Erschöpfung, Isolation, Einsamkeit

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Amaible1971
Beiträge: 4
Registriert: 23. Dez 2023, 08:49

Erschöpfung, Isolation, Einsamkeit

Beitrag von Amaible1971 »

Hallo, ich bin ganz neu hier im Forum und wünsche mir den Austausch mit Menschen, die mich verstehen.
Zu meiner Geschichte: An Depressionen leide ich schon seit langer Zeit. Ich habe jahrelang Antidepressiva eingenommen, hatte aufgrund der Erkrankung zwei Rehas, Psychotherapie vor längerer Zeit.
Es ging mir zeitweise recht gut. Das änderte sich schlagartig, nachdem mein Partner mich vor drei Monaten ganz plötzlich von einem Tag auf den anderen verlassen hat.
Ich bin echt durch die Hölle gegangen, leide sehr an Verlustängsten und Panikattacken. Seit dem bin ich psychisch völlig eingebrochen, nehme wieder Psychopharmaka. Merke allerdings kaum einen Unterschied, nehme sie seit 8 Wochen. Habe mich aufgrund der Depression isoliert und bin dadurch sehr einsam geworden. Die Gespräche mit anderen Menschen verursachen bei mir zur Zeit Angst. Bin irgendwie vom Selbstwertgefühl ganz unten gelandet. Durch die Trennung zweifele ich extrem an mir. Durch ihn habe ich mich im Leben angenommen gefühlt. Irgendwie habe ich mich emotional abhängig gemacht.
Bin total down, Schlafstörungen, Antriebslosigkeit und Minderwertigkeitsgefühle machen mir das Leben zur Hölle.
Gehe zwar arbeiten und versuche alles irgendwie aufrechtzuerhalten (mein Sohn hat eine autistische Symptomatik, pflegebedürftige Eltern), könnte aber schreien vor Erschöpfung. Vielen Dank schon mal fürs Durchlesen und sorry für den langen Text.
Müllem063
Beiträge: 43
Registriert: 24. Aug 2023, 11:05

Re: Erschöpfung, Isolation, Einsamkeit

Beitrag von Müllem063 »

Hey,

Erstmal willkommen im Forum und danke für deinen Beitrag. Ich hoffe, der Austausch hilft dir oder lenkt zumindest ab.

Ich kann das gut nachvollziehen, was du schreibst. Auch bei mir war es eine Beziehungsdynamik, die mich total aus der Bahn geworfen hat. Danach rutschte ich in komplette Selbstzweifel und Minderwertigkeitsgefühle. Da stehe ich auch immer noch und es fühlt sich teilweise sehr hoffnungslos an.

Mega Respekt vor dir, dass du weiter arbeitest. Hilft dir die Arbeit?
Hast du Freunde, die für dich da sind? (Auch wenn du dich mal zweiweise isolierst?)
Hast du sonst noch Dinge, die dir helfen?
Hast du etwas gefunden, was deinen Selbstwert- vielleicht auch nur akut- etwas erhöht?

Du bist auf jeden Fall nicht alleine und es kommen wieder bessere Zeiten- das ist sicher!

Liebe Grüße
Amaible1971
Beiträge: 4
Registriert: 23. Dez 2023, 08:49

Re: Erschöpfung, Isolation, Einsamkeit

Beitrag von Amaible1971 »

Vielen Dank erstmal für deine Antwort.

Ich habe eine beste Freundin seit ca. 45 Jahren. Das ist die einzige, die ich zur Zeit gerne in meinem Leben habe.
Alle anderen Menschen verursachen Stress in mir. Da habe ich das Gefühl, eine Rolle spielen zu müssen, die ich zur Zeit einfach nicht spielen kann.

Ich habe mich vor 6 Wochen einer Selbsthilfegruppe angeschlossen (Thema Depression), mal gucken, es waren erst drei Treffen.

Ja, irgendwie brauche ich immer Bestätigung von außen, um mich selbst wertvoll zu fühlen. Ich bin so leer in mir drin.

Einen Therapieplatz zu finden ist so schwer. Ich hatte einen Termin bei einer Beratungsstelle. Da ging es aber überwiegend meine Eltern und wie ich evtl Dinge abgeben kann.
Suchende2
Beiträge: 1363
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: Erschöpfung, Isolation, Einsamkeit

Beitrag von Suchende2 »

Hallo Amaible,

willkommen im Forum. Ich wünsche Dir einen guten Austausch.
Mit einem autistiscchen Kind hast Du eine sehr erschwerte Situation zu Hause, vor allem, wenn Du alleinerziehend bist.

War Deine damalige Psychotherapie gut? Dann melde Dich wieder dort. "Altpatienten" haben bei den meisten Therapeuten Vorrang vor "Neupatienten".

Ich habe bei meinen Freunden überwiegend gute Erfahrungen gemacht, denen von der Depression zu erzählen und in dem Gespräch auch zu sagen, daß ich zur Zeit den Kontakt nicht halten kann. Daraufhin haben meine Freunde vorübergehend überwiegend den Kontakt gehalten. Auch wenn jeder Kontakt für mich sehr anstrengend war, hat er mir doch insgesamt gutgetan. Wäre das für Dich eine Möglichkeit?

Kann der Vater Deines Sohnes eventuell mehr Verantwortung für Euren Sohn übernehmen?

Alles Gute,
Suchende
f33
Beiträge: 53
Registriert: 7. Dez 2023, 17:05

Re: Erschöpfung, Isolation, Einsamkeit

Beitrag von f33 »

Amaible1971 hat geschrieben: 28. Dez 2023, 18:54 Ich habe mich vor 6 Wochen einer Selbsthilfegruppe angeschlossen (Thema Depression), mal gucken, es waren erst drei Treffen.
Hört sich gut an. Bevor unsere SHG im Zuge von Corona zerbrach, war diese ein unerschöpflicher Quell für Dynamik. Dampferfahrten, Weihnachtsmarkt-Besuch, Weihnachtsfeiern, gemeinsame Abendessen, Raclette- Nachmittage, oder Karaoke- um nur einige Highlights zu nennen. :P
Besonders die Karaoke-Abende waren immer der Renner und hier konnte ich längst vergessene private Verstärker- und Computertechnik wieder reaktivieren. Die Räume für unsere Veranstaltungen wurden übrigens von der Kommune gesponsert.
...
Amaible1971 hat geschrieben: 28. Dez 2023, 18:54 Ja, irgendwie brauche ich immer Bestätigung von außen, um mich selbst wertvoll zu fühlen. Ich bin so leer in mir drin.
Ich glaube, dass jeder Mensch Bestätigung braucht. Leider ist dieser ganz natürliche Bedarf überdimensioniert, wenn die entsprechenden Rezeptoren im Gehirn durch psychische Faktoren gestört sind.
Dieses Defizit gilt es wieder zu füllen.
In der dunklen Jahreszeit helfen mir temporär Sport, Spaziergänge, oder Audio/Video-Konferenzen mit Gleichgesinnten.

Gestern Abend haben wir im Zoom vier Stunden am Stück über Gott und die Welt gelabert. Danach war die Leere Geschichte und auch das Einschlafen war kein Problem mehr, aufgrund der vielen Impressionen meiner Bekannten aus der Videokonferenz. Alternativ geht's auch ohne Anmeldung und/oder Vorkenntnisse.

Ich hoffe Du findest auch ein passendes Rezept für dich @Amaible. :hello:
Liebe Grüße f33
Maxegon
Beiträge: 2528
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Erschöpfung, Isolation, Einsamkeit

Beitrag von Maxegon »

Es beginnt mit Erschöpfung, dann erfolgt oft Isolation (Rückzug), am Ende ist man allein.

Du (ich, wir) kannst doch nur die Erschöpfung vermeiden, sonst wird die Abwärtsspirale nie aufhören, wenn man nicht am Anfang, der Ursache beginnt.

Wenn ich immer über meine Leistungsgrenze hinausgehe, werde ich irgendwann zusammenbrechen, werden meine Ressourcen erschöpft sein, im schlimmsten Fall werde ich kaputtgehen, für immer.

Da hilft auch kein Jammern, wenn man nichts verändert.

Verringere deine Last, deine Belastung.
Jeder darf traurig, erschöpft, k.o. sein.
Jeder braucht Zeit, um sich zu entspannen,

die Zeit musst (!) du dir nehmen.
Amaible1971
Beiträge: 4
Registriert: 23. Dez 2023, 08:49

Re: Erschöpfung, Isolation, Einsamkeit

Beitrag von Amaible1971 »

Hallo, erstmal vielen Dank für das Feedback. Ich weiß, dass es so nicht weitergehen kann. Die Trennung war der Auslöser für meinen Absturz. Abgeben würde ich gerne, hab nur keine Lösung derzeit parat, wie und was diesbezüglich möglich ist.

Mein Sohn ist mittlerweile erwachsen, lebt noch bei mir. Ob er jemals selbstständig leben kann bleibt ungewiss. Der Vater hat sich all die Jahre nicht gekümmert, da erwarte ich nichts mehr.

Bei meinen Eltern ist ein Pflegedienst involviert auf mein Drängen hin. Trotz allem gibt es dort reichlich zu tun, Papierkram, Arztbesuche etc., was eben an mir hängen bleibt.
Obwohl das Verhältnis zu meiner Mutter stets angespannt war, kann ich mich als Tochter schlecht komplett aus der Verantwortung ziehen.

Meine ehemalige Therapeutin ist mittlerweile in Rente. Aber auch da bin ich dran. Ich möchte und brauche auf jeden Fall weiterhin Unterstützung.

"Zoom" ist mir bislang unbekannt. Da müsste ich mich mal schlau machen.
Maxegon
Beiträge: 2528
Registriert: 25. Mai 2021, 11:33

Re: Erschöpfung, Isolation, Einsamkeit

Beitrag von Maxegon »

Amaible1971 hat geschrieben: 29. Dez 2023, 18:03 Obwohl das Verhältnis zu meiner Mutter stets angespannt war, kann ich mich als Tochter schlecht komplett aus der Verantwortung ziehen.
Das verlangt ja auch niemand!
Doch du kannst mehr abgeben, wenn du völlig ausfällst, ist niemanden geholfen.
Als meine Mutter alt wurde und krebskrank, viel es mir auch immer schwerer, was die Beziehung zusätzlich anspannte.
Ich schwankte immer zwischen einer gewissen, erzwungenen Gleichgültigkeit, manche nennen es Gelassenheit, und dem " ich muss!".

Da einen Weg zu finden, hat bei mir sehr lange gedauert, mit jeder Menge schlechtem Gewissen und Selbstzweifeln.
Doch da musste ich durch. Was konnte ich effektiv tun?

Manchmal musste ich regelrecht meine Gefühle unterdrücken und mich zwingen abzuschalten, um nicht selbst völlig aus dem Gleichgewicht zu geraten. Schließlich musste ich ja auch noch mein eigenes Leben irgendwie gebacken bekommen.

Du darfst egoistisch sein, musst es sogar manchmal.

Wenn du keine Zeit für deine Eltern hast, ist es niemals eine Entscheidung gegen sie, sondern für dich!

So hart wie's klingt, Eltern sterben irgendwann (meine sind bereits gestorben), doch du musst dich, um dich kümmern, um dein Leben, auch du wirst einmal ...

Hilf deinem Sohn so selbstständig wie möglich zu werden und ja, es darf auch Mal etwas weh tun.

Doch vergiss dich nicht.

:hello:
Suchende2
Beiträge: 1363
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: Erschöpfung, Isolation, Einsamkeit

Beitrag von Suchende2 »

Hallo Amaible,

eigentlich bist Du schon auf einem guten Weg.
Du weißt, daß Du Hilfe benötigst und Du suchst aktiv nach passender Hilfe.
Du schaust, was Du bei Deinen Eltern abgeben kannst und bist auch da schon die ersten Schritte gegangen.
Traue Dich auch vor Deinen Eltern für Dich und Deinen Sohn einzustehen. Und schaue, was noch abgegeben werden kann. Bei uns gibt es Menschen, die sich auf Seniorenbetreuung spezialisiert haben. Die machen den Papierkram, begleiten bei Arztbesuchen, .... Allerdings ist das ziemlich teuer.

Was Deinen Sohn angeht, toll, daß Du es bis hierhin alleine geschafft hast (ohne den Vater). Ich kann mir nur ungefähr ausmalen, wie anstrengend das war (auch bei mir in der Familie ist ein junger Mann, der im Autismusspektrum liegt)!
Ich weiß auch wie schwer, zum Teil unmöglich, es ist, die benötigten Hilfen zu bekommen.
Bist Du in einer guten Selbsthilfegruppe für Eltern von autistischen Kindern, die Dich eventuell unterstützen kann?

Ich wünsche Dir die notwendige Kraft, die Du benötigst um aus dieser Krise herauszukommen.

Alles Gute,
Suchende
Amaible1971
Beiträge: 4
Registriert: 23. Dez 2023, 08:49

Re: Erschöpfung, Isolation, Einsamkeit

Beitrag von Amaible1971 »

Vielen Dank für die hilfreichen Rückmeldungen.

Ich weiß, dass ich mich wieder richten muss. Es fällt mir momentan sehr schwer, bin emotional völlig am Boden.

Ich sehe auch Fortschritte in meinem Verhalten, habe nach der Trennung nicht geklammert, habe es einfach akzeptiert, obwohl es die Hölle war. Das wäre vor Jahren noch anders gewesen mit meinen Verlustängsten.

Diese Beziehung hat mir bezüglich der vielen Baustellen in meinem Leben Kraft gegeben. Die ist gerade weg.
Das meine ich mit der emotionalen Abhängigkeit, in die ich mich begeben habe.

Mein Wunsch ist es, diese Stärke in mir selbst zu finden, unabhängig von jemand anderem.

An diesem Thema möchte ich vordergründig arbeiten.

Lieben Gruß
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