Grenzen einer Mutter

Ginga
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Registriert: 5. Nov 2023, 11:15

Re: Grenzen einer Mutter

Beitrag von Ginga »

Liebe Ailin.
Vielen Dank für deine Anteilnahme. Das tut gut.
Ich versuche, deine konkreten Fragen zu beantworten, obwohl es individuell immer doch unterschiedliche Besonderheiten und Schwerpunkte gibt. Gemeinsamkeiten sehe ich jedoch auch. Vor allem in deiner und meiner Erfahrung als Mutter.
Mein Sohn war von Anfang an in seiner motorischen Entwicklung langsam. Kognitiv aber völlig fit. In der Grundschule gab es die ersten Schwierigkeiten, weil er sehr langsam schrieb, oft träumte, leise und kein Gruppenmensch war. Er bekam Förderpläne und eine erste Diagnostik. Diese war nicht eindeutig, also keine Diagnose (ein Fehler, wie die Psychiaterin der heutigen Diagnose entrüstet feststellte). Es gab dann erstmal Ergotherapie, Konzentrationstraining, Kinesiologie, Osteopathie und eine Mutter-Kind-Kur. Er hangelte sich so durchs Schulsystem. Bis zur Pandemie, da war er 15. Hier kam der Crash und meine Alarmruf ins System. Keine Termine, Wartelisten usw. Vor einem Jahr dann endlich ein Termin in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Arztpraxis, gleichzeitig BFZ. Hier wurde dann die Diagnostik für ADHS begonnen, gleichzeitig ein Schulwechsel initiiert. Seit fast einem halben Jahr nimmt er Kinesteen. Das war zunächst gut. Allerdings "vergisst" er es jetzt ständig und findet, es macht auch keinen Sinn, weil er ja keine Aufgabe hat und eh tagsüber schläft. Einen Therapieplatz (bei einer Therapeutin in Ausbildung) hat er dann auch irgendwann bekommen und versucht halbwegs regelmäßig hinzugehen. Antidepressiva waren im Gespräch. Er bekommt aber kein Rezept, weil er gar nicht zum Arzt geht. Empfehlung ist eine Klinik aber auch das wird nichts, wenn er sich nicht selbst kümmert. Ich hatte bereits alles angeleiert bevor er 18 wurde. Jetzt hängt es aber an ihm und nichts bewegt sich.
Zum ADHS. Solange mein Sohn noch im System war, hat ihm die Diagnose Erleichterung verschafft und Druck genommen. Jetzt ist es eigentlich egal.
Zur Reha. Die reha ist eigentlich dassalbe, wie eine Kur. Wir statt von der Krankenkasse vom Rententräger bezahlt und setzt eine Diagnose voraus. Ich habe das gewählt, weil es sehr viel schneller die Aussicht auf einen freien Platz gab. Nachteil: man kann die Klinik nicht aussuchen. Deshalb würde ich es so nicht empfehlen. Die Klinik war nicht geeignet für die Bedürfnisse meines Sohnes- anderer Schwerpunkt.
Was du von deiner Tochter und dem Wunsch allein zu sein erzählst, berührt mich. Mein Wunsch ist es, alles aufzunehmen und wenn irgend möglich umzusetzen, was mein Sohn formuliert. Und das ist auch immer wieder sein Wunsch. Zum Beispiel, sein Zimmer abzuschließen, auch wenn er weiß, dass ich nicht einfach so reinkomme. Und wie wunderschön, wenn deine Tochter im Alleinsein aufblühen kann.
Ailin
Beiträge: 10
Registriert: 15. Nov 2023, 13:39

Re: Grenzen einer Mutter

Beitrag von Ailin »

Liebe Mütter,

Wie geht es Euch? Wahrscheinlich seid Ihr auch so drin manchmal, dass man gar nicht mehr dazu kommt hier rein zu schauen.
Ich hatte heute ein Gespräch mit der Therapeutin meiner Tochter, die ein wenig in die Richtung ging, die ich selber auch für zumindest ansatzweise interessant halte.
Nämlich sich wirklich mal für einen längeren Zeitraum entgegen der eigenen Gewohnheit zurückzuhalten. Nicht ständig Nachzufragen wie es geht, was man noch tun könnte, ob man nicht dieses oder jenes ausprobieren möchte.

Das fällt mir selber wahnsinnig schwer, aber ich versuche es momentan mehr und mehr umzusetzen. Meine Tochter hat mir gesagt, dass sie möchte, dass ich Dinge tue, die mir Freude machen, mich um mich selbst kümmern soll und mit keine Sorgen machen soll. Das ist natürlich ziemlich illusorisch (sich keine Sorgen zu machen). Aber immer wenn ich das halbwegs erfolgreich versucht habe, schien es mir als ob es ihr tatsächlich geholfen hat.

Trotz ihrer Depression und den Schwierigkeiten sich aufzuraffen und gegen ihre Krankheit anzugehen habe ich den Eindruck, dass sie ganz stark eine gewisse Autonomie braucht, in der sie selbst entscheiden kann. Und wenn das bedeutet, dass sie im Bett bleibt. Ich versuche dann ihr zu zeigen, dass ich etwas für mich tue. Dass ich aus dem Haus gehe, um micht zu verabreden, oder zum Sport.

In letzter Zeit habe ich das Gefühl, dass sie das doch ein Stück weit erleichtert. Man spürt noch keine riesige Veränderung, aber doch ein wenig.

Wie schafft Ihr das, Euch abzugrenzen? Habt Ihr den Eindruck, dass es auch Euren Kindern dann besser geht?

Viele Grüße
Ailin
DieNeue
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Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Grenzen einer Mutter

Beitrag von DieNeue »

Hallo Ailin,

ich finde es gut, dass du versuchst dich zurückzuhalten. Es ist zwar natürlich gut und wichtig zu wissen, dass die Eltern für einen da sind, aber es kann auf Dauer schon zur Belastung werden, wenn jemand ständig nachfragt und Vorschläge bringt (machen übrigens nicht nur Eltern ;)). Man hat dann gar keinen Nerv mehr sich selber was zu überlegen oder wenn es einem mal besser geht, kommt plötzlich wieder jemand und erinnert einen an die Krankheit.
Mir hilft es auch, wenn Leute sich um sich selber kümmern und sich nicht so viele Sorgen um mich machen.

Liebe Grüße,
DieNeue
Ailin
Beiträge: 10
Registriert: 15. Nov 2023, 13:39

Re: Grenzen einer Mutter

Beitrag von Ailin »

Erst nochmal eine kurze Nachricht an Ginga: Vielen Dank für Deine Antwort, die ich irgendwie übersehen hatte, als ich heute schrieb. Trotz aller individuellen Unterschiede finde ich es oft sehr hilfreich, da eine neue Perspektive zu bekommen.

Und danke auch an Dich, "DieNeue".

Ich schwanke eigentlich täglich hin und her, zwischen meiner guten Absicht aber auch der Frustration, nicht mehr tun zu können. Der Austausch hier dazu tut mir aber dann gut.

Euch allen einen schönen Abend
Ailin
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