Sag ihm, was bei dir los ist, in aller Deutlichkeit. Meine Erfahrung ist inzwischen, dass man wirklich ganz genau sagen muß, wie es einem geht, um verstanden zu werden. Gäbe es denn die Möglichkeit, dir eine Auszeit zu nehmen und in eine Klinik zu gehen? Das war meine Rettung, als gar nichts mehr ging. Auch jetzt bin ich mir noch nicht sicher, ob ich fähig bin, dieses Leben zu leben, aber ich arbeite daran mit Therapie und evtl. nochmal Tagesklinik.

Ich glaube, da mußt du durch, dich mit dir auseinandersetzen. Weiterhin dich selbst belügen, so tun als ob alles in Ordnung ist, eine Maske aufsetzen und eine Rolle spielen - das kostet so viel Energie, dass zum eigentlichen Leben wirklich keine Kraft mehr übrig bleibt, und für andere schon gar nicht. Und daß du alles falsch machst - kann gar nicht sein, denn hier zu schreiben war schon mal goldrichtig!

Laß dir helfen! Es wird Zeit brauchen, aber ich habe die Hoffnung dass es sich lohnt. Da ich selber noch mittendrin bzw. eher noch am Anfang stecke, kann ich mit Erfolgsmeldungen noch nicht dienen, aber es hat sich schon sehr viel getan. Erste kleine Erfolgserlebnisse tun schon gut, und ich glaube es ist zu schaffen.

Ich wünsche dir erstmal alles Gute, laß wieder von dir hören!

Liebe Grüße
Annette




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Jessi02
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Re: ich habe mich belogen

Beitrag von Jessi02 »

Hallo,

danke für die antworten, es ist irgendwie immer wieder schön zu lesen, daß es nicht nur mir so geht (wenn es mir auf der anderen seite auch angst macht, daß es mehreren leuten so schlecht geht).
der tod ist der auslöser, daß alles,was ich das letzte halbe jahr getan habe für mich (oder ich geglaubt habe, für mich getan zu haben) zu staub zerfallen ist. in eine klinik kann ich derzeit einfach nicht. meine arbeit läuft drunter und drüber, daß kriege ich schon seit gut einem jahr nicht mehr richtig hin und hangel mich da von strohhalm zu strohhalm. und vielleicht hört sich daß albern an, aber sobald ich länger als 5-6 tage von zu hause weg bin habe ich enormes heimweh (schäm, und das in meinem alter, grins). ich wohne zwar allein, aber meine 4 wände geben mir die sicherheit, die ich in meinem leben brauche, irgendwie kann ich nur dort ich sein.
ich möchte einfach nur wieder richtig funktionieren, möchte wieder normal arbeiten gehen, meine wohnung putzen können, ab und an mal auf tour gehen (eigentlich sollte ich daß wirklich noch tun), mit freunden treffen. und nicht wie die letzten tage nur noch im bett liegen, film in die röhre schmeißen, damit man was hat, was sich vor den augen bewegt.
ich bin so müde.

gruss
jessi
Bellasus
Beiträge: 1628
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Re: ich habe mich belogen

Beitrag von Bellasus »

Liebe Jessi,

meinst du man dankt es dir wenn du dich im Job quälst? Das klingt sicher hart, aber ich hab‘s erlebt: Monatelang auf dem letzten Loch gepfiffen, nach Unfall zu früh wieder im Büro, obwohl ich mich kaum bewegen konnte, wegen (damals noch nicht erkannter) Depression reichlich chaotische Arbeitsweise, vieles verdaddelt, Fehler gemacht, immer gehofft, dass es niemand merkt, genervt, gereizt, aggressiv gewesen. Bis zum Zusammenbruch, wer nicht hören will muß fühlen

Und statt mal nachzufragen, was los ist, wieso ich zwei Jahre lang gut gearbeitet habe und dann plötzlich nicht mehr, bekam ich Ermahnungen und eine Abmahnung wirklich für Lappalien, böse Sprüche, offen gezeigte Verachtung – und zu guter Letzt die Kündigung, als ich schon krank war (habe natürlich geklagt).

Was ich damit sagen will: Sich den Arsch aufreißen nützt gar nichts, im Zweifelsfall bekommt man noch einen Tritt dazu. Nun kenne ich natürlich nicht deine Arbeitsverhältnisse, es soll auch nettere Firmen geben als meine alte, aber trotzdem... Lange Zeit dachte ich auch noch, die Arbeit gibt mir Halt, aber das war ein Trugschluß.

Nimmst du denn Medikamente? Hast du eine Ahnung, woher die Depression kommt? Wenn du so durchhängst, nützen dir 2 Wochen krankgeschrieben sein bestimmt auch nicht viel. Und Heimweh hatte ich auch lange – nach der Klinik . Nach dem Wochenendurlaub sind wir Sonntags immer „nach Hause“ in die Klinik gefahren.

Was auch immer du unternimmst – tu es für dich!

Alles Liebe
Annette




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deep
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Re: ich habe mich belogen

Beitrag von deep »

Liebe Jessi,

Bellasus hat so recht mit dem, was sie sagt.

Im Job wird es Dir nie gedankt werden, wenn Du Dich bis zur Selbstaufgabe reinhängst. Ich habe das nach 20 Jahren lernen müssen, als mich die Depri überfiel. Arbeit ist wichtig, aber viel wichtiger ist, dass es Dir gut geht, weil nur dann kannst Du Deinen Job gut und für Dich befriedigend machen.

Du musst etwas tun, das Dir gut tut und ich glaube einfach daran, dass dann der Rest irgendwie gehen wird.

Auch mich hat ein Todesfall sehr aufgerüttelt, ich habe daraus gelernt, das nichts, aber auch gar nichts auf der Welt es wert ist, sich dafür kaputt zu machen und sein eigenes Leben zu zerstören. Dieses Leben kann so schnell vorbei sein, da ist es viel wichtiger, ein GUTES Leben zu führen, als sich kaputt zu machen...
Das Durchsetzen der eigenen Pläne klappt vielleicht nicht immer, aber wichtig ist, nicht das Ziel eines guten Lebens aus den Augen zu verlieren. Es geht mir im Moment auch nicht supergut, wenn ich an meine Arbeit denke, aber ich sage mir auch, dass es mir schon viel schlechter gegangen ist und ich überlebt habe.

Und das mit den Masken, ich denke, dass wir schon viele verschiedene Rollen haben und uns in jeder dieser Rollen entsprechend verhalten. Das finde ich auch nicht unbedingt schlimm, so lange ich sagen kann: "Ja, auch das bin ich". Für mich wird es erst zu einem Problem, wenn ich feststellen muss, dass die Rolle, die ich spiele, in keinster Weise dem entspricht, was ich bin, wenn ich mich verbiegen muss, um dem Bild zu entsprechen bzw. die Maske aufrecht zu erhalten.

Und ich habe (leider) lernen müssen, dass wir immer irgendwo ein Stück alleine sind, dass niemand sich so sehr in uns hereinversetzen kann, dass diese Einsamkeit aufhört.Und sich selbst annehmen, heißt für mich vor allem, auch diese Einsamkeit irgendwo akzeptieren zu können. Mir hilft dabei, dass ich mich an Zeiten erinnern kann, in denen ich in der Lage war, dieses Alleinsein auch positiv zu verwenden. Ist zwar lange her, aber zum Glück habe ich noch meine Tagebücher.

Um wieder ins normale Leben zurückkehren zu können, brauchst Du Hilfe und die musst Du Dir holen. Hilfe von außen ist dabei das Wichtigste, auch das habe ich gelernt für mich. Selbst wenn es Menschen gibt, die Dir aus Freundschaft oder Liebe helfen wollen, manchmal geht es einfach nicht ohne Thera und/oder Klinik. Du tutst das nie für andere, immer nur für Dich.

Ich hoffe, das war jetzt nicht zu lang und auch nicht am Thema vorbei...

Viele liebe Grüße
deep
Jessi02
Beiträge: 32
Registriert: 31. Mär 2004, 01:57

Re: ich habe mich belogen

Beitrag von Jessi02 »

Hallo nochmal,

ich tu doch schon was, dieser schritt war nicht leicht für mich und ich weiß immer noch nicht, ob es der richtige ist. ich mache jetzt seit ein paar wochen eine verhaltenstherapie, um von meinem leistungsdruck (natürlich hausgemachten wegzukommen, ich nehme ADs (Amitriptylin) und versuche schon alles, um mehr für mich zu tun. in erster linie will ich meine schlafstörungen in den griff bekommen, da der schlafentzug bereits körperliche auswirkungen hat.
derzeit wird die schiene verfolgt, ob eventuell "unterdrückte dominanz" und mein enormer "leistungsdruck" ausschlaggebend dafür sind, daß ich so müde bin und einfach keinen sinn in allem sehe.
naja, und meine seltsamen gedanken, die ich habe, sollte ich sein lassen, sollte mir nicht weiterhin den kopf zerbrechen über begriffe wie wahrheit, vertrauen etc. weil es keine lösung gibt, aber ich denke automatisch nach. wie kann man "kopf" ausstellen? und wie kann man ein schlechtes gewissen abstellen, wenn man sich krankschreiben läßt? ich kann es nicht beschreiben, aber meine arbeit war einmal mein leben, ich habe 3 jahre einen wirklich guten job gemacht (eigenlob stinkt, ich weiß), ich habe alles für diesen job getan und es macht mich fertig zu sehen, wie mein aufgabengebiet den bach runter geht und ich kann es nicht aufhalten. ich bin schuld, daß es hier so mies aussieht, ich sehs und kann nichts machen natürlich dankt es mir keiner, wenn ich mich hier so extrem reinhänge... obwohl, doch, es dankt mir jemand: ich! ich will endlich wieder spaß an meiner arbeit haben, genauso wie ich wieder spaß am leben haben will, mit allem was dazugehört, mit den guten und den schlechten dingen. nur ich habe daß gefühl, daß ich umgeben bin von schlecht und daß das gute, was ich sehe, nur eine große lüge ist, daß die menschen um mich rum sind und ich dennoch immer mehr in einsamkeit verfalle, meine gedanken können nicht mehr aus mir raus, ich kann nicht mehr reden, weil mich keiner versteht, weil ich als "jessi, hast du kranke gedanken" abgestempelt werde. wahrscheinlich ist es ja auch richtig, will ich gar nicht bestreiten, daß die gedanken stellenweise "krank" sind. aber sie sind da...

ups, sorry, schreib mich gerade ein, gehört wahrscheinlich nicht hierher. sorry.

gruss
jessi
deep
Beiträge: 207
Registriert: 27. Sep 2004, 12:13

Re: ich habe mich belogen

Beitrag von deep »

Hallo Jessi,

wem gegenüber hast Du ein schlechtes Gewissen? Diese Frage interessiert mich, weil ich auch fast immer mit diesem Ding rumlaufe.

Deine Gedanken sind nicht krank, das sind alles Fragen, die sich eigentlich jeder irgendwann in seinem Leben einmal gestellt haben sollte. Für mich war/ist das "Kranke" daran, dass diese Gedanken nicht aufhören. Ich drücke das immer so aus, dass "es mich denkt" und das ist die Hölle. Es denkt und denkt und quält mich, aber ich kann es nicht abschalten. Und jeder hat nur den "guten" Rat, dass ich doch damit aufhören soll, weil das krank ist. Sehr witzig, weil ich möchte ja gerne, aber es geht doch nicht.
Ich kann Dir nichts Konkretes sagen, wie das "abzuschalten" geht, aber ich weiß, dass das vorbei geht. Und dass es viel Geduld mit Dir selbst erfordert. Du kannst es nicht erzwingen.
Ein bißchen (sehr) hat mir geholfen, dass ich das Glück habe, einen Menschen in meiner unmittelbaren Umgebung zu haben, der das Alles zwar nicht zu 100 Prozent verstehen kann, aber der es zulässt, dass ich für mich die schlechten Tage zulassen kann. Ich kann es gerade nicht anders ausdrücken.
Aber ich bin mir eigentlich sicher, dass es auch in Deiner Umgebung jemanden gibt, dem Du es zumindest versuchen kannst zu erklären, was mit Dir los ist, dass Du nämlich krank bist, auch wenn man das von außen vielleicht nicht sieht und dass die Krankheit daran schuld ist, dass Du diese Gedanken so intensiv hast.

Du bist schon auf dem richtigen Weg und das, was Du tust, wird Dir helfen - glaub daran.

Ich bin in Gedanken bei Dir, wenn ich darf.

deep
Jessi02
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Re: ich habe mich belogen

Beitrag von Jessi02 »

vor wem ich ein schlechtes gewissen habe? gute frage, meist wohl vor mir selbst. letztendlich tut es mir weh zu sehen, wie unfähig ich bin. aber daß mit dem schlechten gewissen ist eh sone sache bei mir, daß habe ich bei jedem kleinkram, und obwohl ich weiß, daß ich es nicht immer haben muss, ist es da. es äußert sich in schmerzhafter form, entweder sind es magenkrämpfe, bevor ich z.b. meine meinung sagen will. es ist immer so, daß ich mir vorher überlege, ob es gut und richtig ist, daß jetzt zu sagen, ob es jemanden verletzen könnte etc. und dann kommen diese krämpfe, die mich hindern, meinen mund aufzumachen.
oder es sind kopfschmerzen, die treten immer dann auf, wenn ich nicht nachgedacht habe, irgendetwas gesagt, gemacht, etc. habe, was wahrscheinlich gar nicht schlimm ist, aber ich mir schon die wildesten konsequenzen ausmale, dann kann ich mich nur noch hinlegen und schlafen.

hm, meine gedanken sind unsortiert, sind krank. ich habe auch einen wirklich sehr sehr lieben menschen an meiner seite, der versucht, mir zu helfen, mich zu unterstützen, der meine krankheit versteht und verständnis für meine körperliche und seelische schwäche hat. aber ich kann mich ihm nicht mehr mitteilen. wir haben gerade vor 2 tagen geredet, zum wiederholten male sagte ich ihm mit tränen in den augen: bitte, gib mir einen sinn im leben! und es macht ihm angst. wir redeten über sinn und unsinn, über zufall und schicksal. jetzt ist er der meinung, daß man mit mir keine zukunft planen kann. es hat mir weh getan, daß zu hören, er tut mir so unendlich leid, daß in mir diese fragen sind, nochmehr tut es mir leid, daß ich mit ihm drüber geredet habe, weil er zweifelt jetzt an unserer beziehung und ich weiß nicht, ob ich daß überhaupt wieder hinkriege. ich versaue alles, dabei wollt ich nur, daß er versteht, warum ich nicht schlafen kann, woran ich denke, wie ich denke. jetzt zieht er sich bestimmt zurück, ich kann es nicht aufhalten. ich habe einfach zuviel aus meinem kranken kopf preisgegeben, jetzt verlier ich auch noch das wichtigste.
irgendwie krieg ich es nicht hin, irgendetwas richtig zu machen.

sorry, bin heute ziemlich traurig irgendwie. und müde. was soll ich gegen diese permanente müdigkeit machen?

gruss
jessi
deep
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Re: ich habe mich belogen

Beitrag von deep »

Hallo Jessi,

ist gar nicht gut, gerade, hm? Da ist verdammt vieles, ich verstehe.

Dein Leben hat Sinn, einfach, weil Du da bist, weil Du ein tiefgründiger, wertvoller Mensch bist. Im Moment sehr verzweifelt, das sicher, aber das ändert nichts an deinem Wert an sich.
Du brauchst Dich nicht zu entschuldigen, dass Du traurig bist, das ist jetzt einfach so und Punkt. Da gibt es nichts zu entschuldigen.
Klingt platt, ich weiß, aber es ist so.

Ich kann verstehen, dass Du mit Deiner Bitte um einen Sinn im Leben anderen Menschen Angst machst. Das ist ja auch eine riesengroße Anforderung, die Du da stellst.
Vielleicht ist meine Frage jetzt im Augenblick für Dich schwer zu beantworten, aber was würdest Du auf so eine Bitte anworten?

Er mag jetzt der Meinung sein, mit Dir keine Zukunft planen zu können, aber diese Ansicht ist falsch. Im Moment ist das sicher schwierig, aber es bleibt ja nicht so, wie es jetzt ist, weil Du wieder gesund wirst. Und niemand muss sich dafür entschuldigen KRANK zu sein, egal ob Depression oder was anderes.

DU bist NICHT unfähig, das macht die KRANKHEIT.Wenn Du einen Bandscheibenvorfall hast, kannst Du ja auch nichts dafür, Dich nicht bewegen zu können, sondern diese Erkrankung (ja, ich weiß, der Lebenswandel, aber der ist auch nicht immer schuld!!!)

Und um nochmal auf den Titel des Thread zurückzukommen:
Du hast Dich auch nicht belogen, als Du das Gefühl hattest, es ginge Dir besser. Das war sicher so. Du hast Dich da nicht belogen. Wenn aber dann so eine Belastung wie der Tod eines nahestehenden Menschen dazu kommt, dann nutzt die Krankheit die Gelegenheit und schlägt wieder zu.
ABER, du weißt doch, dass es auch schon besser gegangen ist und ich weiß, dass Du da hin (und noch weiter) kommen kannst!

Bitte sprich mit Deiner Thera unbedingt darüber, wie es Dir wirklich geht, sie kann Dir helfen, ganz sicher.

deep
HopeW
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Registriert: 23. Mai 2004, 10:38

Re: ich habe mich belogen

Beitrag von HopeW »

Liebe Jessi,

ich häng ja selbst in den Seilen, so habe ich nicht so viel Kraft, dir etwas wirklich ermutigendes für den Moment mitzugeben,

zu platt erscheint mir, daß es dir auch wieder besser geht (traurig grins)

so kann ich dir nur sagen,
du bist nicht allein und vor allen Dingen, das was du fühlst, ist schon deswegen "normal" weil es viele fühlen.

Viele liebe Grüße
an Dich von Hope
Jessi02
Beiträge: 32
Registriert: 31. Mär 2004, 01:57

Re: ich habe mich belogen

Beitrag von Jessi02 »

werde ich denn wirklich irgendwann wieder gesund? wird es irgendwann einen sinn in meinem leben geben, für den es sich lohnt zu leben? ist eine zeit, in der es einen besser geht einfach nur eine bessere zeit, weil man es temporär schafft, diese gedanken abzustellen, das man es schafft, sich eine zeitlang sehr gut selbst zu belügen? auf der suche nach hoffnung bin ich irgendwo stehen geblieben, leben tu ich "nur" noch für andere, ich brauch es nicht mehr. ich habe genug davon. aber man MUSS ja weitermachen, man MUSS ja leben WOLLEN, genauso wie man arbeiten gehen MUSS, wie man einkaufen MUSS. wenn ich mir das alles genauer betrachte, ist daß leben doch ein einziges MUSS, eventuell schafft man es, aus dem MUSS mit viel phantasie und naivität ein ICH WILL zu machen, aber das WOLLEN kommt nur, weil man MUSS. huch, ich hoffe, es konnte jemand folgen.
mein größtes problem bin wohl ich selbst, egal wohin ich gehe, egal was ich mache, ich werde mich immer mitnehmen. aber vielleicht will ich das gar nicht. und vielleicht bin ich bald ganz allein, dabei tu ich mir schon schwer genug, jemanden zu vertrauen. jetzt muss ich noch aufpassen, was ich sage, wie sehr ich mich "hängen lassen" kann, damit er nicht vor mir davon läuft.
oder belüge ich mich wieder nur selbst, wenn ich denke, es könnte etwas bringen, wenn ich es nur schaffe, mich zusammenzureißen. ist dieses leben nicht schon zum scheitern verurteilt, ist nicht jeder weg, den ich einschlage sowieso der falsche?
ich kann nicht beschreiben, wie es in mir aussieht, es ist wie ein großer trümmerhaufen nach einem krieg, bei dem es sich nicht mehr lohnt, aufbauarbeit zu leisten, weil der boden darunter bereits so zerstört ist.
puh, wenn ich mir das selbst durchlese versteh ich, warum die leute bei meinen ausführungen den kopf schütteln

miese krise irgendwie
gruss
jessi
deep
Beiträge: 207
Registriert: 27. Sep 2004, 12:13

Re: ich habe mich belogen

Beitrag von deep »

Liebe Jessi,

ich nehme Dich in den Arm.

Es werden so viele wieder gesund, warum nicht Du? Es mag ein langer, steiniger Weg sein, aber er ist gangbar. Und ich glaube daran, dass Du es schaffst.

Es ist nicht nur ein temporäres Abschalten der Gedanken, sie sind fort - daran glaube ich fest, auch wenn das bei mir nicht immer klappt, ich bin ja auch noch auf dem Weg...

Das Leben kommt Dir jetzt vor wie ein ständiges Muss, aber glaub mir, das Leben ist auch schön. Und es gibt so viele Dinge, die ich darf - mich an der Sonne freuen (heute nicht so viel, aber dann), mich an Blumen freuen und irgendwann auch einmal an mir und meinen Möglichkeiten... Das Leben hat nicht nur schlechte Seiten und besteht nicht nur aus Zwängen. Es hat zwei Seiten, wie Alles, eine Muss- und eine Darf-Seite. Wenn ich sie Dir nur zeigen könnte, zumindest die, die ich jetzt schon entdeckt habe...

Das klingt, als ginge es mir supergut, aber das tut es nicht - andererseits, es ging mir schon viel, viel schlechter als heute.

Sich zusammenzureißen ist irgendwie keine Lösung, der Druck wird dadurch nur noch viel größer. K*** Dich aus, bei Deiner Therapeutin, bei der Telefonseelsorge oder auch in einer Klinik.

Ich möchte Dir so gerne helfen, irgendwie praktisch, aber das geht virtuell nicht so wirklich...

Ich nehme Dich in den Arm.

Heute werde ich nicht mehr online gehen können, bin aber Morgen sicher wieder da. Bitte, bitte, mach keinen Mist, ja?

deep
Bellasus
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Re: ich habe mich belogen

Beitrag von Bellasus »

>>>man MUSS ja weitermachen, man MUSS ja leben WOLLEN, genauso wie man arbeiten gehen MUSS, wie man einkaufen MUSS. wenn ich mir das alles genauer betrachte, ist daß leben doch ein einziges MUSS, eventuell schafft man es, aus dem MUSS mit viel phantasie und naivität ein ICH WILL zu machen, aber das WOLLEN kommt nur, weil man MUSS. huch, ich hoffe, es konnte jemand folgen.<<<
Na klar kann ich folgen, und ich bekam auf genau diesen Teufelskreis die Anregung, immer wenn mir auffällt dass ich sage "ich muß xyz" nochmal zu sagen "ich will xyz" und mir dann zu überlegen, ob ich es denn wirklich will. Öfter als man denkt kann man sich nämlich ganz bewußt entscheiden, etwas NICHT zu tun, weil es einem einfach nicht wichtig genug ist, und das ist dann ok so. Mir hat das sehr geholfen.

Ansonsten stimme ich Karin 100% zu. Ich denke, es ist sicher ganz wichtig, deinem Freund zu sagen, wie es in dir aussieht und ihn zu bitten, auch das zu glauben und zu akzeptieren, was er nicht verstehen kann, und dir zu vertrauen, dass du nicht übertreibst. Mit weiterführenden Diskussionen wäre ich vorsichtig, ich glaube damit überforderst du ihn, genau wie mit dem Sinn im Leben, den kann er dir nicht geben, ich helfe mir damit, darauf zu vertrauen, dass das irgendwann von alleine kommt, genau wie das WOLLEN - das war auch plötzlich da, als Etappensieg in der Therapie.

Und bitte bitte verbiege dich nicht aus Angst, ihn zu verlieren. Versuch ihm genau dieses Dilemma mitzuteilen, ehrlich zu sein, damit kann er hoffentlich umgehen, wenn du ihm die Luft dazu läßt.

Ich weiß, wie schwer das alles ist. Wenn ich es könnte, würde ich nicht in Kürze in eine Tagesklinik gehen. Mir ist sehr viel klar geworden in letzter Zeit, habe viele ähnliche Probleme wie du, und ich habe die Hoffnung, es mit viel Unterstützung zu schaffen. Allein geht das nicht.

In Gedanken bin ich auch bei dir, liebe Grüße
Annette




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deep
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Re: ich habe mich belogen

Beitrag von deep »

Guten Morgen,

wie geht es heute, liebe Jessi?

Viele liebe Grüße

Karin
deep
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Re: ich habe mich belogen

Beitrag von deep »

Hallo Bellasus,

auf die Idee mit dem "Ich will..." bin ich noch nicht gekommen, ich versuche es mit dem Dürfen. Aber das gefällt mir gut!

Liebe Grüße

Karin
Jessi02
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Re: ich habe mich belogen

Beitrag von Jessi02 »

hallo ihr lieben,

tut mir leid, daß ich mich nicht gemeldet habe, die letzten zwei tage waren sehr sehr stressig, wollt dann niemanden mehr hören, sehen oder lesen. ich hoffe, daß ist nicht schlimm.
hm, manche dinge im leben muss man einfach, und von denen gibt es endlos viele.
mir hat man gesagt, ich denke einfach zuviel, denke zuviel über konsequenzen nach sodaß ich gar kein ICH WILL habe, sondern es natürlich immer zu einem ICH MUSS wird. und da frag ich mich, was an meinen gedanken ist denn bitte dann noch echt, was ist richtig, was ist falsch? ich finde mich selbst so anstrengend.
und in zeiten, wo ich nicht mehr denken will, denk ich immer mehr, mein kopf platzt und ich krieg es nicht mehr abgstellt.
aber letztendlich ists sowieso egal, ich kann es nicht aufhalten, also muss ich da durch. letztendlich ist irgendwann alles vorbei, ich sehs ja immer wieder, unsere familie ist verflucht, ich war schon auf sovielen beerdigungen, irgendwann kommt meine eigene und bis dahin schlag ich mich durch.
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