Niemand kommt mehr an ihn heran

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Lönneberga
Beiträge: 2
Registriert: 6. Jul 2021, 07:25

Niemand kommt mehr an ihn heran

Beitrag von Lönneberga »

Hallo,

ich fange jetzt einfach mal kurz an die Lage zu schildern. Es geht um meinen „kleinen“ Bruder (27). Mein Bruder lebt noch bei unserer Mutter (Eltern haben sich unschön getrennt, als wir Teenager waren) und kommt seit mittlerweile einigen Jahren nicht mehr aus dem Loch raus, in das er irgendwann gefallen ist. Nachdem er das Studium nach langem hin und her abgebrochen hat, hat er sich nun noch mehr zurückgezogen. Kommt gar nicht mehr aus seinem Zimmer, isst unregelmäßig, bewirbt sich nicht, etc. Es geht ihm ganz offensichtlich nicht gut. Meine Mutter und er kommen mittlerweile überhaupt nicht mehr zurecht, das ganze zieht sich jetzt schon über Jahre, er nimmt alles, was sie sagt als Kritik auf und gibt ihr streckenweise die Schuld an seiner Lage. Im letzten Jahr gab es zumindest ein Gespräch bei der psychosozialen Anlaufstelle, allerdings hat er sich danach dann doch nicht um den Therapieplatz gekümmert. Meine Mutter weiß nicht weiter, sie hat selber sehr viel zu schultern und kann nicht mehr, daher hat sie ihn nun gebeten auszuziehen. In seinem Zimmer stapelt sich der Müll und es trudeln immer mal wieder Mahnungen ein. Er bezieht Hartz 4 und kriegt wohl regelmäßig Geld von der Oma zugesteckt, um Wohngeld hat er sich aber nie bemüht. Er bewirbt sich wohl ab und an auf Ausbildungsplätze, bislang aber ohne Erfolg und es wird ja leider mit steigendem Alter auch nicht einfacher. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er einfach mal wieder ein Erfolgserlebnis braucht.
Ich selbst lebe seit Januar im Ausland, vorher hat er zumindest ab und an offen mit mir gesprochen, ich habe ihn finanziell ausgeholfen usw. Seit drei Monaten ignoriert er nun aber sämtliche Nachrichten. Vielleicht kann er einfach nicht. Ich mache mir große Sorgen und weiß nicht, was ich noch tun kann. Ob ein Auszug positive oder negative Auswirkungen hat usw. Ich bin dankbar für jeden Ratschlag.
Herr Rossi
Beiträge: 166
Registriert: 2. Sep 2018, 08:19

Re: Niemand kommt mehr an ihn heran

Beitrag von Herr Rossi »

Hallo Lönneberga.

Bei dem Namen schätze ich mal, dass du nach Schweden bist? :hello:

Mal ganz blöd gefragt, was soll denn noch schlimmer werden, wenn er ausziehen muss?
Vielleicht ist es an der Zeit, dass er einen Schuss vor den Bug bekommt.
Sicherlich kann man niemanden zu einer Therapie zwingen, aber so wie die Dinge jetzt scheinbar liegen, bringt es auch niemandem etwas. Weder ihm noch deiner Mutter.

Liebe Grüße aus Schweden

Herr Rossi
Windwolke
Beiträge: 188
Registriert: 6. Mai 2021, 11:02

Re: Niemand kommt mehr an ihn heran

Beitrag von Windwolke »

Hallo Lönneberga,

mir tut es leid, dass deine Mutter in einer so schwierigen Situation steckt. Ihre Entscheidung, deinen Bruder ausziehen zu lassen, war genau richtig. Ich an ihrer Stelle würde alleine noch einige Gespräche bei der Psychosozialen Anlaufstelle erbitten, oder bei einer Ehe-, Familien- oder Lebensberatungsstelle. Dort könnte sie den Rücken gestärkt bekommen, so dass sie ihren Wunsch nach Auszug auch durchsetzen kann. Denn sie geht wirklich kaputt, wenn das nicht gelingt.

Ich weiß aus Familienberatungen magersüchtiger Menschen, dass die Eltern aufgefordert werden, ihre Töchter ausziehen zu lassen. Es ist der einzige Weg für die Töchter, aus ihrer Haltung rauszukommen. Aber für die Eltern ist das natürlich sehr schwer und emotional belastend. Deshalb sind stärkende Gespräche sehr hilfreich.

Vielleicht kommt dein Bruder in Bewegung, wenn er nicht mehr bei deiner Mutter wohnt. Das Doofe ist ja, dass wir unseren Brüdern nicht helfen können, wenn die sich abschotten und kein Interesse haben. Sorgenmachen ist verständlich, aber es hilft nichts. Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Das Loslassen wäre ein großer und wichtiger Schritt für deine Mutter und für deinen Bruder. Aber sie muss ihn erst mal aus der Wohnung bekommen, ohne einzuknicken. Auch wir Geschwister müssen üben loszulassen, zumindest vielleicht den direkten Kontakt. Vielleicht hilft es dir, wenn du deinem Bruder zutraust, dass er sich Hilfe sucht, wenn er nicht mehr im Nest eurer Mutter versorgt wird. Und es macht bestimmt mehr Sinn, deine Mutter zu ermutigen, als dich weiter um deinen Bruder zu kümmern.

Ich wünsche euch Kraft!
LG Windwolke
Lönneberga
Beiträge: 2
Registriert: 6. Jul 2021, 07:25

Re: Niemand kommt mehr an ihn heran

Beitrag von Lönneberga »

Ihr Lieben,

vielen Dank für die Antworten. Das bestärkt mich ein wenig. In der letzten Woche habe ich tatsächlich mal wieder eine Nachricht bekommen, unsere Großmutter ist schwer krank und ins Krankenhaus gekommen, da meldete er sich dann kurz. Das beruhigt mich manchmal, dass er, wenn derartige Dinge passieren, dann doch auf mich zukommt. Meine Mutter muss sich nun intensiv um ihre Mutter kümmern, ich hoffe, dass sie trotzdem die Kraft findet konsequent zu bleiben, aber es ist einfach sehr viel, was da auf sie einprasselt. Ich bin leider nicht in Schweden, Herr Rossi, sondern so ziemlich am ganz anderen Ende der Welt. Wie es aussieht, gibt es aber in zwei Wochen endlich mal wieder einen Flug und ich kann meine Familie besuchen und zumindest anderthalb Monate vor Ort sein.
Leny
Beiträge: 1
Registriert: 26. Dez 2023, 12:04

Re: Niemand kommt mehr an ihn heran

Beitrag von Leny »

Hallo Lönneberga,
Ich bin ganz neu hier und direkt über deinen Beitrag gestolpert, der ganz viel Parallelen zu meiner Lage hat. Da dachte ich ich frag einfach mal wie sich eure Situation entwickelt hat?
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