Massive Jobschwierigkeiten und kein Ausweg

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souleclipse
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Massive Jobschwierigkeiten und kein Ausweg

Beitrag von souleclipse »

Hallo zusammen!

Ich bin ein neues Mitglied, möchte mich gerne vorstellen und Euch um Rat fragen.

Ich bin fast 40 Jahre alt, glücklich verheiratet und habe ein Kind. Ich hatte eine schwere, traumatische Kindheit und leide seit meiner Kindheit bzw. frühen Jugend an schweren psychischen Problemen. Ich habe mich, trotz lebenslanger Leiden, erst jetzt überwunden, eine Therapie zu machen. Zuvor habe ich mich intensiv damit beschäftigt, unzählige Fachbücher gelesen. Die Diagnose steht noch nicht fest aber es wird sich voraussichtlich um die folgenden handeln: Borderline Persönlichkeitsstörung (regelmäßiges SVV seit der Kindheit, seit der Jugend schädigender), Angststörung (insbesondere soziale Ängste) und eine rezidivierende schwere Depression (mit dem Alter an Dauer und Intensität zunehmend) seit der frühen Jugend.

Ich habe trotz erheblicher Selbstwertprobleme einen sehr guten Masterabschluss in Informatik, habe sechs Jahre lang als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Softwareentwicklung gearbeitet. Aufgrund schwerster Depressionen und sozialer Angst musste ich den Job an den Nagel hängen und die Firma wechseln. In der neuen Firma habe ich ein Jahr lang als Softwareentwickler nur in Teilzeit gearbeitet (aufgrund der genannten Umstände), anschließend 1,5 Jahre 30h pro Woche und seit vier Monaten wieder 40h pro Woche.

Beim Einstieg habe ich aufgrund der schweren Episode und immensen Selbstwertproblemen schlecht verhandelt und verdiene ca. 20% weniger als mein Marktwert. Mein Vorgesetzter nutzt meine Schwäche aus und verweigert mir, trotz hoher Anstrengungen bei der Arbeit meinerseits, seit zwei Jahren jegliche Gehaltsanpassungen, lügt mir offen ins Gesicht, schiebt mich mit diversen Ausreden immer weiter auf. Diese ganze Situation macht(e) mir sehr zu schaffen.

Vor einigen Monaten begann eine sehr schwere depressive Episode und auch das selbstverletzende Verhalten hat massiv zugenommen (teils mehrmals pro Woche). Ich war sechs Wochen lang krankgeschrieben und habe eine Therapie begonnen (bisher leider nur eine Sitzung, mit Wartezeit). Danach habe ich meinen Vorgesetzten erneut auf eine Gehaltserhöhung angesprochen. Er hat mir nun gesagt, ich soll Projekte übernehmen, die noch mehr Leistung unter Zeitdruck erfordern. Ich bin leider nicht in der Lage dies zu bewerkstelligen. Seit dem ignoriert er meine Nachrichten.

In der aktuellen Situation kann ich nicht die Kraft aufbringen, weiterhin nach einem neuen Job zu suchen und meine Leistungen beim aktuellen Arbeitgeber weiter zu erhöhen. Ich bin sehr stark frustriert und es geht mir, auch aufgrund der ständigen Versetzungen durch den Vorgesetzten, immer schlechter. Ich komme morgens nur mit großen Schwierigkeiten aus dem Bett und überstehe den Tag nur mit größten Anstrengungen und längeren Pausen. Meine Leistungen haben abgenommen. Ich muss dazu sagen, dass ich zu 100% in Homeoffice arbeite. Ich kann mir nicht vorstellen, mich wieder in ein Büro zu setzen. Meine Leistungen würden, wie die Erfahrung zeigt, stark abnehmen und es würde die Sache nur noch verschlimmern.

Ich weiß nicht, wie ich mich in dieser Situation verhalten soll, denn ich sehe keinen Ausweg. Meine Arbeit verschärft meine Depression massivst und es gibt, auch durch meinen Wunsch nach 100% Homeoffice, keine Alternativen für mich (bekomme nach Vorstellungsgespräch Absagen, weil keiner bereit ist, mich zu 100% in Homeoffice einzustellen). Ich habe bereits darüber nachgedacht, ob es eine Möglichkeit gäbe, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen und so "leichter" an Homeoffice Jobs zu gelangen, habe aber Angst, dass ich dadurch stigmatisiert werde und dass ich, aufgrund fehlender Dokumentation (da ich mich trotz massiver Probleme erst jetzt in Therapie begeben habe) keine Aussicht auf einen solchen Ausweis habe. Ich habe auch darüber nachgedacht bei meinem aktuellen Arbeitgeber einfach Dienst nach Vorschrift zu machen bzw. bewusst weniger Stunden am Tag zu arbeiten, ohne meine Arbeitszeit zu reduzieren, denn ich bekomme zurzeit ein Teilzeitgehalt, bei 40h pro Woche (Vertrauensarbeit). Ich kann mir nicht vorstellen auf Dauer bei diesem Unternehmen zu arbeiten.

Bitte versteht; ich bin nicht faul, mag meinen Job, habe Lust ihn weiter auszuführen aber die Umstände machen es mir unmöglich. Auch die Erfahrung aus der Vergangenheit zeigt mir, dass ich schnell ausbrenne. Teilzeit ist leider nicht möglich, da ich Alleinverdiener bin.

Hat jemand von Euch ähnliche Erfahrungen? Wie schätzt Ihr die Möglichkeit eines Schwerbehindertenausweises ein? Welche Möglichkeiten habe ich noch?

Ich freue mich sehr auf Eure Antworten und Ratschläge!
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Allegretto
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Re: Massive Jobschwierigkeiten und kein Ausweg

Beitrag von Allegretto »

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Zuletzt geändert von Allegretto am 25. Feb 2024, 18:08, insgesamt 1-mal geändert.
Suchende2
Beiträge: 1207
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: Massive Jobschwierigkeiten und kein Ausweg

Beitrag von Suchende2 »

Hallo souleclipse,

folgende Gedanken sind mir bei Deinem Bericht gekommen.

Was spricht gegen eine Krankschreibung, wenn es Dir zur Zeit schlecht geht?
Das könnte eventuell Streß herausnehmen und Du könntest eventuell Kraft für einen Neustart in einem anderen Betrieb sammeln.

Nur dadurch, daß Du einen Schwerbehindertenausweis hast, kannst Du nicht automatisch 100% im Home office arbeiten.

Weniger arbeiten, als vereinbart würde ich nicht. Dann hat Dein Arbeitgeber einen Grund Dich zu kündigen. Du hast den Arbeitsvertrag zu dem Gehalt zugestimmt. Es ist bitter, daß Dich Dein Arbeitgeber ausnutzt, aber der Vertrag wurde auch von Dir geschlossen.
Kannst Du eventuell mit dem Vorgesetzten über Deinem direkten Vorgesetzten wegen des Gehaltes reden?

Alles Gute,
Suchende
Senif
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Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Massive Jobschwierigkeiten und kein Ausweg

Beitrag von Senif »

Hallo souleclipse,

ich hab auch an Krankschreibung gedacht und dann ohne den Arbeitsstress einen neuen Job suchen. Es gibt diese 100% Remote Jobs, allerdings nicht so häufig, so dass die Suche da schon einige Zeit in Anspruch nehmen kann.
Bei deinem alten AG etwas zu erreichen, ist wohl nicht sehr aussichtsreich. Dann lieber einen anderen Weg suchen. Das kann dir aber keiner abnehmen.

Ich arbeite auch (sehr wenig, weil ich erst jetzt den Wiedereinstieg wage) in der IT, und habe einen Ausweis. Dieser ist im Falle HomeOffice aber nicht hilfreich. Insofern sehe ich das wie Suchende.

LG Senif :hello:
souleclipse
Beiträge: 2
Registriert: 27. Nov 2023, 16:18

Re: Massive Jobschwierigkeiten und kein Ausweg

Beitrag von souleclipse »

Vielen Dank für die Antworten!
Suchende2 hat geschrieben: 1. Dez 2023, 15:41 Kannst Du eventuell mit dem Vorgesetzten über Deinem direkten Vorgesetzten wegen des Gehaltes reden?
Das ist leider aussichtslos, weil er mich bewusst ignoriert. Würde es sich nicht schon seit über zwei Jahren hinziehen, hätte ich noch einen Versuch gewagt aber mit dem Vorgesetzten hat es leider keinen Sinn.
Senif hat geschrieben: 2. Dez 2023, 13:37 Ich arbeite auch (sehr wenig, weil ich erst jetzt den Wiedereinstieg wage) in der IT, und habe einen Ausweis. Dieser ist im Falle HomeOffice aber nicht hilfreich.
Welche Vorteile bringt Dir der Ausweis im IT-Job, natürlich außer ein Paar zusätzliche Urlaubstage, gewissen steuerliche Vorteile und einen besseren Kündigungsschutz? Kannst Du Deine Erfahrungen teilen?
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Senif
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Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Massive Jobschwierigkeiten und kein Ausweg

Beitrag von Senif »

Bis jetzt hat er mir keine Vorteile gebracht, außer die von Dir genannten und bei der Einstellung stand in der Jobausschreibung, gern auch Menschen mit Handicap. Momentan kämpfe ich noch, um einen Fuß in die Tür zu bekommen. Bin derzeit erst bei 8h die Woche.
Secret
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Re: Massive Jobschwierigkeiten und kein Ausweg

Beitrag von Secret »

Hallo souleclipse,

wie meine Vorredner:innen schon geschrieben haben bringt in diesen Fall die Schwerbehinderung nichts, höchstens Steuervorteile.
Ich würde mich so lange krank schreiben lassen wie es geht. Bist du in psychologischer Behandlung? Das ist wichtig um eine lange AU zu bekommen. Und wenn du länger als 6 Monate AU bist wirst du von deiner Krankenkasse zu einer REHA aufgefordert. Wenn du nach der REHA entlassen wirst erstellen die einen Entlassungsbericht. Du schreibst du musst Vollzeit arbeiten. Wenn die REHA aber beurteilt das du das nicht kannst bekommst du eine Erwerbsminderungsrente, ich habe eine Teilerwerbsminderungsrente und darf noch 3 bis 6 Stunden in meinen Beruf arbeiten. Dann könntest du dir eventuell eine Teilzeitstelle danach suchen. Ich habe in der IT Branche übrigens als Buchhalterin gearbeitet und finde mich da bei deinen Beschreibungen wie sich dein Chef so gibt wieder bzw. meinen Noch - Chef.
Ich wünsche Dir viel Kraft
LG

Secret
Unacquainted
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Registriert: 25. Nov 2023, 12:19

Re: Massive Jobschwierigkeiten und kein Ausweg

Beitrag von Unacquainted »

souleclipse hat geschrieben: 30. Nov 2023, 19:38 Hat jemand von Euch ähnliche Erfahrungen? Wie schätzt Ihr die Möglichkeit eines Schwerbehindertenausweises ein? Welche Möglichkeiten habe ich noch?

Ich freue mich sehr auf Eure Antworten und Ratschläge!
Ich steckte vor einigen Jahren in einer ähnlichen Situation im Job.
Nachdem du offenbar frustriert in diesem Job bist, wechsle den Arbeitgeber. Es wird kaum besser, wie du schreibst.
Sie spielen da eine Hinhaltetaktik mit dir. Wenn du selbst meinst, dass dein Chef deine Schwäche ausnutzt und 20% weniger zahlt, dann raus aus dem Laden.
Nimm dir eine Auszeit bzw. lass dich vor allem fachmännisch beraten bzw. behandeln.
Schlumpffine
Beiträge: 374
Registriert: 3. Mai 2020, 18:29

Re: Massive Jobschwierigkeiten und kein Ausweg

Beitrag von Schlumpffine »

Hallo souleclipse,
der Schwerbehindertenstatus kann mehr als Du denkst.
So ist dein Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet dir einen "Leidensgerechten Arbeitsplatz" zur Verfügung zu stellen.
Eine Kündigung wegen "Minderleistung" wird sehr erschwert.
Nähere Infos beim Integrationsfachdienst (IFD) oder beim EUTB.Auch die Schwerbehindertenvertretung kann-muss aber nicht- recht hilfreich sein.
Infos zum Thema Schwerbehindertenausweis im Thread viewtopic.php?t=39859
gruß
Schlu
Auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten Schritt. Konfuzius
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